Lernen der Zukunft

Um die Zukunft der Hochschulbildung ging es in Berlin auf einer Tagung der FernUniversität in Hagen, auf der auch Bundestagsabgeordnete und Ministeriumsvertreter mitdiskutierten.


Die FernUniversität in Hagen diskutiert ihre Forschungsaktivitäten am Puls der Politik: In der Landesvertretung NRW in Berlin beschäftigten sich Vertreterinnen und Vertreter aus dem internationalen Hochschul- und Wirtschaftsbereich sowie aus der Bundespolitik auf einer Tagung der FernUniversität über Hochschulen in Zeiten der Digitalisierung. Zeitgleich ging es im Bundestag um die gesellschaftlichen Herausforderungen durch Digitalisierung, und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek erklärte sich zu Bildung und Forschung.

Videos der Tagung ansehen:

In neun Videobeiträgen lassen wir die Tagung „Hochschulen der Zukunft” Revue passieren. Klicken Sie im Videofenster links oben auf das Playlist-Symbol, um die einzelnen Clips auszuwählen.

„Hochschulen müssen sich mit Digitalisierung befassen – und das tun sie ja auch, konstruktiv, interessiert und durchaus kritisch“, sagte FernUni-Rektorin Prof. Dr. Ada Pellert mit Blick auf die über 100 Teilnehmenden der Tagung. „Die Herausforderung ist es, von den Lernenden aus zu denken und nicht mehr von den Institutionen.“

„Es ist zunächst Aufgabe der Hochschulen, sich zu verändern“, sagte Saskia Esken, Mitglied des Bundestages (SPD) auf der Paneldiskussion. Einig war sie sich mit ihrer Bundestagskollegin Ronja Kemmer (CDU), dass die Politik die Rahmenbedingungen für Hochschulen schaffen muss.

Fokus auf Lernende richten

Peter Greisler, Abteilungsleiter Hochschulen im Bundesbildungsministerium, wies auf den Koalitionsvertrag hin, der unter anderem vorsieht, die Reputation der Lehre zu stärken, ein Programm zur Digitalisierung aufzulegen und den Hochschulpakt weiterzuführen. „Hochschulen sollten erkennen, dass Digitalisierung kein Problem, sondern eine Chance ist“, betonte Greisler.

Wie sich Hochschulen strukturell anpassen sollten, um auch zukünftig ihrem Bildungsauftrag gerecht zu werden, untersuchte die FernUniversität in Hagen in der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studie „Hochschulen der Zukunft – Anforderungen der Digitalisierung an Hochschulen, hochschulstrategische Prozesse und Hochschulbildungspolitik“. Daraus stellte sie ausgewählte Ergebnisse in Berlin vor.

„Wir müssen Studierende stärker in den Fokus nehmen und sie besser darauf vorbereiten, große gesellschaftliche Probleme zu lösen“, sagt Prof. Dr. Theo J. Bastiaens, Leiter des Lehrgebiets Mediendidaktik an der FernUniversität in Hagen. Gemeinsam mit seinen wissenschaftlich Mitarbeitenden Jana Hochberg und Dr. Rüdiger Wild setzt Bastiaens das BMBF-Projekt um.
Hochschulen sollten ihre Studierenden zu selbstreguliertem, vernetztem und handlungsorientiertem Lernen befähigen. „Die Gesellschaft wird stärker auf Beschäftigungsfähigkeit achten. Wir müssen den Transfer zwischen Wissenschaft und Berufswelt verbessern“, führt Bastiaens weiter aus. „Im Zeitalter des Konnektivismus haben wir immer ein mobiles Endgerät zur Verfügung. Der Mensch allein muss nicht mehr alles wissen, er hat stets sein ,extended Mind‘ zur Verfügung ¬– sein kognitives technologisches Know-how.“

Zugang zu Wissen

Darin herrschte auf der Tagung Konsens: Wissenschaftliche Bildung vom Menschen aus zu denken. Für Studierende ist der Umgang mit digitalen Medien alltägliche Routine. Deshalb wünschen sie sich mehr digital gestützte Lehr- und Lernangebote. Vor allem aber sollten sie an Lernprozessen beteiligt werden und nicht einmalig, sondern episodisch in unterschiedlichen Lebensphasen studieren können.

