Präsenzveranstaltung

Thema:
Kaiser und Sultan (AUSGEBUCHT)
Zielgruppe:
BA KuWi: Modul G4; MA EuMo: Modul 2E; Modul 6G; MA GeEu
Ort:
Karlsruhe
Adresse:
Campus Karlsruhe
Kriegsstraße 100 (Postbankgebäude)
2. Obergeschoss
76133 Karlsruhe

Raum BASEL
Termin:
07.02.2020 bis
08.02.2020
Zeitraum:
Freitag, 07.02.2020, 09:00 bis 18:00 Uhr,
Samstag, 08.02.2020, 09:00 bis 18:00 Uhr
Leitung:
Prof. Dr. Jürgen G. Nagel
Prof. Dr. Felicitas Schmieder
Anmeldefrist:
27.12.2019
Anmeldung:
ONLINE-Anmeldung s. unten
Auskunft erteilt:
Prof. Dr. Jürgen G. Nagel , E-Mail: juergen.nagel , Telefon: +49 2331 987 - 2114
Karin Gockel , E-Mail: karin.gockel , Telefon: +49 2331 987 - 2122

„Türken“ gab es im Weltbild der Latein-Europäer spätestens mit dem Aufruf Papst Urbans II. zum „Kreuzzug“ in Clermont 1095: der Hilferuf des byzantinischen Kaisers hob vor allem auf die Seldschuken ab, die seit ihrem Sieg über die Byzantiner 1071 bei Manzikert zu einer existentiellen Gefahr für das griechische Kaiserreich zu werden drohten und die seither auch das Heilige Land beherrschten. Das westliche Kaisertum kam mit Türken ernstlich in Berührung, als Kaiser Friedrich I. Barbarossa am 18. Mai 1190 auf seinem Weg zum Dritten Kreuzzug bei Iconium (Konya) ein Seldschukenheer schlug und anschließend am 10. Juni im Saleph ertrank.

Bei aller Bedeutung des Heiligen Landes allerdings für die Christenheit blieb es doch ein relativ ferner Ort — Papst Urban hatte 1095 nicht zuletzt betont, dass nur noch Europa als christlicher Erdteil übriggebliebene sei, während die anderen beiden ganz in der Hand der Ungläubigen seien. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts aber griffen Türken, nun die expandierende Macht der Osmanen, auf dieses Europa über; wie ernst Sie es meinten, zeigt die Verlegung der Hauptstadt 1368 nach Adrianopel/ Edirne. Kaiser Sigismund (reg. 1433-1437) war der erste in der langen, bis zum Ende des Alten Reiches 1806 andauernden Reihe westlicher Kaiser, die in ihren ostmitteleuropäischen Kerngebieten eine direkte Grenze mit dem Osmanischen Reich hatten. Er hatte als ungarischer König (reg. seit 1387) mit einem „europäischen“ Kreuzzug 1396 bei Nikopolis an der unteren Donau eine vernichtende Niederlage erlitten und seine Nachfolger aus dem Hause Habsburg, die ihren Schwerpunkt in Österreich hatten und seit 1526 auch den ungarischen Thron beanspruchten, hatten sich über Jahrhunderte der vordringenden Osmanen zu erwehren oder wenigstens die Grenze zu sichern. Berühmt und sogar sprichwörtlich sind die Kämpfe um Wien (1529 und 1683) oder der Prinz Eugen im Großen Türkenkrieg um 1700, aber auch der Seesieg von Lepanto 1571, an dem zumindest die spanischen Habsburger beteiligt waren.

Doch schon Kaiser Sigismund hatte nicht zuletzt versucht, seinen Osmanenkampf auch gegen das christliche Venedig zu richten, denn niemals erschienen „die Türken“ offenbar so gefährlich, dass sich gegen sie die christlichen Mächte vereinigt hätten, statt in der Schwächung der christlichen Konkurrenten ihren eigenen Vorteil zu suchen. War die Rhetorik der Glaubensfeindschaft zwar unter Umständen willkommen, sah aber die Realpolitik ganz andere und vor allem wesentlich flexiblere Grenzlinien?

Immerhin bestand die Geschichte der europäisch-osmanischen Beziehungen keineswegs nur aus kriegerischen Auseinandersetzungen. Sie war auch eine Geschichte der diplomatischen Beziehungen, die im Laufe des 17. Jahrhunderts durch ständige Gesandtschaften zunehmend institutionalisiert wurden, und der Handelskontakte, die zu festen, mit Priviliegien ausgestatteten Ansiedlungen europäischer Kaufleute in Istanbul führten. In den europäischen Territorien des Osmanischen Reichs entwickelten sich neue Formen des Zusammenlebens, die nicht zuletzt die Konversion von Christen zum Islam beinhaltete. Zugleich wurden lokale Eliten in das Verwaltungs- und Herrschaftsgefüge integriert.

Vor dem Hintergrund dieser politischen, nicht selten ökonomisch getriebenen Vorgänge und Konstellationen entwickelte sich das westliche Türkenbild, in der Vielfalt zahlreicher Bilder und Bildelemente, entwickelten sich Wissen und Urteile, Reisende ins osmanische Reich lieferten Exotik, doch auch Informationen, Südosteuropa war über Jahrhunderte Austauschregion und ist bis heute Heimat von alteingesessenen europäischen Muslimen.

