Zum
Inhalt und Zusammenhang der Kurse im Modul 4.1 Das
Wahlmodul vermittelt einen Überblick über politikwissenschaftliche
Perspektiven der Analyse von Wirtschaftsstrukturen und -prozessen
auf nationaler, regionaler, sektoraler und internationaler
Ebene. Die einzelnen Kurse führen in unterschiedliche
Diskurse und Theoriekontexte ein, die zur Untersuchung des
Wechselverhältnisses von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft
relevant sind. Gemein ist jedoch allen Perspektiven die Frage,
wie institutionelle Kontexte für private Wirtschaftsaktivitäten
gestaltet sind, welche Handlungsspielräume die Politik
besitzt, auf diese Kontexte Einfluss zu nehmen und welche
Wechselwirkungen zwischen Prozessen ökonomischer Eigendynamik
und Formen politischer Steuerung bestehen.
Der Kurs 03906 „Governance
in der politischen Ökonomie“ führt
in die auf institutionelle Steuerung von Wirtschaft gerichtete
Governance-Perspektive ein. Dieser Zweig der Governance-Forschung,
dessen Wurzeln in der Institutionenökonomik liegen, geht
davon aus, dass wirtschaftliche Transaktionen nicht nur über
den Markt, sondern durch eine Vielzahl nicht-marktförmiger
Koordinationsstrukturen organisiert werden können. Neben
der Firmenhierarchie zählen Netzwerke, Verbände
und natürlich auch der Staat als zentrale Institutionen
der Koordination und politischen Beeinflussung ökonomischer
Aktivitäten. Aus der Sicht des Governance-Ansatzes ändert
sich das Bild des Marktes von dem eines anonymen Tauschmechanismus
hin zu einem auf Institutionen und Regeln eingebetteten System.
Die Governance-Forschung fragt danach, durch welche Mixtur
von Governance-Strukturen sich Wirtschafts- und Produktionszusammenhänge
auszeichnen und wie leistungsfähig diese im Ländervergleich
sind. Die Kursautoren vermitteln einen Überblick über
die „Varieties of Capitalism“ Debatte, über
Formen und Probleme der Wirtschaftstransformation in Osteuropa,
über den Umbau staatsnaher Infrastruktursektoren in Deutschland
und über Governance-Probleme regionaler Wirtschaftscluster.
Herausgearbeitet werden zudem die spezifischen Defizite einer
auf „Institutionen“ und weniger auf „Akteure“
gerichteten Analyseperspektive. So hat der Governance-Ansatz
Probleme, die Dynamiken und Mechanismen der Transformation
von Wirtschaftsstrukturen konzeptionell zu erfassen, welche
sich im Zuge von Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Globalisierungsprozessen
abzeichnen.
Während der „Governance-Perspektive“ letztlich
die Vorstellung einer sehr weitgehenden Form institutioneller
Einbettung ökonomischer Aktivitäten unterliegt,
thematisiert der Kurs 03918
„Regulative Politik“ eine spezifische Variante
der politischen Einflussnahme auf Wirtschaftsaktivitäten.
Die Steuerung von Gesellschaft und Wirtschaft durch Regulierung,
also mittels der Aufstellung, Überwachung und Sanktionierung
allgemeiner Regeln, hat im Zuge von Privatisierungs- und Internationalisierungsprozessen
an Bedeutung gewonnen. In der Wirtschaftspolitik haben die
Abkehr vom Keynesianismus zu Gunsten neoliberaler Marktkonzepte
und die Krise des Wohlfahrtsstaates zum Bedeutungszuwachs
regulativer Ordnungspolitik im Vergleich zur Verteilungs-
und Umverteilungspolitik beigetragen. Die Privatisierung „natürlicher
Monopole“ im Verkehrs-, Medien- und Kommunikationssektor
hat neue Regulierungsaufgaben für nationale Verwaltungen
mit sich gebracht; ebenso wird die Marktintegration auf europäischer
und globaler Ebene von politischen Bemühungen begleitet,
Standards des Umwelt-, Verbraucher-, Arbeits- und Anlegerschutzes
zu vereinheitlichen. Der Kurs vermittelt zunächst einen
Überblick über Grundbegriffe und Analysekriterien
der Regulierungsdebatte und führt nachfolgend in drei
unterschiedliche Felder regulativer Politik ein –die
kerntechnische Sicherheitsregulierung, die Finanzmarktregulierung
und die Regulierung der Telekommunikation. Abschließend
werden die genannten Regulierungsfelder hinsichtlich ihrer
zentralen Regulierungsprobleme, den zentralen Antriebskräften
und Mechanismen für den Wandel von Regulierungsstrukturen
sowie der Effektivität und Legitimität von Regulierungsaktivitäten
miteinander verglichen. Insgesamt zeigt sich, dass die institutionelle
Ausgestaltung regulativer Politik, je nach Regulierungsfeld
und nationaler Staats- und Verwaltungstradition und- struktur
variiert. Regulative Ordnungspolitik hat somit viele Gesichter.
