Gesundheits-Apps – eine Frage des Systems?

Was hat das Gesundheitssystem damit zu tun, wie Gesundheits-Apps bewertet werden? Dieser Frage widmet sich ein Projekt am Lehrstuhl für Informationsmanagement der FernUni.


Foto: Oscar Wong/Getty Images
In Deutschland können Gesundheits-Apps offiziell von Ärztinnen und Ärzten verschrieben werden.

Nichtraucher-Apps sollen dafür sorgen, das Laster endlich abzulegen, Apps gegen Panikattacken dabei helfen, wieder angstfrei durch den Tag zu kommen und Meditations-Apps versprechen mehr Gelassenheit. „In Deutschland gibt es seit dem Digitale-Versorgung-Gesetz Apps auf Rezept“, erklärt FernUni-Prof. Dr. Till Winker. Der Inhaber des Lehrstuhls für Informationsmanagement forscht unter anderem zu Digital Health in verschiedenen nationalen Kontexten. Zusammen mit Dr. Saeid Jorfi widmet er sich in einem internationalen Forschungsprojekt der Frage, wie Gesundheits-Apps bei Patientinnen und Patienten ankommen, wenn sie in verschiedenen Gesundheitssystemen sozialisiert sind.

Versorgung im Nahen Osten kurzfristig

„In unserer Studie hinterfragen wir, ob sich allein der Anreiz zur Nutzung auf die Einstellung der Patientinnen und Patienten auswirkt, digitale Gesundheits-Apps auch wirklich in die Behandlung zu integrieren“, erklärt Prof. Winkler. So gut wie er mit dem deutschen Gesundheitssystem vertraut ist, kennt Dr. Jorfi Gesundheitssysteme im Nahen Osten. Der Gastwissenschaftler ist zurzeit für einen längeren Forschungsaufenthalt an der FernUniversität in Hagen. „Die Versorgung im Nahen Osten unterscheidet sich erheblich von der deutschen“, ordnet der Wissenschaftler ein. „Die Patienten hier sind in Bezug auf ihre Gesundheit langfristig orientiert, das ist in den meisten Ländern des Nahen Ostens ganz anders.“ Die Studie könnte bisher verborgene Zusammenhänge zwischen der Versorgungsleistung und der Einstellung gegenüber Gesundheitsangeboten offenbaren.

Online-Experiment soll Aufschluss geben

Testen wollen die beiden Wissenschaftler die Zusammenhänge mittels eines Online-Experiments. Die Probanden werden, so der Plan, mit verschiedenen Szenarien konfrontiert, die sie dazu veranlassen sollen, eine Gesundheits-App zu nutzen. Stehen sie der App wohlwollender gegenüber, wenn sie sie von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben bekommen, als wenn die Empfehlung von einer befreundeten Person kommt? Die Ergebnisse sollen wichtige Erkenntnisse zur Anwendbarkeit des deutschen Weges in Bezug auf digitale Gesundheit in anderen soziokulturellen Kontexten wie dem Nahen Osten liefern. Aber auch hier in Deutschland können die Erkenntnisse aus der Studie zu einem besseren Verständnis der Akzeptanz von digitalen Gesundheits-Apps beitragen. Daneben soll das Projekt die Grundlage für die Entwicklung eines größeren Projektes zum Thema Digital Health am Lehrstuhl bilden und die internationale Zusammenarbeit in der Forschung fördern.

Über die Forscher

Saeid Jorfi Foto: Privat

Saeid Jorfi

Saeid Jorfi promovierte 2015 in IT-Management an der University of Technology Malaysia, gemeinsam mit der University of Nebraska, Omaha (USA). Regelmäßig veröffentlicht er Artikel in begutachteten Fachzeitschriften und Konferenzen zu Themen wie strategischer Ausrichtung der IT in Unternehmen, Erfolg von Informationssystemen, Kundenzufriedenheit und Kommunikationseffektivität. Seine jüngsten Forschungs- und Beratungstätigkeiten in der Industrie haben ihn dazu veranlasst, sich intensiver mit dem Bereich Digital Health zu befassen.

Auf internationalen Austausch hat Jorfi schon zu Beginn seiner Forschungstätigkeit großen Wert gelegt. Seit vergangenem Sommer lebt und arbeitet er in Hagen. Sein Aufenthalt wird im Rahmen der internen Forschungsförderung der FernUni gefördert.

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Till Winkler Foto: Hardy Welsch

Till Winkler

Till Winkler ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Informationsmanagement an der FernUniversität in Hagen. Seine Forschungsarbeiten zu Phänomenen der Wirtschaftsinformatik, einschließlich der digitalen Gesundheit, wurden in renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht.

Winkler leitet den Kompetenzcluster Health Apps und Internationalisierung der Fachgruppe Digital Health der Gesellschaft für Informatik e.V. und ist unter anderem als Department Editor der Zeitschrift Business and Information Systems Engineering (BISE) tätig.

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Sarah Müller | 07.02.2023