Studium mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung – Das Peer-Mentoring-Programm geht in die nächste Runde

Studierende mit einer Behinderung und/oder einer chronischen Erkrankung stellen sich zu Studienbeginn häufig andere Fragen als ihre Kommiliton*innen. Das Peer-Mentoring-Programm vernetzt sie deshalb mit erfahrenen Fernstudierenden. Zum Wintersemester 2022/23 startet der dritte Durchgang des Programms. Bewerbungen sind noch bis zum 18. September 2022 möglich. Die Programmkoordinatorin Noëmi Gemicioğlu verrät, was Bewerber*innen im 3. Durchgang erwartet.

Wozu dient das Peer-Mentoring-Programm?

Das Programm soll beim Einstieg oder Wiedereinstieg in das Fernstudium unterstützen. Dazu stellen wir den Studierenden Mentor*innen (Person, die Unterstützung anbietet) zur Seite. Aktuell begleiten 30 Mentor*innen neu- oder wiedereinsteigene Studierende und geben wertvolle Tipps rund um die Studienorganisation, die Prüfungsvorbereitung oder den Umgang mit der eignen Behinderung und/oder chronischen Erkrankung im universitären Kontext. Zusätzlich besuchen die Teilnehmenden Veranstaltungen, in denen studienrelevante Fragestellungen aufgegriffen werden und nutzen gemeinsame Lern- und Austauschräume. Im besten Fall knüpfen die Studierenden weitere Kontakte zu anderen Teilnehmenden in ähnlichen Studiensituationen sowie zu Anlaufstellen und bauen sich ein stabiles Netzwerk an der FernUni auf.

Wie läuft die Bewerbung ab?

Die Bewerbung für das Peer-Mentoring-Programm erfolgt online über einen Fragebogen. Anschließend überlege ich gemeinsam mit den Studierenden in Erstgesprächen, ob und wie sie das Programm sinnvoll bei ihren Studienplänen unterstützen kann. Welche Schwierigkeiten im Studienalltag werden erwartet? Besteht die Bereitschaft zur Mitarbeit über einen festen Zeitraum? Manche Bewerber*innen suchen weniger verbindliche Unterstützung, Lernpartner*innen für bestimmte Module, Nachhilfe oder auch eine Unterstützung, die einer persönlichen Assistenz ähnelt. Dann prüfen wir gemeinsam, ob andere Angebote oder ergänzende Hilfen besser geeignet sind oder zusätzlich zu einer Teilnahme wichtig sind.

Wie werden die Tandems gebildet?

Die Gespräche sind auch für die Bildung der Tandems wichtig. Innerhalb des Programms werden die Studierenden nach Studienfach und nach Art der Behinderung bzw. Erkrankung gematcht. Es gibt aber auch übergreifende Tandems. Ziel sind möglichst passgenaue Tandems, daher suche ich nach Schnittstellen. Welche Schwierigkeiten werden im Studienalltag erwartet? Gibt es ehrenamtliche Erfahrungen oder besondere Interessen? Müssen spezielle Wünsche berücksichtigt werden? Ob die Chemie zwischen den Tandems letztendlich stimmt, können wir im Vorfeld natürlich nicht ablesen. Darum ist es wichtig, stabile Konstellationen zu finden, in denen Schwierigkeiten angesprochen und gelöst werden können, auch wenn die Teilnehmenden im Privaten eher keine Freundschaft eingehen würden.

Wie arbeiten die Tandems?

Die Tandems vereinbaren eigenständig, wie häufig und in welcher Form sie sich treffen. So können die Teilnehmenden den Zeitaufwand besser steuern. In der Vergangenheit haben sich die meisten Tandems für feste Videotreffen oder einen Austausch per E-Mail entschieden. Wir haben beobachtet, dass es zwar auch kurzfristige Hilfestellungen z.B. über Messengerdienste gab, viele Tandems haben sich jedoch bewusst für feste Termine entschieden, um in Ruhe über alle wichtigen Themen zu sprechen.

