Gespräche am Tor - Karlsruher Begegnungen zu Wissenschaft, Politik und Kultur

Erinnerung an die badische Revolution 1918/19

Detlev Fischer im Vortrag Foto: Werner Daum

Der Karlsruher Jurist Eduard Dietz als Vater der badischen Verfassung vom 21. März 1919

20.03.2019, 18 Uhr
Dr. Detlev Fischer

Flyer zur Veranstaltung (PDF 1 MB)

Erinnerung an den Vater der badischen Verfassung vom 21. März 1919

„Als maßgebliche Komponente im historischen Fundament der ‚Residenz des Rechts‘“ machte Dr. Detlev Fischer in den „Gesprächen am Tor“ den Karlsruher Juristen Eduard Dietz (1866-1940) verständlich. Gegenüber einem zahlreich erschienenen Stadtpublikum würdigte der Referent, Richter am Bundesgerichtshof a.D. und Vorsitzender des Vereins Rechtshistorisches Museum e.V. Karlsruhe, den entscheidenden Anteil Dietz‘ an den Karlsruher Revolutionsereignissen von 1918/19, die fast auf den Tag genau vor 100 Jahren in der Verabschiedung der badischen Verfassung durch die in Karlsruhe versammelte Nationalversammlung gipfelten.

Im ersten Teil seines durch historisches Bildmaterial veranschaulichten Vortrags zeichnete Fischer das atemberaubende Stakkato eines 1918/19 zunehmend an Fahrt aufnehmenden revolutionären und verfassungspolitischen Wandels im untergehenden Kaiserreich sowie in Baden und Karlsruhe nach. Dabei betonte der Referent den im Vergleich zu anderen Reichsteilen (insbesondere Berlin und München) friedlichen Revolutionsverlauf in Karlsruhe, an dem Ludwig Marum und Eduard Dietz als bedeutende politische Akteure ihrer Zeit einen maßgeblichen Anteil hatten. Insbesondere wies er aber die Urheberschaft Eduard Dietz‘ an der neuen badischen Verfassung von 1919 nach, in der er seine verfassungspolitischen Vorstellungen, insbesondere die Konzeption des Einkammerparlaments, gegen manche gegenläufige Auffassungen durchzusetzen vermochte.

Auf diesen verfassungspolitischen Erfolg folgte nur wenig später der umso überraschendere Verzicht Dietz‘ auf Mandat und Engagement in Politik und Partei. Damit war das Interesse für seinen genaueren persönlichen und beruflichen Lebensweg über die Revolutionsereignisse von 1918/19 hinaus geweckt, dessen Stationen Fischer im zweiten Teil des Vortrages nachging. Hier zeichnete der Referent das biografische Porträt einer im öffentlichen Leben der badischen Hauptstadt engagierten Persönlichkeit, die nicht nur den Reformbewegungen der Weimarer Zeit aufgeschlossen gegenüberstand, sondern sich als Rechtsanwalt nach dem langjährigen Vorsitz über die badische Anwaltskammer (1922-1933) mehrfach mit der Verteidigung von Nazi-Gegnern hervortat. Fischer schloss seine Würdigung dieses Karlsruher Juristen mit dem Plädoyer, der aktuell in der Stadtverwaltung und Stadtöffentlichkeit diskutierten Initiative zur Benennung einer Straße nach Eduard Dietz endlich stattzugeben, um der so beliebten Titulierung Karlsruhes als „Residenz des Rechts“ die nötige historische Begründung zu verleihen.

Detlev Fischer, geb. 1950 in Göttingen, ist in Karlsruhe aufgewachsen und war dort von 1995 bis 2002 als Richter am Oberlandesgericht tätig. Im Anschluss war er Vorsitzender einer Kammer für Handelssachen am Landgericht Karlsruhe. Von 2005 bis 2015 war Detlev Fischer Richter am Bundesgerichtshof. Seit 2005 ist er (ehrenamtlicher) Leiter des Rechtshistorischen Museums in Karlsruhe. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen zu zivilrechtlichen und rechtshistorischen Themen vorgelegt, u. a.: Karlsruher Juristenportraits aus der Vorzeit der Residenz des Rechts (2004); Rechtshistorische Rundgänge durch Karlsruhe – Residenz des Rechts (2005, 3. Aufl. 2017); Eduard Dietz (1866 – 1940), Vater der Badischen Landesverfassung von 1919, Ein Karlsruher Juristenleben (2008, 2. Aufl. 2012).

Literaturhinweis:
Detlev Fischer, Eduard Dietz (1866-1940). Vater der Badischen Landesverfassung von 1919. Ein Karlsruher Juristenleben, 2. Aufl. Karlsruhe 2012