Kalendarium

Vorbemerkung

Dieses Kalendarium bringt Ihnen über 1000 Ereignisse und ca. 500 Bilder, von denen viele bislang unveröffentlicht sind. Dazu ein paar Ton- und Filmdokumente und interessante Links. Anlass für die Erstellung des Kalendariums war das 100jährige Bestehen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Dem Anlass entsprechend liegt der Schwerpunkt auf der deutschsprachigen Psychologie.

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1904 - 1913

  • April 1904: Erster Kongress für experimentelle Psychologie in Giessen. Initiator des Kongresses war Georg Elias Müller (1850-1934), der mit seinen Kollegen Ebbinghaus, Külpe, Meumann, Schumann und Sommer ein Initiativ-Komitee bildete und zum Kongress nach Gießen einlud.

    Am 20. April wird im Rahmen des Kongresses die Gesellschaft für experimentelle Psychologie gegründet. Robert Sommer führte bei dem Ersten Kongress für experimentelle Psychologie eine Ausstellung „experimental-psychologischer Apparate und Methoden“ durch. Aus dem Ausstellungskatalog stammen die hier gezeigte Anzeige eines führenden Geräteherstellers und eine Abbildung des von William Stern entwickelten Tongenerators.

    15.7. In Berlin wird Rudolf Arnheim geboren. Nach dem Studium bei den Berliner Gestaltpsychologen arbeitete Arnheim journalistisch. Noch vor Begin der Nazi-Zeit emigrierte er über Italien in die USA und untersuchte die Psychologie der Kunst, insbesondere des Films, auf gestalttheoretischer Grundlage.

    20.9. Burrhus Frederic Skinner geboren. Skinner war wohl derjenige Behaviorist, der – u.a. durch Romane – Beachtung weit über die Grenzen der Psychologie hinaus erhielt. Auf der Grundlage tierexperimenteller Untersuchungen, u.a. mit der nach ihm benannten Versuchsanlage („Skinner-Box“), gelangte er zum sog. radikalen Behaviorismus, in dessen Mittelpunkt der Prozess der Verstärkung steht. Skinner starb 1990.

    20. Oktober. Für seine Leistungen auf dem Gebiet der Verdauungsphysiologie erhält I.P. Pawlow den Nobelpreis . Cattell und Baldwin begründen die Zeitschrift „Psychological Bulletin“ Erstmalig erscheinen auch die Zeitschriften „British Journal of Psychology“ und „Journal de Psychologie Normale et Pathologique“ William Stern führt experimentelle Schüleruntersuchungen zur Psychologie der Aussage durch und verwendet dazu Bilder wie „Die Bauernstube“, um die Genauigkeit von Zeugenaussagen zu ermitteln.

  • Existenzanalyse, von ihm selbst als dritte Wiener Richtung neben der Psychoanalyse Freuds und der Individualpsychologie Adlers bezeichnet. Frankl überlebte das Konzentrationslager Auschwitz, wo seine Eltern und sein Bruder ermordet wurden. Ein Kerngedanke seiner Therapie und Philosophie ist die Überzeugung, dass Heilung durch Sinnfindung möglich ist.

    29.3. Der Philosoph Rickert telegraphiert an Hugo Münsterberg, Harvard University Cambridge: „Nimm an fuer deutsche wissenschaft“. Gemeint ist die Annahme eines Rufes an die Universität Königsberg. Münsterberg lehnte jedoch ab .

    Am 22. Dezember wird Lotte Schenk-Danzinger in Wien geboren. Sie promovierte in Wien und war Mitarbeiterin von Charlotte Bühler. Nach Tätigkeiten in London kehrte sie nach Wien zurück und lehrte Entwicklungspsychologie in Innsbruck und Graz. Lotte Schenk-Danzinger starb im Februar 1992 Alfred Binet und Simon veröffentlichen erste Intelligenz-Alters-Skala für Kinder. Sigmund Freud veröffentlicht „Fünf Abhandlungen zur Sexualtheorie“

    1905 veröffentlicht Bertrand Russell in „Mind“ anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Grazer Psychologischen Laboratoriums eine lobende Besprechung der Gegenstandstheorie des in Graz wirkenden Alexius von Meinong Link zur Meinong-Seite in Graz mit Beständen:Meinong Kurzbiographie. Die von Wundt herausgegebene Zeitschrift „Psychologische Studien“ erscheint als Fortsetzung der „Philosophischen Studien“.

    1905 ist das Todesjahr des russischen Physiologen Iwan Michailowitsch Sechenow (1829-1905) Er studierte in Deutschland, Österreich und später in Paris. Dieses frühe Bild zeigt ihn in seinem Labor in der medizinisch-chirurgischen Akademie in St. Petersburg.

    Dieses Gemälde von Repin zeigt Sechenow im Jahr 1889 An der Cambridge University wird die Emerson Hall in Anwesenheit vieler bedeutender Psychologen eingeweiht. In der Bildmitte neben der Büste Hugo Münsterberg . Der Engländer Charles Spearman (1863-1945) strebt die Promotion bei Wilhelm Wundt in Leipzig an und stellt einen entsprechenden Antrag. Der Mathematiker Bruns äußert sich lobend in einem Gutachten zur Dissertation von Spearman. Bruns kritisiert die „naive Unbefangenheit“ des Verfassers bei der Benutzung von Wahrscheinlichkeitswerten, lobt aber dessen starke Ausdauer und große Umsicht.

  • Am 1. März wird Heinrich Roth in Gestetten bei Ulm geboren. Roth war Volksschullehrer, promovierte bei Oswald Kroh, arbeitete als Heerespsychologe und hatte ab 1960 einen Lehrstuhl in Göttingen. Er starb dort am 7.7.1983

    Im April um Ostern herum findet in Würzburg der 2. Kongress der Gesellschaft für Experimentelle Psychologie statt .

    „Der Vorstand der Gesellschaft hat sich im Jahre 1906 nach näherer Überlegung dazu entschlossen, mit Hilfe der finanziellen Unterstützung eines Privatmannes das Institut für angewandte Psychologie und psychologische Sammelforschung ins Leben zu rufen.“ Dieses Institut wird in Berlin begründet und viele Jahre lang von Otto Lipmann bis zu dessen Freitod im Jahr 1933 geleitet.

    In Leipzig begründet der Leipziger Lehrerverein das Institut für experimentelle Pädagogik und Psychologie.

    Es erscheinen Lebenserinnerungen von Moritz Lazarus (1824-1903), Philosoph und Begründer der Völkerpsychologie.

  • Am 5. Februar wird Hans Bender in Freiburg geboren. Bender studierte in Freiburg, Paris, Heidelberg und Bonn und gilt als Nestor der deutschen Parapsychologie. Nach einer Professur in Straßburg lehrte Bender ab 1954 in Freiburg als Extraordinarius. Er wurde einem größeren Publikum bekannt durch Untersuchungen zu außersinnlicher Wahrnehmung sowie durch Stellungnahmen zu aktuellen Fällen unerklärlicher Erscheinungen. Link zu IGPP Dort auch Bender Bender

    Am 12. Juli wird Theodor Scharmann geboren. Scharmann kam aus der Jugendbewegung. Zu seinen Lehrern gehörten Hellpach, Jaspers, Adorno und andere. Er promovierte in Germanistik und arbeitete als Heerespsychologe. 1957 wurde er Professor der Psychologie an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Ab 1966 lehrte er in Linz. Scharmann starb am 1. November1986 in Hallein (Österreich).

    Am 26. Januar wird Hans Selye in Wien geboren. Er studierte Medizin und wanderte 1932 nach Kanada aus. In einer wegweisenden Arbeit aus dem Jahr 1936 beschrieb er ein physiologisches Phänomen, das er als „Stress“ bezeichnete. Bis zu seinem Tod am 16. Oktober1982 blieb Stressforschung ein wichtiges Arbeitsgebiet von Selye. William Stern begründet die „Zeitschrift für angewandte Psychologie“, die erste Zeitschrift, die ausschließlich der angewandten Psychologie gewidmet ist. Mit einer Einleitung von Carl Stumpf erscheint „Der kluge Hans. (Das Pferd des Herrn von Osten) Ein Beitrag zur experimentellen Tier- und Menschen-Psychologie“ von Oskar Pfungst, einem Mitarbeiter von Stumpf. Das Buch berichtet über Untersuchungen an einem damals sehr bekannte Pferd in Berlin, das von sich reden machte, weil es rechnen, lesen, buchstabieren und komplexe Aufgaben lösen konnte. In seinen Untersuchungen stellte Pfungst die Wirkungen nichtsprachlicher Signale des Aufgabenstellers heraus.

  • Ausgerichtet von Karl Marbe findet in Frankfurt der dritte Kongress für experimentelle Psychologie statt. (Zu Marbe s. auch 1909, 1949, 1953)

    Es erscheint von Hermann Ebbinghaus „Abriss der Psychologie“ – ein Buch, das auch noch nach dem Tod von Ebbinghaus durch Überarbeitung von E. Dürr und K. Bühler in mehreren Auflagen erschien.

    „Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, doch nur eine kurze Geschichte. Sie ist dagewesen und älter geworden jahrtausendelang, aber eines stetigen und anhalten Fortschreitens zu reiferer und reicherer Gestaltung hat sie sich in früheren Zeiten kaum je zu erfreuen gehabt. (...) Erst in so junger Vergangenheit finden wir eine zunächst langsamer und neuerdings rascher fortschreitende E n twi c k l u n g der Psychologie.“ Hermann Ebbinghaus, 1908 „Bahnende Kraft der Vorstellung“: Vogel oder Kaninchen? Ein „Doppelseitiges Tierbild“ (aus Ebbinghaus, 1908).

    Am 20. September wird Alexander Mitscherlich in München geboren. Mitscherlich studierte in München Geschichte, Philosophie und Kunstgeschichte ohne sein Studium abschließen zu können. Er begann dann das Medizinstudium, eröffnete in Berlin eine Buchhandlung, die von Nazis geschlossen wurde. Er geriet in mehrmonatige Gestapohaft, promovierte 1941 in Heidelberg und habilitierte sich 1946. Mitscherlich ließ sich zum Psychoanalytiker ausbilden und wurde in Frankfurt am Main Direktor des Sigmund-Freud-Instituts. 1969 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Mit seinen (zum Teil gemeinsam mit seiner zweiten Frau, Margarete Mitscherlich- Nielsen verfassten) Arbeiten wie „Die Unfähigkeit zu trauern“ wurde er zu einem Interpreten der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Alexander Mitscherlich starb am 26.6. 1982 in Frankfurt.

  • Am 26.2. stirbt Hermann Ebbinghaus in Halle. (Zu Ebbinghaus s. auch 1904, 1983 und 1985).

    Sigmund Freud, Carl Gustav Jung und William Stern werden von G. Stanley Hall an die Clark University eingeladen. Sie halten Vorträge und erhalten Ehrendoktorwürden. Freuds Vorträge erscheinen in einer kleinen Schrift, die über Jahrzehnte hinweg aufgelegt wird. Es erscheint von Rudolf Schulze „Aus der Werkstatt der experimentellen Psychologie und Pädagogik“. Das Buch ist an die Experimentalpsychologie Wundts angelehnt. Im Untertitel heißt es: „Zum Selbststudium und zur Belebung des psychologischen Unterrichts an Seminaren and anderen höheren Unterrichtsanstalten“ Aus diesem Buch werden gezeigt: Versuchsanordnung zur Messung von Reproduktionszeiten mit Gedächtnisapparat, Schallschlüssel und Chronoskop. Ferner: Versuchsanordnung zur Messung von Reproduktionszeiten bei graphischer Registrierung. Karl Marbe wird nach Würzburg berufen. Er führt dort erstmalig experimentelle Untersuchungen über Denkprozesse durch.

    Felix Pfeifer (1871-1945) schafft eine Bildnisplakette von Wilhelm Wundt (1832-1920). Am 20. September hält der Philosoph und Psychologe Gerard Heymans anlässlich seiner Ernennung zum Rektor der Universität Groningen einen Vortrag zum „zukünftigen Jahrhundert der Psychologie“.

  • Vom 19. bis 22. April in Innsbruck der IV. Kongress für experimentelle Psychologie statt Ausrichter des Kongresses ist Franz Hillebrand. – Die Gesellschaft für experimentelle Psychologie hat inzwischen 147 Mitglieder.

    Am 26.8. stirbt der Philosoph und Förderer der Experimentalpsychologie in den USA, William James in Chocorua, New Hampshire. James studierte u.a. in Europa, lehrte an der Harvard University, richtete dort einen kleinen Experimentierraum ein und holte Hugo Münsterberg an die Harvard University. In der Philosophie gilt James als Begründer des Pragmatismus. Sein psychologisches Hauptwerk ist „Principles of Psychology“ (1890). Wilhelm Wundt veröffentlicht einen Bericht über sein Leipziger Institut.

    Erstmalig erscheint das „Journal of Educational Psychology“ Hugo Münsterberg entwickelt erstmalig Ausleseverfahren für Straßenbahnfahrer. Das gezeigte Bild entstand einige Jahre später in Berlin bei der Auslese von Straßenbahnfahrern, die ihren Beruf in Deutschland bis nach dem Zweiten Weltkrieg stehend ausübten.

    Etwa 1910 entstand eine Reihe von gestellten Fotos, auf denen Wundt im Kreis seiner Mitarbeiter mir einigen Geräten zu sehen ist. Hier im Bild Wundt sitzend. Auf dem Tisch u.a. ein Hippsches Chronoskop. Stehend von links nach rechts: Sander, Klemm, Dittrich, Wirth und rechts der Institutsgehilfe Hartmann. Mehr über Leipzig und Wundt unter: http://www.uni-leipzig.de/~psycho/wundt.html

    Mit einem Vortrag „Über den Willen“ beginnt Narziss Ach, Königsgberg, seine Schriftenreihe „Untersuchungen zur Psychologie und Philosophie“, in der viele wichtige Untersuchungen zur Willenspsychologie erscheinen.

  • Edward Lee Thorndike veröffentlicht „Animal Intelligence“, ein Buch, das auf der Grundlage von Tierexperimenten die Lerntheorien maßgeblich prägte. Die Abbildung zeigt eine Puzzle Box, die Thorndike baute, um das Lernen der Tiere durch Versuch und Irrtum zu untersuchen.

    Am 1. Oktober stirbt Wilhelm Dilthey in Seis am Schlern. Der Philosoph Dilthey gilt als Begründer der sog. geisteswissenschaftlichen Psychologie. Am 18. Oktober stirbt in Paris Alfred Binet. Binet (1857 in Nizza geboren) wurde berühmt durch seine Testreihen zur Messung der Intelligenz an Kindern im Alter von 3- 15 Jahren, die er zusammen mit dem Arzt Th. Simon entwickelte.

    Am 8.12. wird Arthur Mayer in Ottenbach geboren. Mayer studierte Philosophie und Psychologie, lehrte an der Wirtschaftshochschule Mannheim und ab 1963 an der Universität München. Mayer gilt als Nestor der deutschen Betriebspsychologie. William Stern veröffentlicht „Die Differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen“, eins seiner Hauptwerke. Das Buch ist die Zweitauflage des 1900 erschienenen Buches „Über Psychologie der individuellen Differenzen.“ Ein Reprint des Buches erschien 1994. Dieser wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychologie 1994 in Hamburg als Geschenk überreicht.

  • Ausgerichtet von Carl Stumpf findet in Berlin der fünfte Kongress für experimentelle Psychologie statt. Die Gesellschaft hat inzwischen 177 Mitglieder. Am 21.5. wird Ernst Bornemann in Aachen geboren. Er promovierte 1938 in Göttingen und lehrte in Münster. Bornemann war in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg standespolitisch aktiv und arbeitete in den Bereichen Diagnostik, Jugendpsychologie und Arbeitspsychologie.

    Max Wertheimer veröffentlicht „Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung“ in der Zeitschrift für Psychologie und legt damit den Grundstein für die Untersuchungen und Theorien der Frankfurter / Berliner Schule der Gestaltpsychologie Hugo Münsterberg veröffentlicht „Psychologie und Wirtschaftsleben“. „Es gilt von einer neuen Wissenschaft zu sprechen, die zwischen der Volkswirtschaft und der Laboratoriumspsychologie vermitteln soll. Das psychologische Experiment soll planmäßig in den Dienst des Wirtschaftslebens gestellt werden. Zunächst handelt es sich noch um vereinzelte Ansätze, um tastende Versuche und unzusammenhängende Bemühungen, die bald von psychologischer Seite, bald von wirtschaftlicher Seite ausgingen. Die Zeit, da die exakte Wirtschaftspsychologie sich als geschlossenes System wird darstellen lassen, liegt noch fern. Aber die neue Wissenschaft wird sich um so sicherer und wertvoller entwickeln, je früher die Aufmerksamkeit auf ihre Anfänge gelenkt wird und auf die Wichtigkeit und Tragweite ihrer Aufgaben. Was heute beim Beginn der Bewegung nottut, ist zunächst, an einzelnen anschaulichen Beispielen darzutun, was die neue Methode will und kann, und wenn möglich, diese Beispiele nun doch einzufügen in ein zusammenhängendes Ganzes. Nur ist dieses Ganze eben heute noch nicht ein wirklich durcharbeitetes Feld, sondern ein unerforschtes, unbebautes Gebiet, für das wir bei solch erster Umschau nur die Grenzen und die hauptsächlichsten Wegmöglichkeiten und Bearbeitungsmöglichkeiten erörtern können. So sollen denn in den folgenden Abschnitten an einer Reihe von Einzelfällen die den verschiedensten Gebieten des Wirtschaftslebens angehören, die Resultate wirklich ausgeführter Experimente dargelegt werden.“ Hugo Münsterberg, 1912 Sigmund Freud begründet die Zeitschrift „Imago“, in der die Psychoanalyse auf Geisteswissenschaften angewandt wird.

    Nach der Internationalen Hygiene-Ausstellung (1911) wird in Dresden das Hygiene- Museum gegründet.

  • Am 14.4. wird Bärbel Inhelder in St. Gallen geboren. Später sollte sie über 40 Jahre lang gemeinsam mit Jean Piaget an der wohl wichtigsten entwicklungspsychologischen Theorie des 20. Jahrhunderts arbeiten.

    Im Mai findet in Lausanne in der Schweiz der Kongress für Sport-Psychologie und Physiologie statt. Organisator ist Graf Pierre de Coubertin (1863-1937). Coubertin, der Initiator der Olympischen Spiele der Neuzeit, prägte 1900 den Begriff Sportpsychologie. John B. Watson (1878-1958) veröffentlicht „Psychology as a Behaviorist Views It“ „Die Psychologie, wie ein Behaviorist sie sieht, ist ein vollkommen objektiver, experimenteller Zweig der Naturwissenschaft. Das theoretische Ziel ist dieVorhersage und Überprüfung von Verhalten. Introspektion spielt keine wesentliche Rolle, und auch der wissenschaftliche Wert ihrer Daten hängt nicht davon ab, inwieweit sie sich zu einer Interpretation von Bewusstseinsbegriffen eignen. Bei dem Bemühen, ein einheitliches Bild der Reaktionen von Lebewesen zu gewinnen, erkennt der Behaviorist keine Trennungslinie zwischen Mensch und Tier an.“ John Broadus Watson, 1913

    Im Dezember beginnt Wolfgang Köhler auf Teneriffa seine Versuche über intelligentes Verhalten von Schimpansen. Köhler leitet die Anthropoidenstation der Preussischen Akademie der Wissenschaften von 1914 bis 1920. Der in Chicago lehrende George Herbert Mead (1863-1931) veröffentlicht „The Social Self“.

    Der Freiburger Philosoph Rickert initiiert eine „Erklärung von Dozenten der Philosophie in Deutschland gegen die Besetzung Philosophischer Lehrstühle mit Vertretern der experimentellen Psychologie“.

1914 - 1923

  • Am 26. Januar stirbt der Philosoph und Psychologe Friedrich Jodl (geb. 23.8.1849). Ausgerichtet von Georg Elias Müller findet in Göttingen der sechste Kongress für experimentelle Psychologie statt .

    Am 17. Oktober stirbt Theodor Lipps in München. Über seine Rolle an der Universität München informiert eine kurze Abhandlung, die Prof. Dr. Kurt Lukaczyk anlässlich des 150. Geburtstags von Lipps verfasst hat.

    Hugo Münsterberg veröffentlicht „Grundzüge der Psychotechnik“. Der Begriff der Psychotechnik wurde von William Stern als Psychologie im Dienste von Kulturaufgaben geprägt. Dementsprechend umfasst Münsterbergs Buch Gebiete wie Psychologie der Gesundheit, der Kunst, der Wirtschaft und des Rechts.

    William Stern veröffentlicht „Die Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr“ Stern bezieht sich auch auf eigene Erfahrungen mit seinen drei Kindern. William und Clara Stern haben genaueste Tagebuchaufzeichnung von der Entwicklung ihrer Kinder angefertigt – hier von den ersten Lebensstunden der Tochter Hilde (geb. 7.4.1900) Im Foto die drei Kinder: Hilde, Eva und (links) Günther, letzterer später als Philosoph Günther (Stern-) Anders bekannt.

    Am 22.4. wird in Carlshof Rudolf Bergius geboren. Das Portrait zeigt Bergius ca. 1955 zu seiner Zeit als Assistent bei Oswald Kroh an der Freien Universität in Berlin. Bergius wurde1986 zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ernannt. Sigmund Freud veröffentlicht im Jahrbuch der Psychoanalyse einen längeren Aufsatz „Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung“ – seine einzige Rechtfertigungsund Streitschrift, nachdem sich Alfred Adler und C. G. Jung von Freud getrennt haben.

    1924 gibt Freud diese Schrift als Buch heraus.

  • Am 8. Januar wird in Hattingen an der Ruhr Wilhelm Witte geboren. Witte promovierte 1937, war Assistent bei Willy Hellpach und lehrte als Professor in Tübingen, Münster und Regensburg.

    Am 25. 7. wird Ludwig Jakob Pongratz in Straubing geboren. (Zu Pongratz s. auch 1995).

    Am 31.7. wird der spätere Persönlichkeitspsychologe und Gerontologe Hans Thomae in Winkl in Bayern geboren.

    Max Lange fertigt eine Reliefbüste von Wundt an. Diese bildete in späteren Jahren die Vorlage für die Wundt-Medaille, welche die Deutsche Gesellschaft für Psychologie an bedeutende Psychologen verlieh. Zu den Trägern der Wundt-Medaille zählen Friedrich Schumann (1938), Willy Hellpach (1952), Karl Bühler (1960), Wolfgang Köhler (1962), Otto Selz (posthum 1970), Heinrich Düker (1979), Niels Birbaumer (2000) und Frank Rösler (2000).

    Edgar Rubin (1886-1951) veröffentlicht eine Arbeit über das Figur-Grund-Problem der Wahrnehmung. Sieht man eine Klaue vor weißem Grund oder Finger vor schwarzem Grund?

    Am 30. Dezember stirbt Oswald Külpe in München.

    Vor 100 Jahren: Am 5.3.1815 stirbt in Meersburg der Arzt Franz Anton Mesmer (geb. 1734), dessen Behandlung mit „tierischem Magnetismus“ ihm Ansehen und Popularität eintrug. Mesmer sah sich selbst als Naturwissenschaftler, befand sich jedoch im Irrtum bezüglich der von ihm beschriebenen Heilwirkungen des Magnetismus. Einige Aspekte seiner Behandlungsmethoden, wie Verwendung von Spiegeln, Musik, Gruppenbehandlung usw. können als Vorläufer der modernen Psychotherapie angesehen werden.

  • Am 19.2. stirbt in Haar bei München der Naturwissenschaftler und Philosoph Ernst Mach. Mach wurde am 18.2. in Turas, Mähren, geboren. Er studierte in Wien und wurde Professor in Graz, Prag und Wien. Mach beeinflusste auch die Psychologie nachhaltig. Zu seinen Untersuchungen zählte auch die menschliche Bewegungsempfindung (1875). Hierzu konstruierte er einen Apparat, in dem eine Person mit verschlossenen Augen sitzen kann, wobei der Sitz um verschiedenen Achsen gedreht werden kann.

    Am 4.3. wird in Berlin Hans Jürgen Eysenck geboren. Er emigrierte 1934 nach England, studierte Literaturwissenschaften, Geschichte und Psychologie. Ab 1955 lehrte er als Professor für Klinische Psychologie. Zu vielen Gebieten der Psychologie leistete Eysenck wichtige Beiträge. Er war empirisch arbeitender Persönlichkeitstheoretiker, Verhaltenstherapeut und scharfer und prominenter Kritiker der Psychoanalyse. Mit vielen Arbeiten, so zur Anlagebedingtheit von Kriminalität oder Intelligenz, löste er heftige Kritik aus. Eysenck starb 1997.

    Am 16. Dezember stirbt Hugo Münsterberg in Cambridge, Mass. im Hörsaal. Dieses Bild zeigt Münsterberg in seinem Arbeitszimmer (©PGFA)

    Ein weiteres Bild zeigt Münsterbergs Haus. Lewis M. Terman veröffentlicht „The Measurement of Intelligence“. Am 26. Dezember wird in St. Gallen Ernst H. Boesch geboren. Boesch studierte in Genf, promovierte bei Jean Piaget und erhielt eine psychoanalytische Lehranalyse. 1951 wurde er Professor für Psychologie in Saarbrücken. Boesch leistete u.a. wichtige Beiträge zur Kulturpsychologie. Er entwickelte eine eigene Handlungstheorie. Boesch wurde u.a. mit der Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Psychologie geehrt.

    Die Zeitschrift „Journal of Experimental Psychology“ erscheint

  • Am 17.3. stirbt Franz Brentano (geb. 1838). Der Philosoph Brentano war Vertreter einer beschreibenden Psychologie. Als Lehrer von Christian von Ehrenfels, Edmund Husserl, Alexius Meinong und Sigmund Freud hatte er erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Psychologie.

