Forschungsprojekt

Die Europäisierung der nationalen Gesetzgebung messen und vergleichen

Projektleitung:
Professorin Dr. Annette Elisabeth Töller
Status:
abgeschlossen
Laufzeit:
2010-2013

Kurzbeschreibung

Nicht erst das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum Lissabon-Vertrag hat gezeigt, dass es dringend einer Methode bedarf, um die Europäisierung der nationalen Gesetzgebung zu messen. Genauer geht es darum, die Bandbreite und das Ausmaß des Einflusses europäischer Politik auf die nationale Gesetzgebung zu quantifizieren. Ein Großteil bisheriger Europäisierungsstudien war qualitativer Natur. Während solche Fallstudien oder vergleichende Fall- oder Länderstudien wertvolle Erkenntnisse über die Natur der Europäisierung hervorgebracht haben, bleiben sie doch auf eine Handvoll sehr spezifischer Fälle beschränkt und in ihrer Aussagekraft entsprechend limitiert.

Die Frage, wie viel, d.h., in welcher Bandbreite und in welchem Ausmaß nationale Gesetzgebung von europäischer Politik beeinflusst wird, wird hingegen sowohl in der nationalen politischen als auch in Teilen der wissenschaftlichen Diskussion vom sogenannten 80%-Mythos beherrscht: 1988 hatte der damalige Kommissionspräsident vor dem Europäischen Parlament prophezeit: „In zehn Jahren werden 80% der Wirtschaftsgesetzgebung, vielleicht auch der steuerlichen und sozialen, gemeinschaftlichen Ursprungs sein“ (EG-Bulletin Nr. 2-367/157 v. 6.7.1988). Seit diese Prophezeiung vielfach (u.a. vor dem Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 89, 155) in eine (falsche) Diagnose verwandelt wurde, ist das Fehlen einer seriösen Methode zur Messung des europäischen Einflusses auf die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten offensichtlich. Bislang wurde eine Vielzahl von Länderstudien vorgelegt, die zwar im einzelnen mehr oder weniger kritikwürdig sind, die aber das Ausmaß der Europäisierung nur sehr oberflächlich und unvollständig wiedergeben und insbesondere in ihren Resultaten in keiner Weise vergleichbar sind.

Das Projekt hat die Entwicklung einer solchen Methode sowie deren explorative Anwendung auf ausgewählte Politikfelder und in ausgewählten Ländern zum Gegenstand.

Publikationen

Kurzgutachten und Blogbeiträge

  • Annette Elisabeth Töller. 2015. Brief Comment on Business for Britain (2015): “7% or 75%? The definite answer to the EU’s influence over British Law”. FernUniversität in Hagen. Link.
  • Annette Elisabeth Töller. 2014. Europäisierung der deutschen Gesetzgebung. Wissenschaftliches Kurzgutachten. FernUniversität in Hagen. Download (PDF 311 KB)
  • Annette Elisabeth Töller. 2012. Claims that 80 per cent of laws adopted in the EU Member States originate in Brussels actually tell us very little about the impact of EU policy-making. LSE EUROPP – European Politics and Policy blog. Link.

Aufsätze

  • Annette Elisabeth Töller. 2012. Concepts of Causality in Quantitative Approaches to Euro­pe­­ani­za­tion, in: Claudio Radaelli und Theofanis Exadactylos (Hrsg.): Establi­shing Causality in Euro­pe­anization Research. London: Palgrave Macmillan, 44-63.
  • Annette Elisabeth Töller. 2010. Measuring and Comparing the Europeanization of Public Policies. Journal of Common Market Studies, 48/1, 413-440.
  • Annette Elisabeth Töller. 2008. Mythen und Methoden. Zur Messung der Europäisierung der Gesetzgebung des Deutschen Bundestages jenseits des 80%-Mythos, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 39/1, 3-17.
08.04.2024