Kolloquium

Thema:
Nichts als Dinge, die hintereinander geschehen? Vorstellungen von historischer Kausalität als Foki einer Kulturgeschichte der Geschichtstheorie
Referent/-in:
Tobias Winnerling, Düsseldorf
Adresse:
Digital über Zoom
Anmeldung bitte per Mail an karin.gockel@fernuni-hagen.de
Termin:
07.12.2021, 18:15 Uhr

Historische Kausalität ist eine ganz eigene Spielart von okkulter Korrespondenz, als sie nicht nur niemals je beobachtet wurde, sondern auch sich auch jeder strikten Festlegung sogleich entzieht. Obwohl zumindest für die europäische Geschichtsschreibung seit der Frühen Neuzeit weitgehende Einigkeit darin besteht, dass Geschichte nicht lediglich aus einer Vielzahl von Dingen besteht, die ganz einfach chronologisch aufeinander folgen, sondern im Gegenteil irgendeine Art von logischer oder notwendiger Verknüpfung zwischen Geschehnissen bestehe, ist bislang jedoch keinerlei Konsens darüber erzielt worden. Erstens ist keineswegs klar, wie festgestellt werden kann, welche der Dinge, die als Ereignisse die Grundelemente der Geschichte darstellen, nicht bloß aufeinander, sondern auseinander folgen sollen, zwischen welchen historischen Phänomenen also nicht-triviale Beziehungen bestehen. Und zweitens ist mindestens ebenso unklar, auf welche Weise diese Dinge auseinander folgen sollen, wenn denn einmal klar wäre, dass sie das tun.

Für eine kulturgeschichtliche Perspektive auf die Geschichte der Geschichtsschreibung kommt noch eine weitere Schwierigkeit hinzu. Die Verflechtung der beschriebenen Geschichte und der sie ausdeutenden Theorie beschreibt dabei einen selbstreflexiven Zirkel, denn jede Theorie kann als historisches Phänomen beschrieben und jede Darstellung historischer Phänomene theoretisch gedeutet werden.

Im vorgestellten Forschungsprojekt geht es mir also darum, Vorstellungen historischer Kausalität in der Geschichtsschreibung seit dem 16. Jahrhundert als Schlüsselpunkte für die Erarbeitung einer Kulturgeschichte geschichtstheoretischen Denkens in den Blick zu nehmen. Zwei Möglichkeiten sollen als dabei gleichberechtigt nebeneinanderstehend behandelt werden: Zum einen, dass die Vorstellung, es gäbe innere Gesetzmäßigkeiten zwischen Ereignissen, ein Ergebnis historischer Vorgänge ist; und zum anderen, dass historische Vorgänge untereinander unabhängig von Vorstellungen darüber faktisch durch innere Gesetzmäßigkeiten verbunden seien.

Karin Gockel | 08.04.2024