Forschungsaktivitäten

2023

Julius Weitzdörfer im Interview mit "The Times"

In der Ausgabe der "Sunday Times" vom 10. Dezember 2023 wurde Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer zu Gefahren eines Blackouts interviewt; er zeigt darin auf, mit welchen Maßnahmen diesen begegnet werden kann.

Arbeit des Lehrgebiets zum Koreanischen Recht

Bei einem Forschungsaufenthalt in Korea im August und September 2023 ist es Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer gelungen, in rund fünfzehn Terminen an neun Universitäten sowie dem Verfassungsgericht ein Dutzend koreanische Experten für Studienbriefe zum geplanten weiterbildenden Studiengang zum koreanischen Recht zu gewinnen.

Gastvortrag zur Übersetzung Japanischer Rechtstexte

„Japanische Rechtstexte übersetzen – Herausforderungen in Theorie und Praxis“ von Prof. Dr. Robert Korves (Ruhr-Universität Bochum) am 13. November 2023. Mit Kommentar von Karina Hermes, MA Modernes Japan, ermächtigte Übersetzering für Japanisch und Englisch und Moderation von Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer.

Gastvortrag zur Hassrede in der japanischen Gesellschaft

„Hassrede in der japanischen Gesellschaft“ von Prof. Dr. Sangyun Kim (Ryūkoku Universität Kyōto) am 06. November 2023 wurde moderiert von Leon Ritter, MA und eingeleitet von Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer.

Zweite Klausurtagung des Lehrgebiets Japanrecht und rechtsvergleichende Gastvorlesung zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Japan

Vom 15. bis 16. Juli 2023 traf sich das Team des Lehrgebiets zu seiner zweiten Klausurtagung am Campusstandort Berlin. Dort hielt Prof. Dr. Tomoaki Kurishima eine Gastvorlesung zu dem Thema "Herausforderungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Japan im Spiegel aktueller Gerichtsentscheidungen”; es kommentierte aus deutscher Sicht Dr. Laurence O'Hara, MPP (Harvard).

2022

Antrittsvorlesung Julius Weitzdörfer

Julius Weitzdörfer, Inhaber der Juniorprofessur für Ostasiatisches Recht, insbesondere Japanisches Recht, hielt im am 02. Dezember 2022 seine Antrittsvorlesung "Japan und die existenziellen Herausforderungen der Menschheit" am Campus der FernUniversität in Leipzig, anlässlich des Dies Academicus der Universität Leipzig.

Gastvortrag zu aktuellen Entwicklungen im japanischen Familienrecht

Am 17. November 2022 hielt Dr. Mai Ishijima einen Gastvortrag zu dem Thema "Aktuelle Entwicklungen im japanischen Familienrecht". Dr. Ishijima, ist Gastwissenschaftlerin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. In Ihrem Vortrag sprach sie über die Aktualisierungen im Japanischen Familienrecht um so die Merkmale der jüngsten Entwicklungen und Probleme in diesem Gebiet aufzuzeigen. Im Anschluss an den Vortrag war es den Zuhörern möglich, Fragen an die Referentin zu stellen.

Gastvortrag zu den Besonderheiten der japanischen Geschichte

Am 07. November 2022 hielt Prof. Dr. em. Wolfgang Schwentker im Rahmen der Vorlesung "Geschichte der Gesellschaft und Kulturen Japans" von Jun.-Prof. Dr. Weitzdörfer einen Gastvortrag mit dem Titel: "Die Besonderheiten der japanischen Geschichte". Im Anschluss gab er ein Interview zur japanischen Rechtsgeschichte für die Podcastserie des Weiterbildungsstudiums.

Erste Klausurtagung des Lehrgebiets Japanrecht und Gastvorträge zu künstlicher Intelligenz bzw. zum Klageerzwingungsverfahren im Japanischen Recht

Vom 21. bis 22. Oktober 2022 traf sich die Abteilung für Japanisches Recht der FernUniversität mit Wissenschaftlern der Japanologie der Universität Leipzig zum intensiven Austausch. Als Gastreferenten sprachen Prof. Mayu Terada zu "AI and Law in Japan" und Prof. Kazushige Doi zu "Bürgerkomitee und die Klageerzwingung im japanischen Strafverfahren".