    „So scheint es denn unzweifelhaft, daß die Zukunft, und bis zu einem gewissen Grade vielleicht eine nicht allzuferne Zukunft, der Psychologie einen bedeutenden Einfluß auf das praktische Leben gestatten werde. Wir könnten sie, wie auch andere es getan, in diesem Sinne als die Wissenschaft der Zukunft bezeichnen, als diejenige nämlich, der vor allen anderen theoretischen Wissenschaften die Zukunft gehört, die mehr als alle die Zukunft gestalten, und der alle in ihrer praktischen Verwendung sich in Zukunft unterordnen und dienen werden. Denn dies wird die Stellung der Psychologie sein, wenn sie einmal erwachsen und zum tätigen Eingreifen befähigt ist.“ Franz Brentano, 1874 Wolfgang Köhler veröffentlicht seine Abhandlungen über seine Untersuchungen an Schimpansen auf Teneriffa.

    Der Expressionist Ernst Ludwig Kirchner portraitiert 1917/18 den Schweizer Psychiater Ludwig Binswanger in einem Holzschnitt. Ludwig Binswanger (1881-1966) ist Begründer der sog. Daseinsanalyse. Er trat in das Sanatorium seines Vaters in Kreuzlingen ein, das er 1911-1956 leitete. Binswanger war mit Sigmund Freund befreundet und wurde durch Martin Heidegger und Edmund Husserl beeinflusst. Zu seinen Patienten zählten bedeutende Persönlichkeiten, wie der Tänzer Nijinski, der Schauspieler Gustav Gründgens und Ernst Ludwig Kirchner. Dieses Bild zeigt „Bellevue“, eine der Villen der Anstalt, die um die Jahrhundertwende für höhere Stände empfohlen wurde, „mit elektrischer Beleuchtung und Centralheizung“

  • Am 27. Januar stirbt in Leipzig Ewald Hering. Hering wurde am 5.8. in Alt-Gersdorf in Sachsen geboren, studierte Medizin, war zunächst praktischer Arzt und wurde 1865 Professor für Physiologie und medizinische Physik in Wien, 1870 ging er nach Prag, 1895 nach Leipzig. Hering führte Untersuchungen zur Raum- und Farbwahrnehmung durch und prägte beeinflusste als Physiologe die Entwicklung der Psychologie. Nach Ewald Hering ist eine bekannte optische Täuschung benannt: Zwei parallele Linien erscheinen als gekrümmt., wenn sie von „Strahlen“, die aus dem Mittelpunkt des Bildes kommen, durchkreuzt werden.

    Es erscheint Band X. der „Völkerpsychologie“ von Wilhelm Wundt: „Das Recht“. Das hier abgebildete Exemplar trägt die eingeklebte Widmung von Wundt „Seinem geehrten Kollegen Felix Krueger“. Felix Krueger (1874-1948) war Schüler von Theodor Lipps, hatte sich 1903 bei Wundt habilitiert und war seit 1910 Wundts Nachfolger. Zusammen mit Charles Spearman hat Krueger bereits 1906 die Faktorenanalyse angeregt. Krueger gilt als Begründer der sog. zweiten Leipziger Schule, der Schule der Genetischen Ganzheitspsychologie und Strukturpsychologie. (s. auch 1919, 1923, 1933, 1948).

    Es erscheint etwa 1918, allerdings ohne Jahresangabe, „Die moderne Seelenlehre“von Rudolf Schulze. Dies ist eine überarbeitete Ausgabe des 1909 erschienenen Buches „Aus der Werkstatt der experimentellen Psychologie“(siehe dort). Der Vergleich der beiden Bücher zeigt die Entwicklung der Psychologie in einem Jahrzehnt. Nunmehr wird die Nutzanwendung der Psychologie noch stärker betont. Es gibt u.a. ein Kapitel über Berufsberatung. Hier findet sich auch die abgebildete Tremometerprüfung für Flieger. Kontinuierlich wird das Zittern eines Fingers erfasst. Durch Pistolenschuss oder „Fallenlassen großer Bleche“ wird ein Schreck bei den Probanden ausgelöst. Der Versuch dient „einer ersten groben Auslese, indem er die Nervösen ausscheidet“. In den USA werden an 1,7 Millionen Heeresrekruten Intelligenztests durchgeführt. Die verwendeten Tests erweisen sich als brauchbar und führen u.a. zur Anerkennung der Psychologie in der amerikanischen Gesellschaft

  • John B. Watson veröffentlicht „Psychology from the standpoint of a behaviorist“ – ein Manifest einer behavioristischen Psychologie, die in den USA Jahrzehnte lang als psychologische Richtung dominieren sollte.

    Etwa 1919 entstand dieses Bild, das einen Raum des Leipziger Instituts zeigt. Rechts weiße Kittel, links und rechts hinten Vorlagen für Wahrnehmungsversuche. In einem anderen Versuchsraum werden offenbar stroboskopische Versuche durchgeführt. Links im Bild vermutlich Wilhelm Wirth. Dieser Seminarraum des Psychologischen Instituts Leipzig verfügt über vielfältige Demonstrationsmöglichkeiten. Links an der Wand ein Portrait von Fechner. Hermine Hug-Hellmuth, Wien, veröffentlicht anonym, aber mit einem enthusiastischen Vorwort von Sigmund Freud, ein „Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens“. Das Buch ist wegen freizügiger Ausführungen umstritten, erreicht jedoch mehrere Auflagen und wird ins Englische übersetzt. Erst in einem Vorwort zur dritten Auflage gibt sich Hug-Hellmuth als Herausgeberin zu erkennen. Kurze Zeit später wird das Buch als Fälschung oder Verfälschung entlarvt. Freud zieht das Buch zurück. Der Wundt-Schüler und Neukantianer Jonas Cohn (1869-1947) wird Extraordinarius für Pädagogik und Philosophie der Philosophischen Fakultät Freiburg. 1920 wird er neben Edmund Husserl (1859-1938) Mitdirektor des Psychologischen Laboratoriums. Während des Rektorats Heideggers in der NS-Zeit wird Cohn zwangsweise in den Ruhestand versetzt und emigriert nach England.

  • Vertretern der Ausdruckspsychologie. Er lehrte u.a. an der Universität zu Köln. Kirchhoff starb 1999.

    Wilhelm Wundt veröffentlicht seine Lebenserinnerungen „Erlebtes und Erkanntes“. 31.8. Wilhelm Wundt stirbt in Großbothen bei Leipzig. Der Sohn Wilhelm Wundts, Philosoph Max Wundt, teilt dem Leipziger Kollegen Johannes Volkelt den Tod seines Vaters mit.

    Diese Bilder zeigen Wundts Wohnhaus in Großbothen zur damaligen Zeit und etwa 1980. Das 1915 erbaute und fast unveränderte Haus wird 1999 zum Verkauf angeboten, Dieses Bild zeigt die Grabstelle Wundts, seiner Frau und seiner Tochter Eleonore in Leipzig etwa 1980.

    In Graz promoviert Fritz Heider bei Alexius Meinong zum Dr. phil. Meinong, stirbt am 27. November in Graz. Prof. Alexius Meinong war Philosoph und Begründer des ersten Psychologischen Instituts in Österreich.

    William Stern besucht den Philosophen und Psychologen Prof. Gerard Heymans in Groningen (Niederlande) und widmet ihm dankbar sein Buch „Die menschliche Persönlichkeit“ Dieses Bild zeigt die Widmung.

    Am 25.6. wird Adolf Otto Jäger geboren (zu Jäger s. auch 2002). Am 13. Dezember wird Gustav A. Lienert in Michelsdorf geboren. (Zu Lienert s. u.a. auch 2001).

  • Vom 20. bis 23. April findet in Marburg der 7. Kongress für experimentelle Psychologie statt. E. R. Jaensch, Organisator des Kongresses, hält ein Sammelreferat über subjektive Anschauungsbilder mit Vorführung von Versuchen. Individuen mit der Fähigkeit zu Anschauungsbildern bezeichnet Jaensch als Eidetiker.

    Im Ernst Bircher Verlag, Bern und Leipzig, erscheint von Hermann Rorschach „Psychodiagnostik. Methodik und Ergebnisse eines wahrnehmungsdiagnostischen Experiments (Deutenlassen von Zufallsformen)“. Der schweizer Psychiater Rorschach hat 10 Klecksbilder zusammengestellt, die von den Probanden gedeutet werden sollen. Dazu veröffentlicht er einen Textband mit reichhaltigen Erfahrungen. Der Rorschachtest wurde in der Folgezeit mehrfach abgewandelt und wird noch heute verwendet.

    Es erscheint die erste Auflage von Ernst Kretschmers „Körperbau und Charakter“. In diesem, bis heute in vielen Auflagen erschienenen Buch stellt der Psychiater und Neurologe Kretschmer (1888-1994) seine Konstitutionstypologie dar. Diese beruhte auf der Beobachtung, dass in verschiedenen Psychosegruppen bestimmte Körperbautypen vorherrschten: Bei Schizophrenien die Leptosomen und Athletiker und bei Manisch- Depressiven die Pykniker.

    Es erscheint von Georg Groddeck der psychoanalytische Roman „Der Seelensucher“. Groddeck (1866-1934) gilt als Pionier der psychosomatischen Medizin. Noch vor Freud prägte er den psychoanalytischen Terminus „Es“, den Freud später übernimmt und mit etwas anderer Bedeutung versieht.

    In Kalifornien beginnt Lewis Terman seine bedeutende Längsschnittstudie zur Psychologie der Hochbegabung. Rund 70 Jahre lang wird in einer Vielzahl von Studien die Entwicklung von über 1528 hochbegabten Kindern bis ins hohe Lebensalter verfolgt.

  • Am 2.4. stirbt der Psychiater Hermann Rorschach, Autor des nach ihm benannten projektiven Testverfahrens, in Herisau in der Schweiz.

    Am 13.5. wird Peter Brückner in Dresden geboren. Brückner studierte Psychologie und erhielt eine psychoanalytische Ausbildung bei Alexander Mitscherlich. Er lehrte als Professor in Hannover und starb am 10.4.1982 in Nizza. Brückner war Sozialist und verfasste Schriften zur politischen Psychologie.

    Am 26.6. wird in Wiener Neustadt (Österreich) Erich Mittenecker geboren. Er studierte und promovierte in Wien und lehrte bis zu seiner Emeritierung in Graz. Zu seinen Fachgebieten zählen Allgemeine Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Verkehrspsychologie.

    Wolfgang Köhler wird Professor in Berlin. Es beginnt die Blütezeit des Instituts, das sich im Stadtschloss befindet .

    Es erscheint der erste Band der Zeitschrift „Psychologische Forschung“, die schnell zum führenden Organ der Gestaltpsychologie wird. Am 7.3. stirbt in Berlin Carl Ludwig Schleich. Schleich wurde 1892 geboren, entwickelte als Chirurg die Lokalanästhesie, wurde später vor allem durch populärwissenschaftliche Vorträge und Buchpublikationen über psychologische Fragen sowie durch Belletristische Arbeiten und Lyrik bekannt.

    Vor 100 Jahren: Johann Friedrich Herbart veröffentlicht „Ueber die Möglichkeit und Nothwendigkeit, Mathematik auf Psychologie anzuwenden.“ Diese kleinere Schrift ist eine Vorarbeit für sein Hauptwerk „Psychologie als Wissenschaft“ (1824/25)

  • Vom 18.-21. April findet in Leipzig der 8. Kongress für experimentelle Psychologie statt. Ausrichter des Kongresses ist Felix Krueger. Vorstandsvorsitzender ist Geh. Rat Prof. Dr. Georg Elias Müller. Georg Elias Müller (1850-1934) wurde 1881 nach Göttingen berufen und gründete 1887 dort das Psychologische Institut – das zweitälteste der Welt. Wilhelm Peters (1880-1963) nimmt einen Ruf an die Universität Jena an und wird Direktor einer „Psychologischen Anstalt“. Zu den treibenden Kräften für die Gründung diese Einrichtung zählen die Zeiss-Werke und ein Lehrerverein. Noch bis kurz nach der Wende stand das Gebäude, in dem dieses erste Institut lange Jahre untergebracht war.

    Peters wurde 1933 entlassen und das Institut von dem Ganzheitspsychologen Friedrich Sander (1880-1971) fortgeführt. Die Geschichte des Psychologie an der Friedrich- Schiller-Universität Jena reicht weit zurück: http://www2.uni-jena.de/svw/instpsy/struge/geschichte.html Karl Bühler erhält eine Professur in Wien und übersiedelt mit seiner Frau Charlotte nach Wien. Es beginnt die Blütezeit der Wiener Psychologie mit Schwerpunkten in der Entwicklungspsychologie, Sprachpsychologie, Methodenlehre und einigen angewandten Forschungsgebieten.

    Max Dessoir (1867-1947) – er prägte den Begriff „Parapsychologie“ – veröffentlicht „Vom Diesseits der Seele“. Das Buch ist in der Form von Briefen an eine Frau verfasst. Theodor Ziehen veröffentlicht „Das Seelenleben des Jugendlichen“. Der Begriff „Der Jugendliche“ wurde von dem Psychologen Ernst Meumann geprägt und fand schnell Eingang in die Umgangsprache

1924 - 1933

  • Auf dem achten Internationalen Psychoanalytischen Kongress zu Ostern in Salzburg entstehen durch Olga Székely-Kovács und Robert Berény Karikaturen von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Diese Portraits werden in einem Privatdruck zusammengestellt.

    Am 24.4. stirbt G. Stanley Hall in Worcester, Mass.. Hall (geb. 1846) war eine zentrale Persönlichkeit der Frühzeit amerikanischer Psychologie. Er war vielseitig interessiert und engagiert. Hall studierte in Deutschland, gründete 1883 das erste experimentalpsychologische Laboratorium in den USA und war aktiver Gründer der American Psychological Association (APA). Halls tiefenpsychologischen Interessen galten zuerst der Psychoanalyse Freuds, später mehr der Individualpsychologie Adlers.

    Am 16.5. wird Ferdinand Merz in Chicago geboren. Merz lehrte in Marburg und forschte u.a. im Bereich der Differentiellen Psychologie. L. L. Thurstone veröffentlicht „The Nature of Intelligence“. Floyd Allport veröffentlicht „Social Psychology“. Mit diesem Buch wird eine behavioristische Sozialpsychologie begründet.

    Eduard Spranger (1882-1964) veröffentlicht „Psychologie des Jugendalters“.In diesem und in anderen Büchern vertritt Spranger eine geisteswissenschaftliche Psychologie. Das Buch erlebt bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg Neuauflagen und wirkt prägend für Generationen von Lehrern (zu Spranger s. auch 1964).

    Am 12. Oktober steigt das Luftschiff LZ 126 auf und überquert erstmals den Atlantik. Die Mannschaft mit Kommandant Dr. Hugo Eckener wird am 15.10. in New York stürmisch mit einer Konfetti-Parade gefeiert und zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. 1929 gelingt Eckener die Weltrundfahrt.

    Wenig bekannt ist, dass der am 10. August 1868 in Flensburg geborene Eckener 1892 seinen Doktortitel mit einer experimentalpsychologischen Untersuchung zu Aufmerksamkeitsschwankungen bei Wilhelm Wundt in Leipzig erworben hat. Eckener starb hochgeehrt am 14.8.1954.

  • Vom 21.-25.4. findet in München – ausgerichtet durch Erich Becher – der 9. Kongress für experimentelle Psychologie statt. Becher, 1882 bei Remscheid geboren, studierte, promovierte und habilitierte sich in Bonn und wurde 1909 Professor in Münster,1916 wurde Becher nach München berufen, wo er am 5. Januar 1929 starb. Am 7.5. wird Gerhard Kaminski geboren.

    Ebenfalls am 7.5. wird Anne-Marie Tausch in Berlin geboren. Anne-Marie Tausch war Psychologin und Pädagogin und betrieb zusammen mit ihrem Mann Reinhard Tausch unterrichtspsychologische Forschung. Gemeinsam mit ihm machte sie in der Bundesrepublik die Gesprächspsychotherapie bekannt; Anne-Marie Tausch starb 1983. Der Arzt und Psychologe Willy Hellpach kandidiert für das Amt des Reichspräsidenten. William Stern gibt „Anfänge der Reifezeit“, ein „Knabentagebuch in psychologischer Bearbeitung“ heraus. Stern verschweigt, dass es sich hierbei um jenes Tagebuch handelt, das er selbst als Jugendlicher führte, und das er nun kritisch kommentierend veröffentlicht. Max Wertheimer veröffentlicht „Über Gestalttheorie“.

    Robert Werner Schulte (1897-1933) veröffentlicht „Eignungs- und Leistungsprüfung im Sport. Schulte lehrte ab 1920 als Dozent für Psychologie und Pädagogik an der neu gegründeten Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin. An dieser Hochschule richtete Schulte – gerade erst 21 Jahre alt – das erste sportpsychologische Laboratorium in Deutschland ein. In seiner Zeit war Schulte bekannt für die Entwicklung einer Vielzahl psychotechnischer Geräte, wie z.B. Gelenkempfindungsprüfer, Sehschärfenprüfer , Treffsicherheitsprüfer, Sorgfaltprüfer usw. Schulte stirbt 1933 durch Suizid.

  • Mit einer Startauflage von 9.000 Exemplaren erscheint der erste Almanach der Psychoanalyse im Internationalen Psychoanalytischen Verlag, Wien. Unter der Regie von G. W. Pabst dreht die UFA den Spielfilm „Geheimnisse einer Seele, ein psychoanalytisches Kammerspiel“. Sigmund Freud lehnt die Mitwirkung ab. Der Film entsteht, zum Leidwesen von Freud, unter der Mitarbeit seiner Schüler Karl Abraham und Hanns Sachs.

    Vom 6.-11. September findet in Groningen der VIII. Internationale Psychologenkongress statt. Ausrichter ist der Philosoph und Psychologe Prof. Gerard Heymans. Im Jahr 1892 erhielt Heymans von der Universität Groningen 500,- Gulden zur Anschaffung psychologischer Apparaturen. Dies war der Beginn der experimentellen Psychologie in den Niederlanden. Als Heymans 1930 starb, fand man in seiner Brieftasche ein experimentelles Portrait, das ihn fünffach zeigt. Wann und wie es entstand ist unbekannt.

    Am 7.10. stirbt der Psychiater Emil Kraepelin in München. Kraepelin wurde 1856 in Neustrelitz geboren und hatte bei Wundt in Leipzig studiert. Mit seinen Untersuchungen über die Wirkungen von Alkohol und Medikamenten auf Gedächtnis- und Arbeitsleistungen begründete er die Pharmakopsychologie. Zum Arbeitsverhalten, Ermüdung usw. führte er systematische Experimente durch, die er in der Form einer sog. „Arbeitscurve“ zusammenfasste.

    William Stern veröffentlicht „Jugendliche Zeugen in Sittlichkeitsprozessen“

  • Gustav Störring (1860-1946). Störring war ausgebildeter Theologe und Arzt. Er lehrte zuerst in Zürich, dann in Straßburg und von 1913 bis zu seiner Emeritierung 1928 Philosophie in Bonn.

    Im Verlag Gustav Fischer, Jena, erscheint „Die Krise der Psychologie“ von Karl Bühler. „...so ist es in der Gegenwart: ein rasch erworbener und noch unbewältigter Reichtum neuer Gedanken, neuer Ansätze und Forschungsmöglichkeiten hat den krisenartigen Zustand der Psychologie heraufbeschworen. Es ist, wenn nicht alles täuscht, keine Zerfalls-, sondern eine Aufbaukrise, ein embarras de richesse, wie er das Ausholen zu einem umfassenden Gemeinschaftswerke begleiten kann. Gelingt es, eine Konkordanz herzustellen, dann dürfen wir Großes von der Zukunft erwarten.“ Karl Bühler, 1927

    Am 3.8. stirbt Edward Bradford Titchener in Ithaka. Der 1867 in England geborene Titchener hatte Philosophie studiert und promovierte 1892 bei Wilhelm Wundt in Leipzig. Noch im gleichen Jahr ging er an die Cornell University, wo er bis zu seinem Lebensende lehrte. Titchener vertrat in den USA den Strukturalismus, wie er ihn von Wundt übernommen hatte. Somit wurde Titchener in den USA zum Hauptgegner des sog. Funktionalismus Am 25.Oktober wird Lawrence Kohlberg geboren. Kohlberg wird bekannt durch seine Untersuchungen zum moralischen Urteil in Weiterentwicklung der Theorie Piagets. Erstmals erscheint die Zeitschrift „Psychological Abstracts“. Der Gestaltpsychologe Kurt Koffka wandert in die USA aus.

    Am 30. November wird in Berlin Klaus Holzkamp geboren. Holzkamp arbeitete als experimenteller Sozialpsychologe, verfasste methodenkritische und wissenschaftstheoretische Arbeiten. Die von ihm in den siebziger Jahren begründete „Kritische Psychologie“ versteht Psychologie als emanzipatorische Wissenschaft im Gegensatz zur sog. „Bürgerlichen“ Psychologie. Anna Freud, jüngste Tochter Sigmund Freuds, veröffentlicht „Einführung in die Technik der Kinderanalyse“, beruhend auf vier Vorträgen, die sie in Wien gehalten hat.

  • Firma Godehart Wilichowski, Göttingen, wirbt für den selbstrechnenden Chronotyper nach Narziß Ach. Das Gerät erfasst und berechnet Zeiten, ist daher insbesondere für die Messung von Reaktionszeiten geeignet. Narziß Kaspar Ach (1871-1946) lehrte von 1922-1937 in Göttingen.

    Es erscheint die zweite Auflage von Otto Lipmanns „Psychologie für Lehrer“. Hier ein Widmungsexemplar des Autors für den Wundt-Schüler Prof. Jonas Cohn, der in Freiburg Philosophie und Psychologie lehrte.

    Die Zwanzigerjahre sind die Jahre der Blüte der Psychotechnik. Mit einfallsreichen Apparaturen werden Personen für bestimmte Berufe ausgelesen. Hier einige Abbildungen zur Auslese und Schulung von Fahrzeugführern, entnommen einem Aufsatz von Hallbauer (1927) aus der seit 1926 bestehenden Psychotechnischen Zeitschrift. Wie sehr viele Psychotechniker ist auch Hallbauer nicht Psychologe, sondern Ingenieur. Psychotechnik ist weit verbreitet und widmet sich neben Eignungsuntersuchungen z.B. auch der Unfallvermeidung. Zum Beispiel verwendet die Reichspost hierzu die Fahrerprobe von Hans Rupp.

  • Vom 9.-13. April findet in Wien der 11. Kongress für experimentelle Psychologie statt. Die anlässlich des Kongresses tagende Mitgliederversammlung beschließt einstimmig, den Namen der Gesellschaft in „Deutsche Gesellschaft für Psychologie“ abzuändern. Die nunmehr auch in der Bezeichnung erkennbare Ausweitung der Gesellschaft auf nicht-experimentelle Psychologie entspricht den Bedürfnissen der Zeit. Die Gesellschaft erlebt in diesen Jahren einen Wandel ihrer Mitglieder. Dem Austritt vieler Mitglieder stehen Neuzugänge entgegen.

    Wolfgang Köhler veröffentlicht „Gestalt Psychology“. Dieses Buch ist für amerikanische Leser geschrieben und enthält u.a. eine kritische Auseinandersetzung mit dem Behaviorismus.

    Die Zeitschrift „Die Psychoanalytische Bewegung“ wird begründet. In Heft 1 erscheint ein Beitrag von Thomas Mann.

    Dr. Paul F. Lazarsfeld veröffentlicht ein „Statistisches Praktikum für Psychologen und Lehrer“. Lazarsfeld (1901-1976) ist promovierter Mathematiker und Gymnasiallehrer.

    1929 scheidet er aus dem Schuldienst aus und übernimmt die Leitung der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle der Universität Wien. Im Kreis der Wiener Psychologen ist Lazarsfeld der viel gefragte Methodenfachmann. 1933 nahm Lazarsfeld die Gelegenheit eines USA-Stipendiums wahr, 1935 emigrierte er ganz in die USA, arbeitete als Rundfunkforscher, Professor für Soziologie und begründete die moderne Kommunikationsforschung. Lazarsfeld starb 1976 in New York.

    In der „Psychotechnischen Zeitschrift“ veröffentlicht W. Poppelreuter einen Beitrag zur Lenker-Tätigkeit. Er berichtet über typische Verhaltensweisen von Neulingen, die er mit einem Elektromobil fahren ließ. Dieses fuhr mit konstanter Geschwindigkeit und war über einen vorgeschriebenen Gartenweg zu lenken.

  • „Aus der Praxis der Berufsberatung“ heißt ein Buch, das als zunächst als Geschäftsbericht der Berufsberatungsstelle beim Arbeitsamt Leipzig geplant war. Dieses Buch, unter Mitarbeit von Prof. Dr. Otto Klemm, beschreibt sehr genau die damalige Praxis der Berufseignungsuntersuchungen und der Berufsberatung, in der einige ausgebildete Psychologen tätig waren.

    In einer Anzeige wirbt Firma Heinrich Diel für Prüfeinrichtungen. Abgebildet ist ein Handergometer, bei dem die Kraftleistungen aufgezeichnet werden. In der Reihe der von Kurt Lewin herausgegebenen „Untersuchungen zur Handlungsund Affektpsychologie“ erscheint die Dissertation „Erfolg und Mißerfolg“ von Ferdinand Hoppe. Hier die Titelseite eines Sonderdrucks mit Lewins Widmung. Die Arbeit von Hoppe kann als Beginn der Leistungsmotivationsforschung angesehen werden, denn erstmals werden die Wirkungen von Erfolg und Misserfolg auf das Anspruchsniveau experimentell erforscht.

  • Am 9.9. wird Franz Emanuel Weinert in Komotau geboren (Zu Weinert siehe auch 1986 und 2001).

    Vom 12. bis 16. 4. findet in Hamburg der 12. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Ausrichter des Kongresses ist Prof. William Stern. Erstmals nimmt eine große Anzahl von Nichtpsychologen teil.

    William Stern gibt zum Kongress einen Bericht über das Psychologische Institut der Hamburgischen Universität heraus, in dem die gute Ausstattung in den neuen Räumen am Bornplatz und vielseitige Forschungsaktivitäten beschrieben werden. Erst seit 1930 trägt das Institut die Bezeichnung „Psychologisches Institut der Hamburgischen Universität“. Zwei Fotos, die in dieser Zeit, möglicherweise anlässlich dieses Kongresses, entstanden, zeigen den Blick ins Publikum, darunter im rechten Bild in der Mitte vorn William Stern.

