Veranstaltung

Menschenwürde – mehr als Lyrik?!

Grundlinien einer Ethik der Würde

Termin(e) Leitung
Ort/Raum
Mi, 21.06.2023
19:00
Dr. Heike Baranzke
WBK - Wissen Bildung Kultur

Es ist paradox. Einerseits ist die Idee der Menschenwürde uralt. Andererseits ist sie erst seit rund sieben Jahrzehnten ein Begriff im Völker- und Verfassungsrecht. Einerseits gilt die „Würde des Menschen“ (Artikel 1,1 Grundgesetz) als oberste Verfassungsnorm, in deren Namen ein menschenwürdiges Leben, ein Sterben in Würde oder eine menschenwürdige Altenpflege eingeklagt wird. Andererseits kritisieren eine Reihe von Stimmen aus Philosophie und Rechtswissenschaft die Menschenwürdeidee als eine für Konfliktlösungen unbrauchbare Leerformel. Viele aus dem Bereich der Tierethik wollen sie abschaffen, zugleich hat die Rede von der Würde der Tiere Konjunktur.

Die sehr heterogenen und nicht selten widersprüchlichen Redeweisen von der Würde werfen eine Reihe von Fragen auf: Was ist Menschenwürde überhaupt? Wo liegen ihre Wurzeln? Ist sie ein westlicher Sonderweg? Ist ein konsistentes Sprechen über Menschenwürde in Ethik und Recht überhaupt denkbar? Wenn ja, wozu brauchen wir die ethische Idee der Menschenwürde oder sollten wir im Zeitalter des Anthropozäns besser von ihr schweigen? An ausgewählten Beispielen soll gezeigt werden, wie und wie weit eine zeitgemäße, differenzierte und um Genauigkeit bemühte Ethik der Menschenwürde Fragen dieser Art beantworten kann und wohl auch muss.

Dr. Heike Baranzke studierte Chemie und Theologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 2003 wurde sie mit einer Dissertation über die Bedeutung des neuen schweizerischen Rechtsbegriff „Würde der Kreatur“ promoviert. Sie ist Lehrbeauftragte für theologische Ethik an der Bergischen Universität Wuppertal. Parallel dazu untersucht sie, auch in interdisziplinären Forschungsprojekten, die argumentative Rolle und praktische Bedeutung der Menschenwürdeidee in Ethik, Recht und unterschiedlichen biotechnologischen und gesundheitsethischen Anwendungsbereichen (Tier- und Naturethik, Reproduktionstechnologie, Embryonenforschung, Pflegehabitus in der Alten- und Demenzpflege).

Campus Coesfeld | 08.04.2024