Aktuelles Programm

Die Vorlesungen richten sich an eine breite regionale Öffentlichkeit, die an aktuellen soziologischen Forschungsergebnissen interessiert ist. Die Vortragenden aus Hagen und dem ganzen Bundesgebiet referieren in allgemeinverständlicher Form zu gesellschaftlichen Themen in Deutschland und Europa.

Viele Vorlesungen früher Semester können Sie weiterhin kostenfrei in der Mediathek des Lehrgebietes der Ernsting’s family-Stiftungsprofessur für Mikrosoziologie abrufen:

Mediathek der BürgerUniversität Coesfeld

Veranstaltungsort:

WBK | Wissen Bildung Kultur
Osterwicker Straße 29, 48653 Coesfeld

Flyer BürgerUniversität Coesfeld Sommersemester 2025

Flyer BürgerUniversität Coesfeld Wintersemester 2025/26

 

Veranstaltungen im Sommersemester 2025

„Die Revolution hat ein weibliches Gesicht“: Massenproteste in Belarus 2020

Dr. Olga Shparaga (Vorlesung)

Mittwoch, 24.09.2025 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

Belarussische Frauen waren eine der wichtigsten treibenden Kräfte der Massenproteste in Belarus im Sommer-Herbst 2020. Das vereinigte Frauenteam von Svjatlana Tsichanouskaja, Maria Kalesnikava und Veranika Tsepkala, das entstand, um Svjatlana Tsichanouskaja‘s Herausforderung gegen Lukaschenka bei den Präsidentschaftswahlen 2020 zu unterstützen, ist allein schon eine Erwähnung wert. Die Solidaritätsketten der Frauen, die Frauenmärsche und die Schwesternschaft in den Gefängnissen wurden während der Massenproteste 2020 zu entscheidenden Modellen für kollektive Aktionen und Solidarität in der gesamten belarussischen Gesellschaft. Nach der Niederschlagung dieser Proteste und der Eskalation des russischen Krieges in der Ukraine, in dem Lukaschenko zum Mitaggressor geworden ist, setzen belarussische Frauen ihren Kampf für ein demokratisches Belarus in neuen Formaten fort. Der „fragile Widerstand“ von politisch inhaftierten Frauen in Gefängnissen und Strafkolonien sowie verschiedene Formen der Solidarisierung mit Ukrainer*innen sind seine wichtigsten Bestandteile und ein Forschungsgegenstand von Dr. Shparaga.

Olga Shparaga, Dr. phil., lehrte bis 2021 Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk (ECLAB), welches sie im Jahr 2014 mitbegründet hat. Sie ist eine der intellektuellen Vordenker*innen der belarussischen Protestbewegung im Jahr 2020. Nach mehrfacher Verhaftung ging sie im Herbst 2020 ins Exil. Im 2021 erschien ihr Buch „Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus“ im Suhrkamp Verlag. Seit Januar 2025 forscht und lehrt sie am Institut für Philosophie der FernUniversität in Hagen.


 

Veranstaltungen im Wintersemester 2025/26

Musik und Macht

Die zerrissene Biografie Dmitri Schostakowitschs als Spiegel des 20. Jahrhunderts

Dr. Alexander Gurdon (Vorlesung)

Mittwoch, 01.10.2025 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

„Um die Geschichte unseres Landes zwischen 1930 und 1970 nachzuleben, reicht es aus, die Sinfonien von Schostakowitsch zu hören“, schrieb 2006 die russische Wochenzeitung Moskowskije Nowosti zu Dmitri Schostakowitschs 100. Geburtstag.Wie bei kaum einem anderen Komponisten des 20. Jahrhunderts sind bei ihm Biografie und Werk miteinander verwoben, auch als Sinnbild für das Machtverhältnis zwischen Freiheit und Verfolgung. Schostakowitschs Geschichte und seine Musik sind eine Erinnerung daran, was Unterdrückung anrichtet, nicht nur in der Kunst.In diesem Vortrag werden wir mit zahlreichen Musikbeispielen auf Schostakowitschs Leben schauen, auf die Verarbeitung von Stalins Verfolgung und der sowjetischen Zensur in seinen Werken, nicht zuletzt anhand des berühmten Beispiels der „Leningrader Sinfonie“. Schostakowitschs Werke sind überzeitliche Kommentare auf seine Epoche, deren Aktualität bis heute nichts an Eindringlichkeit verloren hat.

Dr. Alexander Gurdon (*1980) studierte Musikwissenschaft, Germanistik und französische Romanistik in Köln und Paris und promovierte an der TU Dortmund über den Dirigenten und Komponisten Oskar Fried („Von Mahler bis Moskau“, Münster: LIT, 2022). Derzeit ist er dort wissenschaftlicher Mitarbeiter und leitet ein Forschungsprojekt zur Rolle der Musik bei Gedenkveranstaltungen. Seine weiteren Schwerpunkte umfassen neben Schostakowitsch die Musik des 19. bis 21. Jahrhunderts, die Erinnerungskultur sowie die Interpretations- und Dirigent:innenforschung. Alexander Gurdon ist auch immer wieder musikjournalistisch tätig, mit Beiträgen u. a. für den Deutschlandfunk, das Musikmagazin „VAN“, das Bundesjugendorchester, das Gewandhaus zu Leipzig oder das Konzerthaus Dortmund.