    Zu seinem 60. Geburtstag erhält William Stern eine Festschrift, u.a. mit Beiträgen von Alfred Adler, Jonas Cohn, David und Rosa Katz. Am 26. April stirbt in Chicago George Herbert Mead. Am 15. Dezember stirbt in Paris der Arzt und Journalist Gustave LeBon, dessen Buch „Psychologie der Massen“ (1895) auch im deutschen Sprachbereich weite Verbreitung fand.

    In Moskau findet die 7. Internationale Psychotechnik-Konferenz statt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind William Stern, der den Begriff „Psychotechnik“ prägte, und der Schweizer Richard Meili (1900-1991). Stern und einige andere Teilnehmer senden Wolfgang Köhler, dem Direktor des Berliner Instituts für Psychologie, das sich im Stadtschloss befindet, eine Ansichtskarte.

  • Am 8.9. stirbt Christian Maria von Ehrenfels in Lichtenau, Niederösterreich. Wenngleich von Ehrenfels sich bald verschiedenen anderen Themen zuwandte, so ist sein Aufsatz „Über Gestaltqualitäten“ (1890) von Gestalttheoretikern immer wieder, insbesondere zur Definition des Gestaltbegriffs, zitiert worden. In seinem Buch „Gesicht und Seele“ stellt Philip Lersch Fotos von Personen dar, die unter bestimmten Bedingungen getestet und fotografiert wurden, u.a. bei körperlichen Anstrengungen. Lersch steht der Ausdruckspsychologie nahe. Edward Tolman veröffentlicht „Purposive Behavior in Animals and Men“.

  • Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten werden durch rassistische Beamtengesetze politische Gegner und Wissenschaftler jüdischer Herkunft in die Emigration gezwungen. In der Psychologie sind dies etwa ein Drittel der Professorenschaft.

    Von den Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Psychologie emigrieren 14% ab 1933. Unter ihnen sind führende Vertreter und vielversprechende Nachwuchswissenschaftler, so z.B. Walter Blumenfeld (1882-1967), Karl Bühler (1879-1963) und Charlotte Bühler (1893-1974), Karl Duncker (1903-1940), Adhemar Gelb (1887-1936), David Katz (1884-1953) und Rosa Katz (1885-1962), Wolfgang Köhler (1887-1967), Kurt Lewin (1890-1947), Wilhelm Peters (1880-1963), William Stern (1871-1938), Clara Stern (1878-1947), Emil Utitz (1883-1956), Egon Weigl (1902-1979), Heinz Werner (1890-1964) und Max Wertheimer (1880-1943). Einige Psychologen wurden in den Selbstmord getrieben, so z.B. Otto Lipmann (1880-1933) und Martha Muchow (1892-1933). Andere gingen in den Widerstand und wurden in Zuchthäuser und Konzentrationslager gebracht, wie z.B. Curt Bondy (1894-1972) und Heinrich Düker (1898-1986). David Katz verlor seinen Lehrstuhl in Rostock, emigrierte nach England, während Frau und Kinder in Deutschland blieben und erhielt dann einen Ruf nach Schweden, wo er zu einem der führenden Psychologen Schwedens wurde. Frederick Bartlett veröffentlicht „Remembering“.

    14. Juni. Der Psychiater, Psychologe und Künstler Hans Prinzhorn stirbt in München. Als sein Hauptwerk gilt seine Arbeit über die Bildnerei der Geisteskranken.

    Am 15. August wird Stanley Milgram in New York geboren.

    Am 29. September stirbt in Hamburg die William Stern-Mitarbeiterin Martha Muchow durch Suizid, nachdem sie am 13. September zwangsweise aus dem Institut entfernt worden war.

    Am 7. Oktober stirbt in Berlin Otto Lipmann durch Suizid nach Nazi-Übergriffen auf das von ihm geleitete Institut. Der Nachruf von William Stern lässt nicht die wahre Todesursache erkennen. Der Völkerbund gibt den Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud zur Frage „Warum Krieg?“ in mehreren Sprachen jeweils in begrenzter Auflage heraus. Ein großer Teil der deutschsprachigen Ausgabe wird von den Nazis vernichtet . Charlotte Bühler veröffentlicht „Der menschliche Lebenslauf als psychologisches Problem“. Dieses Buch kennzeichnet den Übergang von der damals üblichen „Kinderpsychologie“ zur Entwicklungspsychologie, die den gesamten Lebenslauf umfasst. Zugleich lässt das Buch bereits Überlegungen in Richtung auf eine humanistische Psychologie erkennen.

    Vom 16. bis 19. 10. findet in Leipzig der 13. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Ausrichter ist Felix Krueger. Der Kongress sollte vom 4.-9. April 1933 in Dresden stattfinden. Gustav Kafka hätte diesen Kongress leiten sollen. Er widersetzte sich dem Plan, jüdische Mitglieder vom Kongress auszuschließen und trat schließlich aus dem Vorstand aus. Ebenso die Vorstandsmitglieder William Stern, David Katz und Karl Bühler. Stern und Katz waren jüdischer Herkunft. Bühlers Frau war „Halbjüdin“. Anders als ursprünglich geplant, widmete sich der Kongress am Heimatort der Ganzheitspsychologie nun den „Kernfragen des gegenwärtigen deutschen Lebens“. Einige Kongressteilnehmer traten in SA-Uniform auf. Der neue Vorstand strich jüdische Mitglieder aus der Mitgliederliste, die dem Kongressbericht (1934) angefügt war. In seinen „Neuen Vorlesungen zur Psychoanalyse“ stellt Freud ein revidiertes topologisches Modell der Persönlichkeit dar.

    Es erscheint „Die Arbeitslosen von Marienthal“ – eine inhaltlich und methodisch wegweisende Studie von Marie Jahoda und Hans Zeisel. (Spätere Auflagen nennen außer Jahoda und Zeisel als zweiten Autor Paul F. Lazarsfeld.)

1934 - 1943

  • Am 11. Juni stirbt Georg Groddeck in Schloß Kronau bei Zürich Alfred Adler emigriert in die USA.

    In Prag findet der VIII. Psychotechniker-Kongress statt. Der Graphiker Karel Kotrba fertigt Karikaturen einiger Teilnehmer an, u.a. J.M. Lahy (1872-1943), F. Baumgarten- Tramer (1886-1970), Jan Dolezal (1902-1965) und Fr. Seracky (1891-1942). Seracky war tschechischer Psychologe und Psychotechniker und Organisator des Kongresses. Ausgerichtet von Oswald Kroh findet in Tübingen der 14. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt.

    Karl Bühler veröffentlicht seine „Sprachtheorie“, in der er Darstellungs-, Ausdrucks- und Appellfunktion der Sprache unterscheidet. Die Funktionen der Sprache stellt er in seinem sog. Organonmodell dar.

    Narziß Ach und Heinrich Düker entwickeln den Chronotyper, ein Gerät zur experimentellen Willensforschung.

    Am 23. Dezember stirbt Georg Elias Müller in Göttingen. Müller hatte neben Wahrnehmungsuntersuchungen die Arbeiten von Ebbinghaus zum Gedächtnis fortgesetzt und verfeinert. Unter anderem konstruierte er schon sehr früh aus einem Kymographen einen Gedächtnisapparat. Auf eine waagerecht rotierende Trommel konnten Schriftzeichen geklebt werden, die dem Betrachter durch einen Spalt sichtbar gemacht wurden. Zum Apparat gehörten fünf verschieden große Trommeln. Außerdem konnte (u.a. durch Verstellung der Windflügel) die Geschwindigkeit reguliert werden. Nachteil des Gerätes war, dass sich die Trommel ständig drehte, so dass sich bei den Vpn – vor allem bei größeren Geschwindigkeiten – Schwindelerscheinungen einstellten. Eine Verbesserung dieses Apparates erreichte Rudolf Schulze dadurch, dass von der waagerecht rotierenden Walze einzelne, beschriftete Papiertaschen herabfielen.

  • Wolfgang Köhler bittet, nachdem die nationalsozialistischen Übergriffe auf das Berliner Psychologische Institut unerträglich werden, 1934 um vorzeitige Entlassung. Dieses Gesuch nimmt er zunächst zurück, nachdem einige Forderungen von den Nazi-Machthabern erfüllt werden. Schließlich legt er 1935 sein Amt nieder und emigriert noch im gleichen Jahr in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1967 am Swarthmore College lehrt. Der Psychologe Walter Blumenfeld (später Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie) emigriert nach Peru. Der Psychiater Kurt Goldstein emigriert in die USA.

    In der Sowjetunion erscheinen posthum die „Prinzipien der Pädologie“ von Leo Semionowitsch Vygotsky (1896-1934). Vygotsky ist heute als Entwicklungspsychologe bekannt. Er zählt zur Kulturhistorischen Schule der Psychologie. Es erscheint Egon Brunswiks „Experimentelle Psychologie in Demonstrationen“. Posthum erscheint von Martha Muchow (von ihrem Bruder Hans Heinrich Muchow ediert) „Der Lebensraum des Großstadtkindes“. Das Buch ist in Fragestellung und Forschungsmethode innovativ und gilt heute als Klassiker der entwicklungspsychologischen Forschung.

    Am 28. November stirbt Erich Moritz von Hornbostel in Cambridge, Mass. E. M. von Hornbostel wurde 1877 in Wien geboren und studierte Chemie bis zur Promotion. Er war Mitarbeiter von Carl Stumpf in Berlin, wandte in experimentellen Untersuchungen die Gestaltpsychologie auf akustische Wahrnehmung an und baute das dortige Phonogrammarchiv mit einer Fülle wertvoller, völkerkundlicher Musikaufnahmen auf. Im Jahr 1933 emigrierte er über die Schweiz in die USA. I. P. Pawlow eröffnet am 9. Aug. in Leningrad den XV. Internationalen Physiologen- Kongress.

  • Am 17. Februar stirbt in Leningrad der Physiologe und Nobelpreisträger I.P. Pawlow. In den letzten Jahren seines Lebens leitete Pawlow ein eigens für ihn errichtetes Institut in Leningrad (St. Petersburg).

    Am 4. Juli beschließt das ZK der KPdSU unter dem Titel „Von der pädologischen Pervertierung im System des Kommissariats der Volksbildung“ das Verbot sowohl der „Pädologie“ als auch der „Psychotechnik“. Dieses Dekret wirkt sich bis weit nach dem 2. Weltkrieg nachteilig auf Psychodiagnostik und Pädagogische Psychologie in den sog. Ostblockstaaten aus.

    Am 7. August stirbt der Psychologe Adhémar Gelb in Schömberg im Schwarzwald. Gelb war am 18. November1887 in Moskau geboren. Wie viele Gestaltpsychologen studierte auch er bei Carl Stumpf in Berlin. 1924 wurde er Professor in Frankfurt. Ab 1931 lehrte er in Halle. Als Jude verlor er sein Amt. Er bemühte sich um eine Emigration nach Schweden, starb jedoch noch in Deutschland an Lungentuberkulose. Anna Freud veröffentlicht „Das Ich und die Abwehrmechanismen“. Mit diesem Buch trat die Tochter Sigmund Freuds der Auffassung entgegen, die Psychoanalyse befasse sich nur mit dem Unbewussten.

    Kurt Lewin veröffentlicht „Principles of Topological Psychology“, ein Buch, das er schon in großen Teilen vor seiner Zwangsemigration in deutscher Sprache verfasst hatte und das erst Jahrzehnte später aus dem Englischen rückübersetzt wurde. Muzafer Sherif veröffentlicht „The Psychology of Social Norms“, ein Buch, dass sich erstmals experimentell mit der Frage der Entstehung von Gruppennormen befasst und so eine Verbindung zwischen Psychologie und Soziologie sucht. Experimentell weist er nach, dass sich individuelle Schätzungen von einzelnen Gruppenmitgliedern unter bestimmten Bedingungen stark aneinander angleichen.

    In diesem Jahr stirbt Bertha von Pappenheim (geb. 1859). Die Sozialarbeiterin und – reformerin zählt unter dem Namen „Anna O.“ zu Sigmund Freunds klassischen Fällen psychoanalytischer Behandlung.

    Ausgerichtet von Friedrich Sander findet in Jena der 15. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Sander (1889-1971) war Assistent von Wundt und später Vertreter der Ganzheitspsychologie. In der NS-Zeit stellte er seine Theorie in den Dienst der NS-Ideologie. Sander lehrte später in Bonn, wo er emeritiert wurde. In einer Dissertation unter Leitung von Narziß Ach untersucht Heinrich Buck Faktoren, die zum Drehschwindel führen.

    „Mit Beginn des Jahres 1936 wurde meine akademische Tätigkeit für zehn Jahre unterbrochen. Ich wurde mit einer Gruppe von Gesinnungsfreunden im Januar verhaftet und im April 1936 wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem entzog man mir die Venia legendi ...“ Heinrich Düker (1898-1986), 1972

    Am 25. Dezember stirbt in Berlin der Psychologe, Philosoph und Musikwissenschaftler Carl Stumpf (geb. 1848).

  • Am 28. Mai stirbt Alfred Adler auf einer Vortragsreise in Aberdeen. Anna Freud veröffentlicht „Das Ich und die Abwehrmechanismen“. Kurt Lewin führt zusammen mit Ronald Lippitt (1914-1986) und Ralph K. White Untersuchungen über die Auswirkungen verschiedener Führungsstile durch und veröffentlicht die ersten Ergebnisse. Die Tschechoslowakei erinnert mit einer Briefmarke an die Geburt von Pukinje vor 150 Jahren.

    Margarete Jucknat (1904-1979), eine Schülerin von Kurt Lewin, veröffentlicht „Leistung, Anspruchsniveau und Selbstbewußtsein“. Margarethe Jucknat lehrte später als Professorin für Psychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In Paris findet der 11. Internationale Kongress für Psychologie statt. Ausrichter ist Henri Piéron.

    Karen Horney veröffentlich „The neurotic personality of our time“ – ein Buch, das nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik unter dem Titel „Der neurotische Mensch unserer Zeit“ als Taschenbuch Bestseller wird. „Gleichzeitig mit der Betonung seiner Unwürdigkeit wird der Neurotiker große Ansprüche auf Rücksicht und Bewunderung erheben und durchaus nicht bereit sein, die geringste Kritik zu dulden.“ Karen Horney, 1937

  • Am 27. März stirbt der Philosoph und Psychologe William Stern (geb. 1871) in Durham. Dieses Photo aus den letzten Lebensjahren zeigt ihn mit seiner Frau Clara Stern.

    Am 27. April stirbt der Philosoph Edmund Husserl in Freiburg.

    Burrhus Frederic Skinner veröffentlicht „The Behavior of Organisms“ – ein Standardwerk des Behaviorismus, in dem die Wirkungsweise des operanten Konditionierens beschrieben wird.

    Oscar Krisen Buros (1905-1978) gibt das erste „Mental Measurement Yearbook“ heraus. Die Bände 1941, 1949, 1953, 1959, 1965, 1972 und 1978 folgen und bilden das wichtigste amerikanische Nachschlagewerk für psychodiagnostische Verfahren. Im Juni verlässt Sigmund Freud auf Drängen von Kollegen und Freunden sein Wiener Heim in der Berggasse und emigriert über Paris nach London. Die internationale Presse und die englische Bevölkerung nehmen Anteil. Am 7. Dezember gibt Freud der BBC ein Interview http://javari.com/freudpsa.voice.html

    ”I started my professional activity as a neurologist trying to bring relieve to my neurotic patients. Under the influence of an older friend and by my own efforts I discovered some important new facts about the unconscious in psychic life, the role of instinctual urges and so on. Out of these findings grew a new science: Psychoanalysis, a part of psychology, as the new method of treatment of the neurosis. I had to pay heavily for this bit of good luck. People did not believe in my facts and thought my theories unsavory. The system was strong and unrelenting. In the end I succeeded in acquiring pupils and building up an International Psychoanalytic Association. But the struggle is not yet over. Sigmund Freud“

    Vom 2.-4. Juli findet in Bayreuth der 16. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Kongress-Motto : „Charakter und Erziehung“. Kongressausrichter ist der Direktor der Hochschule für Lehrerbildung, D. Kolb. Es ist dies der letzte Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in der Nazi-Zeit. In der Eröffnungsveranstaltung vor etwa 700 Teilnehmern spricht u.a. Generalmajor von Voss, Leiter der Wehrmachtpsychologie und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Er verweist auf die Erfolge der Wehrmachtpsychologie und auf die neu geschaffene berufliche Laufbahn des Wehrmachtpsychologen. „Das Dritte Reich ruht auf den Säulen der Wehrmacht und der Partei. Es gibt daher auch nur eine nationalsozialistische Wehrmacht und – was ich mit besonderer und nachdrücklicher Betonung hier ausspreche – nur eine nationalsozialistische Wehrmachtspsychologie.“ Generalmajor von Voss, 1938. Der Marburger Psychologe Erich Jaensch veröffentlicht sein Buch „Der Gegentypus“. In diesem Buch werden Persönlichkeitstypologie und Charakterologie mit Rassenideologie verschmolzen.

    Es erscheint eine Publikation der Wiener Psychologen Brunswik und Reiter, in der Beurteilungen von Schemagesichtern beschrieben werden. Durch kleinste Veränderungen im Augenabstand, der Stirnhöhe, Nasenlänge usw. entstehen Gesichter, die bei den Vpn stereotype Beschreibungen und Bezeichnungen auslösen. Erich Rothacker veröffentlicht „Die Schichten der Persönlichkeit“. Henry A. Murray (geb. 1893) veröffentlicht den Thematischen Apperzeptions-Test (TAT) – ein projektives Testverfahren, bei dem Probanden zu vorgelegten Bildern Geschichten zu erzählen haben. Die Geschichtsinhalte werden entsprechend ihrer Thematik (z.B. Leistungsmotivation, Gesellung, Anerkennung usw.) ausgewertet.

  • Am 15. Juli stirbt der Psychiater Eugen Bleuler in Zollikon in der Schweiz. Dollard, Doob, Miller, Mowrer und Sears, Wissenschaftler der Yale University, tragen in ihrem Buch „Frustration and Aggression“ ihre behavioristische Frustrations-Aggressions- Hypothese vor.

    Am 9. September stirbt in Essen nach einem Schlaganfall der Psychologe Johannes Lindworsky. Lindworsky wurde am 21. Januar1875 in Frankfurt geboren, war Jesuitenpater und studierte nach seiner Ordensausbildung in Bonn bei Külpe, Bühler, Pauli, Selz und Behn. Lindworsky führt experimentelle Untersuchungen zum schlussfolgernden Denken durch, lehrte in Köln und verfasste u.a. ein Lehrbuch der Experimentalpsychologie, das in mehreren Auflagen Verbreitung fand.

    Am 23. September stirbt Sigmund Freud in London.

    Der Psychologe Willy Hellpach veröffentlicht „Mensch und Volk der Großstadt“. Einige Hochschullehrer stellen in dieser Zeit ihre Leistungen in den Dienst des Nazi- Regimes. In Hamburg wird zum Beispiel das früher von William Stern geleitete Institut nunmehr von dem Erziehungswissenschaftler Gustav Adolf Deuchler, NSDAP-Mitglied seit 1933, mitgeleitet. In den von ihm herausgegebenen „Erziehungswissenschaftlichen und Psychologischen Studien“ erscheint 1939 als Heft 10 eine Dissertation von Diez Jaeger über „Angst und Charakter beim Kampfsport“. Jaeger führte an ca. 400 Männern auf einer Hinderniskampfbahn ausdruckspsychologische und charakterologische Untersuchungen durch. Bereits 1941 fiel Jaeger als Leutnant an der Ostfront.

  • Am 12. Januar stirbt Erich Jaensch in Marburg. Sein Nachfolger wird sein früherer Assistent Gert Heinz Fischer (1909-1993). Fischer ist Nationalsozialist und führt das Institut im Geist seines Vorgängers weiter. Wie auch andere Hochschullehrer wird Fischer 1945 amtsenthoben. Im Gegensatz zu den meisten Psychologie-Professoren seiner Zeit gelingt ihm jedoch nicht die Rückkehr in den Hochschuldienst. Der Ausbau des wehrpsychologischen Dienstes erreicht seinen bisherigen Höhepunkt. Die Wehrmacht wird zum größten Arbeitgeber für Psychologen. Zu den wehrpsychologischen Untersuchungen für Offiziersanwärter zählt u.a. die Lösung von Rechenaufgaben bei Rotation des Körpers. Diese beiden Fotos stammen aus einem vertraulichen Bericht aus dieser Zeit.

    S. L. Rubinstein veröffentlicht in der Sowjetunion „Die Grundlagen einer allgemeinen Psychologie“.

  • Die Philosophische Fakultät der Universität Freiburg stellt den Antrag auf Einrichtung eines Instituts für Psychologie. Zur Institutsgeschichte: http://www.psychologie.uni-freiburg.de/pi-zentral/geschichte/

    Im Deutschen Reich tritt die Diplom-Prüfungsordnung für Psychologie in Kraft. Studierende können nun den akademischen Grad des Diplom-Psychologen (Dipl.- Psych.) erwerben.

    Zu Weihnachten schreibt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychologie an die inländischen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Psychologie: „Am Schluß des Kriegsjahres 1941, das von allen unseren inländischen Mitgliedern verstärkten Einsatz und vermehrte Anstrengungen gefordert hat, darf die Deutsche Gesellschaft für Psychologie mit Genugtuung zurückblicken. Das Jahr brachte mit der Einführung der Prüfungsordnung für Diplompsychologen die vor einer Reihe von Jahren wiederholt angeregte verbindliche psychologische Grundausbildung, und zwar auf der Höhe der Anforderungen, die von der Leistungsfähigkeit des psychologischen Nachwuchses das Beste erwarten lässt. Es lieferte damit die Voraussetzungen für die Entwicklung eines geschlossenen und anerkannten Berufsstandes. (...) Mit freundlichen Festtagsgrüßen und guten Neujahrswünschen Heil Hitler! O. Kroh“

    Am 23. November stirbt der Gestalttheoretiker Kurt Koffka in Northhampton, Mass. Vor 100 Jahren: Unter dem Pseudonym „Dr. Mises“ veröffentlicht Gustav Theodor Fechner einen kleinen Band mit Gedichten, darunter eine Reihe von kürzeren Versen.

  • Hathaway und McKinley veröffentlichen das „Minnesota Multiphasic Personality Inventory (MMPI), einen der seitdem meistgebrauchten psychologischen Persönlichkeitstest.

    Am 10. Juli 1940 hält Philipp Lersch seine Antrittsvorlesung in Leipzig. Gedruckt wird der Vortrag 1941, Am 4.2.42 entwirft Krueger einen Brief, in dem es heißt: „Besonders dankbar bin ich auch für die liebenswürdige Zusendung Ihres gedankenreichen Vortrages „Seele und Welt“. Sie wußten wohl im Vorhinein, daß Ihre äußerst gewandt formulierten Ergebnisse mit solchen meines Arbeitskreises weitgehend konvergieren.“

    Bei der deutschen Luftwaffe sind jetzt etwa 150 Psychologen beschäftigt, bei der Wehrmacht etwa 450. Im April ergeht in der Luftwaffe der Befehl, die Eignungsprüfungen für das fliegende Personal fallen zu lassen. Im Mai verfügt das Oberkommando des Heeres den Wegfall psychologischer Prüfungen und die Auflösung der Prüfeinrichtungen. Die Marinepsychologie wird nicht aufgelöst. Bis heute ist umstritten, warum es zu diesen Entscheidungen kam.

    In München, Freiburg und Köln werden neue Lehrstühle für Psychologie eingerichtet.

  • 22. Februar 1943. Konrad Lorenz, der in Königsberg das Institut für vergleichende Psychologie leitet und sich zur Zeit in Posen im Reserve-Lazarett als Unterarzt an der neurologischen Abteilung befindet, korrespondiert mit Wolfgang Metzger, der ihm einige Fachfragen zu Instinkthandlungen gestellt hat.

    Die Ärztin Gerhild von Staabs veröffentlicht „Der Sceno-Test. Beitrag zur Erfassung unbewußter Problematik bei Kindern und Jugendlichen“. Der Test enthält „eine Miniaturfamilie aus biegsamen Puppen“, Bausteine und „nach bestimmten Grundsätzen ausgewähltes Zusatzmaterial“. Der Test wird noch heute in der Kinderpsychotherapie verwendet.

    Wahrscheinlich am 26.8. wird der Mannheimer Psychologe Otto Selz in der Nähe von Auschwitz ermordet .

    Prof. Dr. Robert Heiß (1903-1974) erhält den Lehrstuhl für Psychologie und Philosophie an der Universität Freiburg und entwickelt dort einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der Psychodiagnostik. Zusammen mit Hiltmann hat Heiß den „Farbpyramiden-Test“ entwickelt. Heiß wird 1971 in Freiburg emeritiert und stirbt dort 1974. Dieses Foto aus dem Jahr 1948 zeigt rechts Hildegard Hiltmann (geb. 1916) in der Diskussion mit Dr. Johanna Friedl (Wien)

    Am 12. Oktober stirbt der Gestalttheoretiker Max Wertheimer in New York Zu Wertheimer siehe: http://www.psychologie.uni-frankfurt.de/werth.htm

1944 - 1953

  • Am 20. Januar stirbt James McKeen Cattell in Garrison, N.J. McKeen Cattell war Schüler und Mitarbeiter von Wilhelm Wundt in Leipzig. Dort verbesserte er u.a. das dort übliche Tachistoskop.

    Der in die USA emigrierte Österreicher Fritz Heider und dessen Schülerin Marianne Simmel veröffentlichen ihre Arbeit über die Zuschreibung von Handlungsabsichten. Als Reizmaterial verwenden sie einen kurzen selbst hergestellten Trickfilm.

    Am 27. Juli stirbt Jakob von Uexküll auf Capri. Der Biologe hatte lange in Hamburg gelehrt und geforscht und in den Zwanziger- und Dreißigerjahren mit den dortigen Psychologen zusammengearbeitet. Uexkülls Umwelttheorie sollte für Biologie, Psychologie und andere Wissenschaften nützlich werden.

    Ende des Jahres wird Heinrich Düker wegen seiner Tätigkeit im Widerstand in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht und erst im Mai 1945 durch die Rote Armee befreit.

    Am 24. November wird das Psychologische Institut der Universität Göttingen in der Paulinerstraße vollständig ausgebombt. Das Institut hatte hier von 1892 bis zur Zerstörung seinen Sitz. Ab 1945 hatte das Institut seinen Sitz in einer Villa im Hohen Weg 15 (später „Haus 1“ genannt).

