Innovative Lehrprojekte – Interview mit Dr. Andrea Petmecky

In der Reihe „Innovative Lehrprojekte“ stellen wir die Projekte vor, die im Rahmen der Zertifikatsprogramme HD-NRW und E-Teaching-Zertifikat entstanden sind. Dr. Andrea Petmecky hat im Interdisziplinären Fernstudium Umweltwissenschaften das Modul „Nachhaltige Mobilität“ inhaltlich und didaktisch neugestaltet und hierzu unsere Fragen beantwortet.

Portrait Dr. Andrea Petmecky
Dr. Andrea Petmecky (Foto: privat)

Wie bist du auf die Idee zu deinem Projekt gekommen?

Ausgangspunkt für meine Überlegungen war die praktische Notwendigkeit, das bisherige Modul „Nachhaltige Mobilität“ zu aktualisieren. Dieses Modul ist in unserem Weiterbildungsstudiengang ein Klassiker, der bis zur Neugestaltung aus einem 300seitigen Studienbrief bestand. Dieser wurde von 13 Autor*innen als Herausgeberband verfasst, gedruckt und per Post versendet. Die Aktualisierung eines solchen Bandes zu koordinieren ist, da fast alle unsere Lehrenden ihre Tätigkeit neben einer hauptberuflichen Beschäftigung ausüben, schwierig. Daher habe ich dieses klassische Format zunehmend als limitierend empfunden und begonnen, mich mit der Idee eines reinen Online-Moduls zu beschäftigen.

Welche Überlegungen lagen der Umsetzung des Projekts zugrunde?

Die Idee ist, flexibler Änderungen an den Lehrinhalten vornehmen zu können und den Studierenden neue Formate zum Lernen anzubieten. Durch die Umstellung auf Online-Vorlesungen, die von verschiedenen Dozierenden aufgezeichnet werden, ist es viel einfacher möglich, die Lehrinhalte an neue, veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, indem Vorlesungen relativ kurzfristig neu aufgezeichnet und ausgetauscht werden können. Das ist gerade in einem so dynamischen Bereich wie den Umweltwissenschaften wichtig. Außerdem haben uns gerade die letzten zwei Jahre gezeigt, wie sehr unvorhersehbare globale Entwicklungen plötzlich alle gesellschaftlichen Bereiche zu einer Neuorientierung zu zwingen: Eine weltweite Pandemie oder ein Angriffskrieg wie in der Ukraine beeinflussen auch die Bereiche Mobilität und Verkehr und können innerhalb kurzer Zeit dazu führen, dass sich grundlegende gesetzliche oder ökonomische Rahmenbedingungen, beispielsweise für den Gütertransport oder die Elektrifizierung von Fahrzeugen ändern – oder sich auch unsere Arbeitsorte verlagern. Auf diese veränderten Rahmenbedingungen kann eine Videovorlesung viel schneller reagieren als ein gedruckter Text. Außerdem ist es möglich, die Lehrinhalte kontinuierlich weiter zu entwickeln und zu ergänzen, indem neue Themenbereiche oder -formate hinzugenommen werden.  Bei einem gedruckten Studienbrief würde das viel länger dauern!

Welche Herausforderungen sind dir während der Planung und der Durchführung begegnet?

Neben den bereits oben genannten unvorhersehbaren Ereignissen auf globaler Ebene, die sehr kurzfristig zu veränderten Terminen und Ausfällen von Aufzeichnungen führten, gab es weitere organisatorische, aber auch inhaltliche Herausforderungen. Im Arbeitsalltag war die Zeit zum konzentrierten Arbeiten an der Konzeption und den Inhalten des neuen Moduls oft schwierig, da die Lehre bei mir nur einen geringen Anteil meiner Aufgaben ausmacht. Es war daher oft schwierig, kontinuierlich und „am Stück“ an der Umgestaltung zu arbeiten. Inhaltlich war es ein Balanceakt, die einzelnen Vorlesungen von den Dozierenden so gestalten zu lassen und die Inhalte so zusammenzustellen, dass es für alle Studierenden im Studiengang passt, ohne einzelne zu langweilen und niemanden zu überfordern. Unsere Studierenden sind sehr unterschiedlich vorgebildet und kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, bei uns studieren sowohl Juristen als auch Ingenieurinnen gemeinsam. Hier galt es ein sinnvolles Mittelmaß bei der Zusammenstellung der Inhalte zu treffen. Und auch für mich als Sozialwissenschaftlerin ist die Durchdringung der naturwissenschaftlich-technischen Aspekte, die das Thema beinhaltet, nach wie vor eine Herausforderung…

Wie war die Reaktion der Studierenden?

Da das Modul aufgrund unserer Studienstruktur auch weiterhin ein asynchrones Angebot sein sollte, gab es auch nach der Umgestaltung keine festen Kohorten, sondern stets eine volatile Gruppe von Studierenden, die zwar gerade das Modul bearbeiten, sich jedoch oft an ganz unterschiedlichen Stellen im Modul befinden. Die mit der Umgestaltung vorgenommenen Anpassungen zur Aktivierung der Studierenden, zum Beispiel um eine Diskussion anzuregen, hat durch die fehlenden festen Kohorten leider nicht geklappt. Was sich jedoch im Nachgang in der Modulevaluation gezeigt hat, waren der große Zuspruch und die Ermunterung durch die Studierenden: Es wurde positiv wahrgenommen, dass im Modul eine Neugestaltung und Erweiterung der Inhalte vorgenommen wurde und sich auch bei den Lehrformaten durch die Videos vieles geändert hat. Hinweise auf neue Veröffentlichungen oder Studien im Themengebiet wurden von den Studierenden dankbar angenommen. Interessant war, dass sich einige Studierende, trotz der neuen Lehrformate mit Erklärvideos und Videovorlesungen weiterhin ein gedrucktes Skript wünschen.

Was planst du noch für die Zukunft im Zusammenhang mit dem Projekt?

Geplant ist, die Übungsaufgaben in Moodle zu überarbeiten, um sie noch stärker an den Lehrziele der einzelnen Themenblöcke zu orientieren und Hinweise zur Vertiefung bzw. zum Nachlesen zu geben. Außerdem möchte ich die Modulbeleger*innen zu Online-Diskussionsrunden einladen – vielleicht entstehen in diesem gemeinsamen Runden mit Dozierenden aus unterschiedlichen Bereichen spannende Diskussionen.  Inhaltlich sind Ergänzungen von Vorlesungen zum Flug- und Schienenverkehr geplant, da diese beiden Verkehrsträger bisher nicht explizit betrachtet werden.



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