Aktuelle Forschung

Mit dem Aufkommen jedes neuen digitalen Phänomens entstehen immer auch neue Opazitäten und unbekannte Dynamiken. Sie bedürfen daher der Analyse, Beschreibung und Einordnung durch die Wissenschaften, die gefordert sind, den digitalen Wandel zu beobachten und kritisch zu begleiten. Da die Wissenschaften ihrerseits Teil einer im stetigen Wandel befindlichen Kultur sind und digitalen Phänomenen nicht ‚objektiv‘ beobachtend gegenüberstehen, müssen sie ihre Methoden und Theorien darüber hinaus kontinuierlich reflektieren.
Der FSP digitale_kultur widmet sich diesen Herausforderungen durch die strukturelle Verbindung zweier Forschungsgruppen mit unterschiedlicher Ausrichtung:
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Forschungsgruppe I: Digitalisierung – Subjektivierung – Verkörperung
- Leitung: Prof. Dr. Thomas Bedorf
Das Verhältnis von Digitalisierung, Verkörperung und Subjektivierung lässt sich fokussieren als eine Reflexion über die Herausforderungen an veränderte Selbstverhältnisse oder Selbstverständnisse in den konkreten technisch-vermittelten Praktiken. Verstehen und Deuten in der digitalen Welt sind nicht selbsterklärend. Plurale Theorien und Anwendungsweisen „Digitaler Hermeneutiken“ sind zu erarbeiten.
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Forschungsgruppe II: digital humanities – Forschen im digitalen Raum
- Leitung: Dr. Almut Leh
An der Schnittstelle zwischen Informatik und Geistes- und Kulturwissenschaften beschäftigt sich die Forschungsgruppe digital humanities – Forschen im digitalen Raum damit, neue Entwicklungen in der Informatik auf ihre Verwendbarkeit in den Geisteswissenschaften zu prüfen und eigenständig neue Verfahren zu entwickeln.
Die Geistes- und Sozialwissenschaften tragen dazu bei, die gesellschaftliche oder epistemologische Bedeutung und Relevanz von Digitalisierungsphänomenen aufzuzeigen und theoretisch handhabbar zu machen, während Informatik, Geschichts- und Kulturwissenschaften über technisches Verstehen, anwendungsbezogene Praxiserfahrung und ein explizites Wissen über die immanente Historie fallbezogener technischer Wandlungsprozesse verfügen. Die Digital Humanities sind dabei in besonderer Weise darauf ausgerichtet, den digitalen Wandel wissenschaftlicher Instrumente selbst in den Fokus ihrer Forschungen zu nehmen. Diese Verbindung von gesellschaftstheoretischer Analyse mit einer innerwissenschaftlichen Reflexion von digitalen Wandlungsprozessen durch die beiden beteiligen Forschungsgruppen hat sich während der ersten Forschungsförderphase als ein prägendes Merkmal des FSP etabliert.
Über die beiden Forschungsgruppen hinaus vernetzt der Forschungsschwerpunkt digitale_kultur auch Einzel- und Kooperationsprojekte in einem interdisziplinären Zusammenhang und unterstützt die Einwerbung und Förderung von Einzel- und Verbundanträgen.
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Digitale Geschichten der Gewalt im 21. Jahrhundert. Partizipative Kriegsöffentlichkeiten und autobiographisches Erzählen in Russland, Belarus und der Ukraine
- Leitung: Prof. Dr. Felix Ackermann
Die Nachwuchsforschungsgruppe führt eine kritische Analyse partizipatorischer Praktiken bei der Herstellung digitaler Öffentlichkeiten durch, um eine historische Darstellung der Interaktion von Digitalisierung und Kriegsführung zu Beginn des 21 Jahrhunderts zu erarbeiten. Mit diesem Ziel untersuchen die Mitglieder der von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten NFG026 die jüngste Geschichte digitaler Infrastrukturen und ihre Rolle bei der Herstellung von Öffentlichkeiten als Reaktion auf staatliche Gewalt.
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Emmy Noether-Forschungsgruppe „Das Phänomen der Interaktion in der Mensch-Maschine-Interaktion“
- Leitung: Prof. Dr. Dr. Orsolya Friedrich
Das Hauptziel der Emmy Noether-Forschungsgruppe ist es, das Phänomen der Interaktion in der Mensch-Maschine-Interaktion mitsamt seinen qualitativen Neuerungen und Folgen sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu analysieren und zu bewerten. Das Forschungsprojekt verortet sich dabei im Kontext der Philosophie und Ethik der Technik.
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Open.Oral-History: Empfehlungen und Werkzeuge für die Risikobewertung, Anonymisierung und Bereitstellung rechtlich geschützter und ethisch sensibler audiovisueller Interviews
- Leitung: Dr. Almut Leh
Die narrativ-biografischen Interviews der Oral History weisen spezifische ethische und rechtliche Schutzbedarfe auf. Daraus ergeben sich erhebliche fachspezifische Hürden für ihre Bereitstellung. Zugleich besteht jedoch ein beträchtliches disziplinübergreifendes Forschungsinteresse an ihrer Nachnutzung. Das Projekt „Open.Oral-History“ begegnet diesem Bedarf, indem es Sammlungsverantwortliche dabei unterstützt, die Voraussetzungen für eine Bereitstellung ihrer Interviews systematisch zu bewerten und gegebenenfalls mit Hilfe eines durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützen Anonymisierungsverfahrens zu ermöglichen.
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Oral-History.Digital 2. Konsolidierung und Optimierung der Erschließungs- und Rechercheplattform für audiovisuelle narrative Interviews
- Leitung: Dr. Almut Leh
Das Projekt Oral-History.Digital 2. ist die Fortsetzung des Projektes Oral-History.Digital, das eine digitale Informationsinfrastruktur für wissenschaftliche Sammlungen von audiovisuell aufgezeichneten narrativen Interviews, v.a. für die zeitgeschichtliche Forschung konzipiert und implementiert. Die Arbeitsumgebung unterstützt sammelnde Institutionen und Forschungsprojekte bei der Archivierung, Erschließung und Bereitstellung sowie der sammlungsübergreifenden Recherche, Annotation und Auswertung.