Bitterballen & Frikandel – ein Besuch an der Open Universiteit (OUNL) in Heerlen

von Nicole Engelhardt und Anna Hinzmann

Open Universiteit (OUNL) - Gebäude "Hagen"
Open Universiteit (OUNL) – Gebäude „Hagen“ (Foto: FernUniversität)

Unsere Nachbarn der Open Universiteit in Heerlen (OUNL) haben gemeinsam mit der European Association of Distance Teaching Universities (EADTU) Ende November Mitarbeiter*innen der europäischen Fernhochschulen zum Thema Student Support Services eingeladen und circa 30 Personen aus ganz Europa, darunter vier von der FernUniversität, sind dieser Einladung gefolgt. An zwei Tagen haben wir uns intensiv ausgetauscht. In kleinen Workshopsessions haben wir über die digitale Transformation gesprochen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für E-Learning, dahinterstehende Prozesse, aber auch Hochschulmarketing. Einige für uns besonders spannende Impulse möchten wir im Folgenden noch einmal aufgreifen.

Die OUNL wurde 1984 nach dem Vorbild der britischen Open University gegründet. Es sollte möglichst allen jederzeit ein Zugang zur universitären Bildung ermöglicht werden. Dreißig Jahre später, 2014, haben sie festgestellt: Zuviel Flexibilität ist auch nicht gut. Die ursprünglich jederzeit mögliche Einschreibung wurde eingestellt, ein neues Educational Model, welches die Studierenden ins Zentrum stellt, entwickelt. Durch die damit nur noch semesterweise mögliche Immatrikulation sollte die Begleitung der Studierenden optimiert werden. Ein Forschungsprojekt hat den Veränderungsprozess begleitet und konnte letztlich herausfinden, dass die Veränderungen nicht nur zu einer Steigerung der Abschlüsse, sondern auch zu einer Erhöhung der Zufriedenheit bei den Studierenden und Mitarbeitenden geführt haben. Als eine wesentliche Erkenntnis hat die Universität für sich aus diesem Prozess mit hinausgenommen, dass es für einen erfolgreichen Lehrbetrieb wesentlich ist, die Studierenden zu verstehen und diese in den Fokus aller Prozesse zu stellen. – Ähnliche Diskussionen finden auch bei uns an der FernUniversität statt. Vor allem die Studieneingangsphase wurde in den letzten Jahren immer wieder genauer betrachtet und durch unterschiedliche Projekte erforscht und optimiert (vgl. diverse Treffen des Netzwerks Lehre in den vergangenen Jahren als auch den erst kürzlich abgeschlossenen Call „Studieneingangsphase“ im Rahmen des Förderprogramms Innovative Lehre [interne Links]).

Zur Umsetzung und Unterstützung des Educational Model wurde seit 2014 außerdem die Lernplattform yOUlearn entwickelt, die Teil des Portalsystems der OUNL ist und auf Liferay basiert. Es stehen unterschiedliche, auf das Lernmodell abgestimmte Kursvorlagen für Lehrende zur Verfügung mit virtuellen Klassenzimmern, Kommunikationstools, Workflows zur Einreichung von Aufgaben etc. sowie Monitoring-Tools, mit denen die Lehrenden das Lernverhalten der Studierenden im Blick behalten und ihre Angebote entsprechend anpassen können. Halbjährlich werden Roadmaps mit Anforderungen erstellt und von einem Nutzerrat bestehend aus Mitgliedern aller Fakultäten vorgeschlagen und priorisiert. Ein SCRUM-Team aus Entwicklern, einem Tester, einem UI-Designer und einem Project Owner entwickelt auf dieser Grundlage die Lernplattform stetig weiter. Da auch an der FernUniversität im Projekt Lehrbetrieb derzeit ein Portal für Studium und Lehre – ebenfalls mit Liferay – entwickelt wird, waren die Erfahrungen und Herangehensweisen sehr interessant für uns.

Die Studierenden in den Fokus zu setzen ist eine Konsequenz, die sich auch in jüngeren Entwicklungen der OUNL niederschlägt. Seit einem Jahr beschäftigt sich die Hochschule damit, ihre gesamten Geschäftsprozesse neu aufzusetzen. Basis dafür bildet der Student Life Cycle – wieder steht damit der Student bzw. die Studentin im Mittelpunkt. Die Herausforderung besteht darin, vorhandene Silos einzelner Abteilungen aufzulösen und Abläufe entsprechend studierendenorientierter Prozesse zu organisieren. Das Vorgehen orientiert sich an agilen Methoden. Die OUNL legt Wert auf kleine, iterative Schritte und startet bei der Umsetzung mit drei wichtigen, aber gleichzeitig auch überschaubaren Prozessen. Transparenz für alle Projektbeteiligte wird ebenfalls betont und durch zentralen Dokumentenzugriff gewährleistet. Auf die Nachfrage, wie der damit einhergehende Kulturwandel unterstützt wird, wurde die Bedeutung der passenden Kommunikation angesprochen. Es ist wichtig, eine passende Balance hinsichtlich der bereitgestellten Informationen zu finden und Personen aus den unterschiedlichen Hochschulbereichen als Dolmetscher*innen zu etablieren, die zwischen den Wissenschaftler*innen und den Mitarbeiter*innen der administrativen Bereiche wandeln und durch die passende Sprache die Veränderung mitgestalten. Spezifische Anreizsysteme gibt es hingegen nicht. Vieles basiert auf einem veränderten Mindset: Kommunikation auf Augenhöhe. – Die dahinterstehenden Themen sind bei allen Hochschulen die gleichen. Und auch wir setzen uns bereits damit auseinander, wie wir Prozesse optimieren und noch besser unser Hauptaugenmerk auf Studium und Lehre richten können. Einige Rückmeldungen und Impulse hierzu haben wir erst kürzlich durch die durchgeführte Evaluation der e-KOO erhalten; ein Fragebogen, der die Zufriedenheit, aber auch die bestehenden Unterstützungsbedarfe durch die e-KOO gleichermaßen bei Studierenden als auch Mitarbeiter*innen erhoben hat. Noch werten wir die Ergebnisse aus. Für 2020 nehmen wir uns vor, daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten und Veränderungen zu bewirken.

Abendliche Stadtführung in Maastricht
Abendliche Stadtführung in Maastricht (Foto: FernUniversität)

Neben noch weiteren spannenden Impulsen und Austauschformaten zu Themen wie Prozessmanagement und Marketing, haben unsere Gastgeber*innen auch für ein interessantes Rahmenprogramm gesorgt. Eine gemeinsame Stadtführung durch Maastricht mit anschließendem Abendessen, mit leckeren Alternativen zu den mittäglichen Bitterballen und Frikandeln ;-),  sorgte für die weitere europäische Vernetzung.

Auch wenn ein Erasmus Staff Exchange regelmäßig mit anderen Hochschulen stattfindet – ein Austausch dieser Art, der sich explizit an Mitarbeiter*innen aus studiumsunterstützenden Serviceeinrichtungen der europäischen Fernhochschulen richtete – ist bisher einmalig. Das soll so aber nicht bleiben. Wie auch wir waren unsere europäischen Kolleginnen und Kollegen von dem Format begeistert, so dass schnell feststand, dass dies nur der Startschuss für ein festes Netzwerk sein soll. Für Ende 2020 ist bereits das nächste Treffen angedacht und für die Zeit bis dahin soll es natürlich digital weitergehen.

 

 

 



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