Diskriminierung in medialen Genres?

Eine Tagung mit dem Titel „Genre und Race: Mediale Interdependenzen von Ästhetik und Politik“ auf dem FernUni-Campus setzte sich kritisch mit diversen Mediengattungen auseinander.


Frau und Mann stehen an einem Rednerpult vor Zuhörerschaft Foto: FernUniversität
Jun.-Prof. Irina Gradinari (FernUniversität) und Prof. Ivo Ritzer (Universität Bayreuth) organisierten die interdisziplinäre Tagung.

Kolonialismus, Sklaverei und ethnische Segregation ziehen ein bitteres Erbe nach sich: Sie alle haben diskriminierende Denkmuster hervorgebracht, die bis heute nicht überwunden zu sein scheinen und die noch immer die Wahrnehmung vieler Menschen bestimmen. Deutlich wird das unter anderem in Bezug auf verschiedene mediale Formate, sogenannte „Genres“. Forschende aus dem In- und Ausland untersuchten diese nun bei der 4. Jahrestagung der Arbeitsgruppe „Genre Studies“ der Gesellschaft für Medienwissenschaft auf dem Campus der FernUniversität in Hagen. Das Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft richtete die Veranstaltung gemeinsam mit der Medienwissenschaft der Universität Bayreuth aus. Auf Hagener Seite lag die Organisation bei Jun.-Prof. Dr. Irina Gradinari (Junior-Professur für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung), aufseiten der Universität Bayreuth bei Prof. Dr. Ivo Ritzer.

Unter dem Titel „Genre und Race: Mediale Interdependenzen von Ästhetik und Politik“ schloss die Tagung an aktuelle kritische Diskussionen zu Kategorien wie „Rasse“, „Ethnizität“ oder „Migration“ an. Zum Beispiel laufen am englischen Begriff „Race“ und den mit ihm verbundenen Vorstellungen ästhetische, politische, nationale und internationale Interessenslinien zusammen und reiben sich. Zugleich reproduziert er überkommene diskriminierende und rassistische Vorstellungen.

Um entsprechende Muster in verschiedenen medialen Genres aufzuspüren und freizulegen, folgte die Tagung einem interdisziplinären Ansatz: So griffen die Expertinnen und Experten verstärkt auf das theoretische Repertoire der Filmwissenschaft zurück, nahmen aber beispielsweise auch philosophische oder literaturwissenschaftliche Perspektiven ein.

Breites Untersuchungsspektrum

Gleichermaßen vielfältig waren die untersuchten Medienformen, die von Genres der Subkultur bis hin zu Hollywood-Produktionen reichten: Gemeinsam mit den Vortragenden reflektierten die Tagungsgäste unter anderem Beispiele aus der Gegenwartsliteratur, dem Tanztheater, dem Hip-Hop-Genre, populären Serien, dem afroamerikanischen Kino oder dem südamerikanischen Samba. Jun.-Prof. Gradinari betonte die wissenschaftliche Relevanz, die die Analyse von Genres habe. Diese organisierten die Wissensstrukturen von Menschen und bestimmten deren Wahrnehmung sowie ästhetisches Empfinden. „Eventuell werden auch deswegen viele rassistische Bilder und Muster trotz aller Kritik und bürgerlicher Proteste weiter tradiert“, so die Forscherin.

Produktiver Austausch

Rückschauend freute sich Irina Gradinari über den produktiven Austausch zu Genre-Problemen in ihren ökonomischen, historischen und produktionsspezifischen Zusammenhängen: „Insgesamt haben wir einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zu den gegenwärtigen, politisch brisanten Debatten über Antirassismus und Critical-Whiteness geleistet.“ Auf der Tagung seien aber ebenso die „Leistungen“ zur Sprache gekommen, die eine Einteilung in Genres mit sich bringe. So helfen sie zum Beispiel dabei, politische Veränderungen zu dokumentieren und zu reflektieren sowie über die politischen Standpunkte anderer nachzudenken.

Benedikt Reuse | 17.12.2018