Veranstaltung
„Duckmäusertum in der schwarzen Berufsverbots-Provinz“? Der „Radikalenerlass“ von 1972 in Baden-Württemberg – Vorbedingungen, Umsetzung und Wirkungsgeschichte
Gespräche am Tor - Karlsruher Begegnungen zu Wissenschaft, Politik und Kultur
Hybridveranstaltung (online und in Präsenz) in Kooperation mit dem Dimitris-Tsatsos-Institut für Europäische Verfassungswissenschaften
| Termin(e) | Leitung | Ort/Raum | 
|---|---|---|
| Mi, 11.02.2026 18:00 - 20:00 | Mirjam Schnorr, M.A. | Campus Karlsruhe der FernUniversität, Kriegsstr. 100 (2. OG), 76133 Karlsruhe, Seminarraum ELSASS Online-Zugang: siehe unten. | 
Vortrag von Mirjam Schnorr, M.A.
 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz-Bauer-Institut, Frankfurt a.M.
2026 jährt sich zum 35. Mal der Beschluss der baden-württembergischen Landesregierung von 1991 zur Abschaffung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz auf Grundlage des „Radikalenerlasses“. Dieser war im Januar 1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt ausgearbeitet worden, um potentiell Rechts- und Linksradikale, sog. Verfassungsfeinde, aus dem öffentlichen Dienst fernzuhalten. Im Südwesten hatte seit 1973 eine eigene Variante des „Radikalenerlasses“ bestanden, der „Beschluß der Landesregierung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst“ – inoffiziell auch „Schiess-Erlass“ genannt, nach dem Innenminister Karl Schiess (Amtszeit 1972-1978).
Mit den durch den „Schiess-Erlass“ eingeführten Regelungen zur Aufnahme und Beschäftigung im öffentlichen Dienst galt Baden-Württemberg als CDU-geführte „schwarze Berufsverbots-Provinz“, weil hier besonders hartnäckig gegen „Radikale“ vorgegangen wurde. Insgesamt betrieb die Landesregierung allerdings unter Einbezug des Verfassungsschutzes nur einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand, der beinahe ausschließlich den beruflichen Werdegang vor allem junger Linker beeinträchtigte. Die individuellen Folgen für die Betroffenen des „Radikalen“- und „Schiess-Erlasses“ waren zum Teil schwerwiegend, und im gesamtgesellschaftlichen Rahmen überwog eher der Eindruck von „Duckmäusertum“ und Verunsicherung als von effektivem Schutz der Demokratie mittels der Bekämpfung von Extremismus.
Der Vortrag skizziert die Geschichte des „Radikalenerlasses“ im Südwesten und fragt dabei nach seinen regionalen Besonderheiten. Ein Augenmerk liegt dezidiert auf der Veranschaulichung von Fallbeispielen aus dem badischen Raum, um die Perspektive der Betroffenen mit aufzunehmen.
Mirjam Schnorr, M.A., geboren 1989, Historikerin, war von 2018 bis 2021 Mitarbeiterin im Heidelberger Forschungsprojekt „Verfassungsfeinde im Land? Baden-Württemberg, '68 und der ‚Radikalenerlass‘ (1968-2018)“. Aktuell ist sie am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main beschäftigt. In ihrer Dissertation hat sie Alltags- und Verfolgungserfahrungen von Prostituierten und Zuhältern im NS-Staat untersucht.
Die Veranstaltung wird hybrid durchgeführt; es ist keine Anmeldung erforderlich:
- Für die Online-Teilnahme:
 Zoom-Zugangslink: https://e.feu.de/gespraeche-in-zoom
 Meeting-ID: 852 7280 4600
 Kenncode: 80696338.
- Für die Teilnahme in Präsenz kommen Sie bitte auf dem Campus Karlsruhe der FernUniversität in den Seminarraum ELSASS (Adresse siehe oben).
Eine ausschnittweise Aufzeichnung der Veranstaltung wird zeitnah – auch mit Möglichkeit zur nachträglichen Kommentierung oder Rückmeldung an den Referenten – im Veranstaltungsrückblick veröffentlicht.