  • Am 16.3. wird Maurice Halbwachs in Buchenwald ermordet. Deutschland wird von Westen her durch alliierte Truppen besetzt und von der Nazi- Herrschaft befreit. Unter den amerikanische Soldaten ist Alfred Katzenstein, als Jude wohlhabender Eltern in Mönchengladbach geboren, Freiheitskämpfer im Spanischen Befreiungskrieg, dann inhaftiert in Frankreich, amerikanischer Soldat, Psychologiestudent und schließlich – nach Übersiedlung aus den USA in die DDR – einer der bedeutenden Klinischen Psychologen der DDR.

    Am 17.9. stirbt Charles Spearman in London. Posthum erscheint das Buch „Productive thinking“ von Max Wertheimer . Kurt Lewin begründet das „Research Center for Group Dynamics“. Es stirbt der Nervenarzt Pál Ranschburg (geb. 1870), der 1899 in Ungarn das erste Psychologische Laboratorium begründete. Mit Hilfe des von ihm entwickelten Mnemometers führte er an psychiatrischen Patienten und an gesunden Versuchspersonen Gedächtnisuntersuchungen durch.

    Karl R. Popper (geb. 1902) veröffentlicht „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“

  • Am 27. März stirbt Karl Groos in Tübingen. Gross studierte Philosophie und lehrte in Gießen, Basel, wieder in Gießen und ab 1911 in Tübingen. Zur Psychologie leistete Groos Beiträge durch Experimente zur Denktätigkeit und durch Arbeiten zum Spiel. Am 25. Juli stirbt Narziß Ach.

    Die erste Ausgabe der Zeitschrift „American Psychologist“ erscheint. Der Berufsverbandes Deutscher Psychologen wird (zunächst für die Britische Besatzungszone) in Hamburg gegründet. Erster Vorsitzender ist Walter Jacobsen, ein praktisch tätiger Psychologe, der im politischen Widerstand aktiv war und für eine politische Psychologie im Dienste der Demokratie eintritt.

    Nach der Kapitulation wurden zunächst alle Hochschulen geschlossen. Einige Hochschulen, die nicht zerstört waren, begannen bald mit der Ausbildung. Hier drei Studentinnen der Psychologie in den ersten Nachkriegsjahren an der Universität Göttingen.

  • Mit Datum vom 1. Februar bringt der Berufsverband Deutscher Psychologen in Hamburg ein Mittelungsblatt heraus, das in der deutschen Psychologenschaft auf große Zustimmung stößt. Das Mitteilungsblatt entwickelt sich, trotz Geld- und Papiermangel, zur ersten Nachkriegszeitschrift für Psychologen. Maßgeblicher Organisator und Schriftleiter ist Dr. Gerhard Munsch (1911-1982), ausgebildeter Taubstummenlehrer, promovierter Psychologe und früherer Heerespsychologe, der freiberuflich in Hamburg arbeitet, bis er 1955 beim Technischen Überwachungsverein München tätig wird.

    Es erfolgt die Wiederbegründung der 1945 – wie alle anderen Gesellschaften – aufgelösten Deutschen Gesellschaft für Psychologie durch Johannes von Allesch in Göttingen für die Britische Besatzungszone. Johannes von Allesch selbst ist bis 1949 Erster Vorsitzender.

    Am 12. Februar stirbt Kurt Lewin in Newtonville, Mass. Am 18. Juli stirbt Max Dessoir in Königstein, Taunus. Dessoir war Philosoph und Psychologe und lehrte in Berlin. Von ihm stammt der Begriff der Parapsychologie. Das Interesse an einer psychologischen Analyse des Nationalsozialismus ist groß. Zum Beispiel lädt in Hamburg lädt Max Simoneit, früherer Leiter der Wehrmachtpsychologie, zu einem Vortrag am 27. Juni ein. Thema: „Hitler – charakterologisch gesehen“ ein.

    Der Berufsverband deutscher Psychologen führt vom 29.8.-2.9. in Bonn, einem der wenigen Orte, die kaum zerstört wurden, seine erste Tagung durch. Organisatoren sind die Professoren Siegfried Behn (1884-1970) und Max-Joseph Hillebrand (1896-1984). Die Teilnehmer werden privat untergebracht und müssen Bettwäsche und Essenmarken mitbringen. Der frühere Wehrmachtpsychologe Simoneit, nunmehr im Vorstand des Berufsverbandes, hält eine Eröffnungsrede. Roger Barker und Herbert Wright errichten die „Midwest Psychological Field Station“, die zur Durchführung mehrerer größerer ökologisch-psychologischer Forschungsprojekte dient.

  • Am 25. Februar verstirbt in Basel der Ganzheitspsychologe Felix Krueger. Am 1. April gründet Prof. Dr. Bernhard Herwig das „Forschungsinstitut für Arbeitspsychologie und Personalwesen (FORFA)“ in Braunschweig. Das Institut bestand 15 Jahre und führte für Industrie und Verwaltungen psychologische, insbesondere psychodiagnostische Untersuchungen durch.

    Es erfolgt die Wiederbegründung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie durch Prof. Kafka nun auch für die Amerikanische Zone in Würzburg. Kafka ist erster Vorsitzender bis 1949.

    In Edinburgh findet der 12. Internationale Kongress für Psychologie statt. Es ist dies der erste Internationale Kongress für Psychologie seit mehr als 10 Jahren. Vom 26.-29. September findet der 17. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Göttingen, ausgerichtet von Johannes von Allesch, statt. Der Kongress wird von Dr. C. J. Hogrefe, dem Assistenten von Johannes von Allesch, perfekt organisiert. Wiederbegründung der Deutschen Gesellschaft und Kongress bilden Gegengewichte zu den Aktivitäten des Berufsverbandes Deutscher Psychologen.

    Nachwirkungen von Krieg und NS-Zeit lassen sich auch in der psychologischen Forschung erkennen: Franziska Baumgarten schreibt über die Psychologie der Ausgebombten und lässt 240 polnische Kinder, die sich 1946 zur Erholung in Adelboden in der Schweiz aufhielten, Zeichnungen ausführen. Besonders analysiert sie politische Karikaturen der Kinder.

  • Am 9. März stirbt Alfons Pilzecker in Säckingen. Am 1. April wird die Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e.V. gegründet. Ihr Ziel ist der Aufbau und Ausbau eines demokratischen Personalwesens in Verwaltung und Wirtschaft. Die DGP führt in den folgenden Jahrzehnten Personaleignungsprüfungen durch, entwickelt Testverfahren und berät Unternehmen.

    Am 28. Juli stirbt Traugott K. Oesterreich (geb. 1888) in Tübingen. Oesterreich hatte in der Nazi-Zeit (vor allem wegen seiner russisch-jüdischen Frau Maria) ein Vorlesungsverbot und wurde schweren Repressalien ausgesetzt. Nach dem Krieg wurde Oesterreich – ohne sein Einverständnis – frühzeitig emeritiert.

    Am 10. August stirbt der Lerntheoretiker Edward Lee Thorndike (geb. 1874). Am 7. September stirbt der Arbeits- und Organisationspsychologe Elton Mayo (geb. 1880 in Adelaide, Australien). Mit Mayos Name sind die langjährigen Untersuchungen in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company verbunden.

    Vom 1.-4. Oktober findet in München der zweite Kongress des Berufsverbandes Deutscher Psychologen in Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (amerikanische Zone) statt. Kongress-Thema: „Psychologie im Leben“. Zum Kongress erscheint ein Psychologen-Taschenbuch. Auf der Tagung kommt es am 2. Oktober zur Vereinigung und Erweiterung der wiederbegründeten beiden Deutschen Gesellschaften für Psychologie zu einer Zonen-ungebundenen Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Johannes von Allesch wird nun Vorsitzender für diese Gesellschaft. Ab jetzt bestehen der Berufsverband deutscher Psychologen (mit mehreren Regionalverbänden) und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie nebeneinander. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie beruft Karl Marbe zum Ehrenmitglied. Ebenso wird Wolfgang Köhler „in Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft und in Ansehen des ihm widerfahrenen Unrechts“ zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ernannt.

    Im Oktober erscheint Heft 1, Band 1 der Zeitschrift „Psychologische Rundschau“. Es ist dies die erste Publikation des Hogrefe Verlages, damals noch mit dem Namen „Verlag der Psychologischen Rundschau“. Redakteur und Verleger ist Dr. J. C. Hogrefe, Assistent im Psychologischen Institut.

    Donald O. Hebb veröffentlicht „The Organization of Behavior: A Neuropsychological Theory“ und führt hiermit den Begriff der Neuropsychologie ein. Am 12. Dezember stirbt Richard Müller-Freienfels in Bad Ems. Müller-Freienfels (geb. 1882) versuchte in mehr als 40, zum Teil weit verbreiteten Büchern, Typen menschliches Denkens und Handelns darzustellen und psychologisch zu interpretieren, wobei er zwar den Behaviorismus ablehnte, selbst jedoch nicht einer bestimmten psychologischen Schule nahe stand.

  • Die Society for the Psychological Studies of Social Issues (SPSSI) verleiht den Kurt Lewin Memorial Award an Gordon Allport. Der Persönlichkeits- und Sozialpsychologe Gordon Allport (1897-1967) hatte an der Harvard University studiert und war dort seit 1936 Professor. Er arbeitete u.a. über Persönlichkeitsentwicklung, Vorurteile und Wertorientierungen. Allport war durch einen Studienaufenthalt in Deutschland in den zwanziger Jahren mit der Psychologie von William Stern, Eduard Spranger und anderen gut vertraut. Allport war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Gezeigt wird eine Widmung von Allport an seinen deutschen Kollegen Albert Wellek „Professor Albert Welleck (sic!) with admiration and esteem, Gordon W. Allport. Christmas Season 1961“.

    Edwin G. Boring veröffentlicht die zweite Auflage von „A History of Experimental Psychology“. Dieses maßgebliche Werk ist nach der 1929 erschienenen Erstauflage nunmehr erheblich erweitert. Auf dem Vorsatzblatt findet sich eine Landkarte mit den mitteleuropäischen Universitäten und deren Gründungsjahren. Am 7. Oktober hält Prof. Géza Révész sein Abschiedskolleg an der Universität Amsterdam. Das Kolleg erscheint als kleine Schrift auch in deutscher Sprache. Révész wurde am 9.12.1878 in Siófok am Balatonsee in Ungarn geboren, studierte in Ungarn Jura bis zur Promotion, dann bei Georg Elias Müller in Göttingen Psychologie. Révész lehrte Psychologie in Budapest und siedelte 1920 in die Niederlande über. 1931 wurde Révész Professor an der Universität Amsterdam. Er arbeitete u.a. im Bereich der Denkpsychologie. Révész war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Er starb 1955 in Amsterdam.

    „Obgleich die heutige Psychologie sich überall an den Bedürfnissen der Gemeinschaft orientiert, wodurch die angewandte Psychologie stetig an Bedeutung zunimmt, müssen wir Dozenten, denen die wissenschaftliche Ausbildung der jungen Psychologen anvertraut ist, unsere Aufmerksamkeit niemals vom Theoretischen abwenden. Besonders in der heutigen Zeit ist ein Hinweis auf das Theoretische von großer Bedeutung.“ Géza Révész 1950

  • Am 22. März stirbt Richard Pauli in Hohenschäftlarn bei München. Pauli, geb. 1886, studierte bei Wundt und Külpe und lehrte viele Jahre in München. Bekannt wurde er durch sein Lehrbuch „Psychologisches Praktikum“ (1919) und ein psychodiagnostisches Prüfverfahren zum Arbeitsverhalten, bekannt unter dem Namen „Pauli-Test“ (1938).

    Am 28. Juli stirbt der amerikanische Primatenforscher und Militärpsychologe Robert M. Yerkes (geb. 1876).

    31. 7-4. 8. Gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Psychologen findet der 18. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Marburg, ausgerichtet von Prof. Heinrich Düker, statt. In einem Sammelreferat stellt Kurt Wilde (Göttingen) den Stand der Forschung zur „Psychologie des Lernens“ dar. Einleitend stellt er fest, das Interesse an diesem Thema scheine in Deutschland „allgemein gesunken zu sein“ und es sei daher nötig gewesen, soweit möglich, „die Literatur des Auslandes heranzuziehen“. Im Juli findet in Stockholm der 13. Internationale Kongress für Psychologie statt. Präsident ist der aus Deutschland zwangsemigrierte David Katz, der seit 1937 in Stockholm lehrt.

    Carl Rogers veröffentlicht „Client-centered Therapy“.

    Erich Mittenecker und Walter Toman veröffentlichen den Persönlichkeits-Interessen- Test (PIT) mit 214 Items.

    In Frankfurt wird am 14. November das Institut für Sozialforschung wiedereröffnet. Das Institut war 1923 aufgrund privater Stiftungen errichtet und 1933 von der nationalsozialistischen Regierung geschlossen worden. Max Horkheimer und viele Mitarbeiter flohen nach Frankreich und in die USA. Im Krieg wurde das Gebäude zerstört, so dass nun ein Neubau in der Senckenberg-Anlage 26 errichtet wurde.

  • Am 6. 5. stirbt in Noordwijk aan Zee (Niederlande) die italienische Pädagogin Maria Montessori. Montessori kämpfte für die Rechte des Kindes und entwickelte auf der Grundlage physiologischer und entwicklungspsychologischer Erkenntnisse eine eigene Unterrichtsmethodik.

    „Das Kind hat uns die tiefsten Eigenschaften der menschlichen Natur enthüllt. Das geschah, als wir ihm eine Umgebung anboten, die seinen Bedürfnissen entsprach, die alles Nötige und nichts Überflüssiges enthielt, wo es in Freiheit leben konnte und ohne Unterdrückung durch den Erwachsenen. (...) Das Kind ist unser Lehrer in guten Taten und edler Liebe“ Maria Montessori

    Am 10.5. stirbt Clark Hull in New Haven. Hull (geb. 1884) war führender Behaviorist und Lerntheoretiker. Er lehrte über zwei Jahrzehnte an der Yale University. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie verleiht Prof. Dr. Willy Hellpach (Heidelberg) die Wilhelm-Wundt-Medaille. Das gezeigte Foto entstand wenige Jahre zuvor und zeigt Hellpach (links) zusammen mit Prof. F. E. O. Schulze, einem pädagogischen Psychologen.

    Am 4. Dezember stirbt Karen Horney in New York.

  • Am 2. Januar stirbt Karl Marbe in Würzburg. Am 2. Februar stirbt David Katz in Stockholm. Am 2. April stirbt in San Francisco der Psychologe und Psychoanalytiker Siegfried Bernfeld, 1892 in Lemberg geboren und in Wien aufgewachsen, 1937 in die USA emigriert.

    Hans J. Eysenck veröffentlicht „The Structure of Human Personality“. In diesem Buch stellt Eysenck seine Persönlichkeitstheorie vor, in der unter Rückgriff auf C. G. Jung die Dimension Extraversion-Introversion als wichtige Persönlichkeitsdimension angesehen und durch Faktorenanalysen empirisch belegt wird.

    In London findet der Internationale Kongress für Angewandte Psychologie statt. Ausgerichtet von Prof. Udo Undeutsch findet unter der Präsidentschaft von Gustav Kafka in Köln der 19. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Der Kongress gibt Anlass zu vielfältigem Austausch. Vermutlich am Rand des Kongress widmet Hubert Rohracher die soeben erschienene dritte Auflage seines Buches über die Arbeitsweise des Gehirns seinem Kollegen Helmut von Bracken.

    Rudolf Amthauer veröffentlicht den „Intelligenz-Struktur-Test“ (I-S-T.) im Verlag für Psychologie Dr. C. J. Hogrefe. Für den Verlag ist dies der Beginn der Eröffnung eines weiteren Publikationsfeldes, der Testverfahren. Im Bild die Testmappe einer frühen Auflage des IST. (Zu Amthauer s. auch 1978 und1989.)

    Kriphal Singh Sodhi und Rudolf Bergius veröffentlichen „Nationale Vorurteile“.

    Am 25. Dezember stirbt in Hamburg Georg Ernst Anschütz (geb. 1886). Anschütz war Schüler von Meumann und arbeitete im Bereich der Wahrnehmungspsychologie und Musikästhetik.

1954 - 1963

  • Vom 7.-12. 6. findet in Montreal der 14. Internationale Kongress für Psychologie statt. Mit der M.S. Gripsholm reisen vier westdeutsche Psychologen von Bremerhaven nach Kanada: Johannes von Allesch (Göttingen), Wolfgang Metzger (Münster), Carl Jürgen Hogrefe (Göttingen) und Hans Thomae (Erlangen). Während der Schiffsreise konkretisiert sich der Plan von Hans Thomae, ein mehrbändiges Handbuch der Psychologie herauszubringen. Am 5. Juni erreichen die vier Reisenden Halifax. Mit großer Verwunderung besteigen die Professoren von Allesch (links) und Metzger (rechts) den Bus nach „Gottingen“.

    Ein Cornell-Symposium über „Effects of Gestalt Revolution“ vereinigt herausragende Vertreter der Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie, die ca. 40 Jahre nach Begründung der Gestaltpsychologie durch Wertheimer, Köhler und Koffka, Bilanz ziehen. Auf diesem Foto sind zu sehen (von links): Wolfgang Metzger, Fritz Heider, George Klein, James Drever, Robert B. MacLeod, James J. Gibson, Hans Wallach, Egon Brunswik, Gunnar Johannson, Ivo Kohler, Julian E. Hochberg und T. A. Ryan. Der belgische Psychologe Albert Michotte (geb. 1881) veröffentlicht „La perception de la causalité“. In aufwendigen Untersuchungen hat er Kausalitätswahrnehmungen experimentell erforscht. Dieses Bild zeig Michotte (links) zusammen mit Wolfgang Metzger auf einem Kongress in Florenz.

    Muzafer Sherif veröffentlicht die ersten Ergebnisse seines Jugendlager-Experiments „The Robber´s Cave Experiment“.

    Vor 100 Jahren: 1. März. Der in Berlin lehrende Philosoph und Psychologe Friedrich Eduard Beneke (geb. 17.2.1798 in Berlin) verlässt seine Wohnung. Die Studenten warten vergeblich auf ihren Lehrer. Erst nach mehr als zwei Jahren wird Benekes Leiche in einem Flutgraben bei Charlottenburg gefunden. Die näheren Umstände des Todes können nie ganz geklärt werden. Beneke gab das Archiv für pragmatische Psychologie heraus und trat – Jahrzehnte vor Meumann und anderen – für eine Pädagogik auf Grundlage der Psychologie ein. Die Abbildung zeigt die Erstauflage von Friedrich Eduard Benekes Lehrbuch der Psychologie (1833).

  • Am 6. Juli stirbt der Psychologe, Politiker und Journalist Willy Hellpach in Heidelberg. Hellpach ist Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. (Zu Hellpach s. auch 1952.)

    Am 7. Juli stirbt Egon Brunswik in Berkeley (geb. 18.3. 03 in Budapest). Am 19. August stirbt Geza Révész in Amsterdam (zu Révész s. 1950). Martin Irle veröffentlicht „Der Berufs-Interessen-Test“.

    Am 7. Juli stirbt Egon Brunswik in Berkeley (geb. 18.3. 03 in Budapest). Am 19. August stirbt Geza Révész in Amsterdam (zu Révész s. 1950). Martin Irle veröffentlicht „Der Berufs-Interessen-Test“. In der Bundesrepublik wird das Problem der Jugendverwahrlosung diskutiert. Der Begriff „Halbstarke“ für Jugendliche wird zum Modewort. Im September stirbt L.L. Thurstone. Thurstone, 1887 geboren, gilt als Psychologe, der wegweisende Arbeiten im Bereich der Messung von Einstellungen und Wertortientierungen geleistet hat und der Faktorenanalyse in der Psychologie zu Geltung verhalf. Sein Buch, „The Measurement of Values“ (1959) erschien posthum und vereinigt Aufsätze aus den Jahren 1924-1954 zur Wertorientierung. Vorbereitet von Prof. Oswald Kroh findet vom 26.-29. September in West-Berlin der 20. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Am 11. September, also kurz vor Kongressbeginn, stirbt Prof. Oswald Kroh. 1887 in Beddelhausen in Westfalen geboren, war Kroh zunächst Lehrer, studierte dann in München und Marburg Psychologie, Pädagogik und Naturwissenschaften. Nach der Promotion wurde er Assistent von Georg Elias Müller in Göttingen, habilitierte sich und lehrte in Braunschweig, Tübingen, München und ab 1942 in Berlin. Kroh arbeitete in vielen Bereichen der Psychologie. Wegen seine Rolle im Nationalsozialismus ist Kroh umstritten. Nach dem Tod von Kroh übernimmt Kriphal Singh Sodhi 1955 zunächst kommissarisch, einige Jahre später als Ordinarius die Institutsleitung. Vertraut mit der Gestalttheorie und den Forschungsarbeiten von Köhler, Asch, Crutchfield, Heider und anderen, beginnt mit Sodhi in West-Berlin eine moderne Ausbildung in Sozialpsychologie.

  • Am 29.7. stirbt Ludwig Klages in Kilchberg in der Schweiz. Klages, am 10.12. 1872 in Hannover geboren, vertrat seine sog. dynamische Charakterologie. Seine geisteswissenschaftlichen, charakterologischen und graphologischen Arbeiten sowie seine Vortagstätigkeit betrieb er als Privatgelehrter. Klages war als führender Kopf der Ausdruckspsychologie weithin bekannt. Er trat als Kritiker der Experimentalpsychologie auf.

    Am 4. 9. findet eine öffentliche, fünfstündige Debatte zwischen dem Behavioristen Burrhus F. Skinner (Harvard University) und dem Humanistischen Psychologen und Psychotherapeuten Carl Rogers (University of Chicago) statt. Die Diskussion wird zum Medienereignis und von den Kontrahenten 1958 und 1962 fortgesetzt.

    Am 2. November stirbt Emil Utitz. Utitz wurde bekannt durch Arbeiten zur Kulturpsychologie, Ästhetik und Charakterologie. Ab 1924 gab er das Jahrbuch für Charakterologie heraus. Utitz verlor 1933 seine Professur aufgrund seiner jüdischen Herkunft. Er war zeitweise im Konzentrationslager Theresienstadt interniert.

    Am 21. Dezember stirbt Lewis M. Terman, bedeutender Psychologe (geb. 15.1.1877) der in der Psychodiagnostik, der Begabungsforschung und in anderen Bereichen tätig war. Terman adaptierte sehr früh die Simon-Binet-Intelligenz-Skalen für USamerikanische Verhältnisse. In seinem Buch „The Measurement of Intelligence“ aus dem Jahr 1916 werden einzelne Verfahren beschrieben, so z.B. der „Ball-and-Field- Test“. Gezeichnet wird bei diesem Test ein rundes, an einer Stelle offenes Feld. Der Proband wird aufgefordert sich vorzustellen, er habe auf diesem Feld seinen Baseball verloren. Wie würde er suchen, um den Ball auf jeden Fall zu finden? Hier im Bild die entsprechende Zeichnung eines Mädchens (7;9 Jahre, IQ 130).

  • Am 9. Januar stirbt Viktor von Weizsäcker in Heidelberg Wolfgang Köhler erhält die Ehrendoktorwürde der Universität Freiburg.

    Im März erscheint von Peter R. Hofstätter „Gruppendynamik. Die Kritik der Massenpsychologie“ in der Taschenbuchreihe „rowohlts deutsche enzyklopädie“. Als populäre Einführung die Sozialpsychologie findet das Buch über Jahrzehnte weite Verbreitung. In Brüssel findet der XV. Internationale Kongress für Psychologie statt. Dieses Foto dokumentiert die Begegnung von Henri Piéron, dem führenden französischen Experimentalpsychologen, Jean Piaget, dem Schweizer Entwicklungspsychologen und Philosoph sowie Wolfgang Köhler, dem deutsch-amerikanischen Gestaltpsychologen. Ausgerichtet von Prof. Friedrich Sander findet in Bonn der 21. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt.

    Im August erscheint „A Theory of Cognitive Dissonance“ von Leon Festinger (1919- 1989).

    Erstmals erscheint ein Katalog der Testzentrale. Die Testzentrale ging aus dem „Testverlag Siegfried Wolf, Stuttgart“ hervor, der 1954 vom Verlag für Psychologie Dr. C. J. Hogrefe übernommen wurde.

    Am 3. November stirbt der Psychoanalytiker Wilhelm Reich in Lewisburg, Pennsylvania. Im Dezember erscheint in der Fischer Bücherei das Fischer Lexikon Psychologie, herausgegeben von Peter R. Hofstätter. Das Buch enthält 66 enzyklopädische Stichwortartikel des Herausgebers.

  • Am 25.9. stirbt der Begründer des Behaviorismus, John B. Watson, in New York. Fritz Heider veröffentlicht sein Hauptwerk „The Psychology of Interpersonal Relations“.

    Am 16. September eröffnet der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Otto Hahn, das Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen.

    Auf eine Idee von Prof. Dr. Hans Thomae (1915-2001) geht die Herausgabe des „Handbuchs für Psychologie zurück, das in 12 Bänden im Verlag Hogrefe in Göttingen erscheint. 1958 erscheint der erste Band „Entwicklungspsychologie“. Dieser Band erreicht – wie auch andere Bände – mehrere Auflagen.

    Kennzeichnend für die deutsche Psychologie der Fünfzigerjahre ist die Auseinandersetzung mit der überwiegend behavioristischen amerikanischen Psychologie dieser Zeit. Als Dissertation unter der Betreuung von Erich Rothacker, Bonn, erscheint (ohne Jahresangabe) eine Arbeit von Burkard Holzner, der selbst später in den USA lehrt. Die Arbeit behandelt den Vergleich amerikanischer und deutscher Psychologie.

    Vor 200 Jahren: In Tiefenbrunn bei Pforzheim wird Franz Joseph Gall geboren. Gall studierte Medizin und praktizierte in Wien. Er entwickelte die – inzwischen widerlegte - Lehre von der Entsprechung von Kopfform und Charakter. Diese Lehre nannte er Kraniologie oder Organologie. Durch seinen Schüler G. Spurzheim setzte sich die Bezeichnung Phrenologie durch. Verschiedene seelische Merkmale wie Kindesliebe, Ehrlichkeit, Scharfsinn usw. sollten sich nach Gall in bestimmten Schädelausbuchtungen oder Mulden ausprägen. Gall starb 1828 bei Paris.