Kontrovers diskutierten die Teilnehmenden, wie der Zugang zu Wissen erfolgen soll: Mehr akademische Kurzformate und modulare Studieneinheiten? Stärkere Kooperationen der Institutionen untereinander und mit privaten Anbietern? Komplette Öffnung von Bildungsinhalten für alle? Werden Lehrende zu Lernbegleiterinnen und -begleitern? Neue Plattformen und traditionelle Universitäten nebeneinander?

„Hochschulen müssen viel mehr experimentieren“, warb etwa Johannes Heinlein, Vorstandsmitglied bei edX. Die US-amerikanische Plattform bietet in Kooperation mit über 90 Partneruniversitäten und weiteren Instituten weltweit Massive Open Online Courses an. „Das Wissen ist im Netz vorhanden, beteiligen Sie sich daran“, warb auch Dr. Anja Wagner von FrolleinFlow GbR, die Beratung rund um digitale Bildung anbietet. „Schulen und Hochschulen müssen Menschen dazu befähigen, mit den Technologien umzugehen. Vermitteln Sie wieder die uruniversitären Ideale: Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation und Kollaboration.“

FernUniversität der Zukunft

Wie die FernUniversität der Zukunft aussehen wird, skizzierte Bildungswissenschaftler Theo Bastiaens: „Sie bleibt d e r Treffpunkt für Lebenslanges Lernen und bietet weiterhin hochwertige qualitätsvolle Lehre an. Die Nachfrage wird groß sein, da die FernUniversität in Hagen Flexibilität und Kreativität garantiert. Sie ist ein Ort, an dem Studierende lernen, gesellschaftliche Probleme anzugehen.“

  • Hier erscheint ein Spannungsfeld verschiedenster Ansprüche: Hochschulen sollten zukünftig viel stärker die individuellen Bedürfnisse ihrer Studierenden berücksichtigen. Gleichzeitig wird erwartet, dass sich Hochschulen aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligen. Hochschulen sollen einerseits Netzwerke ausbilden, um Partizipation und Kollaboration zu fördern. Andererseits sollen sie individuelle Kompetenzen und Interessen fördern, um damit Innovationen zu unterstützen: über eine wissenschaftliche Grundbildung a la Studium generale mit anschließender individueller Weiterbildung. Erforderlich sind auf jeden Fall ein höherer Anteil an Online-Lehre und ein größeres Angebot an akademischen Kurzformaten.

    Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach der Anerkennung von Studienleistungen.

  • Mit der Digitalisierung von Wissensinhalten und dem vereinfachten Zugang zu diesen verliert die Hochschule ihre Hoheit über die akademische Wissensvermittlung. Digitalisierung bietet insbesondere die Möglichkeit, bildungsfernen Schichten einen Zugang zu ermöglichen und Angebote an die digitalen Erwartungen sowie Erfahrungen junger Menschen anzupassen. Zudem unterstützt sie den gesellschaftlichen Bedarf nach Lebenslangem Lernen „in Nischen“ und „in Massen“.

    Hier stellt sich die Frage danach, ob der Zugang zu Wissen gänzlich offen gestaltet wird.

  • Die Frage danach, wie sich Lehre und Lernen in den Hochschulen der Zukunft darstellen, betrifft nicht nur didaktische Veränderungen, die mit der Nutzung digitaler Medien möglich werden. Sie berührt vielmehr grundsätzliche Aspekte der Digitalisierung und die Bereitschaft der Hochschulen, sich diesen zu stellen. Dafür ist es notwendig, die Medienkompetenz bei Lehrenden und Lernenden zu stärken.

    Wesentlich hierfür ist eine positive Grundhaltung von Hochschulen gegenüber der Digitalisierung. Diese ist entscheidend, wenn es darum geht, Wandlungsprozesse in der Lehre aktiv einzuleiten, anstatt sich diesen nur passiv zu stellen.

  • Hier gilt es zu klären, wer Adressat solcher Empfehlungen ist: Bund oder Land, oder beide? Hochschulen sollten auf jeden Fall Freiräume bekommen. Lehrende und Forschende müssen Anreize haben, sich an Digitalisierungsprojekten zu beteiligen und ihr Forschungswissen teilen zu wollen.

Hochschulperspektiven

Mit dieser Konferenz endet vorerst eine Serie mit insgesamt drei Veranstaltungen, die den Forschungsschwerpunkt „Diversität, Lebenslanges Lernen, Digitalisierung. Konsequenzen für die Hochschulbildung“ an der FernUniversität begleiten.

Anja Wetter | 29.05.2018