Leonie Wolters

Fernstudium zwischen Klinik-Job und Weinanbau

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Nach dem FernUni-Studium kreierte Leonie Wolters ihren eigenen Wein, der Master in Wirtschaftswissenschaft hilft bei der Vermarktung.

Wäre nicht die Festanstellung im Universitätsklinikum Münster dazwischengekommen, Leonie Wolters hätte vermutlich gar kein Studium an der FernUniversität in Hagen begonnen. Eigentlich wollte die 30-Jährige nach ihrem Bachelorabschluss in BWL im Jahr 2016 nur ein Praktikum in der Verwaltung der Uniklinik machen. Stattdessen hielt man ihr nach zwei Monaten einen Jahresvertrag unter die Nase. „Damit war der Plan eines Masterstudiums in Vollzeit natürlich erst mal gestorben“, sagt die gebürtige Münsteranerin. Doch von einigen ihrer Arbeitskolleg:innen erfuhr sie von einer staatlichen Universität in Hagen, die vollwertige Fernstudiengänge noch dazu in Teilzeit anbietet. Geboren war Plan B. „Die Entscheidung stand schnell fest und ich habe sie nicht ein einziges Mal bereut, das Konzept der FernUni war für mich genau das Richtige.“ Inzwischen hat Leonie Wolters ihren Master in Wirtschaftswissenschaft in der Tasche und ist von der Praktikantin zur Teamleiterin im Forderungs- und Zahlungsmanagement des Klinikums aufgestiegen.

Am Fernstudium hat ihr besonders die zeitliche und räumliche Flexibilität gefallen. „Mir war es wichtig, nicht jeden Samstag irgendwohin fahren zu müssen und dass ich selbst entscheiden konnte, wie viele Klausuren ich in einem Semester schreibe“, fasst sie ihre Erfahrung mit der erprobten Hagener Fernlehre zusammen. Kurz bevor 2021 die Masterarbeit anstand, entschied sie sich, ein Urlaubssemester einzulegen – allerdings nicht um Urlaub zu machen. „Zu dem Zeitpunkt war bei uns im Krankenhaus gerade Jahresabschluss. Das ist immer eine sehr stressige Phase.“ Obwohl sie sich selbst als absoluten Zahlenmenschen bezeichnen würde, Bilanzen plus Masterarbeit, das war ihr dann doch zu viel Rechnerei auf einmal.

Der Profi-Fußball als Versuchslabor

Auch, weil die vielseitig interessierte Frau in ihrer Masterarbeit in ein für sie komplett neues Thema eintauchen wollte. Ein halbes Jahr lang beschäftigte sie sich intensiv mit der Frage, ob regionale AfD-Wahlergebnisse Einfluss auf das ethnische Profil von Fußballmannschaften haben. Was das mit Wirtschaftswissenschaft zu tun hat? Der Sportsektor bietet als Arbeitsmarkt ideale Bedingungen für ökonomische Analysen. Es gibt kaum vergleichbare Bereiche in denen frei zugängliche Daten zu den Angestellten, deren Leistungen, Aussehen und den Leitungsfunktionären vorliegen.

„Wenn sich herausstellt, dass Vereine ihre Mannschaften nach den Interessen der Zuschauer – in dem Fall AfD-Wähler – zusammenstellen, ist das eine Form von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt“, erklärt die FernUni-Absolventin ihren Forschungsansatz. „Und das in Deutschland etablierte Ligen-System des Deutschen Fußball-Bundes bietet die einzigartige Möglichkeit, eben diesen Arbeitsmarkt detailliert zu untersuchen.“

Im Rahmen ihrer Forschung entdeckte sie tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Einstellung von AfD-Wählerinnen und -Wählern und der Mannschaftszusammenstellung vor allem in der 2. und 3. Bundesliga. Ganz unabhängig von der Leistung der Spieler waren die Mannschaften in von der AfD geprägten Regionen weniger divers – außer in der 1. Bundesliga. „Was gut ist, weil Diversifikation im Profifußball als Erfolgsfaktor für Integration und Gleichberechtigung angesehen werden kann“, bewertet sie ihre Ergebnisse.

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Weinprobe macht Leonie Wolters (re.) am liebsten zusammen mit Schwester Pauline Schulte.

Nach dem Master: Erst mal Wein

Als die Masterarbeit abgegeben und das Studium abgeschlossen war – hatte sie nicht nur Grund zur Freude, sondern auch wieder mehr Zeit für aufgeschobene Träume. Schon länger hatten Leonie Wolters und ihre Schwester Pauline Schulte, die gelernte Winzerin ist, darüber nachgedacht, mal einen eigenen Wein anzubauen. „In Münster geht das natürlich schlecht, aber Pauline hat Weinbau studiert und gute Kontakte zu Weinbauern.“ Bei einem befreundeten Weingut in Hessen wurden ihre Trauben traditionell per Hand verlesen und nach monatelanger Lagerung im Holzfass, floss Ende des Jahres ein edler trockener Cuveè ins Glas – eine Mischung aus Weißburgunder und Chardonnay.

„640 Flaschen waren dann aber doch ein bisschen viel für den Eigenbedarf und hätten nicht in unsere privaten Weinkeller gepasst“, freut sich Leonie Wolters noch immer über die gute Ausbeute. Ganz BWLerin witterte sie direkt eine Geschäftsidee und die Geschwister begannen, den trockenen „No. 1 Münster“ auf Instagram zu vermarkten. Inzwischen verkaufen sie die schicken Flaschen mit der gelben Wachskapsel in ausgewählten Geschäften.

Voller Vorfreude möchten die beiden in diesem Jahr einen Nachfolger kreieren. „Diesmal soll er fruchtig und frisch werden, etwas für den Sommer“, sagt Leonie Wolters und setzt auf spritzigen Genuss an lauen Abenden. Ihrem Hauptberuf möchte sie trotz des Weinerfolgs treu bleiben. „Ich arbeite gerne und mein Job macht mir Spaß, aber für mich ist es einfach sehr wichtig, sich immer in mehr als einem Bereich gut auszukennen.“

Eindrücke vom Weinanbau bis zur Abfüllung, aber natürlich auch von der Weinverkostung, zeigt die FernUni-Absolventin gemeinsam mit ihrer Schwester Pauline auf dem Instagram-Kanal @geschwisterschulte_wein.

Stand: März 2022