Gerade in den ersten Wochen standen dabei die Studienorganisation und Prüfungsfragen im Mittelpunkt. Auch Lernstrategien werden ausgetauscht. Wir wissen, dass viele Tandems auch den Umgang mit der eigenen Behinderung beziehungsweise Erkrankung im universitären Kontext thematisieren. Durch die vielfältige Studierendenschaft an der FernUniversität bringen natürlich auch die Mentees (Person, die Unterstützung sucht) viele Erfahrungen aus anderen Studiengängen, der Erwerbstätigkeit, dem Ehrenamt oder dem Leben mit. Dadurch entsteht in den Tandems ein reger Austausch auf Augenhöhe von dem beide Seiten profitieren.

Was bietet das Programm noch?

Wir wollten nicht nur einzelne Tandems auf die Reise schicken, sondern zusätzlich geschützte Lern- und Austauschräume schaffen, in denen alle Teilnehmenden Impulse sammeln können, sich gegenseitig motivieren und auch Probleme oder Unsicherheiten offen ansprechen können. Monatlich kommen Mentees und Mentor*innen daher virtuell zusammen, um studienrelevante Fragenstellungen und Themenwünsche zu bearbeiten. Dazu werden auch externe Referent*innen oder Beratende der Hochschule eingeladen. Die Studienberaterinnen des Campusstandort Berlin veranstalteten für die Gruppe zum Beispiel ein Zeitmanagementseminar und die Hochschulbeauftragte für Studierende mit Behinderung und/oder Erkrankung wurde eingeladen, um die Erfahrungen aus den Corona-Semestern auszuwerten. Auch ein Moodle-Raum kann zum Austausch genutzt werden.

Was sagen die Teilnehmenden?

Die Studierenden haben das Programm sehr wertschätzend angenommen. Wir haben viele positive Rückmeldungen von den Mentees erhalten. Sie berichten vorallem, dass sie sich besser auf die Studieninhalte konzentrieren können und motivierter lernen, weil sie weniger Zeit mit der Suche nach Ansprechpersonen oder Lösungen verlieren und Unsicherheiten direkt ansprechen können. Teilnehmende geben auch an, dass sie durch die Seminare und den Austausch selbstsicher geworden sind oder erstmals einen Raum gefunden zu haben, um sich offen auszutauschen und sich nicht zu verstecken, sondern erproben zu können.

Die Mentor*innen sind der Motor

Ohne das Engagement der Mentor*innen wäre das Programm nicht möglich. Sie machen sich viele Gedanken darüber, wie sie die Mentees gut begleiten und geben ihnen wichtige Tipps und Impulse, um Herausforderungen und Schwierigkeiten zu lösen. Ich beobachte dabei eine hohe intrinsische Motivation, eigene Erfahrungen weiterzugeben. Die Mentor*innen freuen sich, wenn es ihnen gelingt Orientierung zu geben und ihren Mentees so den Studieneinstieg zu erleichtern. Gleichzeitig berichten sie, dass sie durch die Begleitung ihr eigenes Studierverhalten reflektieren konnten und sich bewusst mit eigenen Lern- und Zeitstrategien auseinandergesetzt haben. Da auch die Teilnahme in der Mentor*innenrolle viele innere Prozesse anstößt, werden im aktuellen Durchgang zusätzliche Reflexionseinheiten für die Mentor*innen angeboten.

Die Tandems der ersten Kohorte erreichen nach zwei Semestern übrigens gerade die Zielgerade. Viele Teilnehmende wollen weiter in Kontakt bleiben oder (erneut) als Mentor*in teilnehmen. Das ist eine sehr schöne Rückmeldung für das Programm.

Wenn Sie sich auch für eine Teilnahme als Mentee (Person, die Unterstützung sucht) oder als Mentor*in (Person, die unterstützen möchte) interessieren, finden Sie auf der hier verlinkten Projektseite alle Informationen und Bewerbungsmöglichkeiten.

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Wen kann ich ansprechen?

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studyFIT | 09.04.2024