Wirtschaftlich handeln und dabei die Umwelt schonen

Wie kann individuelles moralisches Handeln für die Umweltpolitik genutzt werden? 410.000 Euro gibt die DFG für ein volkswirtschaftliches Forschungsprojekt an der FernUniversität.


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Der Schutz der Umwelt spielt bei immer mehr Menschen auch bei ihren wirtschaftlichen Aktivitäten eine große Rolle. Dies kann der Umweltpolitik Ansätze für mehr Nachhaltigkeit bieten. Für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist das dreijährige Forschungsvorhaben „Theoretische Grundlagen der Umweltpolitik bei moralischen Konsumenten“ des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft an der FernUniversität in Hagen so interessant, dass sie es mit 410.000 Euro fördert. Zwei Promotionsstellen in dem Projekt bezuschusst die DFG mit unüblich hohen 75 Prozent, damit Prof. Dr. Thomas Eichner qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs hierfür gewinnen kann.

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Prof. Thomas Eichner

Dieses Projekt der Grundlagenforschung untersucht, wie sich moralisches Handeln von Konsumentinnen, Konsumenten und Firmen auf die Wirkungen der Umweltpolitik und die optimale Umweltpolitik auswirken. Dafür untersucht Prof. Eichner Emissionsbesteuerung und Emissionshandel, Anstöße (Nudging) für umweltgerechtes Handeln, Subventionierung erneuerbarer Energie, unilaterale Umweltpolitik und internationale Umweltabkommen.

Motivationen für ökonomisches Handeln

Das in den Wirtschaftswissenschaften vorherrschende Menschenbild des Homo Oeconomicus handelt aus rein wirtschaftlichem Eigeninteresse. Bei diesem in der Ökonomie vorherrschenden „egoistischen“ Menschenbild interessieren das handelnde Individuum die Folgen seines Tuns für andere nicht.

Allerdings bildet dieses Modell die Realität nicht vollständig ab, denn viele Menschen agieren moralisch, selbst wenn sie dadurch unmittelbar keinen materiellen Nutzen haben. Das kann nicht nur alltäglich beobachtet werden, sondern es gibt auch empirische und experimentelle Studien, die moralisches Verhalten nachweisen.

Wenn alle moralisch anstatt egoistisch handeln würden, wäre das für alle besser.

Prof. Thomas Eichner

Dabei ist es gar nicht einfach, realen Personen verständlich zu machen, dass sie verantwortungs- und rücksichtsvoll handeln sollten: „Der eigene Beitrag zum Umweltschutz hat kaum einen messbaren Einfluss auf die Umweltverschmutzung“, erklärt Prof. Eichner. Als Beispiele nennt er das Vermeiden von Flügen und den Kauf eines Elektroautos, um den CO2-Ausstoß zu vermindern: „Einzelne können demnach nicht wirklich etwas gegen die Umweltverschmutzung tun. Wenn aber alle ihren CO2-Ausstoß mindern, so kann der Anstieg der Erderwärmung reduziert werden. Dabei weiß der Einzelne, dass Handeln nach den Prinzipien von Immanuel Kant richtig wäre. Wir fühlen uns also oft durchaus moralisch zu einem bestimmten ‚vorbildlichen‘ Handeln verpflichtet, aber das Eigeninteresse hält uns davon ab. Wenn alle moralisch anstatt egoistisch handeln würden, wäre das für alle besser.“

Veränderungen in der Umweltpolitik

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Staatliche Instrumente wie der Zertifikatshandel sind notwendig, um Verhalten zu lenken und Ineffizienzen zu beseitigen. Mit Blick auf einen ökonomischen „Homo Moralis“ stellt sich jedoch die Frage, wie die Umweltpolitik und ihre Maßnahmen an das neue Menschenbild angepasst werden müssen. Wie wirken sich moralische Präferenzen auf die Wirkungen der Umweltpolitik aus und wie ändert sich die bestmögliche Umweltpolitik? „Und was heißt das dann auf der ganz hohen Ebene? Etwa bei Klimaverhandlungen? Das sind Fragen, denen wir in unserem Projekt nachgehen werden“, erläutert Thomas Eichner.

Dabei betrachtet er sowohl geschlossene Volkswirtschaften wie auch offene. Bei einer geschlossenen Volkswirtschaft eines Staates bleiben seine Handelsbezie-hungen mit anderen Ländern unberücksichtigt.

Staatlicher Egoismus

Tatsächlich jedoch spielen die Handelsbeziehungen zwischen den 196 Staaten der Erde eine große Rolle. Verschmutzungen, die in einem Staat entstehen, machen an seinen Grenzen nicht Halt.

So wie das Handeln eines einzelnen Menschen Folgen für andere hat, beeinflusst auch das Handeln eines Staates und seiner Volkswirtschaft andere. Doch das beachten Länder oft nicht, sondern Regierungen agieren nach dem Menschenbild des Homo Oeconomicus. Das erschwert ihre Zusammenarbeit zur Eindämmung des Klimawandels erheblich.

Anwendungsbezogene Grundlagenforschung

Eichner betont, dass sein Projekt der Grundlagenforschung zuzuordnen ist. Angewandt werden können die Ergebnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht im Hinblick auf Politikberatung.

Zu beachten sein wird dann auch, dass Menschen unterschiedlich sind und daher unterschiedlich moralisch handeln. Dementsprechend muss auch die Umweltpolitik, mit denen der Staat umweltschützendes Verhalten fördert, an das unterschiedliche Verhalten der Konsumenten und Firmen angepasst werden: „Daraus könnten sich Änderungen für das Steuersystem ergeben. So könnte es zum Beispiel unterschiedliche, dem individuellen Verhalten angepasste „Belohnungen“ als Anreize für umweltgerechtes Verhalten geben.“

Allerdings wird der Markt nach wie vor die für die Gesellschaft bestmögliche Verwendung knapper Ressourcen verfehlen. Jedoch werden Individuen mit moralischen Präferenzen mehr zum öffentlichen Gut „Umwelt“ beitragen als der Homo Oeconomicus.

Prof. Eichner ist Mitglied des Forschungsschwerpunkts „Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit“ der FernUniversität (FSP E/U/N).

Gerd Dapprich | 29.04.2021