Kolloquium

Thema:
"Gewaltordnung. Der 'Deutsche Osten' und die Gewalt gegen Polen, 1939-1945".
Referent/-in:
Daniel Brewing
Adresse:
R A U M Ä N D E R U N G! FernUniversität Hagen Neubau KSW, Universitätsstraße 33 Gebäudeteil B, Raum B 1.026
Termin:
05.02.2013, 18:15 Uhr

Die deutsche Besatzungsherrschaft in Polen war ein Ereignis massenhafter Gewalt. Im „Deutschen Osten“ war die Gewalt Strukturprinzip und alltägliche Handlungsform: Öffentliche Erschießungen, unterschiedslose „Vergeltungsaktionen“, Geiselnahmen, Folterungen und Dorfeinäscherungen prägten das Geschehen und waren Kennzeichen jener Welle der Gewalt, von der die polnische Zivilbevölkerung auch nach Abklingen der Kampfhandlungen im September 1939 getroffen wurde. Vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen zum Gewaltbegriff werde ich in diesem Vortrag die entscheidenden Parameter, Bedingungen und Strukturen der extremen Gewalt gegen die polnische Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkriegs vorstellen. Anschließend gehe ich auf intensiver auf eine spezifische Gewaltform ein, mit der Einheiten der Wehrmacht und des SS- und Polizeiapparates ab dem Jahre 1942 den ländlichen Raum überzogen haben: die sog. „Bandenbekämpfung“. Der Vortrag verfolgt drei Ziele: Erstens wird eine spezifische Gewaltform in den Blick genommen, die bislang eher am Rande behandelt worden ist. Eine Analyse der Strukturen, Motive und Kontexte der Massenerschießungen im Rahmen der „Bandenbekämpfung“ verdeutlicht die destruktive Wucht, von der die Bevölkerung des ländlichen Raums getroffen wurde. Zweitens, zentraler noch, bietet eine solche Analyse die Möglichkeit, institutionelle, organisatorische, personelle und konzeptionelle Verbindungen zu analogen Gewaltkomplexen in den Blick zu nehmen. Welche Zusammenhänge und Adaptionsprozesse können zwischen der „Bandenbekämpfung“ im besetzten Polen, der Shoah und dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion festgestellt werden? Drittens, schließlich, wird in dem Vortrag der Versuch unternommen, jene Handlungen zu erklären, die auf den ersten Blick als „sinnlose Grausamkeiten“ erscheinen. Warum kam es im Rahmen dieser „Aktionen“ immer wieder zu regelrechten Gewaltexzessen?

08.04.2024