2021

Symposium zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Deutschland und Japan

Mit 23 Referenten fanden ein Festakt und ein internationales Symposium mit dem Titel "Extra-Judicial Dispute Resolution in Germany and Japan" zum Anlass des 30-jährigen Jubiläums der Abteilung für Japanisches Recht und 160 Jahren Freundschaft beider Länder im Japanisches Kulturinstitut Köln vom 30. September bis zum 01. Oktober 2021 statt. Die Organisatoren waren Dr. Anna Katharina Suzuki-Klasen und Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer.

Julius Weitzdörfer in Interviews zur Hochwasserkatastrophe 2021

Ende Juli 2021 erschienen mehrere Zeitungsinterviews mit Jun.-Prof. Dr. Julius Weitzdörfer, u.a. in der Westfalenpost, Westfälischen Allgemeinen Zeitung und im Iserloher Kreisanzeiger sowie ein Interview in den Nachrichten des WDR, zur Hochwasserkatastrophe 2021.

2014

Verantwortung von Staat und Unternehmen in Katastrophenfällen

In Zusammenarbeit mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät organisierte das Institut für Japanisches Recht der FernUniversität in Hagen - nach dem im März 2012 erfolgreich durchgeführten Veranstaltungen in Kyoto - ein rechtsvergleichendes Symposium zum Thema "Verantwortung von Staat und Unternehmen in Katastrophenfällen" am 14. und 15. März 2014.

Der Vergleich fand zwischen Japan und Deutschland statt, aus beiden Ländern kamen neben Wissenschaftlern auch Personen zu Wort, die in der Praxis mit der Fragestellung zu tun haben oder von Katastrophen - insbesondere in Japan im März 2011 - betroffen waren.

1998

Rechtsvergleichendes Symposion zum Gesellschaftsrecht in Tokyo

16.-19. April 1998

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Im Rahmen des Studien- und Forschungsschwerpunktes zum japanischen Recht an der FernUniversität Hagen förderte die Japan Foundation im April 1998 ein rechtsvergleichendes Symposion zu aktuellen Fragen des Gesellschaftsrechts.

Anlass für die Tagung war die Vorbereitung eines Sammelbandes mit Urteilen zum japanischen Gesellschaftsrecht in deutscher Übersetzung. Sowohl das Übersetzungsprojekt wie auch die Tagung sind Gegenstand und Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen der FernUniversität Hagen (Prof. Dr. Ulrich Eisenhardt, PD Dr. Hans Peter Marutschke) und Rechtsanwalt Prof. Dr. Ichiro Kawamoto (Prof. em. Universität Kobe). Mit dem Thema „Die Kontrolle der Leitung von Aktiengesellschaften" wurde die in Japan aber auch in Deutschland immer wieder aktuell gewordene Thematik der „corporate governance" aufgegriffen und versucht, durch die Beteiligung sowohl von Praktikern wie auch von Wissenschaftlern mehr Klarheit über die das jeweilige System beherrschenden Fragen zu verschaffen und gemeinsame Ideen über deren Handhabung zu entwickeln.

In seinem Einführungsreferat zeichnete Kawamoto unter dem Thema „Wie können Großunternehmen kontrolliert werden?" in groben Linien die Geschichte der Kontrolle großer Aktiengesellschaften in Japan nach dem zweiten Weltkrieg auf und betonte, dass das dem Gesetzgeber nicht gelungen sei, die Stellung des Aufsichtsrates in der japanischen Aktiengesellschaft so zu stärken, dass von einer zuverlässigen Kontrolle gesprochen werden könne.

