Das thematische Band zwischen den Kursen in diesem
Modul ist die Frage nach der politischen Organisation
von Sicherheit bzw. Frieden in der internationalen Politik.
Dem entsprechen zwei Traditionen der analytischen Beschäftigung
mit diesen Fragen: die sog. security studies und die
(kritische) Friedensforschung.
Sicherheit verweist, auch in den neueren, sog. erweiterten
Fassungen dieses Begriffs, auf die security studies.
Für sie stellt die eigene, nationale Sicherheit
zunächst einzelner Staaten vor gewaltsamer Bedrohung
von außen das Kernproblem dar.
Erweitert wird der Sicherheitsbegriff auf drei Weisen:
- indem nicht nur Bedrohungen der Staates als Herrschaftsverband,
sondern auch Bedrohungen seiner Bürger bedacht
werden;
- indem als Ursache dieser Bedrohung nicht nur direkte
Gewalt von außen in den Blick genommen wird,
sondern auch Bedrohung von Lebenschancen aufgrund
struktureller Ursachen, die im internationalen System
(externe Abhängigkeit) oder auch im Innern des
Staates (repressive Herrschaftssysteme) ihre Ursache
haben;
- indem Sicherheit als gemeinsame begriffen wird,
die nicht von einzelnen Staaten je für sich,
sondern nur als kooperative, gemeinsame Sicherheit
erfolgreich politisch gewährleistet werden kann.
Gerade diese Perspektive macht Sicherheit zu einem
internationalen Governance-Problem.
In der weitesten Fassung von "Sicherheit"
ist dann auch bereits ein breites Verständnis der
Grundproblematik erreicht, wie es für den zweiten
Ansatz kennzeichnend ist, den der Friedensforschung.
Seit ihrer Wende hin zur kritischen Friedensforschung
geht sie von einem breiten Gewaltbegriff aus, der neben
direkter, physischer Gewalt auch strukturelle Gewalt
umfasst, etwas, was in anderen Zusammenhängen auch
als soziale Ungleichheit oder Ungerechtigkeit bezeichnet
wird, nämlich soziale Verhältnisse, die weniger
an menschlicher Entfaltung und Lebenschancen zulassen,
als eigentlich möglich wäre. Aufgehoben ist
in der Friedensforschung jedoch auch die klassische
Tradition des Nachdenkens über und Handelns in
Friedens-Angelegenheiten, die Frieden als einen aktiv
zu schließenden oder zu stiftenden begreift. Weder
ist gewaltsamer Konfliktaustrag eine Naturgegebenheit,
noch gewaltloser Umgang mit Konflikten oder soziale
Kooperation. Beide werden durch soziale Prozesse hervorgebracht,
und dem geht ursächlich die sozialwissenschaftliche
Konfliktanalyse bzw. die der (internationalen) Kooperation
nach.
Der Pflichtkurs 04667 gibt hierzu einen breiten
ideengeschichtlichen wie auf aktuelle Entwicklungen
bezogenen Überblick, macht mit Grundpositionen
der politikwissenschaftlichen Analyse von Konflikt,
Kooperation und Frieden und ihren jeweiligen Bedingungen
vertraut.
Die Kurse des Wahlpflichtbereichs bieten die Möglichkeit
der ausgewählten Vertiefung spezieller Thematiken.
Einen Schwerpunkt bildet dabei derjenige Konfliktyp,
der die internationale Politik in den vergangenen 15
Jahren besonders stark beschäftigt hat und der
oft als ethno-nationale Konflikte bezeichnet wird. Ob
und wieweit diese Bezeichnung zutreffend ist, ist eine
der übergeordneten Leitfragen, die Sie kritisch
durchdenken sollten.
Kurs 04655 führt in die umfangreiche Problematik
der politischen Identität und ihrer sozialwissenschaftlichen
Erfassung ein. Die Sichtung des durchaus umfangreichen
dazu gebotenen Materials sollte Sie veranlassen, zu
einfache, 'primordialistische' Deutungen der Identität,
die diese als quasi-naturgegeben ansehen, ebenso zu
problematisieren wie grob-materialistische Positionen,
die solchen 'weichen Faktoren' gar keine analytische
Beteutung zuerkennen wollen. Zweitens sollten Sie verstehen
lernen, wie Prozesse der Herausbildung politischer Identität
sowohl zu internationalen Konflikten wie auch zu Prozessen
der Integration beitragen können.
Der nur elektronisch angebotene Kurs 04681 bietet
eine breite Einführung in die sozialwissenschaftliche
Konfliktanalyse. Zentrales Anliegen dabei ist, Konflikt
als ein allenthalben anzutreffendes, nicht per se negatives
Element sozialer Wirklichkeit zu verstehen und gerade
deshalb (!) auch die Bedeutung möglichst gewaltfreier
Arten des Umgangs mit Konflikten, insbesondere auf internationaler
Ebene. Neben diesem inhaltlichen Lernpensum geht es
bei ihm darum, sowohl die fachliche englische Lesefähigkeit
zu üben als auch, mittels der im Kurs angebotenen
elektronischen Links, die Fähigkeit zur eigenständigen
thematisch-fokussierten Recherche im Internet. Gerade
für geographisch ferne Regionen ist dies (auch
pragmatisch für Hausarbeiten) wichtig. Freilich
sollten Sie auch, quellenkritisch, die Grenzen der 'Fernerkundung
via Internet' reflektieren.
Kurs 04665 bringt für den wohl noch immer
handlungsmächtigsten Akteur der internationalen
Politik, 'den Staat', den analytischen Blick auf sein
Außenverhalten ein. Dieses nennen wir Außenpolitik,
und die Beiträge im Kurs versuchen die analytischen
Perspektiven dessen, was fachlich Außenpolitik-Analyse
(Foreign Policy Analysis, FPA) genannt wird, vorzustellen.
Damit soll, abstrakt, das geistige Handwerkszeug vermittelt
werden, mit dem sich in konkreten (Konflikt-) Fällen
das Verhalten der jeweils konkret beteiligten staatlichen
Akteure verstehen und erklären lässt.
Schließlich nimmt Kurs 04675 eine breite
friedenswissenschaftliche Perspektive ein. Vorgestellt
wird eine, auch international viel rezipierte, umfassende
Position, die des norwegischen Friedensforschers Johan
Galtung. Auf seine eigene Weise versucht er unterschiedliche
Ebenen von Prozessen gesellschaftlicher Friedensstiftung
und unterschiedliche Konflikt-Ursachen, auch in der
Tiefe von Gesellschaft wie im Bereich von Kultur, der
Verhältnisse von Abhängigkeit zwischen Staaten
aber auch des Geschlechterverhältnisses, bei seiner
Betrachtung zu integrieren und eine Konzeption der Friedensstiftung
über die Abwehr direkter Gewalt (negativer Friede)
hinaus zu entwickeln. Sie sollten beides bei einer kritischen
Lektüre gleichermaßen schärfen: Ihr
Verständnis für die Größe der geistigen
Aufgabe, die hier unternommen wird, wie für die
Grenzen des konkret unterbreiteten Ansatzes.
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