Archiv 2024

Lecture: „Distributed Interpretation. Herausforderungen für die qualitative Sozialforschung durch generative Sprachmodelle"

am 17. April 2024 I 16:00 Uhr

mit Prof. Dr. Burkhard Schäffer (Universität der Bundeswehr München)

Moderation: Prof. Dr. Sandra Hofhues

Ort: Gebäude 2, Raum 4+5

Im Vortrag wird nach einem kurzen historischen Abriss des „Zusammen-mit-Medientechnologien-Handelns“ im Bereich qualitativer Sozialforschung das Konzept der „distributed interpretation“ vorgestellt. Das Konzept geht von einer, zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz „verteilten“ Interpretation von Materialien qualitativer Sozialforschung aus. „Verteilte Interpretation“ meint im Latourschen Sinne die Verteilung der Handlungsträgerschaft auf menschliche und nichtmenschliche Akteure, die in „gemeinsamer“ Interpretation zu Ergebnissen kommen. Aus dieser Perspektive sind Werkzeugmetaphern (man „nutzt“ eine Software oder eine KI) unangebracht. Vielmehr stellen sich grundlegende Fragen nach der Zukunft qualitativer Sozialforschung angesichts einer zukünftig weitgehenden Automatisierung von Interpretation.

  • Dr. Burkhard Schäffer ist Professor für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung/Weiterbildung an der Fakultät für Humanwissenschaften der Universität der Bundeswehr München. Arbeitsschwerpunkte: Methoden, Methodologien und Softwareentwicklung im Bereich qualitativer Erwachsenenbildungsforschung.

    Aktuelle Forschungsprojekte und -interessen: andragogische Perspektiven auf die Corona Pandemie; Implementierung künstlicher Intelligenz in qualitative Sozialforschung.

Lecture: "Partnerschaftsgewalt im Digitalen"

am 20. März 2024 I 16:00 Uhr

mit Prof. Dr. Nicole Zillien (Universität Koblenz)

Organisation: Prof. Dr. Uwe Vormbusch

Digitaltechnologien kommen im Kontext von Partnerschaftsgewalt immer umfassender zum Einsatz. So dienen digitale Sprachassistenten oder Kameras der Überwachung, digitale Türschlösser oder Temperaturregler der Kontrolle, soziale Medien der Beschämung und Tracker der heimlichen Ortung von (Ex-)Partner*innen. Täterpraktiken wie die Überwachung, Kontrolle und Beschämung erfahren somit im Digitalen eine raumzeitliche Entgrenzung, Routinisierung und Raffinierung, was im Vortrag unter Rückgriff auf die mikrosoziologische Gewaltforschung weiter ausbuchstabiert wird.

  • Nicole Zillien, Prof. Dr., hat eine Professur für Allgemeine Soziologie an der Universität Koblenz inne. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Wissens-, Medien- und Techniksoziologie. Sie ist aktuell an der Leitung der DFG-Projekte „Geschlechterdifferenzen in familialen Übergangsphasen“ (2020-2024) und "Schlafwissen. Zur Wissensgenerierung in Schlaflabor und Sleeptracking" (2020-2023) beteiligt. Zuletzt erschienen sind u.a. die Monographie „Digitaler Alltag als Experiment“ (2020), das HSR-Sonderheft „Sleep, Knowledge, Technology“ (2023) sowie der Herausgeberband “Bilder der Pandemie“ (2023).

Theorie|Apparate: Video-Reihe in der Wissenschaftskommunikation

Film-Preview & Podiumsdiskussion zum Thema hate speech

am 21.02.24

Pressebericht zur Veranstaltung

Mit der zunehmenden Platformisierung von Kommunikation im Internet, steigen auch Probleme mit Fake News, Wahlbeeinflussung und vor allem verbale Gewalt gegen marginalisierte Gruppen. Insbesondere das Thema „hate speech“ versinnbildlicht gegenwärtig eine der dunkelsten Schattenseiten digitaler Kultur. Es beschäftigt die gesellschaftliche Öffentlichkeit seit langem. Umfassende Erklärungen oder wirksame Lösungsansätze für das Problem gibt es bisher allerdings nicht. Dies hat sicher auch damit zutun, dass dieses vielschichtige Phänomen keine singuläre Ursache hat und erst durch eine Vermittlung unterschiedlicher Forschungsperspektiven überhaupt beschreibbar wird.

