Onlineseminar

Thema:
Literatur nach Regeln
Veranstaltungstyp:
online Seminar
Adressatenkreis:
BA KuWi: Modul L2; Modul L6; MA NdL: Modul MANDL 1; Modul MANDL 5; Modul MANDL 7; MA EuMo: Modul 6L;
alle Interessenten
Ort:
online
Termin:
03.05.2021 bis
07.06.2021
Zeitraum:
Jeweils Montag von 18-00 bis 19.30, am 3.5. 2021, 10.5 2021, 17.5. 2021, 24.5. 2021, 31.5. 2021 und 7.6. 2021
Leitung:
Prof. Dr. Michael Niehaus
Anmeldung:
Das Seminar ist voll, daher können wir keine Anmeldungen mehr berücksichtigen
Auskunft erteilt:
E-Mail: Prof. Dr. Michael Niehaus , Telefon: +49 2331 987-4212

Das Seminar richtet sich im Allgemeinen an alle Studierenden, die Lust am experimentellen Spiel mit Sprache und Schrift haben (und im Speziellen an die Studierenden des Moduls MA NDL 7, in dem der Gegenstand des Seminars vorkommt). Unter dem etwas schwammigen Titel Literatur nach Regeln sind Texte zu verstehen, deren Verfasser sich beim Schreiben bestimmten Regeln unterworfen haben, die gewissermaßen von außen an den zu schreibenden Text herangetragen wurden. Was soll das heißen? Es geht nicht darum, dass Gedichte von Alters her einem Reimzwang unterworfen sind, sondern es geht sozusagen um willkürliche Regeln, welche die Textproduktion auf rigide Weise davon entlasten, Ausdruck einer Intention o.ä. zu sein. Ein Beispiel wäre die Regel, einen Text zu schreiben, in dem der Buchstabe „e“ nicht vorkommen darf. Solche Texte, die auf einen Buchstaben verzichten, heißen Lipogramme. Das berühmteste Lipogramm ist ein recht dicker französischer Roman von Georges Perec mit dem Titel La Disparition (1969), eben ohne „e“, ins Deutsche übersetzt von Eugen Helmlé unter dem Titel Anton Voyls Fortgang, ebenfalls ohne „e“ Man kann es aber noch viel ärger treiben. Der Kanadier Christian Bök hat ein Buch namens Eunoia geschrieben, in dessen einzelnen Kapiteln überhaupt nur jeweils ein einziger Vokal vorkommen darf. Von der österreichischen Künstlerin und Autorin Brigitta Falkner gibt es ein Filmskript Prinzip i (2001), in dem nur der Vokal „i“ vorkommt. Es geht aber auch ganz anders. Klaus Ferentschik etwa hat einen Doppelroman geschrieben, Schwelle und Schwall, in dem im ersten Teil nur weibliche, im zweiten Teil nur männliche Substantive vorkommen dürfen. Zur Literatur nach Regeln gehört aber auch die Nachahmung von Textsorten, wie beispielsweise fiktive Kochrezepte, absurde Gebrauchsanweisungen oder surreale Warentests. Es gibt auch Regeln, die man ganz automatisch anwenden kann, um einen gegebenen Text zu verfremden. Einige Formen einer solchen Literatur nach Regeln haben eine lange Tradition (so die Lipogramme), andere sind typische Formen der Moderne. Berühmt ist etwas das Buch Stilübungen (Exercices du Style) von Raymond Queneau, in dem dasselbe banale Vorkommnis auf 99 verschiedene Weisen erzählt wird: Auch das ist Literatur nach Regeln. Queneau war 1960 Mitbegründer einer noch immer bestehenden und einflussreichen Literatur-Gruppe, die Oulipo heißt und sich die Literatur nach Regeln zum Grundsatz gemacht hat (erste Informationen bei Wikipedia). Das Seminar wird gewissermaßen in die Fußstapfen dieser Gruppe treten und erstens ein wenig erkunden, was es alles so in der Literatur nach Regeln zu entdecken gibt (und welche neuen man sich ausdenken könnte) und wie sich die Zwänge, unter die man sich damit stellt, beim Lesen und Schreiben anfühlen können. Zu Ersterem werden im Vorfeld eine Literaturliste sowie einige Textauszüge bereitgestellt. Aber es soll auch Letzteres geben: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars sollen selbst ein wenig ausprobieren, so etwas herzustellen; die Bereitschaft dazu wird erwartet. Nur Mut! Wer sich für die Geschichte von Oulipo interessiert, dem sei einstweilen empfohlen (weil in der UB der Fernuniversität als Volltext vorhanden): Daniel Levin Becker: Many subtle channels. In Praise of Potential Literature. Cambridge, London 2012.