Präsenzveranstaltung und Workshop

Thema:
Vergiftetes Gender
Veranstaltungstyp:
Hybridveranstaltung
Semester:
Wintersemester 2025/26
Zielgruppe:
alle Interessierte
Ort:
Nürnberg und online
Adresse:
Campus Nürnberg
Termin:
09.10.2025 bis
10.10.2025
Zeitraum:
Beginn Donnerstag vor. 14:00 Uhr, Ende Freitag 15:00 Uhr
Programm steht zum Download bereit (bitte weiter nach unten scrollen)
Leitung:
Professor Dr. Uwe Steiner
Dr. Wim Peeters
Anmeldefrist:
25.09.2025

Der Begriff ‚toxisch‘ geht auf biochemische und medizinische Kontexte zurück. Er bezeichnet die Gesundheitsschädlichkeit eines Stoffes. Jenseits dieser Kontexte qualifiziert er heute soziale Bindungen als zermürbend oder zerstörerisch. Ist eine Beziehung toxisch, gilt sie als glücklos und als eine, die den Partner*innen Leid zufügt. Prägend, ja vorherrschend scheint hier der Begriff ‚toxische Männlichkeit‘ geworden, um gewaltbereites, heteromaskulines Verhalten zu bezeichnen. Aber auch der Begriff ‚toxische Weiblichkeit‘, obgleich deutlich weniger häufig verwendet, wird zunehmend gebräuchlich, wie im Titel der populären Schrift „Toxische Weiblichkeit” von Sophia Fritz (2024), es sprechen aber auch ältere Quellen von ‚toxischer Weiblichkeit‘. Eine solche wirke sich ebenfalls schädlich auf ihre Umwelt aus, ohne dass sich diese Begriffsverwendung, anders als anscheinend die ‚toxische Männlichkeit‘, schon als quasi soziologisierende Kategorie etabliert hätte.

Ziel des Workshops soll es sein, dem häufig im Munde geführten Attribut auf die Spur zu kommen und es in einem literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichteten Kontext zu definieren. Keinesfalls soll es uns darum gehen, hier eine soziologische Kategorie zu bedienen, den Diskurs zu verfestigen und „toxische Männlichkeit“ bzw. „toxische Weiblichkeit“ als eine evidente Genderexpression zu normalisieren. Vielmehr geht es darum zu prüfen, was gemeint sein soll, wenn dieser Begriff verwendet wird.

Was ist toxisch am Gender? Worin besteht das Gift? Wie weichen toxische Strategien der Männer von jenen der Frauen ab und was hat das ggf. mit Genderrollen zu tun? Eine toxische Männlichkeit, so ließe sich vermuten, zeige sich eher durch Dominanz und Missachtung anderer Personen, während toxische Weiblichkeit durch geheuchelte Freundlichkeit, subtilere Formen von Machtmissbrauch und intrigantes Verhalten gekennzeichnet ist. Aus welcher Perspektive wird überhaupt von Toxizität gesprochen? Wird mit dem Begriff womöglich eine Natur von Geschlechtern oder Geschlechterbeziehungen suggeriert? Ist toxisches Gender Ausdruck einer Genderobsession?

Interessanterweise kann das, was in einer genderkritischen Perspektive oft als toxisch dargestellt wird, denken wir an das Genderverhalten in kanonisierten Werken wie Kleists „Marquise von O...“ oder Lessings „Emilia Galotti“, textimmanent entweder das Gegenteil eines schädlichen Verhaltens oder gar als eine heroische Form der Geschlechtlichkeit gelten. Etwas ahistorisch als „toxisch“ zu benennen, ist immer eingebunden in die Geschlechterdiskurse, die den Begriff hervorbringen, nicht in die, welche historisch als bindend galten.

An sowohl affirmierenden als auch subversiven Geschlechterdiskursen besitzt Literatur ihren maßgeblichen Anteil. Welchen Anteil sie am Diskurs über toxisches Gender hat, das möchten wir synchron und diachron, textimmanent wie kontextübergreifend prüfen.

Auf welche Weisen und in welchen Kontexten führt oder antizipiert Literatur Diskurse der Toxizität?

Was genau wird damit bezeichnet?

Welche strukturellen Merkmale liegen vor, wenn etwas als toxisch beschrieben wird? Worin liegt der Gewinn, dies zu tun? Wer profitiert, wer nicht?

Bezeichnet der Begriff spezifisches Genderverhalten? Widersetzt sich toxisches Verhalten herkömmlichen Genderrollen oder affirmiert es diese?

Welche Rolle spielt Heteronormativität in diesem Kontext?

Sind es die Figuren, Männer, Frauen oder Diverse, die als toxisch annonciert werden, oder sind es die Figurenensembles, Kontexte, geschlechtliche Sozialisationen usw.?

Welche Rolle spielen die Opfer für die jeweilige Täterschaft und andersherum? Wie bezieht sich der Begriff auf Kategorien von Gewalt und Unterwerfung?

Zum Flyer mit Programm (PDF 6 MB)

Leyla Pektas | 07.10.2025