NGOs als Gefahr für die Soziale Marktwirtschaft

Prof. Dr. André Schmidt (Vorlesung)

Mittwoch, 29.10.2025 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

Die Wirtschaftspolitik in Deutschland und Europa wird in den letzten zwanzig Jahren vermehrt von sogenannten NGOs (Non-Governmental-Organizations) beeinflusst. Was zunächst wie eine Demokratisierung der Wirtschaftspolitik und eine stärkere Berücksichtigung von Bürgerinteressen wirkt, bleibt jedoch für die marktwirtschaftliche Ordnung und der Entwicklung eines fairen Wettbewerbs nicht ohne Folgen. Mittlerweile hat sich mithilfe der Unterstützung finanzkräftiger Unternehmen und der Politik selbst ein Geschäftsmodell von NGOs etabliert, die im Wesentlichen dazu dienen, einzelnen Partikularinteressen eine sogenannte Stimme der Mehrheit zu geben. Inzwischen nehmen NGOs auf den Gesetzgebungsprozess erheblichen Einfluss und instrumentalisieren die Wirtschaftspolitik für eigene Interessen. Sie sind schon längst ein moderner Ersatz für das klassische Lobbying geworden, in dem der Nutzen einzelner Maßnahmen individualisiert und deren Kosten solidarisiert werden. Damit wird die Soziale Marktwirtschaft systematisch unterhöhlt und ihrer eigentlichen Effizienz beraubt. Im Rahmen des Vortrages werden unter anderem am Beispiel der Energie- und Klimapolitik die Einflussnahmen der NGOs sichtbar gemacht und entsprechende Perspektiven, wie dieser Entwicklung Einhalt geboten werden kann, diskutiert.

Prof. Dr. André Schmidt wurde 1967 in Erfurt geboren. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim und seiner Promotion habilitierte er sich an der Georg-August-Universität in Göttingen. Nach Vertretungsprofessuren an der Ruhr-Universität in Bochum und an der Universität in Kassel wurde er auf den Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftspolitik an die EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel berufen. Im Jahr 2008 nahm er den Ruf auf den Lehrstuhl für Makroökonomie und Internationale Wirtschaft an die Universität Witten/Herdecke an. Darüber hinaus begleitet er eine außerordentliche Professur für Economics an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht sowie Gastprofessuren an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und an der Aldo-Moro-Universität in Bari. Seine Forschungsgebiete umfassen vor allem die internationale Wirtschaftspolitik und die ökonomischen Aspekte der europäischen Integration.


Alles perfekt: Lokale Demokratie im Vergleich NL – NRW?

Aus Fehlentwicklungen diesseits und jenseits der Grenze lernen

Dr. des. Heinz Öhmann (Vorlesung)

Mittwoch, 19.11.2025 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

In dem Vortrag werden zunächst anhand von grafischen Darstellungen die Schwerpunkte der kommunalen Verfassungen in den Niederlanden und in Nordrhein-Westfalen aufgezeigt. Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede in den Funktionen von Gemeinderäten, Bürgermeistern oder auch Beigeordneten (in NL: Wethouder) werden deutlich gemacht. In einem zweiten Teil werden aktuelle Entwicklungen anhand von konkreten Beispielen herausgestellt, die zu Fehlentwicklungen in der lokalen Demokratie führen und es wird erläutert, welche Probleme sich daraus für die Funktionsfähigkeit der Demokratie vor Ort ergeben können. Anhand von konkreten Fragestellungen sollen im dritten Teil mit dem Publikum beispielhaft Lösungsvorschläge diskutiert werden.

Der Dipl. Volkswirt und langjährige Bürgermeister der Stadt Coesfeld (pensioniert 2020) hat sich schon während seines Studiums und in verschieden politischen Funktionen frühzeitig mit der kommunalen Demokratie auseinandergesetzt. In seiner beruflichen Laufbahn in drei verschiedenen Kommunalverwaltungen als Kämmerer und Kulturdezernent im niedersächsischen Lingen (Ems) und als Bürgermeister in Hemer im Sauerland sowie in Coesfeld im Münsterland hat er ausgiebig nicht nur die Kommunalverwaltungen, sondern auch das System der Kommunalverfassungen in seinen Entwicklungen und in der aktuellen Ausprägung insbesondere in Nordrhein-Westfalen intensiv kennengelernt. Der Vortrag basiert auf der Dissertationsschrift „Lokale Demokratie in den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen – Eine vergleichende Analyse der kommunalen Verfassungen und Reformansätze seit den 90er Jahren“.