  • Vom 27.-29. 4. findet auf Einladung von Prof. Dr. Heinrich Düker in Marburg eine Arbeitstagung experimentell arbeitender Psychologen statt. Die mit ca. 35 Teilnehmern kleine und eher informelle Tagung hat Folgenwirkung: Die experimentelle Psychologie gewinnt in der Bundesrepublik gegenüber Ausdruckspsychologie und Charakterologie in den Folgejahren wieder erheblich an Bedeutung und von nun an jährlich um die Osterzeit finden Tagungen experimentell arbeitender Psychologen (später kurz TeaP genannt) statt.

    Der Kölner Soziologe René König veröffentlicht die dreibändige „Empirische Sozialforschung“. Im Verlag Hans Huber erscheint von Helmut von Bracken und Henry P. David herausgegeben „Perspektiven der Persönlichkeitstheorie“. Das Buch geht auf ein Symposium zurück, das beim 14. Internationalen Kongress in Montreal 1954 veranstaltet wurde und die Kontroverse zwischen angelsächsischen und deutschen Persönlichkeitstheorien zum Gegenstand hatte. Die Anregung zu diesem Symposium war von Gordon W. Allport (Harvard University) ausgegangen (s. 1950).

    Ausgerichtet von Prof. J. Rudert findet in Heidelberg der 22. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie mit etwa 70 Beiträgen statt. Es nehmen etwa mehr als 600 Personen teil, darunter über 40 aus der DDR. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie ehrt Karl Bühler mit der Wilhelm-Wundt-Medaille. Das Presseecho auf den Kongress ist groß: Es erscheinen in der deutschen Presse über 200 Berichte.

    Ab 30. September treten die Deutsche Gesellschaft für Psychologie und der Berufsverband Deutscher Psychologen in eine Föderation ein, um in diesem Dachverband Ziele für die gesamte Psychologenschaft vertreten zu können. Am 19. November stirbt Edward C. Tolman in Berkeley. Der Gestaltpsychologe Wolfgang Köhler wird Präsident der American Psychological Association. Im Bild der Präsidentenhammer mit seinem Namen.

  • Es erscheint „Plans and the Structure of Behavior“ von George A. Miller, Eugene Galanter und Karl H. Pribram. Ein Kerngedanke des interdisziplinären Autorenteams ist die Regelung von Handlungsabläufen.

    Hans Jürgen Eysenck veröffentlicht „Behaviour Therapy and the Neuroses“ An der Humboldt-Universität zu Berlin (DDR) wird das „Institut für Pädagogische Psychologie“ gegründet.

    Reinhard Tausch (geb. 1921) veröffentlicht „Das psychotherapeutische Gespräch“, ein Buch, das er in den folgenden 30 Jahren zusammen mit seiner Frau Anne-Marie Tausch in vielen Auflagen erweitert und überarbeitet und durch das in der Bundesrepublik die Gesprächspsychotherapie bekannt wird.

    Vom 31.7. bis zum 6. 8. findet in Bonn der XVI. Internationale Kongress für Psychologie statt. Im Vorfeld des Kongresses gibt es Unruhen, die überwiegend mit der politischen Vergangenheit des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Prof. Friedrich Sander, Bonn, zusammenhängen. Nach Protesten aus dem Ausland und aus dem wissenschaftlichen Mittelbau tritt Sander zurück und legt auch sein Amt als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie nieder. Mehrere Personen, die Sander ersetzen sollen, lehnen die Präsidentschaft ab. Schließlich findet der Kongress mit Prof. Wolfgang Metzger als Präsident statt. Den wohl größten Teil der Kongress-Organisation leistet der Generalsekretär, Prof. Hans Thomae, Bonn.

    An der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) in der DDR wird die Abteilung für „Arbeitspsychologie“ gegründet.

    Am 22. 9. stirbt die Psychoanalytikerin Melanie Klein in London.

    Es erscheint „Plans and the Structure of Behavior“ von George A. Miller, Eugene Galanter und Karl H. Pribram. Ein Kerngedanke des interdisziplinären Autorenteams ist die Regelung von Handlungsabläufen.

    Hans Jürgen Eysenck veröffentlicht „Behaviour Therapy and the Neuroses“ An der Humboldt-Universität zu Berlin (DDR) wird das „Institut für Pädagogische Psychologie“ gegründet.

    Reinhard Tausch (geb. 1921) veröffentlicht „Das psychotherapeutische Gespräch“, ein Buch, das er in den folgenden 30 Jahren zusammen mit seiner Frau Anne-Marie Tausch in vielen Auflagen erweitert und überarbeitet und durch das in der Bundesrepublik die Gesprächspsychotherapie bekannt wird.

    Vom 31.7. bis zum 6. 8. findet in Bonn der XVI. Internationale Kongress für Psychologie statt. Im Vorfeld des Kongresses gibt es Unruhen, die überwiegend mit der politischen Vergangenheit des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Prof. Friedrich Sander, Bonn, zusammenhängen. Nach Protesten aus dem Ausland und aus dem wissenschaftlichen Mittelbau tritt Sander zurück und legt auch sein Amt als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie nieder. Mehrere Personen, die Sander ersetzen sollen, lehnen die Präsidentschaft ab. Schließlich findet der Kongress mit Prof. Wolfgang Metzger als Präsident statt. Den wohl größten Teil der Kongress-Organisation leistet der Generalsekretär, Prof. Hans Thomae, Bonn.

    An der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) in der DDR wird die Abteilung für „Arbeitspsychologie“ gegründet.

    Am 22. 9. stirbt die Psychoanalytikerin Melanie Klein in London.

    Vor 100 Jahren: Am 9. Februar 1860 beschließt der Berner Regierungsrat: „Auf Antrag der Erziehungsdirektion wird zum Professor honorarius der Philosophischen Fakultät der Hochschule in Bern insbesondere für Psychologie und Völkerpsychologie ernannt Moritz Lazarus aus Berlin“ – Möglicherweise ist dies die erste Professur für Psychologie weltweit. (zu Lazarus s. auch 1906).

    Vor 100 Jahren: Am 9. Februar 1860 beschließt der Berner Regierungsrat: „Auf Antrag der Erziehungsdirektion wird zum Professor honorarius der Philosophischen Fakultät der Hochschule in Bern insbesondere für Psychologie und Völkerpsychologie ernannt Moritz Lazarus aus Berlin“ – Möglicherweise ist dies die erste Professur für Psychologie weltweit. (zu Lazarus s. auch 1906).

  • Bei den im Frühjahr stattfindenen Wahlen zum Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ergibt sich, dass erstmals wieder seit Jahrzehnten die Vorstandspositionen mit Vertretern der experimentellen Psychologie besetzt werden. Gewählt werden Metzger, Düker, Lienert, Arnold und Gottschaldt.

    Völlig unerwartet stirbt am 3. Mai in Berlin Prof. Kriphal Singh Sodhi.


    Kurt Gottschaldt, Direktor des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität in Ost-Berlin, erhält einen Ruf an die Universität Göttingen, dem er 1962 folgt. In gestaltpsychologischer Tradition zum praktischen Denkhandeln arbeitet Gottschaldt u.a. mit schwierigen Problemlösungsaufgaben. Als diagnostische Hilfsmittel setzt er für Kinder u.a. den Göckchenkasten ein. Mittels der abgebildeten Instrumente müssen Kinder die Glöckchen in jedem Schacht zum Klingen bringen.

    Für Erwachsene verwendete Gottschaldt schon in Berlin den Würfelkasten mit z.T. schwierigen Einzelaufgaben, für die gestuft Hilfen gegeben werden konnten. Am 4. April wird am Broadway das Theaterstück „A Far Country“ von Henry Denker (geb. 1912) aufgeführt. Das Stück behandelt die Biographie Sigmund Freuds. Die
    Hamburger Kammerspiele bringen kurze Zeit später unter dem Titel „Verbotenes Land“ die deutsche Übersetzung in der Inszenierung von Ida Ehre mit Helmut Käutner als Sigmund Freud.


    Am 6. Juni stirbt Carl Gustav Jung in Küsnacht. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena (DDR) wird das „Institut für Psychologie“ neu gegründet.


    Am 2. Dezember stirbt Theodor Erismann in Innsbruck. Der Schweizer Psychologe Erismann wurde 1883 in Moskau geboren, studierte in Zürich Physik, habilitierte sich in Bonn für Philosophie und wurde 1926 nach Innsbruck berufen. Erismann vertrat trotz naturwissenschaftlicher Ausbildung eine eher geisteswissenschaftliche Psychologie. Er lehrte von 1926 bis zu seiner Emeritierung 1954 in Innsbruck wurde bekannt durch seine Wahrnehmungsuntersuchungen, insbesondere durch Versuche zur Adaption an Umkehrbrillen.

  • Wolfgang Köhler erhält die Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie am 21. Januar aus Anlass seines 75. Lebensjahres. Ausgerichtet von Prof. W. Arnold findet in Würzburg der 23. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt.

    Durch den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wird die deutsche Teilung endgültig vollzogen. Die Reisefreiheit ist so auch für DDR-Psychologinnen und – Psychologen sehr eingeschränkt. Nur wenige Fachwissenschaftler zählen zum sog. „Reisekader“ und können Tagungen im Ausland besuchen. Am 19. Oktober wird unter Vorsitz von Werner Straub (Dresden) die „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ gegründet. Sie führt bis zum Fall der Mauer sieben Kongresse durch und wird am 3. November 1990 aufgelöst.
    Friedhart Klix wird zum o. Professor und Institutsdirektor an der Humboldt-Universität berufen. Er setzt die bereits zuvor begonnene Ausrichtung der Forschung und Lehre an der Experimentalpsychologie mit Bindung an Mathematik und Kybernetik fort.
    Mit der Berufung von Hans Anger nach Köln wird der erste Lehrstuhl für Sozialpsychologie an einer deutschen Universität eingerichtet.

    Das Göttinger Institut für Psychologie wird um ein zweites Gebäude („Haus 2“) im
    Nikolausberger Weg 59 erweitert.

    Am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin (DDR) wird ein Bereich „Arbeits- und Ingenieurpsychologie“ gegründet. In der DDR wird in diesem Jahr die Arbeits- und Ingenieurpsychologie in Berlin und Dresden, die Klinische Psychologie in Berlin und Leipzig, die Pädagogische Psychologie an der Universität Leipzig und die Sozialpsychologie an der Universität Jena konzentriert.

    Es beginnt in Rom das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965). Ein Ergebnis ist, dass nunmehr offiziell die Psychologie für die katholisch-seelsorgerische Arbeit genutzt werden soll.

  • Der Ethologe Konrad Lorenz (1903-1988) veröffentlicht „Das sogenannte Böse“. In diesem Buch stellt Lorenz seine Aggressionstheorie dar, die von psychologisch-fachwissenschaftlicher Seite stark kritisiert wurde und die Aggressionsforschung anregte.

    Stanley Milgram veröffentlicht seine ersten experimentellen Ergebnisse zum Autoritätsgehorsam. Die Abbildung zeigt den Schockgenerator, der von den Vpn bedient wurde, um vermeintliche Schüler für Fehler mit immer höheren Schocks zu bestrafen.

    An der Universitätsnervenklinik der Universität Rostock wird ein Laboratorium für Klinische und Entwicklungspsychologie eingerichtet.

    Am 24. Oktober stirbt Karl Bühler in Los Angeles. Bühler, geb. 1879, arbeitete in Würzburg zur Psychologie des Denkens. (Von ihm stammte der Ausdruck „Aha-Erlebnis“ für das Erlebnis plötzlicher Einsicht in eine Problemlösung.) Zusammen mit seiner Frau Charlotte Bühler führte er das Wiener Institut zur Blüte. Bühler leistete wichtige Beiträge zur Entwicklungs- und Sprachpsychologie. Er war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    Am 21. November stirbt Maria Krudewig (geb. 28.5.1897 in Siegburg). Nach der Lehramtsausbildung studierte Maria Krudewig bei Johannes Lindworsky. Sie habilitierte sich 1948, 1956 wird sie in Köln außerplanmäßige Professorin. Trotz dominierender charakterologischer Psychologie lehrt sie in Orientierung als Lindworksky experimentelle Psychologie.

    Prof. Robert Kirchhoff, Heidelberg, nimmt einen Ruf an die TU Berlin an.

1964 - 1973

  • Vom 21.-23. 5. findet in Dresden der erste Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ statt. Das Motto: „Psychologie als gesellschaftliche Produktivkraft“. Es werden fast 70 Referate gehalten. Werner Straub wird zum 1. Vorsitzenden der Gesellschaft gewählt.

    Am 17.9. stirbt Eduard Spranger in Tübingen. Spranger, 1882 in Berlin-Lichterfelde geboren, lehrte in Berlin und Tübingen. Er stand in der Tradition von Wilhelm Dilthey und bemühte sich um eine geisteswissenschaftliche Psychologie. Spranger starb hochgeehrt, er war u.a. Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    Ausgerichtet von Prof. H. Rohracher findet vom 21.-24.10. in Wien der 24. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Das Rahmenthema des Kongresses: „Biologische und kulturelle Grundlagen des Verhaltens“.

    Die mit Ihrem Mann David Katz in die Emigration nach Schweden vertriebene Psychologin Rosa Katz (1885 in Odessa geboren) veröffentlicht „Psychologie des Vor41 namens“. Rosa Katz hat in Göttingen studiert, zusammen mit David Katz über allgemeinpsychologische und erziehungspsychologische Fragestellungen gearbeitet („Gespräche mit Kindern“). Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie verlieh Rosa Katz die Ehrenmitgliedschaft.

    Der Arbeits- und Organisationspsychologe Carl Graf Hoyos (geb. 1923), später Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, veröffentlicht eine Denkschrift zur Lage der Psychologie, die auf eine Anregung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie zurückgeht.

  • An der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport in Leipzig (DDR) wird ein Institut für Sportpsychologie eingerichtet.

    Am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin in Berlin (DDR) wird ein „Fachbereich Arbeitspsychologie“ gegründet

    Die erste Ausgabe von „Journal of Personality and Social Psychology“ erscheint.

    Am 18. Oktober stirbt Erich Rothacker in Bonn. Rothacker (geb. 12.3.1888 in Pforzheim) war Philosoph und Psychologe. Er vertrat eine Schichtentheorie der Persönlichkeit.

  • Am 5. Februar stirbt der Schweizer Psychiater Ludwig Binswanger (geb. 1881). Jean Piaget und Bärbel Inhelder veröffentlichen „La psychologie de l´enfant“. 22. Juli: Die Universität Münster verleiht Wolfgang Köhler die Ehrendoktorwürde.

    Vom 10. Bis 13. Oktober findet in Münster der 25. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Zur Eröffnung spricht Prof. Wilhelm Witte über „25 Kongresse – ein Stück Wissenschaftsgeschichte“. Am 11. Oktober hält Prof. Wolfgang Metzger (Münster) einen Abendvortrag mit dem Thema „Der Geltungsbereich gestaltpsychologischer Ansätze“ Das Programm weist gut 100 Vorträge aus. Die Rückseite des Programms zeigt eine Kippfigur und verrät Metzgers gestaltpsychologische Herkunft.

    In Moskau findet der Internationale Kongress für Psychologie statt.

    In Leipzig (DDR) wird ein „Zentralinstitut für Jugendforschung“ gegründet Am 22. Oktober legt Prof. Witte (Münster) am Grab von Prof. Erich Becher im Auftrag des Vorstandes der DGPs einen Kranz nieder. Becher, 1882 in Reinshagen bei Remscheid geboren, studierte und promovierte und habilitierte sich in Bonn und wurde 1909 Professor in Münster, wo er u.a. „Direktor des Psychologischen Apparates“ wurde. 1916 wurde Becher nach München berufen, wo er am 5.1. 1929 starb.

  • Wolfgang Köhler besucht im April die Humboldt-Universität. Es entsteht ein Gruppenfoto. (Die Personen von links nach rechts: Helga Schneider, Edith Kasielke, Ewald Strauß, Annemarie Metz, Andreas Seeber, Karin Goede, Lothar Sprung, Peter Timpe, Jochen Neumann, Friedhart Klix, Hans-Dieter Schmidt, Lutz Weinrich, Hubert Sydow, Wolfgang Köhler, Hans-J. Lander, Hans-Georg Geißler, Johannes Helm, Werner Krause).

    Am 11.6. stirbt Wolfgang Köhler in Lebanon, New Hampshire.

    Am 9. Oktober stirbt in Cambridge Gordon Allport, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. (Zu Allport s.a. 1950.)

    Vor 100 Jahren: Am 8. Februar 1867 wird in Berlin Max Dessoir als Sohn eines Schauspielers geboren. Dessoir war Philosoph, arbeitete zur Geschichte der Psychologie, zur Parapsychologie und zur Ästhetik. Vor 20 Jahren, am 18.7.1947 starb Max Dessoir in Königstein, Taunus, wo er auch seine Lebenserinnerungen verfasst hatte („Buch der Erinnerungen“ 1946).

  • Vom 23.-28. September findet in der Humboldt-Universität in Berlin der zweite Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ mit etwa 800 Teilnehmern statt. Die Gesellschaft wählt Prof. Dr. Friedhart Klix zum Vorsitzenden.

    Zwei Wochen nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Tschechoslowakei findet in Tübingen der 26. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Kongressausrichter ist Prof. Dr. R. Bergius, Tübingen, bis zu diesem Kongress selbst noch Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Es ist der bislang einzige Kongress, der durch erhebliche studentische Protestaktionen gestört wurde.

    An der Universität Mannheim wird mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft der interdisziplinäre Sonderforschungsbereich 24 „Wirtschafts- und Sozialpsychologie unter besonderer Berücksichtigung der Absatz- und Marktforschung“ begründet. Ab 1971 trägt der SFB den Namen „Sozial- und Wirtschaftspsychologische Entscheidungsforschung“, ab 1979 schließlich „Sozialwissenschaftliche Entscheidungsforschung“. Die Geschichte des SFB 24 ist eng verbunden mit Prof. Martin Irle.

  • Am 26. Februar stirbt Karl Jaspers in Basel

    Am 12. Oktober erhält der Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Schriftsteller Prof. Dr. Alexander Mitscherlich (1908-1982) in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

    „Wird es auf dem Weg in die Zukunft eine Erleichterung von der Bürde der Aggression geben? Dies hängt davon ab, ob uns eine Art der Selbstüberwindung gelingt, die auf dem Respekt vor dem Mitmenschen gründet. Selbstüberwindung also nicht in Opferhaltung, um unseres eigenen Seelenheiles, sondern um des Verständnisses der Pluralität menschlicher Daseinsformen willen. Skepsis, was unsere Güte betrifft, ist sicher angebracht. Wie die Welt auch aussehen mag, bewohnbar wird sie nur bleiben, solange wir Glück und Unglück des Einzelnen nicht aus dem Auge verlieren“ Alexander Mitscherlich, 1969

    Mitscherlichs Aggressionstheorie nimmt – ähnlich wie die des Ethologen Lorenz – nicht auf empirische psychologische Untersuchungen Bezug und findet wegen ihres spekulativen Charakters in der akademischen Psychologie heftige Kritik.

    Im Verlag für Psychologie Dr. C. J. Hogrefe, Göttingen, erscheint der erste „Psychologen- Kalender“ mit einer Übersicht über die psychologischen Institute in der BRD, Österreich und der Schweiz. Der Kalender erscheint seitdem regelmäßig. Informationen aus der DDR konnten später vom Verleger über einen Mittelsmann beschafft und aufgenommen werden. Der Kalender erscheint heute unter dem Namen „Psychologie Kalender“ unter Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Die Kalender sind mit Hinweisen auf Lehrende, Adressen, Studierende- und Doktorandenzahl, Tagungshinweisen usw. ein wichtiges Nachschlagewerk und zugleich ein Dokument der Fachgeschichte an deutschsprachigen Hochschulen. Inzwischen sind die Angaben aus dem Psychologie Kalender auch online verfügbar:

    http://www.hogrefe.de/psychkal/adresse/

  • Am 1. März verstirbt Franziska Baumgarten-Tramer.

    Am 8. Juni stirbt Abraham Maslow in Menlo Park, Kalifornien. Maslow gehörte zu den führenden Persönlichkeiten der Humanistischen Psychologie, die er in Abhebung vom Behaviorismus und Psychoanalyse als „third force“ (dritte Kraft) bezeichnete.

    An der Universität Freiburg wird durch Prof. Dr. Jochen Fahrenberg aus Mitteln der Stiftung Volkswagenwerk die Forschungsgruppe Psychophysiologie etabliert.

    Ausgerichtet von Prof. H. Wegener findet in Kiel der 27. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie mit 930 Teilnehmern statt. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Carl Friedrich Graumann, eröffnet den Kongress mit einem Bericht zur Lage der Psychologie. Mit diesem Bericht wird eine Tradition begründet, die bis heute alle scheidenden Präsidenten beibehalten.

    Otto Selz erhält posthum die Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    An der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin wird das „Institut für Pädagogische Psychologie“ gegründet.

    Am „Institut für Kriminalistik“ der Humboldt-Universität zu Berlin in der DDR wird eine Abteilung für Forensische Psychologie gegründet. Im Grundlagenlehrbuchprogramm der DDR erscheint „Allgemeine Entwicklungspsychologie“ von Hans-Dieter Schmidt.

    Vor 100 Jahren: Am 7. Februar 1870 wird in Iserlohn Alexander Pfänder geboren. Pfänder studierte in München, u.a. bei Stumpf und Lipps, sowie bei Wundt in Leipzig. Er lehrte als Professor für Philosophie in München und starb dort am 18. März 1941. Zu 44 seinen psychologischen Arbeiten zählen „Phänomenologie des Wollens“ (1900), „Einführung in die Psychologie“ (1904) und „Zur Psychologie der Gesinnungen“ (1913, 1916). Der Stadtrat der Stadt München beschloss 1955 eine Straße im Stadtteil Neuhausen nach Pfänder zu benennen.

  • Am 9. Januar stirbt Karl Mierke in Kiel. Mierke, 1896 in Zellerfeld im Harz geboren, war Volksschullehrer, studierte in Göttingen bei Narziß Ach, wurde Heerespsychologe und 1949 Professor an der Universität Kiel. Themen seiner Forschungsarbeiten waren Diagnostik, Wille und Leistung sowie Begabung und Bildsamkeit.

    Anlässlich des 100. Geburtstags von William Stern (29.4.1871) wird in der Universität Hamburg im „Philosophenturm“ von Prof. Dr. Curt Bondy, einem Stern-Schüler, eine Büste von William Stern enthüllt. Bondy ist Schüler von Stern und Professor für Psychologie in Hamburg .

    Am Institut für Herz-Kreislauf-Regulationsforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch in der DDR wird eine Abteilung für Psychophysiologie eingerichtet.

    An der Universität Mannheim beschließen die Kollegiumsmitglieder Groffmann, Höhn, Irle, Klebelsberg, Lössl und Michel die Umbenennung des Instituts für Psychologie und Erziehungswissenschaft in „Otto-Selz-Institut“ in Anerkennung der Verdienste von Otto Selz. Dieser Umbenennung stimmt das Kultusministerium Baden- Württemberg am 1.8.72 zu. Zum Institut siehe: http://www.uni-mannheim.de/users/ostinst/ottoselz/aufgaben.htm

    Am 29. November stirbt Friedrich Sander in Bonn. Sander war Ganzheitspsychologie. Zu seinen wissenschaftlichen Leistungen zählen Untersuchungen zur Bildung von Eindrücken im Wahrnehmungsprozess (Aktualgenese). Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. C. F. Graumann beschließt im Frühjahr 1970 der Vorstand der DGPs, die Gründung eines Instituts für Psychologische Information und Dokumentation zu betreiben. Ende 1970 entwickelt Dr. G. Reinert, beauftragt vom Vorstand der DGPs, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Dokumentationswesen einen Organisations- und Finanzierungsplan, der unter Mithilfe der Universität Trier- Kaiserslautern (heute Trier) schließlich zur Gründung der Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) führt. Seit 2001 ist ZPID bekannt als „Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation“ und arbeitet als Fachinformationseinrichtung für die Psychologie in den deutschsprachigen Ländern. Zum derzeitigem Leistungsspektrum des ZPID siehe www.zpid.de

  • Am 15. März stirbt Philipp Lersch in München. Lersch (geb. 1898) gehörte zu den einflussreichen Psychologen der Nachkriegszeit. Er bemühte sich um eine psycho logische Anthropologie und entwickelte eine eigene Persönlichkeitstheorie (Schichtenmodell). (Abb. Lersch©Hogrefe ) In Erfurt findet vom 15.-18. Mai der dritte Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ statt.

    Am 12. Juni stirbt in Buffalo Ludwig von Bertalanffy. Bertalanffy wurde 1901 in der Nähe von Wien geboren. Er war Biologe und vertrat eine organismische Psychologie.

    Am 27. August stirbt Albert Wellek (geb. 1904).

    Am 18. Dezember stirbt Hubert Rohracher in Kitzbühel. Die European Association of Experimental Social Psychology tagt in Löwen.

    Die 60er und 70er Jahre erleben eine Popularisierung der Psychologie. In einem Leitartikel des Lokalteils berichtet der „Kölner Stadtanzeiger“ über Versuche zur systematischen Desensibilisierung im Psychologischen Institut der Universität. In Tokio findet der 20. Internationale Kongress für Psychologie statt. Ausgerichtet von Prof. Dr. P. Orlik findet in Saarbrücken der 28. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Vorsitzender ist Prof. Dr. Theo Herrmann. Das Institut für Psychologie in Göttingen erhält ein weiteres Gebäude („Haus 3“) im Nikolausberger Weg 57.

    Die Professoren Ludwig J. Pongratz, Werner Traxel und Ernst G. Wehner beginnen mit der Herausgabe der „Psychologie in Selbstdarstellungen“. Der erste Band enthält Beiträge u.a. von Düker, Meili, Metzger, Rudert, Sander und Wellek. „Wenn man die Verhältnisse in Analogie mit denen in der Wirtschaft vergleichen darf, so befindet sich die Psychologie heute – wie wahrscheinlich viele Wissenschaften – nach dem Stadium des Handwerks in dem der Industrialisierung und Automatisierung. Ist damit notwendigerweise auch das Managertum verbunden, so wird vielleicht die Mitbestimmung der Studierenden eine unheilvolle Entwicklung korrigieren helfen.“ Richard Meili (1900-1991), 1972.

