Neuer BWL-Professor ist Experte für Nachhaltigkeit

Der Lehrstuhl für Produktion und Logistik hat jetzt einen neuen Inhaber: Prof. Karsten Kieckhäfer freut sich auf die interdisziplinäre Forschung an der FernUniversität.


Frau und Mann, lächelnd. Er hält eine Ernennungsurkunde in der Hand. Foto: FernUniversität
FernUni-Rektorin Prof. Ada Pellert gratulierte Prof. Karsten Kieckhäfer zu seiner Ernennung.

Wissenschaft abseits starrer Fächergrenzen – dafür möchte sich Prof. Dr. Karsten Kieckhäfer mit Freude und einem „langen Atem“ einsetzen. Er hat jetzt den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktion und Logistik, an der FernUniversität in Hagen inne. Damit tritt er die Nachfolge von Prof. Dr. Thomas Volling an, der an die TU Berlin gewechselt ist. An der Hagener Hochschule reizt Prof. Kieckhäfer vor allem das besondere Forschungsprofil: „Wichtig ist für mich, hier im ‚Forschungsschwerpunkt Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit‘ tätig werden zu können“, betont er. „Ich möchte interdisziplinär arbeiten!“ Deshalb sei die Bündelung von Forschungsaktivitäten auf dem Campus „ein ganz großer Pluspunkt“.

Karsten Kieckhäfer stammt aus Ostwestfalen-Lippe. Bevor er dem Ruf nach Hagen folgte, war er überwiegend an der Technischen Universität Braunschweig tätig: Hier studierte er ab 2002 Wirtschaftsingenieurswesen. Anschließend promovierte er 2013 am Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion. Zudem leitete er dort von 2010 bis 2019 eine Arbeitsgruppe, die sich mit Fragestellungen einer nachhaltigen Produktion und Logistik befasste. Kieckhäfer habilitierte sich 2018 – ebenfalls in Braunschweig – mit einer Arbeit zu „Strategic Planning towards Electric Mobility in the Automotive Industry”. Im Sommersemester 2019 vertrat er die Professur für Rohstoffmanagement an der TU Bergakademie Freiberg.

Nachhaltigkeit quantifizierbar machen

Ein Kernziel des Forschers ist es, gute Entscheidungshilfen für die Wirtschaft zu schaffen, damit diese ihr Handeln gezielt am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung ausrichten kann. Hierfür sind genaue Analysen notwendig. Deshalb arbeitet Kieckhäfer unter anderem daran, Methoden und Modelle zu entwickeln, die die Konsequenzen von Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit überhaupt bewertbar machen. Das ist komplexer als es auf den ersten Blick scheint. So lässt sich zum Beispiel die Emission von Treibhausgasen noch relativ gut beziffern, die Erhebung vieler anderer Faktoren ist hingegen sehr kompliziert: „Kinderarbeit oder soziale Ungerechtigkeit in Produktionsabläufen zu quantifizieren ist eine große Herausforderung.“

Mehr Transparenz schaffen

Zudem verbinden sich mit der pauschalen Forderung nach Nachhaltigkeit teils widersprüchliche Vorstellungen – gerade was den Unterschied zwischen lokalen und globalen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen angeht. „Der Klimawandel ist das wichtigste Phänomen in Bezug auf Nachhaltigkeit, das wir gerade in den Blick nehmen müssen“, bejaht Kieckhäfer. Wie aber ist es zu bewerten, dass für Akkutechnologien immer mehr Metalle benötigt werden, die oft aus Krisenregionen kommen? „Wenn wir hier vor Ort das Klima mit Elektromobilität retten, hat das vielleicht im Kongo mehr Kinderarbeit zur Folge“, gibt der Wissenschaftler zu bedenken.

Um solchen „Zielkonflikten“ besser gerecht zu werden, braucht es eben jenen interdisziplinären Zugriff, den sich Kieckhäfer im Rahmen des FernUni-Forschungsschwerpunkts erhofft. „Ich bin selbst Wirtschaftsingenieur, sehe aber, dass bei vielen meiner Fragestellungen auch sozial-, rechts-, politikwissenschaftliche oder psychologische Phänomene eine große Rolle spielen.“

Nachhaltigkeit auch privat wichtig

Auch persönlich versucht der neue FernUni-Professor nachhaltig zu denken – soweit es eben geht, wie er mit einem Lächeln bekennt: „Ich habe zum Beispiel kein Auto, fahre zumeist Bahn und Fahrrad. Klar ist aber auch, dass nachhaltiges Verhalten eine schwierige Sache ist.“ Gerade daraus speist sich jedoch Kieckhäfers Begeisterung für die Wissenschaft: „Meine persönliche Meinung ist, dass die Probleme, auf die wir zusteuern, komplex sind – und leider wird immer häufiger versucht, auf diese komplexen Probleme einfache Antworten zu finden. Das halte ich für den falschen Weg.“

Benedikt Reuse | 25.10.2019