Präsenzveranstaltung
- Thema:
- Anthropologie des Schwärmers bei Wieland, Goethe und Hoffmann
- Veranstaltungstyp:
- Onlineseminar
- Adressatenkreis:
-
BA KuWi:
Modul L3;
MA NdL:
Modul MANDL 1;
Modul MANDL 2;
Modul MANDL 3;
Modul MANDL 4;
Modul MANDL 5;
und alle Interessierte - Ort:
- Online
- Termin:
- 10.06.2021
bis
15.07.2021 - Zeitraum:
- Donnerstags, jew. v. 17.30 Uhr bis 19.00 Uhr
10.6.
17.6.
24.6.
1.7.
8.7.
15.7. - Leitung:
- Prof. Dr. Uwe Steiner
- Anmeldefrist:
- 23.05.2021
- Anmeldung:
- Das Seminar ist ausgebucht.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Der Schwärmer, das ist eine ideen- und kulturgeschichtliche Schlüsselfigur der Moderne. Schwärmer, das waren in den Augen der Aufklärung zunächst Personen (in der Regel Männer), die dem religiösen oder philosophischen Fanatismus huldigten. Schwärmer hießen die, die behaupteten, einen exklusiven Zugang zur Wahrheit zu besitzen. Aus religiösen Unmittelbarkeitserlebnissen oder aus moralisch-politischen Gewissheiten heraus leiteten sie das Recht ab, rigide Anforderungen an das Denken und an die Lebensführung ihrer Mitmenschen zu stellen. Es scheint, als wäre dieser psychosoziale Typus bis heute eher nicht verschwunden.
Nicht minder aktuell scheint eine andere Ausprägung der Schwärmerei, wie sie um 1800 debattiert wurde: Die Schwärmerei der Gefühle. Vor allem am Paradebeispiel von Goethes Leiden des jungen Werthers lässt sich die damalige zeitgenössische Signatur nachzeichnen: Der Werther nimmt eine profunde Phänomenologie und Kritik der Schwärmerei vor, er versteht sich als eine Krankengeschichte, eine historia morbis. In seinen enthusiastischen Aufschwüngen und depressiven Abstürzen leidet Werther unter der damaligen Mode- und Epochenkrankheit schlechthin, unter der Melancholie. In diesem Interesse an leibseelischen und psychosozialen Wechselwirkungen erweist sich Goethes Briefroman engstens der zeitgenössischen Anthropologie verbunden.
Schwärmerei, so lautet einer der sich aus dem Werther und seiner zeitgenössischen Rezeption herleitenden Befunde, ist auch eine Folge einer neuen Medienkultur. Schwärmer vermögen ihren literaturinduzierten Wahn nicht hinreichend von der Welt zu unterscheiden, so wird oft befunden. Eine solche Diagnose könnte man auch E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann entnehmen. Was hat sich im Zuge der Entwicklung zur Romantik und im Hinblick auf deren spezifische Anthropologie verändert? Wie hat sich die Auffassung von der Schwärmerei seit der Aufklärung, hier durch Wieland vertreten, gewandelt?
Auf den Plan stehen die folgenden Texte:
Christoph Martin Wieland: Musarion oder Die Philosophie der Grazien (1768)
-: Über den Hang der Menschen an Magie und Geistererscheinungen zu glauben (1781), in ders.: Sämmtliche Werke, Bd. 24, Leipzig 1796, S. 71-92. (Reprint Hamburg 1984)
J. W. Goethe: Die Leiden des jungen Werthers (1774)
-: Dichtung und Wahrheit, XIII. Buch (Auszüge)
E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (1817)
Wielands Musarion, Goethes Werther und Hoffmanns Sandmann sind als Reclam-Ausgaben erhältlich. Den Aufsatz Wielands und die Auszüge aus Dichtung und Wahrheit erhalten Sie in elektronischer Form. Weitere Literaturhinweise folgen.