Die Ausstellung „Kaiser und Sultan“, die das Badische Landesmuseum in Karlsruhe um die „Karlsruher Türkenbeute“ herum präsentiert — „eine Trophäensammlung der badischen Markgrafen aus den Türkenkriegen des 17. Jahrhunderts“ — ist Anlass der Präsenzveranstaltung und wird von uns besucht werden. Denn, so weiter die Ausstellungsankündigung, „wie kaum eine andere Sammlung steht sie für die Geschichte Badens und beleuchtet gleichzeitig deren europäische Dimension. Erstmals widmet sich die Große Landesausstellung „Kaiser und Sultan“ den historischen und kulturellen Verflechtungen in Ostmittel- und Südosteuropa. Das im Herzen Europas gelegene und von den Osmanen Rumelien genannte Gebiet war im 17. Jahrhundert Schauplatz von Kriegen und Glaubenskonflikten. Im Spannungsfeld der Großmächte wurden Ungarn, Siebenbürgen und die Balkanhalbinsel zu Transit- und Grenzräumen. Gerade dieser Korridor bildete sich auf dem europäischen Kontinent zu einem bislang kaum bekannten Tor des Wissenstransfers heraus. Die Große Landesausstellung rückt die zivilisatorischen Neuerungen in den Mittelpunkt, die im Sch0atten von Machtpolitik und Glaubenskonflikten entstanden: Innovationen in Architektur, Kunst und Mode oder die Einführung neuer technischer Verfahren. ... Die gewählte Zeitspanne umfasst rund 100 Jahre vom „Langen Türkenkrieg“ (1593–1606) bis zum Ende des „Großen Türkenkriegs“ (1683–1699). Mit seinen politischen, wirtschaftlichen und religiösen Kriegen, die breite Flucht- und Migrationsströme zur Folge hatten, ist das 17. Jahrhundert ein Spiegel unserer Zeit: Es bietet Anknüpfungspunkte zur gegenwärtigen Globalisierung mit ihren zunehmend interkulturellen Gesellschaften und hinterfragt gegenwärtige Stereotypen über den Islam und das vermeintlich Fremde.“

Spiegel der eigenen Zeit aufzurichten, Bezüge auf unsere Gegenwart herzustellen, informierend und belehrend zu wirken, ist die Aufgabe von Museen und insbesondere historischen Ausstellungen. Neben Stichworten wir Flucht- und Migration, Globalisierung, Interkulturalität und Fremdheit scheint vor allem Europa — sein Herz — betont zu werden. Ohne einen solchen europäischen Blickwinkel geht heutzutage kaum etwas, gleichgültig wie durchdacht das Konzept „Europa“ ist, das dahintersteht, und wie beabsichtigt die Konnotationen, die transportiert werden. Nicht zuletzt die aktuellen Diskussionen darum, wie Europa definiert werden kann, wo seine Grenzen liegen, wie man es auch der Geschichte legitimieren will, sollen daher in den Blick kommen, indem wir darauf achten, wie (falls überhaupt) die Ausstellung Europa und seine Grenzen definiert, wie das historischen Überlegungen standhält und welche Botschaft dadurch in die Öffentlichkeit eines umstrittenen Europa gesandt wird.

Literatur:

- Filipović, Emir O., Late medieval Southeast Europe between Latin Christianity, Orthodoxy, and Ottoman Islam, Hagen 2019 = Kurs 33545

- Badisches Landesmuseum, Kaiser und Sultan. Nachbarn in der Mitte Europas 1600-1700, Ausstellungskatalog, München 2019.

- Howard, Douglas A., Das Osmanische Reich 1300-1924, Darmstadt 2018.

- Fleet, Kate (Hg.), The Cambdige History of Turkey. Vol. 1: Byzantium to Turkey, 1071-1453, Cambridge 2009.

- Faroqhi, Suraiya N./ Fleet, Kate (Hg.), The Cambdige History of Turkey. Vol. 2: The Ottoman Empire as a World Power, 1453-1603, Cambridge 2013.

- Faroqhi, Suraiya N. (Hg.), The Cambdige History of Turkey. Vol. 3: The Later Ottoman Empire, 1603-1839, Cambridge 2006.

- Aksan, Virginia H. (Hg.), The Early Modern Ottomans. Remapping the Empire, New York 2007.

- Wasiucionek, Michal, The Ottomans and Eastern Europe. Borders and Political Patronage in the Early Modern World, London 2019.

- Brummet, Palmira J., Mapping the Ottomans. Sovereignty, Territory, and Identity in the Early Modern Mediterranean, New York 2015.

- Tietze, Andreas (Hg.), Habsburgisch-osmanische Beziehungen, Wien 1985 (Beihefte zur Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, 13).

- Fichtner, Paula Sutter, Terror and Toleration. The Habsburg Empire Confronts Islam, 1526-1850, London 2008.

- Höfert, Almut, Den Feind beschreiben. „Türkengefahr“ und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450-1600, Frankfurt/Main 2003 (Campus Historische Studien, 35).

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Karin Gockel | 08.04.2024