Vor der Gesetzesreform von 1950 sei der Aufsichtsrat für die Überwachung sämtlicher Geschäftsführungsmaßnahmen zuständig gewesen. Die Reform von 1950 habe einerseits die Befugnis des Aufsichtsrats auf die Prüfung der Rechnungslegung beschränkt, andererseits nach amerikanischem Vorbild das sogenannte „Board System" (board of directors) eingeführt, dem nunmehr die Überwachungsbefugnis über die Geschäftsführung übertragen worden sei. Die in dieses System gesetzten Erwartungen seien jedoch nicht erfüllt worden, wofür in erster Linie die Tatsache ausschlaggebend gewesen sei, dass nur wenige Personen von außerhalb eines Unternehmens dem Board angehören würden, vielmehr die meisten Mitglieder Angestellte des Unternehmens seien (sogenannte Insider-Directors).

Nachdem jedoch 1965 der sogenannte Sanjo-Spezialstahl-Skandal erneut Zweifel an der Effizienz des japanischen Board-Systems geweckt hatte, versuchte man 1974 bei einer Reform die Befugnisse des Aufsichtsrats wieder zu erweitern. Im Ergebnis wurde nunmehr zwischen großen, mittleren und kleinen Aktiengesellschaften hinsichtlich der Anforderung der Überwachung und der Rechnungslegung unterschieden. Großunternehmen mussten außerdem eine Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vornehmen lassen.

Trotz der Bemühungen des Gesetzgebers rissen die durch das Board-System begünstigten Skandale nicht ab, was 1981 zu einem weiteren Reformversuch führte. Nach der neuen Regelung sollte eine große Aktiengesellschaft nun mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder bestellen, von denen jeweils einer stets in dem Unternehmen anwesend sein musste. Die Befugnisse der Aufsichtsratsmitglieder wurden wesentlich erweitert.

Nach dem Zusammenbruch der sogenannten „Bubble-Wirtschaft" ab 1990 wurde erneut wegen erheblicher Skandale der Ruf nach dem Gesetzgeber laut. Dazu gehörten etwa die finanzielle Entschädigung großer Kunden durch Effektengesellschaften auf Kosten kleiner Anleger, die Vergabe zügelloser Darlehen in riesigen Beträgen durch die Banken und gedankenlose Investitionen in Wertpapiere und Grundstücke etc. Der Mangel an einer effektiven Kontrolle wurde hier überdeutlich, wobei in erster Linie auch der Mangel der Befugnisse des Aufsichtsrates für diese Situation verantwortlich gemacht wurde.

Die vor diesem Hintergrund durchgeführten Reformen von 1993 führten u. a. dazu, dass bei großen Aktiengesellschaften nunmehr der Aufsichtsrat als Gremium eingeführt wurde, das Neuregelungen zu außenstehenden Aufsichtsratsmitgliedern getroffen und die Vermehrung der Aufsichtsratsmitglieder und die Verlängerung ihrer Amtszeit verwirklicht wurden.

Auch mit diesen Bemühungen konnte der Missbrauch dieses Systems nicht in den Griff bekommen werden. Deutlich wurde dies z. B. durch die Aufdeckung von Gewährung von Vermögensvorteilen an die sogenannten Sokaiya durch große Banken und Effektengesellschaften. Darüber hinaus wurden auch Bestechungsskandale zwischen Staatsbeamten und großen Banken und Effektengesellschaften aufgedeckt.

Kawamoto äußerte sein Misstrauen, das japanische Aktiengesellschaften in der Lage seien, derartigen Unternehmensskandalen aus sich selbst heraus entgegenzuwirken. Als wichtige Disziplinierungsmöglichkeit fehle dem japanischen Aufsichtsrat die Befugnis, Mitglieder des Board of Directors zu benennen oder zu entlassen. Dies würde vielmehr von der Hautversammlung entschieden. Ein weiterer, in dieser Form nur in Japan anzutreffender Problempunkt sei, das mit der japanischen Hauptversammlung verbundene Phänomen der als Sokaiya bezeichneten Gruppe von Aktionären. Zu diesem Problembereich wurde ausführlich in einem späteren Referat berichtet.