    Vor 100 Jahren: Charles Darwin veröffentlicht „The Expression of Emotions in Animals and Men“, das noch im gleichen Jahr ins Deutsche übersetzt wird. Darwin sucht nach Ähnlichkeiten im menschlichen und tierischen Gefühlsausdruck und verwendet reichhaltiges Bildmaterial.

  • Am 14. August stirbt Prof. Dr. Ferdinand Weinhandl (geb. 1896 in Judenburg / Steiermark). Weinhandl studierte in Graz bei Meinong und Benussi und lehrte in Kiel, Frankfurt und Graz. Sein Hauptwerk war „Die Gestaltanalyse“ (1927). Konrad Lorenz erhält zusammen mit Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Die Nobelpreis-Rede von Lorenz trägt den Titel: „Analogy as a source of knowledge“ und ist zu finden auf den Seiten der Nobel- Stiftung: http://www.nobel.se/medicine/laureates/1973/lorenz-lecture.html

    Im Grundlagenlehrbuchprogramm der DDR erscheint von Winfried Hacker „Allgemeine Arbeits- und Ingenieurpsychologie“. 22. November: Prof. Dr. Heinrich Düker erhält die Ehrendoktorwürde der mathematisch- naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Düsseldorf.

    „Konzepte der Humanwissenschaften“ heißt einer neuartige Buchreihe im Ernst Klett Verlag (später im Klett-Cotta-Verlag), in der Bücher zur Psychotherapie und zu Forschung und Theorie der Humanwissenschaften erscheinen, teils Originalarbeiten, teils Übersetzungen. Hier ein Titel aus dem Jahr 1973: Die Übersetzung von Miller, Galanter & Pribram „Plans and Structure of Behavior“ (1960).

    Vor 100 Jahren: Es erscheint eine erste, ungebundene Ausgabe von Wilhelm Wundts „Grundzüge der Physiologischen Psychologie“. Hier im Bild die dreibändige fünfte von insgesamt sechs Auflagen, die zu Wundts Lebzeiten erschienen. Ziel des klassischen Werkes ist im Nachgang zu Fechner die Bestimmung der „psychischen Elementarphänomene“ und ihrer kausalen Zusammenhänge.

1974 - 1983

  • Kurz nach ihrem 80. Geburtstag stirbt in Stuttgart am 3. Februar. Charlotte Bühler, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Gründungsmitglied und Altpräsidentin der „Association of Humanistic Psychology“.

    „Entscheidend für meine Begriffsbildung waren folgende Gesichtspunkte: erstens, daß ich im Gegensatz zu Freud die Realität als eine primär positive Erfahrung ansah (...); zweitens betrachtete ich das Schöpferische im Menschen als primär gegebene Tendenz (...); drittens sah ich als primäres Ziel des Lebens Selbsterfüllung durch relativ erfolgreiche Selbstverwirklichung sowie Hingabe an andere, nicht wie Freud als Erreichung vollkommenen Gleichgewichts.“ Charlotte Bühler, 1972.

    Am 14. Februar tritt ein Verwaltungsabkommen der Länder der BRD und des Landes Berlin in Kraft, auf dessen Grundlage ein Modellversuch für das Fernstudium im Medienverbund (FIM) durchgeführt wird. On diesen Modellversuch ist auch das Fach Psychologie einbezogen. Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bringt in der Folgezeit mehrfach Bedenken gegen Details des Projektes vor, da die Ergebnisse in die Struktur der Ausbildung eingreifen könnten.

    Am 21. Februar stirbt in Freiburg Prof. Robert Heiß, der durch psychodiagnostische Untersuchungen (u.a. Graphologie) und Arbeiten mit projektiven Verfahren bekannt wurde.

    Der Beltz-Verlag in Weinheim begründet „Psychologie heute“, eine monatlich erscheinende populärwissenschaftliche Zeitschrift nach dem amerikanischen Vorbild „psychology today“. Im Juni erscheint eine Null-Nummer mit Themen wie Resozialisierung, Übergewicht, Parapsychologie, Tagesmütter, Schulangst und Klinische Psychologie. Heft 1 im September enthält ein längeres Interview mit Anne-Marie und Reinhard Tausch über das schlechte Gewissen der Pädagogen. Das Hamburger Psychologen- Ehepaar arbeitete im Bereich der pädagogischen Psychologie und der Gesprächspsychotherapie. Das Oktober-Heft enthält ein Interview mit Stanley Milgram über Leben in der Großstadt, Schüchternheit und Autoritätsgehorsam. „Psychologie heute“ erreicht schnell Bekanntheit und eine hohe Abonnentenzahl.

    Am 14. März stirbt Jakob Levy Moreno in Beacon, N.Y. Moreno entwickelte das Psychodrama und die Soziometrie als Verfahren zur Erfassung von Gruppenstrukturen. Am 14. September stirbt der Psychoanalytiker René A. Spitz in New York. Spitz wurde u.a. durch seine Untersuchungen zum sog. Hospitalismus-Syndrom an Heimkindern bekannt.

    Es erscheint die Festschrift „Dichotomie und Duplizität“ für Ernst August Dölle (1889- 1972), einen bis dahin unbekannten Psychologen, dem aber von den Verfasserinnen und Verfassern der Festschrift-Beiträge vielfältige und ungewöhnliche Leistungen zugeschrieben werden.

    Ausgerichtet von Prof. Dr. Erwin Roth (geb. 1926) findet in Salzburg der 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie mit über 1000 Personen statt. Vorsitzender ist Prof. Dr.Kurt Pawlik. Zum neuen Vorsitzenden wird Prof. Dr. Hubert Feger, Aachen, gewählt.

  • Carl Rogers, Begründer der personenzentrierten Psychologie, erhält im Frühjahr die Ehrendoktorwürde der Psychologischen Abteilung der Universität Hamburg. Am 5. Juli stirbt Hans Biäsch in Zürich.

    Im September findet in Leipzig der vierte Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ statt.

    Der Biologe und Ameisenforscher Edward O. Wilson, Professor an der Harvard University, veröffentlicht „Sociobiology: The New Synthesis“. Dieses mehrere hundert Seiten starke Buch hat starke Beachtung und heftige Kritik ausgelöst. (Während eines Vortrags wurde Wilson von einem Gegner mit Wasser übergossen.) Wilson versucht in diesem Buch und in weiteren Arbeiten menschliches Sozialverhalten auf evolutionärer Grundlage zu erklären.

    Vor 200 Jahren: Es erscheint der erste der vier Bände von Johann Caspar Lavaters Hauptwerk „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“. Der Züricher Theologe Lavater (1741-1801) strebte die Deutung des Charakters aus der Erscheinung, insbesondere aus den Gesichtszügen, an. Schon zu seinen Lebzeiten war die Physiognomik umstritten.

  • Am 20. Februar stirbt Gerhard Pfahler in Tübingen. Pfahler (geb. 1897 in Freudenstadt) war Psychologe und Pädagoge und entwickelte eine eigene Typologie und (umstrittene) Rassenlehre.

    Am 26. März stirbt Rosa Katz (geb. 1885), Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (s. 1964).

    In Paris findet vom 18.-25. Juli der XXI. Internationale Kongress für Psychologie mit 3500 Teilnehmern aus 66 Ländern statt, darunter 180 aus der BRD. Zu Ehren von Jean Piagets 80. Geburtstag wird ein großes Symposium veranstaltet. Dieses Foto zeigt das Podium mit (von links) Paul Fraisse, Jean Piaget und Wolfgang Metzger. Das Foto erinnert an die Begegnung von Henri Piéron, Jean Piaget und Wolfgang Köhler auf dem 15. Internationalen Kongress, der 1957 in Brüssel stattfand. Am 30. August stirbt Paul F. Lazarsfeld in New York.

    Im September erscheinen im Kindler Verlag die ersten beiden Bände des 15-bändigen Informationswerks „Die Psychologie des 20. Jahrhunderts“, für das der Verlag intensiv wirbt.

    Vom 19.-23.9. findet in Regensburg der 30. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Ausrichter ist Prof. Adolf Vukovich. Es nehmen fast 1000 zahlenden Personen und 200 Begleitpersonen teil. Der scheidende Präsident, Prof. Hubert Feger, geht in seinem Lagebericht auf u.a. die umstrittenen Hochschulzulassungstests für Psychologiestudenten ein.

    Am 15. Oktober stirbt August Vetter in Ammerland. Vetter wurde am 19. Februar 1887 in Elberfeld geboren und absolvierte wie sein Vater eine Ausbildung zum Zeichner. Hier eine Zeichnung von ihm aus dem Jahr 1904. Es zeigt das Wohnhaus seiner Tanten. Er studierte Philosophie und Psychologie München, arbeitete freiberuflich als Autor, wurde in den dreißiger Jahren Assistent in Leipzig und nach dem Zweiten Weltkrieg Professor in München.

    Am 5. November stirbt in Frankfurt Prof. Erich Hylla, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Hylla wurde am 9.5.1887 in Breslau geboren, war ausgebildeter Lehrer und studierte u.a. bei William Stern. Er war als Professor und Ministerialrat tätig, wurde 1933 aus politischen Gründen entlassen, lehrte in den dreißiger Jahren in den USA. Im Jahr 1950 wurde Hylla Hessischer Minister für Erziehung und Volksbildung und 1952 wurde er Professor für Pädagogische Psychologie. Hylla leistete Pionierarbeit in der Pädagogischen Diagnostik und Begabungsforschung.

    In der DDR erscheint ein neues „Wörterbuch der Psychologie“.

  • Am 4. Januar stirbt Hans Lukas Teuber. Teuber wurde am 7. August 1916 in Berlin geboren und studierte in der Schweiz, die er 1941 verließ. Teuber war führender Psychologe und Neurowissenschaftler und arbeitete zuletzt am Massachusetts Institute of Technology. Eugen Teuber, der Vater von Hans-Lukas Teuber, war ein Student von Carl Stumpf in Berlin und begründete die Anthropoidenstation der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1913 auf Teneriffa. Im Verlag für Psychologie Dr. C.J. Hogrefe, Göttigen erscheint der 8. Band des Handbuchs für Psychologie: Klinische Psychologie, herausgegeben von L. J. Pongratz unter Mitwirkung von K.-H. Wewetzer.

    Am 8. Dezember stirbt Werner Fischel in Leipzig. Fischel wurde am 21.10.1900 in Saarburg geboren, studierte Naturwissenschaften, promovierte in München, war Assistent von Buytendijk in Groningen und erhielt 1941 eine Dozentur für Tierpsychologie in Leipzig – die erste in Deutschland. 1947 ging Fischl nach Bamberg, 1950 nach München und wurde 1953 außerplanmäßiger Professor an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, wo er bis zur Emeritierung lehrte.

    Vor 100 Jahren: Hermann von Helmholtz (1821-1894) veröffentlicht seine „Lehre von den Tonempfindungen“ Eine 1971 von der Bundesrepublik für West Berlin herausgegebene Briefmarke erinnert an den 150. Geburtstag des bedeutenden Physiologen. Die von Helmholtz entwickelte Resonanzkugel diente für Untersuchungen zum Beweis der Theorie der Zusammensetzung von musikalischen Tönen.

  • Vom 30. Juli bis zum 5. August findet in München der 19. Internationale Kongress für Angewandte Psychologie statt. Es nehmen über 2000 Personen aus 67 Ländern teil. Präsident des Kongresses ist Rudolf Amthauer.

    Unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Martin Irle findet vom 17.-21. September in Mannheim der 31. Kongress der DGPs statt. Organisator ist Prof. L. Michel. In seiner Rede zur Lage der Psychologie geht Irle auf die psychologische Grundlagenforschung in der BRD ein und beklagt Rückstände, u.a. durch Überlast in der Lehre. Er kritisiert die zu einseitige Orientierung der Universitätsausbildung auf Klinische Psychologie als Anwendungsgebiet. Heinrich Düker erhält die Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    Am 15. November stirbt Margaret Mead in New York. Im Dezember erhält Professor Leon Festinger, New School for Social Research, New York, die Ehrendoktorwürde für Philosophie (Dr. phil. h.c.) der Universität Mannheim.

    Zu den psychologischen Bestsellern der siebziger Jahre zählen Bücher zur angewandten Gruppendynamik, wie „Die Gruppe“ des Psychoanalytikers Horst Eberhard Richter. Der Untertitel benennt die Hoffnungen der Teilnehmer von Selbsterfahrungsprozessen.

    Es erscheint posthum „Psychology, mon amour. A Countertext“ von Klaus Riegel (1925- 1977). Die deutsche Übersetzung folgt 1981.

    Psychology, Mon Amour Psychology, mon amour, I adore you and despise you, You build a promise for all understanding,

    You destroy your basis by your own blindness. Psychology, mon amour, I trade you for a lentil soup and purchase you for riches, You lost yourself in cheap exitement, You find yourself in daring inspiration.

    Psychology, mon amour, I am blinded by your glitter and blunted by your dullness, You are the star on the fast-revolving stage, You are the hangover from the world´s oldest profession.

    Psychology, mon amour, I confirm you and I deny you, You are the mother of all knowledge, You are the handmaiden of all follies.

    Psychology, mon amour, Where would I be without you? Where is unity? Where is happiness?

    Klaus Riegel

  • Im Februar findet in Berlin der fünfte Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ statt.

    Am 20. Juli stirbt der Philosoph Herbert Marcuse in Sternberg. Erst jetzt, lange Zeit nach der Studentenbewegung, erscheinen die ersten kritischen Abhandlungen zur Rolle der Psychologie im Nationalsozialismus. Die Zeitschrift „Psychologie und Gesellschaftskritik“ bringt in Heft 12 und 13 kritische Beiträge zu Psychologie und Faschismus mit Bezügen zum Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie des Jahres 1933 und zu einzelnen Psychologen wie Gerhard Pfahler.

    Hans Hiebsch und Manfred Vorwerg veröffentlichen im Grundlagenlehrbuchprogramm der DDR „Sozialpsychologie“. Das Bild zeigt die Mitarbeiter der Jenaer Sektion Psychologie auf einem Ausflug vor dem Schloss Kochberg, vermutlich in den siebziger Jahren. Zweiter von links in der ersten Reihe ist der Leiter der Sektion Hans Hiebsch.

    Prof. Dr. Leo Montada, Trier, übernimmt die Leitung der Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID). Die Finanzierung erfolgt nunmehr im Rahmen der "Blauen Liste" der Bund-Länder-Einrichtungen.

    Am 20. Dezember stirbt in Tübingen Wolfgang Metzger. Metzger, geb. 22.7.1899 in Heidelberg, war experimentell arbeitender Gestaltpsychologe und seit 1942 Professor der Psychologie in Münster. Zu seinen Arbeiten zählten Entwicklung- und erziehungspsychologische Schriften und die Herausgabe der Schriften Alfred Adlers. Die Universität Padua verlieh ihm die Ehrendoktorwürde.

    Vor 100 Jahren: Wilhelm Wundt gründet das erste Psychologische Laboratorium der Welt an der Universität Leipzig.

    Beiträge zum Symposium „Wilhelm Wundt – progressives Erbe, Wissenschaftsentwicklung und Gegenwart“ vom 1.-2. November in Leipzig werden in einem 400-seitigen Band (1980) zusammengefasst.

  • Am 1. Februar stirbt in Heidelberg Johannes Rudert. Rudert wurde 1894 in Dresden geboren, studierte Theologie und dann Psychologie, arbeitete als Heerespsychologe, war 1929-1936 Assistent von Felix Krueger in Leipzig und wurde 1941 Extraordinarius in Leipzig. 1945 wurde er entlassen, 1951 als Ordinarius nach Heidelberg berufen, wo er 1962 emeritiert wurde. Rudert war Ausdruckspsychologe und arbeitete über Themen wie Charakter und Schicksal, Seelenausdruck, Gemüt und Ausdruck der Stimme. Die wissenschaftliche Bibliothek von Johannes Rudert erhielt die Universität Leipzig anlässlich seines 100. Geburtstags als Geschenk.

    Am 18. März stirbt Erich Fromm in Locarno.

    Am 16. September stirbt Jean Piaget in Genf.

    Unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Erwin Roth, der in seinem Bericht zur Lage der Psychologie von einem „explosionsartigen Wachstum der Psychologie in allen ihren Aspekten“ spricht, findet vom 21. bis 25. September in Zürich der 32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Die Planung und Ausrichtung hat Prof. Dr. Norbert Bischof übernommen. Erstmals gibt es Posterstände, -diskussionen und eine Posterprämierung.

    An der Karl-Marx-Universität Leipzig findet vom 6.-12. Juli der 22. Welt-Kongress für Psychologie statt. Im Bild: Wundt-Medaille aus Böttcher-Steinzeug (Meissen) und das Logo des Kongresses. Der erfolgreich durchgeführte Kongress führt in der DDR zu einer Aufwertung der nach wie vor politisch umstrittenen Psychologie.

    Innerhalb kurzer Zeit entsteht im Verlag Urban & Schwarzenberg ein umfangreiches Psychologie-Programm. Einer der Titel im Jahr 1980 behandelt Forschungsartefakte in der Sozialpsychologie.

  • Am 2. Mai stirbt David Wechsler in New York. Wechsler wurde am 12.1.1896 in Rumänien geboren. Als er sechs Jahre alt war, emigrierte seine Familie in die USA. David Wechsler studierte Psychologie diente im Ersten Weltkrieg in Frankreich, studierte dann in London, arbeitete als Klinische Psychologe und entwickelte mehrere Intelligenztests für Erwachsene und Kinder. Die adaptierten deutschsprachigen Fassungen sind bekannt als HAWIE und HAWIK.

    Am 18. Juni stirbt in Berlin der amerikanische Wirtschaftspsychologe George Katona, nachdem er am Tag zuvor von der Freien Universität mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde. Katona, am 6. November1901 in Budapest geboren, hatte bei Georg Elias Müller in Göttingen promoviert, emigrierte nach Beginn der NS-Zeit in die USA.

    Am 28. Juni stirbt Igor Caruso in Salzburg. Am 25. Juli stirbt Bettina Katzenstein Schoenfeldt in Sao Paulo.

    Die Universität Graz verleiht Fritz Heider die Ehrendoktorwürde. Am 31. Oktober stirbt Harry Harlow. Harlow wurde u.a. bekannt durch seine Experimente zur sozialen Deprivation von jungen Rhesus-Affen, die von Muttertieren getrennt wurden.

    In München wird das Max-Planck Institute für Psychologische Forschung gegründet. Gründungsdirektor ist Prof. Dr. Franz E. Weinert.

    Im Dezember wirbt der Verlag für Psychologie Dr. C.J. Hogrefe für ein neues Handbuch, die Enzyklopädie der Psychologie in 22 Serien, herausgegeben in Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Psychologie von den Professoren Graumann (Heidelberg), Herrmann (Mannheim), Hörmann (Bochum), Irle (Mannheim), Thomae (Bonn) und Weinert (München). Roger Wolcott Sperry erhält den Nobelpreis für seine Arbeiten über die Funktion der beiden Hirnhemisphären.

    In der DDR beginnt die 4-5-jährige berufsbegleitende postgraduale Weiterbildung für Diplompsychologen im Gesundheits- und Sozialwesen zum „Fachpsychologen der Medizin“ in Form eines kombinierten Fern- und Direktstudiums. Hubert Sydow und Peter Petzold veröffentlichen „Mathematische Psychologie“.

    In Ost-Berlin wird das „Psychodiagnostische Zentrum“ (PDZ) in der DDR gegründet. Von 1981 bis 1990 werden 28 psychodiagnostische Verfahren produziert.

    Im November wird in Passau durch Prof. Werner Traxel das „Institut für die Geschichte der Neueren Psychologie“ gegründet. Hier ein Blick in das Institut, das inzwischen in „Institut für Geschichte der Psychologie“ umbenannt wurde.

    Vor 100 Jahren: Paul Richer veröffentlicht in Paris „Études sur la grande hystérie ou hystero-épilepsie“ In dieser Arbeit sind Phasen des hystero-epileptischen Anfalls nicht nur beschrieben, sondern in Tabellen abgebildet .

    Das Psychologische Institut der Universität in Göttingen findet neue Räume in der Goßlerstraße 14.

  • Am 10. April stirbt der Psychologe Prof. Peter Brückner (geb. 1922) in Nizza. Brückner entwickelte in Hannover eine Politische Psychologie auf sozialistischer Grundlage.

    Am 27. April stirbt Hans Kunz (geb. 1904) in Basel, wo er einen Lehrstuhl für Psychologie und philosophische Anthropologie hatte. Kunz wurde durch Jaspers, Klages und Prinzhorn beeinflusst und vertrat eine phänomenologische Psychologie.

    Prof. Dr. Heinz Heckhausen wird zum Wissenschaftlichen Mitglied und zum Direktor am Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung, München, berufen.

    Unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Heinz Heckhausen findet vom 26.-30.9. in Mainz der 33. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Ausrichter des Kongresses ist Prof. O. Ewert. Der scheidende Präsident blickt auf 20 Jahre Wachstum der Psychologie zurück und beklagt, dass die Forschungsintensität nicht mit der Expansion Schritt gehalten hat. Prof. Dr. Hildegard Hetzer und Prof. Dr. Kurt Gottschaldt erhalten die Ehrenmitgliedschaft. Erstmals wird ein Preis für Wissenschaftsjournalismus in Psychologie verliehen. Preisträger ist Dieter E. Zimmer („Die Zeit“). Die Mitgliederversammlung stimmt mit großer Mehrheit der Einrichtung von Fachgruppen zu.

    In Jena (DDR) findet eine internationale William Preyer Tagung statt. Im Jahr 1882 erschien von Preyer „Die Seele des Kindes. Beobachtungen über die geistigen Entwicklungen des Menschen in den ersten Lebensjahren“ Das Buch beruhte auf systematischen Beobachtungen an einem seiner Kinder und gilt als ein wichtiger Meilenstein der Entwicklungspsychologie.

    „Es ist schwer, die Geheimschrift der Seele des Kindes zu erkennen und zu entziffern. Gerade darin besteht eine Hauptaufgabe dieses Werkes“ William Preyer, 1888

    Am 8. Oktober stirbt in London Anna Freud im Alter von 86 Jahren. Die jüngste Tochter Sigmund Freuds war ausgebildete Lehrerin, begann 1918 eine Lehranalyse bei ihrem Vater, ab 1923 praktiziert sie. Nach ihrer Flucht nach England und dem Tod ihres Vaters verwaltet sie das Erbe Sigmund Freunds und begründet 1952 eine Kinderklinik. Anna Freud starb hochgeehrt, u.a. erhielt sie im Todesjahr die Ehrendoktorwürde der Universität Frankfurt am Main. Am Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse“ (ZKI) der Akademie der Wissenschaften der DDR wird die Abteilung für Experimentelle und Mathematische Psychologie gegründet

    November: Das Psychologische Institut der Universität Heidelberg beginnt mit einer „grauen“ Reihe: „Bericht aus dem Archiv für Geschichte der Psychologie“. Als Nr. 1. erscheint von Carl F. Graumann der Aufsatz „Theorie und Geschichte“, Gastvortrag auf dem 33. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Mainz. Die Arbeit kritisiert den nachlässigen Umgang von Psychologen mit ihrer Fachgeschichte und die atheorische Art der Geschichtsschreibung in der Psychologie. Dem entsprechend fordert Graumann eine theorieorientierte, kritische Historiographie als Teil der umfassenderen Wissenschaftsgeschichte.

    Die schwedische Post gibt drei Briefmarken mit Graphiken des schwedischen Künstlers Oscar Reutersvärd (geb. 1915) heraus, die verschiedene Penrose-Dreiecke zeigen. Der englische Psychologe Lionel S. Penrose (1898-1972) und sein Sohn, der Physiker Roger Penrose (geb. 1931) beschreiben in einer Arbeit aus dem Jahr 1958 ein Dreieck, das zu den sog. unmöglichen Figuren gehört – heute Penrose-Dreieck genannt. Beiden Autoren war unbekannt, dass Reutersvärd bereits 1934 dieses Dreieck bestehend aus neun Würfeln gezeichnet hatte.

  • Vom 11.-14. Januar findet unter dem Vorsitz des Vorsitzenden der Gesellschaft, Prof. Kossakowski, in Leipzig mit 1200 Teilnehmern der sechste Kongress der „Gesellschaft

    für Psychologie der DDR“ statt. Das Motto: „Psychologie für die gesellschaftliche Praxis“. Am 28. Mai stirbt in Bochum der Sprachpsychologe Hans Hörmann. Hörmann wurde am 23. Oktober 1924 in Ulm geboren, studierte in Tübingen und Göttingen und lehrte in Göttingen und an der Freiern Universität Berlin. In der Zeit der Studentenunruhen nahm er einen Ruf nach Bochum an die Ruhr-Universität an.

    Am 7. Juli stirbt Heinrich Roth in Göttingen. Roth war Volksschullehrer, studierte Pädagogik und Psychologie und promovierte bei Oswald Kroh über die Psychologie der Jugendgruppe. Roth war – wie viele Psychologen seiner Generation – Heerespsychologe. Nach dem Krieg bekam er eine Dozentur an der Pädagogischen Hochschule Esslingen, 1956 an einem Forschungsinstitut in Frankfurt, ab 1960 lehrte er als Professor in Göttingen. Themen seiner Forschung waren Begabung, pädagogische Anthropologie, Unterrichtstheorie.

    Am 27. Juli stirbt Anne-Marie Tausch (geb. 7.5.1925 in Berlin) in Hamburg. Anne- Marie Tausch war Psychologin und Pädagogin und hatte zusammen mit ihrem Mann Reinhard Tausch unterrichtspsychologische Forschung betrieben und die Gesprächspsychotherapie bekannt gemacht. In den letzten Jahren hatte sie u.a. Krebskranke und deren Angehörige beraten und betreut, als bei ihr selbst die Diagnose Krebs gestellt wurde. Über ihre Erfahrungen und ihre Arbeit berichtete sie in dem Buch „Gespräche gegen die Angst“ (1981). „Sanftes Sterben“ war der Titel ihres posthum erschienenen Buches.

