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Lange Nacht der Sozialforschung am 04.02.2017 mit Prof. Dr. Uwe Vormbusch

[15.02.2017]

DAS SELBST IM DIGITALEN NETZ

Die Beobachtung des eigenen Selbst ist in einer Kultur der Selfies und des Selftrackings zur alltäglichen ­Praxis geworden: Gewollt oder ungewollt sind Menschen andauernd mit ihrem Selbst befasst, das es zu behaupten, zu entfalten, zur Darstellung zu bringen, zu kontrollieren, zu optimieren und zu verwerten gilt. Die Vorträge im Rahmen der Langen Nacht der Sozialforschung nahmen dieses sich im digitalen Netz zunehmend selbst beo­bachtende Selbst seinerseits noch einmal wissenschaftlich beobachtend in den Blick; vor dem Hintergrund seiner historischen Genese fragten sie nach seinen aktuellen Wandlungen, nach seinen emanzipatorischen Potentialen und seinen Gefährdungen, nach Praktiken der Selbstsorge und Phänomenen der Selbstflucht, nach der Anerkennungsbedürftigkeit des Selbst ebenso wie nach den Pathologien des Narzissmus.

Welche Effekte haben etwa die sozialen Netzwerke und Dating-Plattformen auf die sich ständig selbst beobachtenden und zur Beobachtung freigebenden Subjekte und ihre Selbstverhältnisse? Welche Veränderungen in ihren Verständnissen von Freundschaft und Liebe sind mit diesen Formaten verbunden? Welche Auswirkungen hat die informationstechnische Aushöhlung des Privaten in einer digitalisierten Gesellschaft auf das Netz sehr unterschiedlicher sozialer Beziehungen, die das Leben der Einzelnen prägen? Neben solchen, die digitalen Technologien in ihren Formaten und Nutzungen betreffenden Entwicklungen spielten auch Phänomene eine Rolle, die mit jenen Technologien in enger Wechselwirkung stehen, ohne aber auf sie reduziert werden zu können. Zu denken ist dabei etwa an die Vermarktlichung des Subjekts in einer massenaffinen Individualitätskultur, an den Zwang zur permanenten Selbstoptimierung, an die Bedeutung quantifizierender und taxonomisierender Beobachtungen des Selbst, an die Zurichtung des Selbst in einer pharmakologisch-­pornographischen Ästhetik oder auch an die Selbstkonzepte, die in den digitalen Formaten prominente Bühnen erhielten: vom performativen Virtuosen bis hin zum gewaltbereiten Täter.

Diese und andere Phänomene wurden in der Langen Nacht der Sozialforschung untersucht: Soziologisch gingen Kai Dröge und Olivier Voirol dem Internetdating nach, Eva Illouz erklärte das Selffashioning und Uwe Vormbusch zeichnete die Wege des Selftracking nach. Die Medienwissenschaftlerin Olga Goriunova widmete sich den digitalen Erscheinungsformen der Kunst. Weitere Positionen besetzten unter anderem die Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Mercedes Bunz, die Medienwissenschaftlerin Christina Schachtner und andere Expert_innen.

KONZEPTION, ORGANISATION, MODERATION INSTITUT FÜR SOZIALFORSCHUNG (IFS) FRANKFURT AM MAIN: DR. SIDONIA BLÄTTLER, DR. DIRK BRAUNSTEIN, PROF. DR. AXEL HONNETH, PROF. DR. JULIANE REBENTISCH, ALMUT POPPINGA

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Katja Schmidt | 08.04.2024