Weitere Fragen, die Gegenstand folgender Referate waren, berührten die Kontrollmöglichkeit der Hauptversammlung, wobei insbesondere auf das Problem des Aktiengesetzes hingewiesen wurde. Durch die starke Überkreuzbeteiligung japanischer Unternehmen (etwa 70 % der ausgegebenen Aktien gehören anderen Aktiengesellschaften) sei die Hauptversammlung regelmäßig zu einer funktionslosen Zeremonie degeneriert worden. Zum Schluss betonte Kawamoto, dass sich als strengsten und effektivsten Instrument der Kontrolle die Aktionärsklage nach dem Vorbild des „derivative suit" entwickelt habe. Auch auf diese Thematik wurde in den folgenden Beiträgen intensiver eingegangen.

Von deutscher Seite führte Eisenhardt in die Thematik ein, wobei er feststellte, dass keine Meinungsverschiedenheiten darüber bestünden, dass eine möglichst strenge und effektive Kontrolle der Aktiengesellschaften notwendig sei. Die immer wieder gestellte Frage, ob effektiv kontrolliert werde, lasse jedoch Defizite vermuten. Mit der Kontrolle von Aktiengesellschaften könne man unterschiedliche Ziele verfolgen:

Sie könne sowohl dem Schutz der Aktionäre als auch dem Schutz der Gläubiger einer AG dienen. Diskutiert werden könne sicher auch, ob die Kontrolle darüber hinaus auch einem eigenen, sogenannten „Unternehmensinteresse" dienen könne. In der Praxis könne jedenfalls je nach Typ der Aktiengesellschaft das Hauptziel der Kontrolle unterschiedlich sein. Die sogenannten majorisierten Gesellschaften, bei denen die Mehrheit der Aktien von einer kleinen Anzahl von Personen (Mehrheitsaktionäre) gehalten wird, und die sogenannten Publikumsgesellschaften seien zu unterscheiden. Bei letzterem befänden sich die Aktien in der Hand einer Vielzahl von Aktionären, ohne dass ein Aktionär oder eine kleine Gruppe von Aktionären die Gesellschaft beherrschten. Typisch für letzteres sei, dass sich die Macht bei Vorstand und Aufsichtsrat konzentrierten, die nicht selten von denjenigen Banken abhängig sind, die für die meisten Aktionäre in der Hauptversammlung das Stimmrecht (Depotstimmrecht) ausübten.

Eisenhardt hob besonders hervor, dass bei der Aktiengesellschaft in Deutschland es keine hierarchische Organverfassung gebe. Deshalb könne auch keine Rede davon sein, dass die Hauptversammlung das oberste Organ der Aktiengesellschaft sei. Für die Aktiengesellschaft sei vielmehr die Machtbalance zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und Hauptversammlung typisch.

Diese Tatsache mache eine Kompetenzabgrenzung im Quervergleich nicht einfach. Wesentliche Kriterien für die Organstruktur der deutschen Aktiengesellschaft sei, dass deren Leitung in der alleinigen Zuständigkeit und Verantwortung des Vorstandes liege, dessen Mitglieder allein vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen werden könnten. Der Aufsichtsrat überwache den Vorstand und könne die Vornahme bestimmter Maßnahmen durch den Vorstand an seine Zustimmung knüpfen. Die Kompetenz der Hauptversammlung schränke schließlich die Zuständigkeiten von Vorstand und Aufsichtsrat ein, die eine nicht unerhebliche Menge von Entscheidungsbefugnissen, insbesondere die Zuständigkeit für Satzungsänderungen, für sich in Anspruch nehme. So hätten die gesetzlichen Bestimmungen ein System von sich ergänzenden, überlagernden und beschränkten Kompetenzen von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung geschaffen, das durchaus als ein Gefüge zur Ausbalancierung der Kompetenzen verstanden werden könnte. Dieses gesetzlich verordnete Gefüge könne in einem gewissen Rahmen durch die Satzungsbefugnis der Aktiengesellschaft, über die die Hauptversammlung entscheide, modifiziert werden.

