Gespräche am Tor - Karlsruher Begegnungen zu Wissenschaft, Politik und Kultur

Peter Knötzele im Online-Vortrag Foto: FernUniversität
Peter Knötzele im Online-Vortrag

Ein Karlsruher „Lustgärtner“ auf Forschungsreise in Nordafrika –

Christian Thrans (1701–1778) Beitrag für die Hofkultur und das wissenschaftliche Leben in der jungen Residenzstadt

21. Mai 2025, 18 Uhr
Dr. Peter Knötzele

Flyer zur Veranstaltung (PDF 136 KB)

„Große Bestien“ und „kleines Geflügel“ – eine sächsisch-badische Suche nach dem Besonderen in Afrika

Neben ausgefeilten Gartenanlagen zählte die Sammlung kurioser Gegenstände, besonderer Kostbarkeiten und exotischer Artefakte zu den Vorlieben des Hochadels im Barockzeitalter. Diesem Zweck diente auch eine Expedition von 1731-1733, die ursprünglich von Dresden bis zum Kap der Guten Hoffnung führen sollte. Sie verdankte sich der Initiative des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, August des Starken (1670–1733), und der Unterstützung des Markgrafen von Baden-Durlach, Karl Wilhelm (1769-1738), der seinen Hofgärtner Christian Thran (1701–1778) mit auf die Reise schickte.

Zum 310. Stadtgeburtstag Karlsruhes und im Rahmen des Wissenschaftsfestivals EFFEKTE der Stadt Karlsruhe rief Dr. Peter Knötzele (Archäologe und wissenschaftlicher Grabungsexperte, Karlsruhe) zunächst die Hintergründe dieser abenteuerlichen Unternehmung im Kontext des barocken Hoflebens in Erinnerung. Im Zentrum seines Vortrags stand dann die Figur Christian Thrans, die Karlsruher Stadthistorikern in der Regel als Urheber einer der frühesten Stadtansichten begegnet, die er 1739 mit seinen in Kupfer gestochenen Vogelschauen über die ausgedehnte Schlossanlage und die frühe Stadtbebauung vorlegte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Teilnahme an der betreffenden Expedition Thrans Prestige als Hofgärtner bereits maßgeblich gesteigert und auch seine wirtschaftliche Position in der jungen Residenzstadt nachhaltig gestärkt. „Thran hat es verstanden, Geld zu machen mit seiner Reise“, bilanzierte der Referent den unmittelbaren ökonomischen Gewinn, der sich aus Thrans Monopolanbau des von der Expedition mitgebrachten Färberkrapps einstellte.

Anhand der überlieferten Reisetagebücher rekonstruierte Peter Knötzele dann die Stationen der Expedition, die von Deutschland über die Schweiz und Frankreich in die nordafrikanischen Mittelmeerländer Algerien, Tunesien und Libyen sowie nach Malta und Lampedusa führte, wobei der Tod August des Starken (1. Februar 1733) weiterführende Reiseziele verhinderte und den vorzeitigen Abbruch der Expedition herbeiführte. „Insgesamt sind die Tagebücher ein wunderbares Zeugnis“, bewertete der Referent seine zentrale Quelle – mit deren systematischen Auswertung er dem Publikum in der Tat die Gefahren der Expedition für Leib und Leben (Krankheiten, Quarantänemaßnahmen, gefährliche Seeüberfahrten, diplomatisch-militärische Verwicklungen) sehr anschaulich näherbringen konnte.

In einer abschließenden Bilanz stellte Peter Knötzele fest, was von der Expedition eigentlich übrigblieb. Deren Überlieferungsgeschichte verweist bei quellenkritischer Auswertung der Reisetagebücher – trotz des editorischen Engagements eines Mitbegründers der TV-Serie „Polizeiruf 110“ – auf empfindliche Lücken. Auch in Hinsicht auf die materielle Ausbeute des Unternehmens in Form von Tieren, Pflanzen u.a. Artefakten kam der Referent angesichts deren minderer Qualität und bereits auf der Reise einsetzender Verluste sowie den sich dann am heimischen Hof rasch wandelnden Gartenkonzepten zu einem differenzierten Urteil.

Im Austausch mit dem in Präsenz auf dem Campus Karlsruhe erschienenen und online zugeschalteten Publikum vertiefte der Referent einige der im Vortrag thematisierte Fragen. Dies betraf zunächst die lückenhafte Quellenlage. Weiterhin evozierte das Phänomen der höfischen Aneignung von Exotika die spätere Praxis der Verschleppung und Ausstellung fremder Menschen im kolonialen Mutterland. Schließlich erwies sich eine substantielle wissenschafts- und vor allem archäologiegeschichtliche Einordnung der Expedition als äußerst schwierig, was wiederum auf die ungenügende Quellenlage verweist.

Peter Knötzele, geb. 1965, Studium der Provinzialrömischen Archäologie in Freiburg/Brsg. und London, mit Promotion über eine Kleinsiedlung in der Region (Der vicus von Stettfeld). Nach dem Studium bis 2010 Teilnahme an mehreren Ausgrabungen im Libanon und in Syrien. Im Zeitraum 2007–2013 städtischer Archäologe und wissenschaftlicher Grabungsleiter in Heidenheim; anschließend verantwortlich für die Aufarbeitung eines römischen Gräberfeldes. Seit 2016 Fortführung der Ausgrabungen als wissenschaftlicher Grabungsleiter im Bereich der privatwirtschaftlichen Archäologie.

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