    Vom 15.-16.9. findet in der Universität Mannheim ein Symposium des Sonderforschungsbereichs 24 statt. An dem Symposium sind u.a. mit Vorträgen beteiligt die Professoren A. Kieser und M. Irle vom SFB 24 und Prof. Leon Festinger, New York.

    Mit der Veröffentlichung des Urmanuskriptes „Ueber das Gedächtniß“ von Hermann Ebbinghaus aus dem Jahr 1880 beginnt das Institut für die Geschichte der Neueren Psychologie der Universität Passau unter der Leitung von Werner Traxel die Herausgabe der Passauer Schriften zur Psychologiegeschichte.

    Am 9. Dezember stirbt Ehrig Wartegg (geb. am 7.7.1897 in Dresden). Der Psychologe und Psychotherapeut Ehrig Wartegg hat den Phantasie-Test des Ganzheitspsychologen Friedrich Sander weiterentwickelt. Der von ihm entwickelte und 1937 veröffentlichte „Zeichen-Test“ wurde bald und wird bis heute „Wartegg-Zeichen-Test“ genannt. Acht quadratische Bilder, in denen sich nur kleinere Zeichen (z.b. Strich, Bogen Quadrat usw.) befinden, sollen vom Probanden zu ganzen Bildern ausgearbeitet werden. Nach Wartegg sollen diese Zeichnungen Schlüsse auf das Schichtprofil der Persönlichkeit ermöglichen. – Hier im Bild Ehrig Wartegg (Erfurt) im Jahr 1948 auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Göttingen. Dort berichtete er über Charakterdiagnose durch das Soziogramm.

    Am 12. Dezember stirbt Wilhelm Arnold in Würzburg. Arnold wurde am 14.10.1911 in Nürnberg geboren, studierte Naturwissenschaften, Philosophie und Pädagogik in München, promovierte dort, war 1934-1942 als Wehrmachtpsychologe tätig und wurde 1953 Professor für Psychologie in Würzburg. 1964-1966 war der Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, 1983 erhielt er die Hugo-Münsterberg- Medaille des Berufsverbandes Deutscher Psychologen.

1984 - 1993

  • Am 16.2. stirbt Helmut von Bracken (geb. 21.5.1899). (Abb. von Bracken © PGFA)

    Helmut von Bracken war Lehrer, studierte Psychologie in Jena, lehrte in Braunschweig und Amsterdam, promovierte 1940 in Bonn in Medizin und erhielt nach dem Krieg Professuren in Braunschweig, Darmstadt und Marbug. Helmut von Bracken arbeitete in vielen Bereichen, u.a. in der Zwillingsforschung, der Vorurteilsforschung und der Sonderpädagogik.

    Im Juni erscheint die Illustrierte „Wiener“ mit einem Portrait von Konrad Lorenz des österreichischen Malers Gottfried Helnwein. Nobelpreisträger Lorenz, seit 1983 Ehrenbürger der Stadt Wien, tritt zu dieser Zeit mit einer Bürgerinitiative gegen ein Staudammprojekt an. Schon durch seinen Einsatz beim Volksbegehren 1979 gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf war Lorenz Leitfigur der Umweltbewegung in Österreich geworden.

    Anfang April wird der Wuppertaler Psychologie-Professor Heinz-Erich Lennertz in seiner Wohnung ermordet aufgefunden. Der Göttinger Verlag für Psychologie Dr. C. J. Hogrefe erwirbt den Verlag Hans Huber, Bern.

    Im Juli findet in Szeged, Ungarn, eine Begegnung von Ost- und Westeuropäischen Psychologinnen und Psychologen statt. In der Bildmitte der Leiter des Symposiums, Carl Rogers, rechts neben ihm Hans Böttcher, Klinischer Psychologe aus Jena. Im Grundlagenlehrbuchprogramm der DDR erscheint von Lothar Sprung und Helga Sprung „Grundlagen der Methodologie und Methodik der Psychologie“.

    Im September findet der 34. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Hans-Joachim Kornadt unter dem Motto „Innovation in der Psychologischen Forschung“in Wien statt. Ausgerichtet wurde der Kongress von Prof. Dr. Brigitte Rollett. Zur Eröffnung spricht der Bundespräsident der Republik Österreich, Dr. Rudolf Kirchschläger. Edwin Rausch und Hans Thomae erhalten die Ehrenmitgliedschaft. Erstmals (und seitdem alle zwei Jahre) wird von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie der Heinz-Heckhausen-Jungwissenschaftlerpreis vergeben. Ulfried Geuter veröffentlicht im Suhrkamp-Verlag seine Dissertation „Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus“. Grundlage der Arbeit sind neben Archivmaterial insgesamt 42 Interviews mit Zeitzeugen. Geuter kann zeigen, dass – entgegen weit verbreiteten Meinungen – die Psychologie zur Nazizeit einen Aufschwung erlebt hat, besonders als Profession, aber zum Teil auch an deutschen Universitäten durch Ausbau als akademisches Fach.

    Am 20. Dezember stirbt Stanley Milgram in New York.

  • Nach dem Stand vom 15. Januar hat die Deutsche Gesellschaft für Psychologie inzwischen 823 Mitglieder und 52 Assoziierte Mitglieder. Am 23. Januar stirbt Prof. Ivo Kohler in Innsbruck. Kohler wurde am 27. 7. 1915 geboren. Er wurde besonders durch seine 1951 veröffentlichten wahrnehmungspsychologischen Arbeiten bekannt. Im Selbstversuch hatte Kohler die Wirkung von Prismengläsern und farbigen Linsen untersucht, die längere Zeit als Brille getragen wurden.

    Am 14. Februar verleiht die Universität Bremen die Ehrendoktorwürde doctor philosophieae honoris causa an Prof. Marie Jahoda.

    Am 30. Mai stirbt Prof. Wilhelm Witte (geb. 1915) in Regensburg. Witte promovierte 1937, war Assistent bei Willy Hellpach und lehrte als Professor in Tübingen, Münster und Regensburg.

    Der Bundesgerichtshof entscheidet am 4.7., dass es sich beim Psychologen auch um einen Heilberuf handelt, so dass Schutzinteresse der Allgemeinheit vor Täuschung besteht. Nach dieser Entscheidung können sich nur Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium in Psychologie als „Psychologe“ bezeichnen. Im November erfolgt die offizielle Eröffnung des Max-Planck-Instituts für Psychologische Forschung in München durch den Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Heinz A. Staab.

    Vor 100 Jahren: Hermann Ebbinghaus veröffentlicht seine wegweisende Schrift: Über das Gedächtnis. Dieses Jubiläum gibt Anlass zu mehreren Symposien über Ebbinghaus. In Berlin (DDR) findet ein internationales „Symposium in Memoriam Hermann Ebbinghaus“ statt. Ferner findet in Passau vom 30.5.-2.6. ein Internationales Hermann- Ebbinghaus-Symposion statt.

  • In der DDR beginnt die 4-5-jährige berufsbegleitende postgraduale Weiterbildung für Diplompsychologen der Arbeits-, Ingenieur- und Sozialpsychologie zum „Fachpsychologen der Industrie“ in Form eines kombinierten Fern- und Direktstudiums.

    Vom 28.9. bis zum 2.10. findet der 35. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Heidelberg unter der Präsidentschaft von Franz E. Weinert statt. Die Planung und Ausrichtung hat Prof. Dr. Manfred Amelang übernommen. Prof. Dr. Rudolf Bergius wird die Ehrenmitgliedschaft aufgrund seiner Verdienste um die Allgemeine Psychologie und Sozialpsychologie, insbesondere seine Pionierleistungen auf dem Gebiet der Erforschung nationaler und ethnischer Vorurteile verliehen. Fast 600 Referate sind zu hören. In seiner Rede zur Lage der Psychologie stellt Weinert den Vergleich zwischen dem 22. Kongress, der 1959 ebenfalls in Heidelberg stattfand, und dem diesjährigen 35. Kongress her. Neben der zunehmenden fachliche Differenzierung der Psychologie sieht Weinert positive Entwicklungen in der Methodologie. Zur Ausbildung und Beruf stellt Weinert die hohe Arbeitslosigkeit bei insgesamt ca. 14-15.000 berufstätigen Psychologinnen und Psychologen heraus. Im Jahr 1985 standen 76 offenen Stellen insgesamt 5839 Bewerber gegenüber. Wie seine Amtsvorgänger beklagt auch Weinert das Fehlen eines Psychotherapiegesetzes.

    Am 1. November stirbt in Hallein (Österreich) Theodor Scharmann. Scharmann (geb. 1907) arbeitete als Sozial- und Wirtschaftspsychologie und lehrte u.a. in Nürnberg und Linz.

    Am 2. November stirbt Heinrich Düker in Saarbrücken (s. auch 1933, 1934, 1936, 1944, 1959, 1978).

    Vor 100 Jahren: Im Mai 1886 errichtet Alfred Lehmann (1858-1921) in Kopenhagen sein „Psychophysisches Laboratorium“, das als eines der ältesten Psychologischen Institute angesehen werden kann. Lehmann studierte in Kopenhagen und absolvierte einen Studienaufenthalt bei Wundt. Er arbeitete u.a. über körperliche Äußerungen psychischer Zustände. Nachfolger als Leiter des Psychophysischen Laboratoriums wurde Edgar Rubin, der am 6.9.1886 – also vor 100 Jahren, im Jahr der Laboratoriumsgründung – in Kopenhagen geboren wurde. Rubin studierte in Kopenhagen und in Göttingen. Er arbeitete u.a. über Figur-Grund-Phänomene. Rubin starb 1951.

  • 28. Januar: Die Freie Universität Berlin gedenkt in einer Feier des 100. Geburtstags von Wolfgang Köhler . Ebenso findet im Ostteil der Stadt eine Tagung zum 100. Geburtstag von Wolfgang Köhler statt.

    Am 4. Februar stirbt Carl Rogers.

    Vom 2.-4. Juli findet in Münster die erste Fachgruppentagung der Fachgruppe Sozialpsychologie statt.

    In Leipzig findet eine internationale Gustav Theodor Fechner Tagung statt.In Ost-Berlin findet eine Alexander Romanowitsch Luria Ehrung statt.

    Vor 100 Jahren: Am 18. November 1887 stirbt in Leipzig der Naturforscher, Psychologe und Philosoph Gustav Theodor Fechner (geb. 1801).

    Vor 100 Jahren: Georg Elias Müller gründet in Göttingen das Psychologische Institut. Das Institut findet seine ersten Räume in den alten Botanischen Anstalten – heutiges Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften.

  • Am 2. Januar stirbt der österreichisch-amerikanische Psychologe Fritz Heider (s. auch 1920, 1944, 1966, 1981).

    Vom 16. bis 19. Februar findet in Leipzig mit über 1600 Teilnehmern der 7. Kongress der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“ statt. Das Motto: „Geistige Ressourcen – Wachstumsfaktor im Sozialismus“. Da 1962, also vor 25 Jahren, die Gesellschaft für Psychologie der DDR gegründet wurde, wird der Kongress als Jubiläumskongress gesehen. In einem Festvortag zur Eröffnung des Kongresses hält Adolf Kossakowski Rückschau und skizziert zukünftige Aufgaben. – Kaum einer der Teilnehmer wird geahnt haben, dass dies der letzte Kongress der Gesellschaft sein sollte.

    Am 24. Februar stirbt Bluma Zeigarnik in Moskau. Zeigarnik war Doktorandin von Kurt Lewin in Berlin. Die von ihr experimentell untersuchte bessere Erinnerung unerledigter Handlungen gegenüber erledigten Handlungen wird bis heute Zeigarnik-Effekt genannt.

    In Sydney findet der 24. Internationale Kongress für Psychologie statt.

    Vom 3.-6. Oktober findet unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Klaus Foppa (Bern) der 36. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie an der Technischen Universität Berlin statt. Ausrichtung des Kongresses: Prof. K. Eyferth. Mit Plakat und Programmheft wird an den 100. Geburtstag von Wolfgang Köhler im Jahr 1987 erinnert. Mit rund 1500 Teilnehmern und mit fast 130 Veranstaltungen ist es der bis dahin größte Kongress in der Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. – Eva Michaelis- Stern (Jerusalem) kehrt fünfzig Jahre nach ihrer erzwungenen Emigration nach Berlin zurück, um an einem Rundgespräch zum 50. Todestag ihres Vaters William Stern teilzunehmen.

    „Vater ruhte in dem sicheren Bewusstsein, als deutscher Jude in seiner Heimat verwurzelt zu sein. Er fühlte sich der jüdischen Gemeinschaft gegenüber verpflichtet, ohne jedoch religiös zu sein. Das Ansinnen seiner Breslauer Kollegen, sich taufen zu lassen, um ordentlicher Professor werden zu können, lehnte er strikt ab.“ Eva Michaelis-Stern

    Prof. Dr. Anitra Karsten erhält die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Die Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie wird posthum an Max Wertheimer verliehen. In seinem Bericht zur Lage der Psychologie setzt sich Klaus Foppa mit dem Bild der Psychologie in der Presse auseinander.

    Am 29. Oktober stirbt Anitra Karsten. Karsten, 1902 in Finnland geboren, war Lewin- Schülerin und lehrte in den USA und Finnland. Ab 1964 hatte sie an der Universität Frankfurt einen Lehrauftrag für Gerontologie.

    Am 30. Oktober stirbt der Psychologe Heinz Heckhausen, dessen Arbeiten zur Leistungsmotivation und zur Willenspsychologie wegweisend waren (s. auch 1982).

  • Am 11. Februar stirbt der bekannte Sozialpsychologe Leon Festinger. Festinger, geboren am 8.5.1919, studierte am City College in New York, promovierte in Iowa, wo er Mitarbeiter Kurt Lewins war. Festinger arbeitete am MIT, an der Stanford University und schließlich an der New School for Social Research in New York. Festinger entwickelte wichtige Theorien, darunter die Theorie der kognitiven Dissonanz. Seine Theorien und die durch Lewin geprägte Art sozialpsychologischen Experimentierens bestimmten die Sozialpsychologie der sechziger und siebziger Jahre. In den letzten Lebensjahren befasste Festinger sich mit Archäologie.

    Das gewachsene Interesse an der Geschichte des Fachs Psychologie findet Ausdruck in der Gründung der Zeitschrift „Psychologie und Geschichte“.

    Am 26. April wird im Messepalast Wien die Ausstellung „Wunderblock. Eine Geschichte der modernen Seele“ eröffnet. Die Ausstellung ist nach einem Aufsatz von 59 Sigmund Freud benannt. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Ausstellungskatalog.

    Am 30. September stirbt Rudolf Amthauer in Frankfurt. Amthauer studierte in Göttingen Psychologie und promovierte 1953 mit einer Arbeit über Intelligenzmessung. Amthauer ist der Autor des weit verbreiteten Intelligenz-Struktur-Tests (IST).

    „Was kann die Psychologie gesellschaftlich bewirken?“ ist der Titel eines Aufsatzes der DDR-Psychologen Hiebsch und Schmidt. Der Aufsatz erscheint kurz vor Öffnung der Berliner Mauer.

    Vor 100 Jahren: Hugo Münsterberg hat in Freiburg aus eigenen Mitteln ein Psychologisches Laboratorium gegründet und schreibt am 12. Mai an Hofrat Prof. Alois Riehl, um jährlich 200,- Reichsmark zur „Betreibung der laufenden Ausgaben des Unterrichts in der experimentellen Psychologie“ zu erhalten. Er verweist auf die Institute in Leipzig und Bonn und auf seine erscheinenden „Beiträge zur experimentellen Psychologie“. Ein Gruppenfoto, das vermutlich nicht im Labor, sondern bei einem Fotographen entstanden ist, zeigt Münsterberg im Kreis von Schülern.

  • Am 6. März stirbt in Jena Prof. Dr. Hans Hiebsch (geb. 31.7.1922). Er lehrte von 1962 bis 1986 an der Universität Jena und begründete zusammen mit seinem Schüler und späterem Kollegen Manfred Vorwerg (1933-1989) die marxistische Sozialpsychologie. Am 13. März stirbt Bruno Bettelheim durch Suizid. Bettelheim wurde am 28.8.1903 in Wien geboren, promovierte dort noch 1938. Bettelheim überlebte die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau und emigrierte in die USA. Bettelheim leistete Beiträge zur Psychoanalyse und zur klinisch-psychologischen Behandlung psychisch gestörter Kinder.

    Am 26. Juli stirbt der Schweizer Entwicklungspsychologe und Handlungstheoretiker Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Aebli. Aebli war Schüler von Jean Piaget, studierte u.a. in den USA und lehrte in Zürich, Saarbrücken, Berlin, Konstanz und Bern.

    Am 10. September stirbt Roger Barker, Wegbereiter der Ökologischen Psychologie, in Oskaloosa im Alter von 87 Jahren. In Cambridge, Mass., stirbt Burrhus Frederic Skinner. Prof. Dr. Wolfgang Prinz wird zum Wissenschaftlichen Mitglied und Direktor am Max- Planck-Institut für Psychologische Forschung, München, berufen. Jürgen Guthke, Hans R. Böttcher und Lothar Sprung veröffentlichen „Psychodiagnostik“ Band 1. Band 2 folgt 1991.

    Vom 23. bis zum 27. September findet in Kiel der 37. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Kiel statt. Organisatoren sind Prof. Dr. Dieter Frey und Prof. Dr. Dr. Hermann Wegener. Der Kongress steht ganz unter dem Eindruck der Wiedervereinigung: Erstmals nach Jahrzehnten können Kolleginnen und Kollegen aus der DDR ungehindert teilnehmen. Ehrenmitgliedschaften werden an Prof. Dr. Dr. h.c. Adriaan de Groot, Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Gustav Lienert, Prof. Dr. Detlev Ploog und Dr. Bruno Zimmermann verliehen. Der Präsident, Prof. Dr. Gerd Lüer gibt zur Eröffnung des Kongresses einen Bericht über „Psychologie im Spiegel ihrer wissenschaftlichen Gesellschaft: Historische Fakten, Entwicklungen und ihre Konsequenzen“ und verweist u.a. auf den Mitgliederzuwachs. Einen Monat nach der Wiedervereinigung erfolgt am 3. November die Auflösung der „Gesellschaft für Psychologie der DDR“. Vor 100 Jahren: William Preyer veröffentlicht „Der Hypnotismus. Vorlesungen gehalten an der K. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin“. Vor 100 Jahren: Ebbinghaus und König begründen die „Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane“.

  • Am 24. März stirbt Kurt Gottschaldt (s. auch 1948, 1961, 1982).

    Am 5. Juli stirbt der Schweizer Psychologe Richard Meili in Gümlingen. Meili (geb. 28.2.1900 in Schaffhausen) hatte u.a. in Berlin studiert und sich bei Eduard Claparède in Genf habilitiert und wurde – nach Jahren der Praxis – 1949 Professor für Psychologie in Bern. Meili war in verschiedenen Bereichen tätig, u.a. in der Persönlichkeitspsychologie, in der Psychodiagnostik und der Entwicklungspsychologie. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie verlieh Meili die Ehrenmitgliedschaft.

    Am 12. August stirbt Hildegard Hetzer, frühere Schülerin von Charlotte Bühler. Hetzer arbeitete im Bereich der Entwicklungspsychologie und Psychodiagnostik („Bühler- Hetzer-Test“). Wenige Jahre zuvor (1988) waren Ihre Lebenserinnerungen erschienen.

    Die Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) in Trier wird umbenannt in „Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation“ und verfügt inzwischen über einige Planstellen und mehrere Drittmittelprojekte.

    Vor 100 Jahren: Mitte September 1891 verlegt Sigmund Freud seine Praxis in die Berggasse 19, wo er fast 50 Jahre leben und praktizierten wird.

  • Prof. Dr. Martin Irle, Universität Mannheim, wird im Januar 65 Jahre alt und emeritiert.

    Am 2. März verstirbt in Wien die Entwicklungspsychologin und frühere Mitarbeiterin von Charlotte Bühler, Prof. Dr. Charlotte Schenk-Danziger.

    Im Juni findet an der Universität Jena die Tagung „Unrecht und Aufarbeitung“ statt. Initiator ist der Prorektor, Prof. Gottfried Meinold, im Bild in der ersten Reihe zweiter von rechts. Eingeladen wurden ca. 50 politische Opfer der DDR-Zeit, meist frühere Studenten, mit denen drei Tage lang diskutiert wurde. Die Tagung wurde von dem Psychologen Prof. Hans Böttcher in dem Buch „Vergangenheitsklärung an der Friedrich- Schiller-Universität Jena“ dokumentiert. Vom 19.-24. Juli findet in Brüssel der 25. Internationale Kongress für Psychologie statt. Während des Kongresses gibt es Ausstellungen über Max Wertheimer, „Optische Täuschungen“, „Faces of Psychology“, „Die Geschichte psychologischer Tests“ und „Frühe experimentelle Apparate aus belgischen psychologischen Laboratorien“.

    Vom 14.-18. August findet in Washington DC. 100 Jahre nach Gründung der American Psychological Association(APA) der Jubiläumskongress der APA statt. Über 3.600 Prä61 sentationen werden angeboten. Rechtzeitig zum Jubiläum ist das neue Verwaltungsgebäude der APA in Washington fertig gestellt.

    Vom 28.9. bis zum 1.10. findet der 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Jürgen Bredenkamp in Trier statt. Gastgeber ist Prof. Dr. Leo Montada. Die Ehrenmitgliedschaft wird verliehen an Prof. Dr. Carl-Friedrich Graumann, Prof. Dr. Adolf Otto Jäger und Prof. Dr. Dr. Hermann Wegener. In bis zu 30 Parallelveranstaltungen werden nahezu 900 Einzelreferate gehalten.

    Der Berufsverband Deutscher Psychologen, die Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie verleihen am 7. Oktober erstmals den Deutschen Psychologie-Preis. Erster Preisträger ist Prof. Dr. Dietmar Schulte, Ruhr-Universität Bochum.

    Vor 100 Jahren: Francis Galton veröffentlicht „Finger Prints“, eine Aufsatzsammlung, die dazu führte, dass sich der Fingerabdruck als Identifikationsmerkmal durchsetzte. Der Titel des Buches enthält Galtons eigene Fingerabdrücke.

  • Vom 25.-28. März findet in Köln die 8. Arbeitstagung der Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen (gta) statt. Die Tagung mit dem Arbeitsthema „Menschlich forschen – menschlich handeln“ steht im Zeichen des 50. Todestages des Gestaltpsychologen Max Wertheimers (1880-1943). Die Zeitschrift der Gesellschaft für Gestalttheorie und ihrer Anwendungen (gta) ist „Gestalttheory“. Über die Gesellschaft und diese Zeitschrift informiert ein reichhaltiges Internetangebot mit Texten von Wertheimer und anderen Gestalttheoretikern:

    http://www.geocities.com/HotSprings/8609/

    Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) veröffentlicht ein Faltblatt mit Basisdaten. Hiernach hat der BDP 11 Sektionen und 16 Landesgruppen, in denen 18.000 Diplom-Psychologen und Studenten der Psychologie organisiert sind.

    Das erste Heft der „Zeitschrift für Gesundheitspsychologie“ erscheint .

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft verleiht Prof. Dr. Wolfgang Prinz (Max-Planck- Institut für Psychologische Forschung, München) den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis.

    Das Institut für Psychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird wieder begründet. Über die Geschichte des Instituts informiert http://www.psych.uni-halle.de/geschichte.html

    Vor 100 Jahren: Etwa 1893 entstand dieses Bild im Psychologischen Laboratorium der Harvard University. Erkennbar sind Stimmgabeln, Orgelpfeifen und Resonanzkugeln verschiedener Größe.

1994 - 2004

  • Am 29. Januar stirbt Prof. Dr. Klaus Schneider, Professor für Allgemeine und Entwicklungspsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Schneider war Schüler von Heinz Heckhausen und arbeitete u.a. im Bereich der Motivations- und Emotionspsychologie.

    Am 4. Mai stirbt der Frankfurter Gestaltpsychologe Edwin Rausch, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Rausch studierte Mathematik und Physik, geriet dann in Frankfurt in den Bannkreis von Max Wertheimer. Rausch galt als scharfsinniger Phänomenologe und erfindungsreicher Experimentator.

    Auf Teneriffa wird die „Casa Amarilla“, das frühere Wohnhaus Wolfgang Köhlers, Teil der ersten Anthropoidenstation der Welt, schwer beschädigt. Polizeieinsatz verhindert weitere Beschädigungen des denkmalgeschützten Hauses. Das Haus wird jedoch nicht restauriert und verfällt weiter.

    Am 13. Juni stirbt der Hamburger Psychologe Peter R. Hofstätter.

    Vom 25. bis 29. September findet der 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hamburg statt. Es werden über 1500 Beiträge, davon. Ausrichter ist Prof. K. Pawlik. Im Bericht zur Lage der deutschsprachigen Psychologie stellt der Präsident, Prof. Dr. Urs Baumann, Salzburg, u.a. Strukturdaten zu den Studierenden der Psychologie heraus, die u.a. auf einen wachsenden Frauenanteil der Studierenden hinweisen. Die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Psychologie erhalten Prof. Dr. Martin Irle, Mannheim, Frederick H. Kanfer und Hans-Dieter Rösler, Rostock.

    Am 28. Oktober hält die Universität Graz aus Anlass des „100. Jahrestages der Gründung eines Psychologischen Laboratoriums an der Universität Graz“ einen Festakt ab. Erinnert wird daran, dass Alexius von Meinong (1853-1920) 1894 vom k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht eine Dotation von 400 Gulden zur Errichtung eines „experimentalpsychologischen Apparates“ in Graz erhielt. Bereits vom Wintersemester 1886/87 an hatte Meinong „mit aus Privatmitteln hergestellten Apparaten“ die ersten experimentalpsychologischen Übungen durchgeführt. Das Bild zeigt die 1985 erschienene kleine Schrift über den Festakt, bei dem u.a. Kompositionen von Alexius von Meinung aufgeführt wurden. Ferner findet eine Ausstellung historischer psychologischer Apparate statt.

  • Am 27. Februar stirbt der Arbeitspsychologe Prof. Dr. Ulrich Tränkle. Tränkle, geb. 1947, studierte in Frankfurt und lehrte in Münster und zuletzt an der TU Chemnitz- Zwickau. er forschte u.a. über verkehrspsychologische und methodische Fragestellungen.