Zwar hätten auch in Deutschland einige spektakuläre Fälle von Skandalen in den letzten Jahren die Frage aufgeworfen, ob der Aufsichtsrat herkömmlicher Prägung in der Lage sei, die Geschäftsleitung wirkungsvoll zu kontrollieren (z. B. Währungsspekulation der Metallgesellschaft, Kreditschwindel des Bauunternehmers Schneider, oder Fehlinvestitionen bei Daimler Benz mit der Beteiligung Fokker). Die Diskussion über das Problem „wer kontrolliert die Kontrolleure?" sei jedoch inzwischen abgeflaut und in Theorie und Praxis bestehe weitgehend Einigkeit darüber, dass sich das bestehende System der Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Aktiengesellschaft dem Grunde nach bewährt habe.

Die nachfolgende Tagung war in vier Themenblöcke unterteilt, wobei zu jedem Themenblock jeweils Vertreter der Lehre und der Praxis sowohl aus Deutschland als auch aus Japan zu Wort kamen. Im ersten Themenblock beschäftigen sich die Beiträge von Tamura (Universität Okaiama), Nakagawa (Vorstandsmitglied der Sumitomo Lerase), Marutschke (FernUniversität Hagen) und Büdenbender (Vorstandsmitglied von RWE) mit Fragen des Vorstandes der Aktiengesellschaft, insbesondere Aufgaben und Funktionen, Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder sowie Zusammensetzung und Wirkung in der Praxis. Im zweiten Themenblock beschäftigten sich Fukutaki (Kansai Universität), Kato (Konan Universität), Maruyama (Chue Universität), Leser (Universität Marburg) und Büdenbender mit der Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. Mit der Hauptversammlung beschäftigten sich am nächsten Tag die Beiträge von Kawamura (Hitotsubashi Universität), Nakamura (Rechtsanwalt), Yamasaki (Daiwa Effektenhandelsgesellschaft), Eisenhardt (FernUniversität Hagen) und Deisenroth (Linde AG), den Abschluss bildeten aktuelle Fragen des Aktienrechts in Japan und Deutschland, wobei Hayakawa (Dōshisha Universität) und Takahashi (städt. Universität Osaka) sich mit dem Themenkreis der Aktionärsklage auseinandersetzten und Eisenhardt noch auf Fragen wie Treuepflichten der Aktionäre die Aktionärsklage gegen Beschlüsse des Vorstandes und Änderungen des Aktienrechts einging.

1996

Rechtsvergleichendes Symposion zum Verfassungsrecht in Tokyo

15.-18. Oktober 1996

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Das Leitthema des von der Thyssenstiftung geförderten Symposions „Probleme des Verfassungsrechts in Japan und Deutschland" war in drei Themenblöcke untergliedert und damit gleichzeitig konkretisiert worden. Der erste Themenblock stand unter der Bezeichnung „Schutz der Grundrechte durch die Verfassungsbeschwerde" (Diskussionsleitung Bin Takada, Osaka), zu dem die Professoren Stern, Kuriki und Ebihara referierten. Der zweite Block „Schutz der Grundrechte im Deutschen und Japanischen Arbeitsrecht" (Diskussionsleitung Leser) wurde von den Professoren Hanau, Wada und Sugeno betreut. Am Ende der Veranstaltung behandelten die Professoren Burmeister und Wani den Problembereich „Staat und Religion" (Diskussionsleitung Kuriki).

Stern verglich die Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Japan und machte deutlich, dass der Japanische Oberste Gerichtshof nicht in erster Linie ein Verfassungsgericht sei, obwohl ihm doch auch die Entscheidung in Verfassungsrechtsfragen insb. die Überprüfung der Gesetze und sonstigen Rechtsakte auf ihre Verfassungsmäßigkeit obliege. Da dabei auch die Grundrechte als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab eine wichtige Rolle spielten, erläuterte er im Folgenden die Grundlinien des Schutzes der Grundrechte durch die deutsche Verfassungsgerichtsbarkeit, der in Deutschland in besonders intensivierter Weise durch einen spezifischen Rechtsbehelf, die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erfolge.

