Europa lebendig halten

Die Diskussion von ImPuls: Politischer Salon Hagen über „Europa: „T(Raum) der Möglichkeiten?“ lockte viele Gäste ins Theatercafé in der Hagener Innenstadt.


Ein Mann steht in einer Stuhlreihe. Foto: FernUniversität
Prof. Jan Beckmann von der FernUniversität mahnte aus dem Publikum heraus, für die künftige Gestaltung Europas mehr auf die Stimmen der Jugend zu hören.

Der Ort war gut gewählt: Menschen aus über 35 verschiedenen Nationen arbeiten im Theater Hagen zusammen – „in der Regel friedlich“, wie Intendant Francis Hüsers sagt. „Sein Haus“, als Bürgertheater gegründet, mischt sich ein in die Diskussionen innerhalb der Stadtgesellschaft. So redete Hüsers auf dem Podium mit bei „ImPuls: Politischer Salon Hagen“, bei dem es um politische wie kulturelle Positionen zu Europa ging.

Die grundlegenden Fragen lauteten: Gibt es eine europäische Identität? Welche gemeinsamen Werte liegen dem 28 starken Staaten-Puzzle zugrunde? Welchen Einfluss hat die Wahl zum Europaparlament? Welche Bedeutung haben Kunst, Kultur und Erinnerung für die Gestaltung der Zukunft Europas?

Gemeinsame Grundlagen

Ein Merkmal der Veranstaltunsreihe – eine Kooperation zwischen FernUniversität, Theater Hagen und Emil Schumacher Museum – ist es, Debatten auf der Grundlage literarischer, wissenschaftlicher und journalistischer Veröffentlichungen zu führen. Leitfaden für die Diskussion dieses Abends war das Buch „Der europäische Traum“ von Aleida Assmann. Die Autorin stellt vier Lehren auf, die als gemeinsame Grundlagen der Europäischen Union dienen (können): Friedenssicherung, Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit, Erinnerungskultur und Menschenrechte.

Für weitere Orientierung sorgte der Input des FernUni-Wissenschaftlers Prof. Dr. Michael Stoiber, der das Lehrgebiet Vergleichende Politikwissenschaft leitet. „Wo stehen wir also auf dem Weg zum Traum?“, spielte Stoiber auf den Titel der Veranstaltung an. Ein kurzer Realitätscheck: „Durch die Wahlen haben sich die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament verschoben. Es wird schwieriger, eine ruhige, sachorientierte Politik zu verfolgen.“ Dazu trägt auch und vor allem das Aufkommen der rechtspopulistischen Parteien bei. „Neu daran ist: Sie tragen aktuell Regierungsverantwortung in einigen Ländern.“

Schattenseiten der EU

Kunst und Kultur kommen tragende Rollen zu: „Wir als Theatermenschen denken Europa in den Grenzen vom Ural bis Portugal, vom Nordkap bis ins Mittelmeer“, skizzierte Theaterintendant Hüsers. „Kunst hat Potenzial, eine europäische Identität zu stiften.“

Von Sabine Krink, Europabeauftragte der Stadt Hagen, kam im Verlauf der Diskussion die Einschätzung: „Europa ist der ,Eh-da-Posten‘. Für einige ist Europa viel zu selbstverständlich. Wir müssen uns dessen bewusst sein, was wir auch Wertvolles damit haben.“

Allerdings gibt es auch Schattenseiten der Staatenunion, in der viele gemeinsame Werte teilen und von wirtschaftlichen Erfolgen profitieren. „Europa hat etwas Aggressives“, wand ein Besucher ein. „Wir müssen auch über die sozialen und politischen Ausgrenzungselemente diskutieren: über Flüchtlinge, die sich Europa fernhält und die Millionen Europäer, die aus wirtschaftlichen Gründen wie Vagabunden in der Welt unterwegs sind.“ Diese Wanderbewegungen seien auch in Hagen spürbar.

Der Politikwissenschaftler Stoiber zog ein versöhnliches Fazit des Abends: „Solange wir über Europa diskutieren, bleibt Europa lebendig und aktiv.“

Anja Wetter | 28.06.2019