Zur Berücksichtigung des Modellrisikos bei der Bewertung strukturierter Finanzprodukte

Die Bewertung exotischer Derivate unterliegt dem Modellrisiko. Dabei handelt es sich um das Risiko, dass verschiedene Bewertungsmodelle zu unterschiedlichen theoretischen Produktpreisen führen. Es besteht somit eine Unsicherheit bezüglich des fairen Produktpreises. Es wird das Modellrisiko auf Märkten für strukturierte Finanzprodukte untersucht. Dabei handelt es sich um verbriefte Derivate, welche insbesondere für Privatanleger angeboten werden. Durch die Betrachtung strukturierter Finanzprodukte lässt sich das Ausmaß des Modellrisikos an realen Märkten analysieren, da für diese Produkte die Möglichkeit eines liquiden Handels durch die Emittenten gewährleistet wird. Damit hebt sich dieses Projekt von der Mehrheit der in der wissenschaftlichen Literatur existierenden Studien ab. Diese analysieren das Modellrisiko üblicherweise auf Basis synthetischer Derivate und können somit nicht das reale Ausmaß messen.

Im Kern wurden vier wesentliche Forschungsfragen beantwortet.

Ist das Modellrisiko bei der Bewertung strukturierter Finanzprodukte ökonomisch relevant?

Die Antwort auf diese Frage fällt eindeutig aus, so unterliegt sowohl die Bewertung strukturierter Finanzprodukte als auch die Bewertung synthetischer Multi-Asset-Optionen einem ökonomisch relevanten Modellrisiko. Dieses liegt für die beiden betrachteten Produkttypen im Mittel bei 1,1 % bzw. 1,79 % und ist somit ökonomisch relevant.

Welche Produkteigenschaften beeinflussen die Höhe des Modellrisikos?

Für Barriere-Optionen kann festgehalten werden, dass das Modellrisiko maßgeblich vom relativen Abstand des Basiswertkurses zur Barriere beeinflusst wird. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der berücksichtigten Basiswerte. In der Nähe der Barriere haben die unterschiedlichen Dynamiken der betrachteten Bewertungsmodelle einen deutlichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit die Barriere zu durchbrechen. Daraus resultieren abweichende Preise und als Folge ein erhöhtes Modellrisiko. Die Restlaufzeit der Optionen hat einen geringeren Einfluss auf die Höhe des Modellrisikos. Erst zum Laufzeitende hin nimmt die Höhe des Modellrisikos spürbar ab und tendiert gegen null.

Wird das Modellrisiko maßgeblich durch systematische Unterschiede zwischen einzelnen Modellen beeinflusst?

Die Antwort auf diese Frage hängt im Wesentlichen von den betrachteten Optionen und den verwendeten Bewertungsmodellen ab. Für Barriere-Optionen mit einem Basiswert zeigt sich, dass das Modellrisiko maßgeblich durch Unterschiede zwischen stochastischen Volatilitätsmodellen und einem lokalen Volatilitätsmodell beeinflusst wird.

Bezüglich Multi-Asset-Optionen zeigt sich ein deutliches Ergebnis für einfache Optionen ohne Barrieren. Für diese Optionstypen wird das Modellrisiko wesentlich durch die Unterschiede zwischen stochastischen (rauen) Volatilitätsmodellen und einem Lévy-Modell beeinflusst. Für komplexere Multi-Asset-Optionen mit Barrieren ist keine eindeutige Aussage mehr möglich. Es hängt für diese Optionstypen von der genauen Ausgestaltung der Option und den Marktgegebenheiten ab, aus welchen Modellierungsunterschieden das Modellrisiko maßgeblich resultiert.

Wie gehen Emittenten von strukturierten Finanzprodukten mit dem Modellrisiko um?

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus der Analyse der von den Emittenten eingepreisten Margen. Diese ergeben sich als relativer Preisaufschlag auf den fairen Produktpreis und lassen sich somit unter Verwendung eines Bewertungsmodells und der beobachtbaren Marktpreise der Produkte bestimmen. Es konnte gezeigt werden, dass diese Margen signifikant durch das Modellrisiko beeinflusst werden. Dies bedeutet, dass die Emittenten das Modellrisiko, zumindest partiell, an die Privatanleger weitergeben.


Dissertationsprojekt von Dr. David Shkel.


Publikationen

  • D. Shkel
    Zur Berücksichtigung des Modellrisikos bei der Bewertung strukturierter Finanzprodukte.
    Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2020.
  • R. Baule, D. Shkel
    Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options and Bonus Certificates.
    Journal of Banking & Finance 133 (12/2021), 106307.

Konferenzteilnahmen

  • D. Shkel
    "Model Risk in a Rough World"
    60. Annual Meetings of the Southern Finance Association
    Online, 18.11.2020.
  • D. Shkel
    "Model Risk in a Rough World"
    Internationales Doktorandenseminar (IDS)
    Bayreuth, 05.07.2019.
  • D. Shkel
    "Model Risk in a Rough World"
    9th General Advanced Mathematical Methods in Finance Conference (AMaMeF)
    Paris, 11.06.2019.
  • D. Shkel
    "Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options"
    18th Winter School on Mathematical Finance
    Lunteren, 21.01.2019.
  • D. Shkel
    "Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options"
    Southern Finance Association (SFA) Annual Meetings 2018
    Asheville, 17.11.2018.
  • D. Shkel
    "Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options"
    Doktorandenworkshop der Deutschen Gesellschaft für Finanzwirtschaft (DGF)
    Trier, 20.09.2018.
  • D. Shkel
    "Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options"
    European Financial Management Association Annual Meetings 2018 (EFMA)
    Mailand, 29.06.2018.
  • D. Shkel
    "Model Risk and Model Choice in the Case of Barrier Options"
    35th Annual Conference of the French Finance Association (AFFI)
    Paris, 22.05.2018.
  • D. Shkel
    "Is Model Risk Worth Worrying About? Empirical Model Risk Quantification in the Case of Bonus Certificates"
    4th European Conference on Data Analysis (ECDA) 2017
    Breslau, 28.09.2017.
  • D. Shkel
    "Der Issuer Estimated Value und das Modellrisiko bei Bonuszertifikaten"
    Internationales Doktorandenseminar (IDS)
    Passau, 01.07.2017.