Kuriki beschäftigte sich in seinem anschließenden Beitrag mit dem verfassungsrechtlichen Rechtsschutz in Japan. Er hob hervor, dass in Japan zwar nicht aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung der Verfassung, aber aufgrund der Interpretation der Gesamtstruktur der japanischen Verfassung ein System der inzidenten akzessorischen bzw. diffusen Verfassungskontrolle durch die allgemeinen Gerichte bestehe. Jedes Gericht in Japan könne die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze, Verordnungen und sonstigen Staatsakte überprüfen, als letzte Instanz entscheide jedoch der Oberste Gerichtshof über deren Verfassungsmäßigkeit. Eine solche Überprüfung könne nur im Rahmen des traditionell verstandenen Gerichtsverfahrens, d. h. des Gerichtsverfahrens zur Entscheidung über eine konkrete Rechtsstreitigkeit zwischen bestimmten Rechtssubjekten geschehen. Diese Auffassung habe sich sowohl in der Gerichtspraxis als auch in der Lehre grundsätzlich durchgesetzt. Kuriki erläuterte die besondere Rolle des Obersten Gerichtshofes (OGH) insbesondere auch im Hinblick auf seine personelle Zusammensetzung und die Art und Weise, wie er einzelne Fälle handhabe.

Zum Schluss äußerte Kuriki noch seine Kritik an der Überprüfungstätigkeit japanischer Gerichte im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen oder Staatsakten. Der Grund für diesen Mangel liegt seines Erachtens darin, dass die Eigenart des Rechtsschutzes im Verfassungsrecht durch die Gerichte nicht genügend erkannt werde. Im Verfassungsrecht sei der Rechtsschutz des einzelnen mit dem der Gesamtheit untrennbar verbunden. Diese Erkenntnis hänge allerdings grundsätzlich von Staatsbürgern ab, die ein starkes Verfassungsbewusstsein hätten. Auch insoweit bestehen in Japan einiger Nachholbedarf. Ein solcher Prozess könne auch durch Gesetzesänderungen unterstützt werden. So müssten die objektiven Rechtsgrundsätze im Grundrechtsteil der japanischen Verfassung und auch in den sonstigen Bestimmungen zugunsten eines gerichtlichen Rechtsschutzes noch flexibler ausgestaltet werden.

Beide Beiträge machten deutlich, dass ein Vergleich zwischen dem Grundrechtsschutz in Japan und Deutschland nicht so einfach sei, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ebihara betonte daraufhin, man müsse zwei grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Verfassungssystemen berücksichtigen: zum einen gebe es in Japan keine selbständigen Verfassungsgerichtsbarkeit; Fragen des Verfassungsrechts würden, wie bereits von Kuriki erwähnt, inzident und akzessorisch im Rahmen der Straf- und Zivilgerichtsverfahren geprüft. Zum anderen existierten in Deutschland verschiedene Formen von Verfassungsklagen, vor allem die abstrakte und die konkrete Normenkontrolle. Bei einem Vergleich der Systeme müsse aber die funktionelle Teilung zwischen Verfassungsbeschwerde und abstrakter bzw. konkreter Normenkontrolle beachtet werden. Der größte Unterschied zwischen dem deutschen und japanischen Verfassungssystem bestehe wohl im Hinblick auf die abstrakte Normenkontrolle. Dies erläuterte und konkretisierte er anhand einer Reihe von Beispielen.

