Projekt

Selbstbehauptung und Modernisierung mit Zeremoniell und Ehrenzeichen. Zur Rezeption europäischer Orden und zur Politik der Ordensverleihung in Siam.

Projektleitung:
Reinhard Wendt
Mitarbeitende:
Dr. Suphot Manalapanacharoen
Status:
abgeschlossen
fördernde Einrichtungen:
DFG

Orden und Zeremoniell waren und sind wichtige Bestandteile symbolischer Politik eines Herrschaftssystems, nicht nur im Westen, sondern auch in Asien. Sie gehören zur politischen und sozialen Ordnung einer Gesellschaft und dienen der Selbstdarstellung des Herrschers. Durch die öffentlich inszenierte Belohnung wird eine Herrschaft legitimiert und bekräftigt. Orden und Zeremoniell sind also Rituale der Macht, welche im Laufe der Zeit stets verändert wurden. Auch in Siam (Thailand seit 1939) erfuhren solche Rituale der Macht eine fortwährende Transformation. Die schlagartige Änderung der Situation in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts infolge der weltweiten europäischen Dominanz stellte für Siam nicht nur eine Bedrohung dar, sondern gab dem Land auch den Antrieb zu einer umfassenden Reform und Umgestaltung des Staatswesens. Die Orden in Siam entstanden in diesem Zusammenhang und waren somit ein Teil des Modernisierungsprogramms.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die siamesischen Orden die typischen Merkmale aufweisen, die auftreten, wenn fremde Einflüsse zum eigenen Vorteil genutzt werden: Die Übernahme der europäischen Moderne zielte einerseits auf die Machterhaltung im Inneren, andererseits auf die Zugehörigkeit zur westlich-europäischen Staatenwelt. Die Modernisierung des siamesischen Auszeichnungswesens stand im Spannungsfeld zwischen Aneignung fremder Einflüsse und Selbstbehauptung. Die Integration der europäischen Orden ging parallel mit der Modernisierung des Staatswesens Siams einher; sie erfolgte in mehreren Stadien, den Schüben der kolonialen Ausbreitung entsprechend. Die Einführung der Orden in Siam wurde in den Prozess der Herausbildung des modernen Nationalstaats eingebettet. Die Untersuchung konnte im Detail nachzeichnen, wie facettenreich sich das Ordenswesen in Siam nach und nach gestaltete und in welchen unterschiedlichen Kontexten es betrachtet werden kann und muss.

Zu den zentralen Ergebnissen der Untersuchung gehört die Erkenntnis, dass mit Hilfe einer durchdachten, selektiven, Elemente der europäischen Moderne und siamesische Traditionen verbindenden symbolischen Politik tatsächlich eine erfolgreiche Selbstbehauptung gelang. Sie demonstrierte sichtbar nach außen eine erfolgreiche Modernisierung. Mit Hilfe der Strategien der Ordensgestaltung und –verleihung gelang es, Reputation und Ansehen des Landes in der westlichen Welt so zu verbessern, dass es zu Akzeptanz und Kooperation wichtiger europäischer Akteure kam. Als Folge der symbolischen Politik entwickelte sich eine siamesisch-europäische Interaktion, die im Laufe der Zeit vielschichtiger wurde. Siam und Europa wechselten die Rolle des Empfängers und Initiators kontinuierlich. Zunächst sorgten europäische Orden für Aufstiegschancen siamesischer Persönlichkeiten in westlichen Ländern, danach boten die siamesischen Orden westlichen, rangniederen Beamten und Kleinbürgern bessere Karrierechancen in Europa; nicht zuletzt unterstützten die siamesischen Orden auch europäische Monarchen.

Die Modernisierung und Selbstbehauptung Siams am Beispiel der Orden können nicht nur als ein weiterer „Sonderweg“ bezeichnet werden, sondern zeigen auch, aus globaler Sicht, die Vielfalt von Modernisierungsprozessen auf.

Abschlusspublikation zum Projekt:

Suphot Manalapanacharoen: Selbstbehauptung und Modernisierung mit Zeremoniell und symbolischer Politik. Zur Rezeption europäischer Orden und zu Strategien der Ordensverleihung in Siam. Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven, Bd. 33. Konstanz, München 2017.

13.08.2021