Willy Lindstaedt

Wehrmachtpsychologe und Psychologe bei der Bundeswehr

Schaufenster zum Forschungsarchiv Nr. 38

Willy (auch Willi) Lindstaedt wurde1905 in Braunsberg (Pommern) geboren. Er entstammte einer bäuerlichen Familie. In Berlin und Göttingen studierte er Psychologie, Pädagogik, Philosophie, Mathematik und Physik. 1934 promovierte er zum Dr. phil. In den Jahren 1933 bis 1942 war Lindstaedt Personalgutachter bei der Wehrmacht, tätig in Stettin, Wiesbaden und Berlin. In Berlin wurde er Wissenschaftlicher Leiter der Annahmestelle für Offiziersanwärter der Luftwaffe. Zum 1.1.1939 wurde er zum Reg.-Rat ernannt. Das hier gezeigte Foto vom September 1939 zeigt Willy Lindstaedt rechts im Bild im Büro der Wehrmachtpsychologischen Prüfstelle in Berlin, Kronprinzenufer 12.

Foto: FernUni-Hagen

Mit der anstehenden Auflösung der Prüfstellen 1942 wurde Lindstaedt ab August 1942 Angehöriger des Kriminalwissenschaftlichen Instituts beim Reichskriminalpolizeiamt in Berlin. Als solcher wurde er Anfang 1944 abgeordnet an die Wehrmacht und tätig als jugendpsychologischer Sachverständiger an verschiedenen Gerichten. Während der Tätigkeit in Berlin absolvierte Lindstaedt in Abendseminaren eine viersemestrige Ausbildung in Psychotherapie am Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie.

Ab 1. August 1945 bis 31. Dez. 1947 war Lindstaedt Reg.-Rat bei den Gewerbeaufsichtsämtern in Wiesbaden und Frankfurt, ab 1.1.1948 Referent für Berufsberatung im Landesarbeitsamt Niedersachsen und Abteilungsleiter für Berufsberatung im Arbeitsamt Hannover. Nebenamtlich unterrichtete er vier Jahre an der Sozialschule Hannover. Von Frühjahr 1953 bis Ende August 1958 war er Angehöriger des Landesarbeitsamtes Rheinland-Hessen Nassau in Koblenz. Dort war er Reg.-Rat und Leitender Psychologe, Referent für Presse und Rundfunk, Abiturientenberater. Lindstaedt hielt Vorträge u.a. an der Universität Mainz und an Pädagogischen Akademien und war als berufspsychologischer Gutachter tätig. Er war Jugendpsychologischer Sachverständiger am Land- und Arbeitsgericht in Koblenz.

Ab 1. Sept. 1958 war Lindstaedt Wehrpsychologe in der Bundeswehr in Köln, in München und ab Febr. 1959 beim Bundesverteidigungsministerium in Bonn, Hilfsreferent im Referat Wehrpsychologie und Stellvertreter des Leitenden Wehrpsychologen. 1959 wurde Lindstaedt zum Oberregierungsrat ernannt, 1963 zum Reg.-Dir. und 1968 zum Leitenden Regierungs-Direktor. Willy Lindstaedt war zuständig für Eignungs- und Verwendungsprüfungen für Wehrpflichtige, nebenamtlich war er in der Ehe- und Erziehungsberatung tätig. Ende 1968 schied er aus eigenem Wunsch aus dem aktiven Dienst aus. 1969 erhielt Lindstaedt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse; 1976 eröffnete er eine Psychologische Praxis für Lebens- und Familienberatung. Willy Lindstaedt starb 1991 in Mosbach, Baden.

Der wissenschaftliche Nachlass von Lindstaedt befindet sich im Psychologiegeschichtlichen Forschungsarchiv der FernUniversität; er umfasst vor allem Dokumente aus der Zeit bei der Bundeswehr.

Gerhard Tübben | 12.08.2021