Wasserstoff – Energieträger der Zukunft

Dr. Karl-Heinz Tölle (Vorlesung)

Mittwoch, 21.01.2026 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

Die Sonne besteht zu 92 Prozent aus Wasserstoff (H2), die Erdoberfläche zu 70 Prozent aus Wasser (H20), der Mensch existiert, weil er zu 70 Prozent aus Wasser (H20) aufgebaut ist. Wasserstoff (H2) und Wasser (H2O) waren bei der Entstehung der Erde und des Menschen die wichtigsten Elemente und werden es als Energieträger der Zukunft bleiben. Der Vortrag zeigt die Transformation der Energieerzeugung von fossilen Brennstoffen, wie Kohle, Erdgas und Kernbrennstoffen hin zu regenerativen Energien aus Wasser, Wind und Sonne. Im Mittelpunkt stehen hierbei stets Fakten. Anhand des CO₂-Ausstoßes in den verschiedenen Sektoren, wie Energieerzeugung, Mobilität, Gebäude wird die Bedeutung der Sektor-Kopplung unter Verwendung von Wasserstoff erklärt. Im Energiesektor wird die Bedeutung von wasserstoffbetriebenen Gaskraftwerken beschrieben, für die Mobilität das Nebeneinander von batteriebetriebenen- und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen erläutert. Wasserstoff wird für die Mobilität bei unterschiedlichen Drücken (350 bar und 700 bar) verwendet, im Raketenbau bei Tieftemperaturen von -256°C. Diese unterschiedlichen Energiebereiche und deren Anwendung auf LKW, Busse, Bahnen, Schiffe und Autos mit Brennstoffzellenantrieb oder Direktverbrennung von Wasserstoff werden abschließend an praktischen Beispielen aus der Industrie erklärt.

Dr.-Ing. Karl-Heinz Tölle hat an der RWTH Aachen Maschinenbau studiert mit der Vertiefungsrichtung Luft- und Raumfahrt. Als Promotionsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat er über wasserstoffbetriebene Antriebe für Raketenflugzeuge promoviert. Es folgten langjährige Tätigkeiten in leitender Funktion im Raketenbau, deren Erststufen seit Jahrzehnten mit flüssigem Wasserstoff betrieben werden. Viele Jahre hat er in leitender Funktion im Energiesektor gearbeitet. In dieser Zeit hat er eine Vielzahl von Armaturen für nukleare Kraftwerke entwickelt und gebaut, die den sicheren Transport von Wasserstoff gewährleistet haben. Heute beschäftigt er sich als Manager und Senior Expert für Wasserstoffventile mit Betankungs- und Entnahmesystemen von Wasserstoff für LKW, Busse, Bahnen und Autos, die mit Brennstoffzellen- oder Direktverbrennung von Wasserstoff für die Transformation in die CO₂ freie Mobilität sorgen.


Tausend Aufbrüche.

Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren

Prof. Dr. Christina Morina (Vorlesung)

Mittwoch, 25.02.2026 um 19.00 Uhr im WBK

mehr Infos

Die Ost-West-Debatte der Deutschen ist oft von gegenseitigem Unverständnis und Zuspitzungen geprägt. Christina Morina vermeidet die übliche Frontenbildung und rückt die Demokratievorstellungen und das Selbstverständnis ganz normaler Bürgerinnen und Bürger in Ost und West seit den 1980er Jahren in den Fokus. Indem sie die Demokratiegeschichte der Bundesrepublik und die Demokratieanspruchsgeschichte der DDR miteinander verzahnt, können maßgebliche Unterschiede und wechselseitige Bezüge im Staats- und Politikverständnis herausgearbeitet werden. Dabei entsteht ein differenziertes Bild: Viele Bewohner*innen der DDR identifizierten sich mit ihrem Land und dessen „volksdemokratischen“ Idealen, blieben dem Staat und seinen Institutionen gegenüber jedoch skeptisch. Diese Staatsferne gepaart mit einem oft provinziell-utopischen Bürgersinn, dessen Potentiale nach der Vereinigung weitgehend ungenutzt blieben, wirkt bis heute nach. Im Zusammenspiel mit einem wiedererstarkenden Nationalismus im Westen entstand so nicht zuletzt auch der Nährboden für den Aufstieg des Rechtspopulismus. Im Vortrag werden die Grenzen der westdeutschen Liberalisierung ebenso wie die Vielfalt der ostdeutschen Demokratieaneignungsversuche aufgezeigt.

Dr. Christina Morina ist seit 2019 Professorin für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte an der Universität Bielefeld. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Gesellschafts- und Erinnerungsgeschichte des Nationalsozialismus, in der politischen Kulturgeschichte des geteilten und vereinigten Deutschlands sowie in dem Verhältnis von Geschichte und Gedächtnis. Zu ihren jüngsten Publikationen zählt „Tausend Aufbrüche. Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren“ (Siedler Verlag), das 2024 mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet wurde.


Campus Coesfeld | 22.09.2025