Im zweiten Themenblock wies Hanau darauf hin, dass die zur Diskussion stehenden arbeitsrechtlichen japanischen Urteile in den Rechtsgrundlagen, in den Fragestellungen und weitgehend auch in den Ergebnissen eine weitgehende Übereinstimmung zum deutschen Verfassungs- und Arbeitsrecht aufwiesen. Auch die Methoden des Rechtsdenkens und Argumentierens schienen weitgehend übereinzustimmen. Obwohl das in Artikel 28 der japanischen Verfassung gewährleistete arbeitsrechtliche Grundrecht auf die Arbeitnehmerseite beschränkt sei, sei durch die Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Arbeitgeber in Arbeitskämpfen das Recht zur Aussperrung hätten, so dass man auch von einer weitgehenden Übereinstimmung des Arbeitsgrundrechts im deutschen und japanischen Arbeitsrecht ausgehen könne. Etwas schwieriger sei die Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes, dessen Vergleichbarkeit bei dem in Artikel 25 der JV verankerten Recht auf Arbeit. Beim Schutz der Grundrechte im Arbeitsrecht dürfe man aber nicht nur an die Grundrechte der Arbeitnehmer denken, ein Hauptproblem der Grundrechte in den Arbeitsbeziehungen liege vielmehr gerade darin, wie die Grundrechte beider Seiten, von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, abzugleichen seien.

Wada schloss sich der Auffassung Hanaus an, dass es sich bei der Beurteilung dieser Problematik nicht darum drehen könne, die arbeitnehmerischen gegenüber den arbeitgeberischen Grundrechten geringer oder höher zu schätzen, vielmehr gehe es hier um eine andere Betrachtungsweise des Arbeitsverhältnisses.

Der dritte Teil der Tagung hatte seinen Schwerpunkt im Verhältnis von Staat und Religion. Als Einstieg seines Vortrages zum Verhältnis von Staat und Kirche unter dem Grundgesetz verwies Burmeister zunächst auf die im Zusammenhang mit dem Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts entstandene Diskussion sowohl in den großen Kirchen als auch in der überwältigenden Mehrheit in der Bevölkerung. Er stellte fest, dass die aus dem Verhältnis von Staat und Kirche erwachsenden Probleme, die in der Kruzifix-Entscheidung zu Tage getreten seien, keine Besonderheit West-Europas oder gar Deutschlands seien. Auch die japanische Verfassungsordnung habe sich mit Konflikten auseinanderzusetzen gehabt, die in dem Miteinander der beiden machtvollen Größen Staat und Religion angelegt seien.

Wani stellte zu Beginn seiner Ausführung fest, dass es für die deutschen Verhältnisse bezeichnend sei, dass Burmeister seinen Vortrag mit Staat und Kirche betitelt habe, während die Sitzung selbst unter dem Oberthema Staat und Religion stehe. Dies hänge letztlich damit zusammen, dass das Staatskirchenrecht in Deutschland durch eine weitgehende Institutionalisierung und Verrechtlichung gekennzeichnet sei. Den durch das Staatskirchenrecht begünstigten Religionen - katholische und protestantische Kirche - werde eine Position zugebilligt, aufgrund derer sie als solche, d. h. als kirchenrechtliche Institutionen dem Staat entgegentreten könnten. Die historisch gewachsene Verbindung des Staates mit den zwei bzw. drei christlichen Religionen sei als Paradigma verblieben. Die Verfassungen der nachreformatorischen Zeit hätten sämtlich darauf abgezielt, durch Verrechtlichung der Religionsfragen die friedliche Koexistent der etablierten Religionen sicherzustellen.

Für Deutschland sei daher das Verhältnis von Staat und Kirche zweifellos ein gesellschaftlich höchst relevantes Phänomen. Für japanische Ohren klinge die Themenstellung „Verhältnis von Staat und Kirche" dagegen etwas eigenartig. Was soll Kirche heißen? Aber auch bei einer Umformulierung in „Staat und Religion" lasse sich die Irritation wegen der völlig andersartigen Strukturierung von Christentum und Shintoismus nicht völlig ausgleichen. Gerade bei einer vergleichenden Behandlung der Thematik müsse sichergestellt sein, dass die in der Diskussion verwendeten Begriffe einheitlich verstanden werden.

21.07.2024