Kolloquium

Thema:
Troubling Europe
Referent/-in:
Felicitas Schmieder, Hagen
Adresse:
FernUniversität Hagen Neubau KSW, Universitätsstraße 33 Gebäudeteil B, Raum B 0.025
Termin:
05.12.2017, 18:15 Uhr

Troubling Europe

“Europa” ist kein mittelalterlicher Begriff, der in mehr als nur marginalen Punkten über geographische Inhalte hinausginge: Peter Burke hat ganz richtig festgestellt, dass eine Idee von Europa, die als allgegenwärtig, verfügbar und wohlbekannt bei allen, die in politische Diskurse involviert waren, nicht vor etwa 1700 existierte. Aber weil “Europa” für uns heute ein wichtiges Gebilde ist, wollen wir, dass es tief in die Vergangenheit – das Mittelalter, sogar die Antike – zurückreichende Wurzeln hat. Also konstruieren wir das mittelalterliche Europa: Wir schauen zurück und versuchen Erwartungen zu erfüllen, die wir aus modernen (wechselnden, sogar unstetigen) Notwendigkeiten ableiten. Und wir konstruieren es, wie wir die mittelalterlichen Nationen konstruiert haben – kein Wunder, da sich die mediävistischen akademischen Fächer entwickelt haben im Zeitalter der (Etablierung der) Nationalstaaten. Manchmal sehen wir die mittelalterliche Geschichte Europas als Summe der mittelalterlichen “Nationalgeschichten”. Doch auch wenn wir darüber hinauskommen und etwas genereller “Europäisches” identifizieren wollen, entwerfen wir Europa wie einen Nationalstaat und versuchen nicht zuletzt, harte Außengrenzen zu bestimmen, die bis hin zu harten kulturellen Außengrenzen reichen, als wäre der Nationalstaat die einzig mögliche Weise, menschlichen Zusammenleben zu organisieren.

Der Vortrag ist zu verstehen vor dem Hintergrund eines geplanten Netzwerkprojekts, bei dem es darum gehen soll, über Europa zu reden, ohne Europa zu „definieren“, und unterschiedliche Vorstellungen vom mittelalterlichen Europa in modernen nationalen Diskursen oder solchen anderer sozialer Großgruppen vergleichend zusammenzufügen.

Karin Gockel | 08.04.2024