    Am 6. März stirbt Ludwig J. Pongratz, Persönlichkeitstheoretiker und Psychoanalytiker, Autor mehrerer Bücher, u.a. einer „Problemgeschichte der Psychologie“. Am 25. Juli stirbt die Klinische Psychologin Prof. Dr. Susanne Davies-Osterkamp, Düsseldorf.

    Auf Teneriffa wird eine Wolfgang-Köhler-Gesellschaft gegründet, die als eins ihrer Ziele die Erhaltung und Restaurierung der erhaltenen Teile der ersten Primatenstation der Welt verfolgt. Die Gesellschaft wirbt mit Vorträgen, Publikationen, Ausstellungen und einer Ansichtskarte für ihre Ziele. Am 1. November stirbt der Berliner Psychologe Klaus Holzkamp (geb. 1927, s. auch dort).

    Vor 100 Jahren: Ernst Roemer beschreibt eine Reihe von neuen Apparaten, darunter auch diesen Schallschlüssel. Wird gegen die Membran gesprochen, entsteht ein Kontakt, durch den ein Stromkreis geöffnet oder geschlossen werden kann. So können Reaktionszeiten genau erfasst werden. Konstrukteur war Fr. Runne, Heidelberg. Das Gerät wurde aber auch von E. Zimmermann, Leipzig, produziert.

    Nach dem amerikanischen Psychologen Edward Wheeler Scripture (1864-1945) wird diese mehrdeutige Abbildung Scripture-Block genannt. Wird die Abbildung mit den drei Würfeln (A) herumgedreht, entsteht ein Bild (B) mit fünf Würfeln.

  • Am 24. Februar wird in der Universität Leipzig eine Ausstellung zu Wilhelm Wundt aus Anlass seines 75. Todestages eröffnet. Zu sehen sind Dokumente, Bilder, Briefe, Geräte und u.a. sein Schreibsekretär.

    Von einem Heidelberger Auktionshaus wird Ende März eine Büste von Max Klinger (1857-1920) angeboten, die Wilhelm Wundt darstellt, 1908 entstanden ist und offenbar dem Haushalt von Wundt stammt. Durch Spenden einer Bank kann die Marmorbüste für die Universität Leipzig erworben werden.

    Vom 1.-4. April findet in der Katholischen Universität Eichstätt die 38. Arbeitstagung experimentell arbeitender Psychologen statt.

    Am 1.8. hat die Deutsche Gesellschaft für Psychologie 1721 Mitglieder.

    Vom 22. bis zum 26. September findet der 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in München statt. Schwertpunktthema: Wissen und Handeln. Organisator: Prof. Dr. H. Mandl, Ludwig-Maximilians-Universität. Der Präsident Prof. Dr. Hans Spada, Freiburg, stellt in seinem Bericht zur Lage der Psychologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz heraus, dass die Attraktivität des Studienfachs Psychologie ungebrochen ist und das Berufsfeld weiter expandiert. Er schätzt, dass in den letzten Jahren jährlich etwa 2000 Studierende ihr Diplomstudium erfolgreich angeschlossen haben. Etwa 35.000 Psychologinnen und Psychologen sind in Deutschland berufstätig.

    Am 6. November erhält Prof. Karl H. Pribram von der Universität Bremen die Ehrendoktorwürde.

    Am 9. November stirbt der Psychologe Franz Kiener. Zu Kieners vielseitigen und methodisch innovativen Untersuchungen zählen Arbeiten über Kleidung und Mode, Aggressionen („Das Wort als Waffe“) und Lehrerspitznamen. Vor 100 Jahren: Im soeben vollendeten Neubau der Universität Leipzig erhält Wilhelm Wundt ein neues Psychologisches Laboratorium mit zwei Auditorien und einer stattlichen Anzahl von Experimentierräumen.

    Vor 100 Jahren: Nachdem Oswald Külpe 1894 zum Professor für Philosophie und Ästhetik in Würzburg ernannt wurde, gründete er 1896 zusammen mit Karl Marbe nach dem Vorbild des Leipziger Instituts von Wundt ein Institut für Psychologie. Dieses Institut befand sich in der „Alten Universität“. Eine Arbeit von Joachim Hoffmann und Armin Stock zur Geschichte des Instituts findet sich unter „Würzburg School“ auf der Homepage des Instituts http://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/

    Eine Beschreibung der Person Külpes findet man in den Lebenserinnerungen von Wilhelm Ostwald:

    „O. Külpe war ein baltischer Landsmann; er stammte aus Kurland. Damals war er noch Assistent bei Wundt und Privatdozent, hatte aber bereits begonnen, seine persönliche Philosophie zu entwickeln, so daß das Verhältnis zu seinem Direktor anfing, schwierig zu werden. In unserem Hause war er ein regelmäßiger Sonntagsgast, der meine Frau und mich durch seinen guten Appetit und sein vorzügliches Klavierspiel erfreute. Er war neun Jahre jünger als ich, von mittlerer Größe, mit dunkelblondem, etwas lockigem Haar und kleinem Schnurrbart, von beständig freundlichem Gesichtsausdruck und etwas femininem Wesen. (...) Mir war er ein sehr angenehmer Reisegefährte, höchst empfänglich für Natureindrücke und niemals eigensinnig bezüglich der Einzelheiten unserer gemeinsamen Fahrt.“

  • Am 26. Januar feiert Prof. Dr. Martin Irle, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, seinen 70. Geburttag.

    Am 16. Februar stirbt Bärbel Inhelder, die langjährige Mitarbeiterin und Kollegin von Jean Piaget.

    Am 8. März stirbt in Bielefeld Prof. Dr. Eckart Scheerer. Scheerer, geb. 1943, studierte in Tübingen, Wien und Bochum. Seit 1979 war er Professor für menschliche Informationsverarbeitung und Kognition an der Universität Oldenburg. Scheerer war Autor zahlreicher Arbeiten zur Verhaltensanalyse und Kognitionspsychologie, er verfasste aber auch grundlegende Arbeiten zur Psychologiegeschichte

    Am 28. Mai stirbt Ferdinand Merz in Marburg. Merz wurde am 16.5.1924 in Chicago geboren und kam 1927 mit seinen Eltern nach Europa. Er studierte in Würzburg Psychologie und lehrte in Marburg.

    Am 2. September stirbt in Wien Viktor Frankl, der Begründer der Existenzanalyse und Logotherapie. Frankl wurde 1905 geboren (siehe auch dort).

    Am 4. September stirbt Hans Jürgen Eysenck in London (zu Eysenck s. 1916).

    An der FernUniversität in Hagen wird das Psychologiegeschichtliche Forschungsarchiv (PGFA) eingerichtet. Das Archiv beherbergt Nachlässe, Schenkungen, Tests, Filme und Fotos zur Psychologie besonders aus der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit. http://psychologie/PGFA

  • Zum 6. Juli hat die Deutsche Gesellschaft für Psychologie 1870 Mitglieder (491 Frauen und 1379 Männer).

    Vom 27. Sept. bis zum 1. Oktober findet unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Manfred Amelang, Heidelberg, in Dresden der 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie unter dem Motto „Zukunft gestalten“ statt. Ausrichter des Kongresses ist Prof. Winfried Hacker. Zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft werden Prof. Dr. Theo Herrmann, Mannheim, der Verleger Dr. Carl-Jürgen Hogrefe, Göttingen, Prof. Dr. Hans-Joachim Kornadt, Saarbrücken, und Prof. Dr. Franz Emanuel Weinert, München, ernannt.

    In seiner Rede zur Lage der Psychologie geht Amelang u.a. auf das Psychotherapeutengesetz ein, das zum 1. Januar 1999 in Kraft tritt, und von Amelang als großer Erfolg gewertet wird.

    Am 11. November findet in der Universität Salzburg eine Gedenkveranstaltung für den am 7. April 1998 verstorbenen Psychologen Prof. Dr. Erwin Roth statt. Roth wurde im Mai 1926 in Marktbreit am Main geboren, mit 17 Jahren eingezogen und geriet in Kriegsgefangenschaft, holte das Abitur nach, studierte in Würzbug und erhielt 1968 eine Ernennung zum Professor an der Pädagogischen Hochschule der Universität Erlangen-Nürnberg und 1970 einen Ruf auf eine Professur in Salzburg. Roth arbeitete in den Bereichen Allgemeine Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Pädagogische Psychologie.

    Am 26. November stirbt der Arbeitspsychologe Prof. Dr. Friedhelm Burkardt in Kenia. Burkardt wurde 1929 in Castrop-Rauxel geboren, studierte in Köln, war längere Zeit in der Praxis tätig und nahm 1973 einen Ruf an die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main an. Burkardt forschte vor allem im Bereich der Arbeitssicherheit.

  • Nach jahrelangen Vorbereitungen und Diskussionen tritt am 1. Januar das Psychotherapeutengesetz in Kraft.

    Am 28. März verstirbt Johannes C. Brengelmann, einer der Pioniere der Klinischen Psychologie in Deutschland. Brengelmann wurde am 15.2.1920 in Essen (Oldenburg) geboren, studierte zunächst Medizin bis zur Promotion und dann in Göttingen Psychologie, promovierte bei von Allesch, arbeitete am Maudsley Institute of Psychiatry wo er unter Hans Jürgen Eysenck arbeitete und seinen dritten Doktortitel erwarb. Hier in London lernte Brengelmann die Verhaltenstherapie kennen, die er in der Bundesrepublik vertrat. 1964 wurde Brengelmann zum Direktor des Max-Plack-Instituts für Psychiatrie in München ernannt. Zu Brengelmanns Leistungen zählt eine große Anzahl experimenteller Untersuchungen, vor allem im Bereich der Therapieforschung.

    Am 30. April stirbt Robert Kirchhoff. Kirchhoff wurde am 4.5.1920 in Bad Hall /Österreich geboren, studierte in Heidelberg, war dort Assistent von Johannes Rudert. 1963 folgte Kirchhoff einem Ruf an die TH Berlin, 1971 ging er an die Universität zu Köln. Kirchhoff hat im Bereich der Ausdruckspsychologie gearbeitet und eine universelle Handlungstheorie entworfen. Der Ernst Reinhardt Verlag feiert sein 100jähriges Bestehen. Zum Verlagsprogramm gehört entwicklungspsychologische, pädagogisch-psychologische und individualpsychologische Titel.

    Vom 15.-17. September findet die erste Fachtagung der Fachgruppe Arbeits- und Organisationspsychologie in Marburg statt.

    Am 1. Oktober feiert der Hogrefe Verlag für Psychologie, über Jahrzehnte hinweg führender Verlag in der Psychologie, sein 50jähriges Bestehen – u.a. mit einer reich bebilderten Festschrift. Im Oktober 1948 erschien Heft 1 des ersten Bandes der Zeitschrift „Psychologische Rundschau“. Es war dies die erste Publikation des Hogrefe Verlages, der damals noch „Verlag der Psychologischen Rundschau“ hieß. Über den Verlag informiert www.hogrefe.de

    Vom 8.-10. Oktober findet in Berlin der 20. Kongress für Angewandte Psychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) statt. Kongressmotto: „Zukunft Mensch. Die Republik im Umbruch“. Anlässlich des Kongresses wird dem Berner Psychologieprofessor Klaus Grawe für besondere Verdienste um die Angewandte Psychologie am 7. Oktober die Hugo-Münsterberg-Medaille verliehen.

  • Vom 3.-6. April findet an der Technischen Universität Braunschweig die 42. Tagung experimentell arbeitender Psychologen statt.

    Die American Psychological Association hat ihren Jahreskongress in Washington DC. Als Präsident kandidiert Prof. Philip Zimbardo. Kongressteilnehmer können mit einem „Button“ ihre Sympathie für Zimbardo bekunden.

    Unter der Präsidentschaft von Prof. R. Kluwe (Hamburg) findet vom 24. bis 28. September der 42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Jena statt. Ausrichter ist Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen. Mit der Verleihung der Wilhelm-Wundt-Medaille werden Prof. Dr. Niels Birbaumer (Tübingen) und Prof. Dr. Frank Rösler (Marburg) geehrt. Zum neuen Präsidenten der DGPs wird Prof. Silbereisen gewählt.

    Am 13.12.2000 feiert das Institut für Psychologie der Universität Erlangen-Nürnberg den 80. Geburtstag von Gustav A. Lienert.

    Vor 100 Jahren: Es erscheint in zwei Halbbänden der erste Band von Wilhelm Wundts zehnbändiger „Völkerpsychologie“.

  • Am 7.3. stirbt der Entwicklungspsychologe Prof. Dr. Franz Emanuel Weinert, früherer Präsident und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Gründungs- Direktor des Max Planck-Instituts für Psychologie in München.

    Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie ehrt das Lebenswerk von Prof. Dr.med. Dr.phil. Dr.h.c. Gustav Lienert, Prof. Dr. rer.nat. Dr. h.c. mult. Friedhart Klix und Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Thomae.

    Am 28. 4. stirbt Prof. Dr. Marie Jahoda in Keymer (Sussex, GB) (geb. 26.1.1907 in Wien).

    Am 8.5. stirbt 80-jährig Gustav A. Lienert in Marburg. Lienert, 1920 in Michelsdorf (heute CR) geboren, promovierte an der Universität Wien 1950 in Medizin und 1952 in Psychologie und habilitierte sich 1961 an der Universität Marburg. Er lehrte als Professor in Hamburg, Düsseldorf und ab 1974 bis zu seiner Emeritierung 1986 an der Universität Erlangen-Nürnberg. Lienert gilt als Nestor eines biologisch-medizinischen Ansatzes in der Psychologie. Sein Buch „Testaufbau und Testanalyse“ wurde zu einem Standardwerk in der Methodenlehre. Zu seinen Arbeiten zählen ferner zahlreiche von ihm (mit-)entwickelte Testverfahren. Lienert war Ehrendoktor der Universitäten Löwen (Belgien), Leipzig und Moskau.

    Am 16. November stirbt Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Thomae (geb. 31.7.1915). Thomae hat in Berlin und Bonn Psychologie, Philosophie und Geschichte studiert, 1940 als 25- jähriger promoviert; ab 1950 arbeitete er in Bonn, dann als Professor ab 1954 in Erlangen, ab 1960 bis zu seiner Emeritierung 1984 wieder in Bonn. Bereits 1953 begann Thomae mit einer ersten Längsschnittstudie über Nachkriegskinder. Es folgten Arbeiten zur Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie. Seine 1965 begonnene Bonner Gerontologische Längsschnittstudie und viele Einzeluntersuchungen sind in zahlreichen Publikationen, teils zusammen mit seiner früheren Mitarbeiterin und späteren Frau, Bundesfamilienministerin a.D. Prof. Dr. Ursula Lehr, dokumentiert.

    An der Universität Leipzig finden zur Erinnerung an den vor 200 Jahren (19. April 1801 in Großsärchen, Kreis Lausitz) geborenen Psychologen, Naturforscher und Philosoph Gustav Theodor Fechner mehrere Veranstaltungen statt. Ein frühes und weitgehend unbekanntes Portrait von Fechner wird mit Hilfe der Fachgruppe Geschichte der Psychologie restauriert. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie gibt ein Faltblatt heraus, mit dem sie für sich wirbt. Printmedien und Internetangebote der DGPs erscheinen nun mit Logo und in einheitlichen Farben.

    Vor 100 Jahren: William Stern veröffentlicht einen Aufsatz, in dem er den von ihm entwickelten Tonvariator beschreibt. Das Gerät gestattet die kontinuierliche Tonhöhenverstellung für Wahrnehmungsuntersuchungen verschiedener Art.

  • März/April: Die Freiburger Psychologie zieht um. Von 1961 bis 2002 befand sich das Psychologische Institut der Universität Freiburg im Peterhof. Nun zieht das Institut in ein früheres, für 3,8 Mio. Euro renoviertes Lazarettgebäude auf dem Campusgelände in der Engelbertstraße 41. Zugleich zum Umzug wird das „Psychologische Institut“ in „Institut für Psychologie“ umbenannt. http://www.psychologie.uni-freiburg.de/

    Am 7. Juni stirbt Prof. Dr. Adolf Otto Jäger in Berlin. Jäger lehrte an der Freien Universität. Sein Hauptarbeitsgebiet war die Psychodiagnostik, insbesondere die Intelligenzforschung.

    Am 6. September verstirbt im Alter von 77 Jahren Michael Argyle, Prof. für Psychologie an der Oxford University, Ehrenmitglied der British Psychological Society. Argyle führte u.a. wegweisende Untersuchungen zur non-verbalen Kommunikation durch. Argyle war Autor und Herausgeber einer größeren Anzahl von Büchern, von denen mehrere ins Deutsche übersetzt wurden.

    Unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Rainer Silbereisen findet an der Humboldt- Universität in Berlin vom 22.-26. September der 43. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt. Organisatorin ist Prof. Dr. Elke van der Meer. Für ihr wissenschaftliches Lebenswerk werden Prof. Frederick H. Kanfer und Prof. Dr. Walter Kintsch geehrt. Kanfer, geb. am 6.12.1925 in Wien, 1941 in die USA emigriert, leistete bedeutende Beiträge zur Entwicklung der Verhaltenstherapie. Kintsch, 1932 in Temeschwar im Banat geboren, 1957 in die USA ausgewandert, forschte über mehrere Jahrzehnte hinweg experimentell und theoretisch über kognitive Strukturen. Erstmals vergibt die Gesellschaft den Franz-Emauel-Weinert-Preis. Erster Preisträger ist Prof. Dr. Jürgen Baumert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) in Würdigung seiner besonderen Leistungen im Bereich angewandter pädagogisch-psychologischer Forschung. Zum neuen Präsidenten der DGPs wird Prof. Dr. Wolfgang Schneider (Würzburg) gewählt.

    Der Nestor und Mentor der Verhaltenstherapie und Verhaltensmodifikation Frederic Kanfer, der kurz zuvor auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie für sein wissenschaftliches Lebenswerk ausgezeichnet wurde, stirbt unerwartet am 18. Oktober. Kanfer wurde 1925 in Österreich geboren, verließ Wien 1938, lehrte an mehreren amerikanischen Universitäten, seit 1973 an der University of Illinois. Zu seinen deutschen Büchern zählen „Selbstmanagement. Ein Lehrbuch für die klinische Praxis“ (1990, zusammen mit D. Schmelzer und H. Reinecker) und „Wegweiser Verhaltenstherapie“ (2001 zusammen mit D. Schmelzer). Daniel Kahnemann, Professor für Psychologie und Öffentliche Angelegenheiten an der Princeton University, amerikanischer und israelischer Staatsbürger, erhält zusammen mit Vernon L. Smith, Professor für Wirtschaftswissenschaften, den diesjährigen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. In der Begründung heißt es, Kahnemann habe den Nobelpreis erhalten

    „für das Einführen von Einsichten der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaft, besonders bezüglich Beurteilungen und Entscheidungen bei Unsicherheit“

    Bilder von der Preisverleihung, Nobelurkunde und kurze Filme sind zu finden unter

    http://www.nobel.se/economics/laureates/2002/index.html

    Am 24. November verstirbt Richard S. Lazarus. Lazarus, am 3. März 1922 in New York geboren, lehrte viele Jahre an der University of California in Berkeley. Lazarus war Pionier der Stress- und Stressbewältigungsforschung.

  • Am 12. Januar stirbt Prof. Dr. Elfriede Höhn in Mannheim. Elfriede Höhn wurde am 1.4.1915 in Freudenstadt geboren. Sie studierte in Tübingen, war Mitarbeiterin von Traugott Konstantin Oesterreich und habilitierte sich in Tübingen und lehrte viele Jahre an der Universität Mannheim. Ihre Forschungsaktivitäten lagen vor allem im Bereich der Entwicklungspsychologie und der Pädagogischen Psychologie. Ihre Habilitationsschrift über den „schlechten Schüler“ lenkte den Blick auf Stereotypisierungsprozesse im Unterricht.

    Am 29. Januar stirbt der amerikanische Sozialpsychologe Harold H. Kelley. Kelley führte Untersuchungen zur Personenwahrnehmung durch und entwickelte zusammen mit John Thibaut eine bedeutsame Attributionstheorie.

    Am 31. März wird Prof. Dr. Carl-Friedrich Graumann, Heidelberg, 80 Jahre alt. Schüler überreichen ihm eine Festschrift mit dem Titel „Sprachliche Kommunikation“. Graumann ist Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    Am 1. April stirbt Prof. Harald Wallbott. Wallbott lehrte Sozialpsychologie (Grundlagen und Anwendungen) in Salzburg.

    Vom 3.-5. Juli findet in Berlin eine internationale Tagung „Psychologisches Denken und Psychologische Praxis“ statt, auf der psychologische Instrumente aus der Sammlung des Instituts für Geschichte der Psychologie der Universität Passau ausgestellt werden.

    Am 22. August stirbt Prof. Dr. Dr. Hermann Wegener, Kiel, Ehrenmitglied der DGPs. Zu seinen besonderen Anliegen zählte die Rechtspsychologie.

    Vom 21.-24. September findet in Bielefeld die 9. Fachtagung Pädagogische Psychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie statt.

  • Vom 9.-10. Januar findet in Hamburg unter Leitung von Prof. Erich Witte das 20. Hamburger Symposion zur Methodologie der Sozialpsychologie statt. Schwerpunktthema: „Entwicklungsperspektiven der Sozialpsychologie“

    Am Sonntag, dem 5.4. findet in der Justus-Liebig-Universität Gießen ein Festakt statt, mit dem an die Gründung der Gesellschaft für Experimentelle Psychologie (heute Deutsche Gesellschaft für Psychologie) vor 100 Jahren in Gießen erinnert wird. An den Festakt schließen die Tagung experimentell arbeitender Psychologen (TeaP) sowie die Tagung der Fachgruppe Geschichte der Psychologie an. In mehreren Vorträgen wird besonders die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Psychologie behandelt.

    Vom 26.-30. 9. findet unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Wolfgang Schneider (Würzburg) der 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Göttingen statt. Das Motto: „100 Jahre Deutsche Gesellschaft für Psychologie“. Kongressausrichter ist Prof. Dr. Thomas Rammsayer.

Quellenangabe

Wir danken folgenden Einrichtungen und Personen, die mit den jeweils genannten Abkürzungen und ©-Vermerken aufgeführt sind:

Archives of the History of American Psychology, Akron OH ©AHAP.Akron
Prof. em. Dr. Rudolf Bergius, Gilching ©Bergius
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen ©BDP
Dr. Gisela Böttcher, Großlöbichau ©Gisela Böttcher
Prof. Dr. Werner Deutsch, Braunschweig ©Werner Deutsch
Psychologiegeschichtliches Forschungsarchiv der FernUniversität ©PGFA
Institut für Psychologie der Universität Freiburg ©FreiburgInst
Helge und Dietmar Göger, Traunstein ©H. u. D. Göger Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie der Universität Göttingen ©Inst.Psych.Göttingen
Institut für Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz ©Inst.Psych. Graz Prof. Joachim Hoffmann, Universität Würzburg ©WürzburgInst
Hogrefe Verlag für Psychologie, Göttingen ©Hogrefe
Verlag Hans Huber, Bern Göttingen, Toronto Seattle ©Verlag Hans Huber
Dr. Siegfried Jaeger, Freie Universität Berlin ©Jaeger
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena ©Inst.Psych.Jena
Dr. Gabriele Kirchhoff, Bergisch Gladbach ©Dr. G. Kirchhoff
Prof. Dr. Lenelis Kruse, Hagen ©Lenelis Kruse
Institut für Psychologie der Universität Leipzig ©PsychInst Leipzig
Prof. Dr. Helmut E. Lück, FernUniversität in Hagen ©HEL
Dr, Helga Meyer, geb. Pfänder und Dr. Alfred Meyer, Hemer ©Dr. Helga und Dr. Alfred Meyer
H. Melchinger, Med. Hochschule Hannover ©Melchinger
Prof. Dr. Erich Mittenecker, Graz ©Mittenecker
Institut für die Geschichte der Psychologie, Univ. Passau ©IGP
Dr. Josa-Maria Pongratz, Würzburg ©J.-M.Pongratz
Redaktion der Zeitschrift „Psychologie Heute“ ©Psychologie Heute
Stud. phil. Till Schneider, Bochum ©Till Schneider
Springer-Verlag. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo ©Springer-Verlag
Prof. Dr. Michael Stadler, Universität Bremen ©M.Stadler
Prof. Dr. Dagmar Stahlberg, Universität Mannheim ©D.Stahlberg
Dr. Reiner Stegie, Universität Freiburg ©Dr. R. Stegie
Dr. Armin Stock, Universität Würzburg ©WürzburgInst
Prof. em. Dr. Lothar Tent, Marburg ©Tent
Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID), Universität Trier ©ZPID

Wir danken ferner folgenden Kolleginnen und Kollegen für Hinweise auf Daten, auf Bildmaterial und für Korrekturhinweise und Ergänzungen zu früheren Textfassungen

Prof. Dr. Rudolf Bergius, Gilching
Dr. Dorothee Dickenberger, Universität Mannheim
Hans-Werner Drewe, Bonn
Dr, Heiko Ernst „psychologie heute“ Beltz Verlag, Weinheim
Prof. Dr. Klaus Eyferth, Berlin
Prof. Dr. Jochen Fahrenberg, Freiburg
Dr. Hermann Feuerhelm, Bochum
Dr. Elisabeth Hasse-Sander, Bonn
Dipl.-Psych. Gisela Hogrefe, Göttingen
Prof. Dr. Helmuth P. Huber, Graz
Prof. Dr. Gerd Lüer, Göttingen
Dr. Annerose Meischner-Metge, Leipzig
Prof. Dr. Erich Mittenecker, Graz
Prof. Dr. Ernst Plaum, Eichstätt
Prof. Dr. Dr.h.c. Lutz von Rosenstiel, München
Prof. Dr. Lothar Sprung, Berlin
Dr. Peter Stehlin, Verlag Hans Huber, Bern
Prof. em. Dr. Wilhelm Janke, Würzburg
Wieland Zumpe, Leipzig

Bei vielen hundert Abbildungen ist nicht auszuschließen, dass in einzelnen Fällen Inhaber von Rechten nicht erreicht wurden. Wir bitten in diesen Ausnahmefällen um Verständnis und um Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. Helmut E. Lück, FernUniversität, Institut für Psychologie, Postfach 940, 58084 Hagen. helmut.lueck

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12.08.2021