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Richterwahlen in Deutschland. Demokratische Legitimation im Widerstreit mit Bestenauslese und richterlicher Unabhängigkeit?

Termin: 19.10.2023 / 17:00 Uhr

Ort: Der Vortrag findet als Online-Veranstaltung statt. Der Zoom-Link lautet: https://fernuni-hagen.zoom.us/j/65647175312?pwd=WG1PaHJXNTdPYUc4RUVnUmwxU3ZKZz09

Referent: Prof. Dr. Andreas Haratsch, Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie Völkerrecht und Direktor des Dimitris-Tsatsos-Instituts für Europäische Verfassungswissenschaften, FernUniversität in Hagen


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Meeting-ID: 656 4717 5312
Kenncode: 18201289

Veranstalter:
Dimitris-Tsatsos-Institut für Europäische Verfassungswissenschaften (DTIEV)

Moderator:
Prof. Dr. Peter Schiffauer, stellv. Direktor des DTIEV

Die Entscheidungen von Gerichten ergehen „im Namen des Volkes“. Dies ist Ausdruck des Grundsatzes der Volkssouveränität gemäß Art. 20 Abs. 2 GG, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und unter anderem durch besondere Organe der Rechtsprechung ausgeübt wird. Die Richterinnen und Richter der Verfassungsgerichte in Deutschland auf Bundesebene erhalten ihre demokratische Legitimation durch Bundestag oder Bundesrat. In den Ländern sind es die Landtage, die die Richterinnen und Richter der Landesverfassungsgerichte demokratisch legitimieren. Diese Wahlentscheidungen geben den Fraktionen in den Parlamenten und damit mittelbar auch den politischen Parteien maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung von Stellen in den höchsten Instanzen der Judikative. Die Gefahr einer politischen Richterstellenbesetzung ist damit nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Dies stellt eine Herausforderung für die verfassungsrechtlich zu gewährleistende richterliche Unabhängigkeit der Judikative gemäß Art. 97 Abs. 1 GG dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Verfassungsgerichten zumindest in Deutschland die Macht zukommt, demokratisch getroffene Entscheidungen eines Parlaments im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit für nichtig zu erklären. Die Legislative mag daher versucht sein, diese Gerichte mit Personen zu besetzen, die der Verwirklichung einer bestimmten politischen Agenda nicht im Wege stehen. Auch die verfassungsrechtliche Vorgabe des Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung hat, steht in einem Spannungsverhältnis zur demokratischen Wahl. Bestünde bei einer Richterwahl die strikte Pflicht zur Bestenauslese, würde dies den Gedanken einer demokratischen Wahlentscheidung unter mehreren Bewerberinnen und Bewerbern konterkarieren. Es handelt sich bei den Bestimmungen über die Wahl von Richterinnen und Richtern daher nicht um bloße organisatorische Verfahrensregelungen, die keiner besonderen Betrachtung wert sind. Vielmehr sind es Normen, die von erheblicher materiell-rechtlicher Bedeutung für die freiheitliche demokratische Grundordnung sind. Es lohnt sich daher, diese Bestimmungen einer eingehenden Analyse zu unterziehen.

Andreas Haratsch hat in Mainz Rechtswissenschaften studiert und war von 1992 bis 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Von 1994 bis 1997 war er Lehrbeauftragter an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer sowie von 1996 bis 2008 Gastdozent an der Bundesakademie für Öffentliche Verwaltung im Bundesministerium des Innern. Nach seiner Promotion an der Universität Mainz im Staatsrecht war er von 1997 bis 2003 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Potsdam, wo er sich 2003 mit einer verfassungs- und europarechtlichen Schrift habilitierte. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Referent am Zentrum für Europäische Integrationsforschung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2003 – 2005), nach Lehrstuhlvertretungen an der Universität Konstanz (SS 2005) und der FernUniversität in Hagen (WS 2005/06 – WS 2006/07) ist er seit 2007 Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie Völkerrecht an der FernUniversität in Hagen. Seither gehört er dem Vorstand des Dimitris-Tsatsos-Instituts für Europäische Verfassungswissenschaften an, war von 2008 bis 2017 dessen stellvertretender Direktor und ist seit November 2017 dessen Direktor. In den Jahren von 2008 bis 2010 war er Visiting Fellow an der Doshisha Law School in Kyoto / Japan. Im SS 2019 hatte er eine Gastprofessur an der Universität La Sapienza in Rom inne. Von seinen zahlreichen Publikationen zum Verfassungs- und Europarecht ist vor allem das Lehrbuch zum Europarecht (Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Auflage 2023) zu nennen, das zu den Standardlehrbüchern in diesem Bereich zählt.

Die Veranstaltung wird öffentlich gestreamt und aufgezeichnet. Es ist beabsichtigt, eine Aufzeichnung im Nachgang zu veröffentlichen. Mit Betreten des (virtuellen) Raumes erklären Sie sich mit der Aufzeichnung und deren Veröffentlichung einverstanden.

Falls eine Veranstaltung kurzfristig abgesagt werden muss, finden Sie einen entsprechenden Hinweis auf der Homepage des Instituts.

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DTIEV | 08.04.2024