Gespräche am Tor - Karlsruher Begegnungen zu Wissenschaft, Politik und Kultur

Dr. Peter Knötzele im Online-Vortrag Foto: FernUniversität
Dr. Peter Knötzele im Online-Vortrag

Die Römer in Karlsruhe

antike Spuren auf dem Gebiet einer jungen Stadt

25. Februar 2023, 18 Uhr
Dr. Peter Knötzele

Flyer zur Veranstaltung (PDF 144 KB)

Der Karlsruher Raum als Teil der Germania superior – ein Beispiel für die quellenkritische Rekonstruktion antiker Lebenswelten in den „Gesprächen am Tor“

Auf dem heutigen Gebiet der recht jungen, erst 1715 gegründeten Stadt Karlsruhe spielte sich vor knapp 2.000 Jahren ein reges römisches Leben ab. Der badische Raum bildete vom Ende des 1. bis zum Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. innerhalb des Römischen Reiches die Provinz Germania superior. Von der altrömischen Kultur in der Region zeugen bis heute nicht nur Baden-Baden und Ladenburg, die bekanntlich auf bedeutende römische Stadtgründungen (Aquae und Lopodunum) zurückgehen – auch im heutigen Karlsruher Stadtgebiet finden sich überraschende Spuren. Von diesen Funden berichtete Dr. Peter Knötzele (Archäologe und wissenschaftlicher Grabungsexperte, Karlsruhe) einem in Präsenz auf dem Campus Karlsruhe der FernUniversität zusammengekommenen und online zugeschalteten Publikum.

„Reste von antiken Bauwerken haben wir in Karlsruhe nicht vorliegen“, machte der Referent gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar, um die bis heute in der Innenstadt begegnenden antikisierenden Reminiszenzen des Weinbrennerschen Städtebaus von Anfang des 19. Jahrhunderts umso paradoxer erscheinen zu lassen. In der Tat „finden sich auf dem heutigen innerstädtischen Gebiet Karlsruhes keine Hinweise auf eine frühere, vor 1715 einsetzende Besiedlung – ganz zu schweigen von einer römischen Nutzung des Geländes!“ In seinem anschließenden Streifzug durch die älteren Ortsteile Karlsruhes (Grünwinkel, Daxlanden, Knielingen, Mühlburg, Neureut und Durlach) machte Peter Knötzele jedoch verständlich, wie und warum sich das altrömische Leben gerade an der westlichen und östlichen Peripherie des heutigen Stadtkerns entwickelte – boten diese Gebiete doch die dafür nötige Anbindung an die natürlichen (der Rhein und die in ihn mündende Alb) und künstlichen Verkehrswege (die römische Rheintalstraße im Westen und die römische Bergstraße in der östlichen Vorbergzone).

Dabei veranschaulichte der Referent anhand der bildhaften Darstellung der in den betreffenden Stadtteilen entdeckten archäologischen Funde und deren historischen Kontextualisierung interessante Facetten des altrömischen Lebens in der Region. Dieses in Gänze zu rekonstruieren, verhindert indes die ungenügende Quellenlage: „Schriftliche Quellen existieren natürlich nicht,“ stellte Peter Knötzele fest, wobei er neben der antiken Überlieferungslage auch auf die grabungsgeschichtlichen Dokumentationslücken aufmerksam machte. Aus den einzelnen, im Laufe der Zeit mit unterschiedlicher Qualität dokumentierten Funden lässt sich somit ein nur fragmentarisches Bild jener antiken Lebenswelt rekonstruieren. Umso mehr erstaunte der Vortrag mit einer Fülle an Details, die der Referent durch kompetente quellenkritische Analyse aus den wenigen Funden gewinnen und zu einer plausiblen Gesamtschau des römischen Lebens in der Region verdichten konnte.

Der anschließende rege Austausch mit dem interessierten Publikum kreiste etwa um die schwierige Quellenlage, die keine schriftliche Aufzeichnungen beispielsweise aus dem Verwaltungsleben der betreffenden römischen Provinz kennt. Auch konnte mit manchem anwesenden Fachkollegen die historische Einordnung einzelner Funde vertieft werden. Eine weitere Frage betraf den heutigen Verbleib der vorgestellten Fundstücke. Schließlich gab der Referent auch Auskunft über den Umgang mit archäologischen Funden auf Privatgrundstücken. Die Einordnung der Karlsruher Funde in den räumlich größeren Zusammenhang der Germania superior konnte Peter Knötzele im Ausblick nur streifen – was auf eine mögliche Folgeveranstaltung über die Römer am Oberrhein verweist.

Peter Knötzele, geb. 1965, Studium der Provinzialrömischen Archäologie in Freiburg/Brsg. und London, mit Promotion über eine Kleinsiedlung in der Region (Der vicus von Stettfeld). Nach dem Studium bis 2010 Teilnahme an mehreren Ausgrabungen im Libanon und in Syrien. Im Zeitraum 2007–2013 städtischer Archäologe und wissenschaftlicher Grabungsleiter in Heidenheim; anschließend verantwortlich für die Aufarbeitung eines römischen Gräberfeldes. Seit 2016 Fortführung der Ausgrabungen als wissenschaftlicher Grabungsleiter im Bereich der privatwirtschaftlichen Archäologie.

Weiterführende Literatur:

Zur Aufzeichnung des Vortrags (.mp4-Datei)

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