Jahrestagung 2022

FSP digitale_kultur

Panel 2: Verstehende Algorithmen – Algorithmen verstehen

Veranstalter*innen: Prof. Dr. Claudia de Witt, Dr. Christian Leineweber, Vanessa Meiners

Eine Hermeneutik, die sich als digital begreifen und profilieren möchte, verweist ganz wesentlich auf die Methode, sprachlich kommunizierten und maschinell berechneten Sinn zu verstehen. Mensch und Maschine treten so in ein Netzwerk von kommunizierten und kommunizierbaren Verständnissen. Dies setzt nicht mehr nur ein Verstehen der Welt, sondern darüber hinaus auch verstehende Algorithmen und ein Verstehen der Algorithmen voraus. Unser Panel widmet sich diesem ›Doppelspiel‹ mit dem Ziel, die Beziehung zwischen menschlichem und maschinellem Verstehen in unterschiedlichen Facetten zu (de-) konstruieren.

Workshop: Die Bibliothek von Babel – Algorithmen der Textgenerierung

Prof. Dr. Georg Trogemann (Kunsthochschule für Medien Köln)

„Die Bibliothek von Babel“ ist eine Erzählung des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges aus dem Jahr 1941. Die endlose Bibliothek, ein Universum von sechseckigen Galerien, enthält alle kombinatorisch möglichen Bücher mit 410 Seiten. Borges beschreibt, wie die Bibliothekare diese Bücherwelt erforschen und versuchen, Sinn in den Büchern zu finden. Auch nur einzelne, zusammenhängende Sätze in den Texten zu entdecken, bedeutet bereits ein großes Glück. Diesem Universum gedruckter Bücher wird im Workshop die Welt der algorithmisch erzeugten und analysierten Texte gegenübergestellt. Was verändert sich, wenn Bibliotheken nicht nur von Menschen, sondern auch von Algorithmen – die selbst wieder nur Text und damit immer schon Teil der Bibliothek von Babel sind – gelesen, durchsucht, interpretiert und auch geschrieben werden? Anhand konkreter Programmbeispiele wird kursorisch das neue chiastische Wechselspiel von Texten und Quelltexten (Operanden und Operatoren) gezeigt. Fragen zu Autorschaft, Bias, Textverstehen u.v.a. stellen sich durch die KI-Algorithmen neu. Ihrer Beantwortung kommt man nur näher, wenn man die Algorithmen hinterfragt

Georg Trogemann ist seit 1994 Professor für Experimentelle Informatik an der Kunsthochschule für Medien Köln. Neben einer Gesellenprüfung als Schreiner hat er ein Studium der Informatik und Mathematik an der Universität Erlangen-Nürnberg absolviert. 1990 hat er zu massiv parallelen Algorithmen promoviert. Von 1997–1999 und 2004–2006 war er Prorektor für Forschung und Infrastruktur der Kunsthochschule für Medien Köln. Seine derzeitigen Interessen umfassen experimentelle Algorithmik, Künstliche Intelligenz und Poetik der Technik.