Mit der ersten Episode des Video-Formats Theorie|Apparate widmet sich der FSP digitale_kultur diesem Problem daher interdisziplinär und verschränkt medienwissenschaftliche, philosophischen und rechtswissenschaftlichen Ansätze mit den Expertisen außeruniversitärer Initiativen. Das Ziel ist es die komplexen Hintergründe dezidiert wissenschaftlich zu beleuchten, dabei aber für ein breites Publikum zugänglich zu machen.

Das Release-Datum ist nicht willkürlich gewählt. Im Februar 2024 tritt der sog. Digital Services Act in Kraft. Damit macht die EU die Regulation von Kommunikation auf Social Media Plattformen erstmals verbindlich und verpflichtet die Betreiber zur Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Forschungsinstitutionen. Dieser Film ist ein erster Schritt um den nun folgenden Prozess aktiv zu begleiten.

Das Format Theorie|Apparate des FSP digitale_kultur stellt in mehreren Episoden verschiedene Themen aus dem Bereich digitaler Kulturen in den Mittelpunkt und theoretisiert diese anhand der im FSP vorhandenen und über den FSP hinausgehenden Expertise. Dabei steht die Vermittlung fachlicher Inhalte für ein interdisziplinäres aber auch wissenschaftsinteressiertes, außeruniversitäres Publikum im Vordergrund. Mehr Informationen erhalten Sie unter https://theorie-apparate.de

  • Begrüßung
    Prof. Dr. Peter Risthaus (Dekan Fakultät KSW)

    Eröffnung
    Dr. Thomas Bedorf (Sprecher FSP digitale_kultur)
    Filmvorführung
    Theorie|Apparate Episode 01: Hate speech (ca. 45Min.)
    Podium
    Moderation: Prof. Dr. Peter Risthaus (Dekan Fakultät KSW)
    Input: Der Interviewfilm in der Wissenschaftskommunikation
    Dr. Thorben Mämecke (Wissenschaftlicher Geschäftsführer FSP digitale_kultur)
    Input: Hate speech - Zur wissenschaftlichen Aktualität eines Problems
    Jun.-Prof. Dr. Jennifer Eickelmann (LG Digitale Transformation in Kultur und Gesellschaft)
    Input: Digital Services Act - Zur Aktualität rechtlicher Regulationsversuche von hate speech
    Jun.-Prof. Dr. Hannah Ruschemeier (LG Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Recht der Digitalisierung/Datenschutzrecht)
    Input: Wissenschaftskommunikation in der Öffentlichkeitsarbeit der FernUniversität in Hagen
    Benedikt Reuse (Online-Redakteur in der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit)

Lecture: „Telegram: Entstehung, Entwicklung, politische Bedeutung“

17. Januar 2024 | 16:00 Uhr

mit Dr. Alexander Friedman

Abstract: „2023 feierte der Messengerdienst seinen zehnten Geburtstag. Mit inzwischen etwa 800 Millionen Nutzer und Nutzerinnen hat sich Telegram längst weltweit etabliert. Während dieses Projekt des russischen IT-Unternehmers Pawel Durow in Deutschland und in der EU einen ambivalenten Ruf hat und häufig mit Verschwörungstheoretikern und mit dem Rechtsextremismus in Verbindung gebracht wird, gilt Telegram als beliebtester Messengerdienst im postsowjetischen Raum und ist auch in Asien erfolgreich. Sowohl im Kontext der Proteste in Belarus 2020 als auch aktuell in den Kriegen in der Ukraine und in Israel gehören Telegram-Kanäle zu wichtigsten Nachrichtenquellen überhaupt und prägen maßgeblich die Wahrnehmung dieser Ereignisse.

Wie konnte Telegram diese Position erreichen? Wie lässt sich das Phänomen des Kriegskanals Telegram erklären? Ist dieses soziale Netzwerk tatsächlich frei und unabhängig oder wird es doch vom russischen Staat kontrolliert und zu politischen Zwecken missbraucht?"

  • Alexander Friedman, Dr. phil., Historiker, studierte Neuere und Neueste Geschichte, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache an der Belarussischen Staatsuniversität (Minsk) und an der Universität des Saarlandes (Saarbrücken), wurde 2009 mit einer Dissertation zum Thema „Deutschlandbilder in der weißrussischen sowjetischen Gesellschaft 1919 bis 1941: Propaganda und Erfahrungen“ an der Universität des Saarlandes promoviert, lehrt an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW sowie an der Universität des Saarlandes, ist aktiv als Publizist u.a. für die Jüdische Allgemeine Zeitung, Deutsche Welle und taz, beschäftigt sich in erster Linie mit der Geschichte Osteuropas, mit der israelischen Geschichte und mit dem Themenkomplex Antisemitismus.