Der Kurs 33910 „Politische
Ökonomie des Wohlfahrtsstaates“ erweitert
wiederum den Blick auf die Institutionen, in die wirtschaftliche
Aktivitäten eingebettet sind. Mit der Institution des
Wohlfahrtsstaates ist eine staatliche Verpflichtung zur sozialen
Sicherung und Förderung aller Bürger impliziert,
die über private Vorsorge und gemeinschaftliche Fürsorge
hinausgeht. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, zieht der
Wohlfahrtsstaat Ressourcen an sich, die er wiederum in Form
von monetären Transfers, sozialen Diensten und Infrastruktur
zur Verfügung stellt. Nicht zufällig ist es gerade
das Wechselverhältnis von Wirtschaft und Wohlfahrtsstaat,
welches im Mittelpunkt gegenwärtiger Kontroversen um
die möglichen Grenzen wohlfahrtsstaatlicher Leistungsfähigkeit
steht. Schwächt der Wohlfahrtsstaat die Anreize für
Leistung und Investitionen, weil die finanziellen Ressourcen
als Steuern und Beiträge aus dem Wirtschaftssystem entnommen
werden müssen, oder kompensiert er die negativen Folgen
von Wirtschaftstätigkeit, indem er in Krisenzeiten Einkommen
und Nachfrage stabilisiert? Der Kurs führt in unterschiedliche
Theorieansätze der Wohlfahrtsstaatsforschung ein, gibt
einen Überblick über wohlfahrtsstaatliche Strukturen
und Institutionen im Ländervergleich und behandelt die
materiellen Aspekte und Folgen der Sozialpolitik in verschiedenen
Politik- und Regelungsfeldern. Unter dem Aspekt der Steuerung
und Koordination (Governance) werden neuere sozialpolitische
Steuerungskonzepte vorgestellt (aktivierender Staat, kooperativer
Staat, welfare to work). Abschließend werden zentrale
Problemfelder wohlfahrtsstaatlicher Tätigkeit diskutiert,
die sich an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft
ergeben.
Die Wechselwirkungen zwischen politischen Entscheidungen
und zunehmend transnationalen Wirtschaftsaktivitäten
im Kontext wirtschaftlicher Globalisierung stehen im Mittelpunkt
des Kurses 33913 „Internationale
politische Ökonomie“. Aktuelle wissenschaftliche
Kontroversen entzünden sich an der Frage, ob Globalisierungsprozesse
politisch gestaltbar sind und welche Handlungsspielräume
dem Nationalstaat, der europäischen Ebene oder auch internationalen
Organisationen und Regimen zur Steuerung und Koordination
von weltwirtschaftlichen Entwicklungen zur Verfügung
stehen. Der Kurs stellt zunächst die zentralen Theorieperspektiven
und Denkschulen der Internationalen politischen Ökonomie
vor. Nachfolgend werden aus der Perspektive der Kritischen
Theorie fünf zentrale Konfliktfelder beleuchtet, an denen
das Problem der politischen Gestaltung von weltwirtschaftlichen
Prozessen sichtbar wird: das Verhältnis zwischen Staat
und Kapital, das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit,
Nord-Süd und Nord-Nord-Konflikte sowie das Spannungsfeld
zwischen Ökonomie und ökologisch nachhaltiger Entwicklung.
Rekonstruiert wird dabei jeweils, wie sich diese Konflikte
entwickelt haben, welche Prozesse der Interessenformation
beobachtet werden können und wer die treibenden Kräfte
in der Internationalen politischen Ökonomie sind. Ein
zentraler Befund ist dabei, dass der Prozess wirtschaftlicher
Globalisierung die Interessengegensätze eher noch verschärft
hat, aber für die Akteure auch neue Handlungsoptionen
schafft.
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