Bachelorarbeit

Beispielhafte Rekonstruktion und (selbst-)kritische Reflexion eines Datenmodells mit dem Entity Relationship Model (ERM) in TOOL

Betreuer/in:
Philip Winkler
Status:
Themenangebot
Jahr:
2022

Einführende Erläuterungen und Motivation:

Im Rahmen des Forschungsprojektes TOOL soll am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Entwick- lung von Informationssystemen ein funktionsreiches und gleichzeitig einfach zu wartendes sowie einfach zu bedienendes Modellierungswerkzeug entwickelt, erprobt und für Forschungsarbeiten sowie für das Fernstudium eingesetzt werden (Rosenthal, Ternes und Strecker 2020; Strecker 2020; Ternes, Rosenthal u. a. 2020).

Ein konzeptuelles Modell einer Diskurswelt entsteht durch eine (re-)konstruierende Abstraktion auf Konzepte, d. h. Begriffe der Diskurswelt der Domäne, die für den Modellierungszweck als bedeutend angesehen werden. Dabei handelt es sich i. d. R. um eine multiple (sprachliche) Abstraktion, da das Modellierte bereits durch eine sprachliche Abstraktion repräsentiert ist. Konzeptuelle Modelle werden eingesetzt, um komplexe Sachverhalte in Organisationen zielgerichtet zu strukturieren, aufzuarbeiten und um darauf aufbauend ein breites Spektrum von Analysen und Entscheidungen zu unterstützen. Das Konstruieren konzeptueller Modelle ist nicht als simple Technik aufzufassen, deren Anwendung in mechanistischer Weise eingeübt und reproduziert werden kann. Vielmehr steht der Prozess der Modellkonstruktion mit kreativ-schöpferischen Tätigkeiten in Verbindung, die ein hohes Maß an Konzentration bedingen und die eine Vielzahl von ineinander übergehenden, sich wiederholenden und abwechselnden gedanklichen (kognitiven) Leistungen umfassen, u. a. bewusstes rezipieren, reflektieren, abstrahieren, abwägen, entscheiden, konzeptualisieren sowie interpretieren. Diese kognitiven Leistungen lassen sich durch Übung und gezieltes Training erlernen sowie zunehmend verbessern. Sie bilden den Kern der fachspezifischen Modellierungskompetenz. Die Modellierung konzeptueller Modelle erfolgt mittels dedizierter Modellierungssprachen, die i. d. R. eine grafische Notation anbieten. Das von uns am Lehrstuhl entwickelte Modellierungswerkzeug TOOL unterstützt derzeit die Datenmodellierung mit einer didaktisch vereinfachten Variante des ERM sowie die Geschäftsprozessmodellierung mit der Business Process Model and Notation (BPMN 2.0).

Das »Handels-H« (vgl. Becker und Schütte 2004) spezifiziert Referenzmodelle für Handelsunternehmen. Zu den spezifizierten konzeptuellen Modellen zählen Referenzmodelle u. a. für logistische Abläufe eines Handelsunternehmens, die bspw. in der Modellierungssprache strukturiertes ERM (SERM) sowie erweiterte Ereignisgesteuerte Prozesskette (eEPK) repräsentiert sind.

Aufgabenstellung:

Die Aufgabe der Abschlussarbeit besteht zunächst darin, die theoretischen Grundlagen der konzeptuellen Rekonstruktion eines strukturierten ERM (SERM) (Sinz 1992) in eine in TOOL implementierte didaktische Variante des ERM sowie der Modell-zu-Modell-Transformationen zu erarbeiten. Insbesondere soll der grafische Editor des ERM in TOOL (https://tool.fernuni-hagen.de, VPN notwendig) (Ternes, Rosenthal u. a. 2020; Ternes, Strecker u. a. 2019) erprobt und evaluiert werden. Dafür ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit der »Evaluation« erforderlich (z. B. Frank 1998; Frank 2000). Rekonstruktionsentscheidungen und -alternativen sind während der Modellierung zu begründen und darzustellen.

Wichtig: Es reicht für die Arbeit nicht aus, ein (kommentiertes) Modell abzugeben. Der wissenschaftliche Anspruch besteht darin, sich tiefgehend mit Modellierungsentscheidungen auseinanderzusetzen und diese auf Basis der modelltheoretischen Grundlagen systematisch und möglichst vollständig zu analysieren.

Für die Bearbeitung der Aufgabenstellung dient Ihnen ein hinreichend komplexes Referenzmodell als Ausgangspunkt. Das konkrete Referenzmodell wird zusammen mit dem Betreuer ausgewählt, z. B. aus dem »Handels-H« (vgl. Becker und Schütte 2004).

Auffälligkeiten, (Implementierungs-)Fehler sowie Herausforderungen in Zusammenhang mit der Benutzung von TOOL, die bspw. im ERM Editor auftreten, sind zu dokumentieren und zu diskutieren (ggfs. in Form von Verbesserungsvorschlägen). Zum Abschluss erfolgen eine kritische Betrachtung des durchgeführten Rekonstruktionsvorgangs und eine differenzierte Auseinandersetzung mit bei der Rekonstruktion festgestellten Grenzen und Möglichkeiten. Es ist nicht Teil der Aufgabenstellung, eine Einführung in das ERM sowie die korrespondierende Sprachspezifikation (u. a. Metamodell) einzuführen.

Hinweise und Literaturempfehlungen zum Einlesen:

Becker, Jörg und Reinhard Schütte (2004). Handelsinformationssysteme. Domänenorientierte Einführung in die Wirtschaftsinformatik. 2., überarb., erw. u. aktualis. Aufl. Redline Wirtschaft.

Frank, Ulrich (1998). »Die Evaluation von Artefakten: Eine zentrale Herausforderung der Wirtschaftsinforma- tik«. In: Tagungsband des Workshops Ëvaluation und Evaluationsforschung in der Wirtschaftsinformatik". Hrsg. von Irene Heinrich Lutz J. und Häntschel. Johannes Kepler Universität Linz.

Frank, Ulrich (2000). »Evaluation von Artefakten in der Wirtschaftsinformatik«. In: Evaluation und Evaluati- onsforschung in der Wirtschaftsinformatik. Hrsg. von Irene Heinrich Lutz J. und Häntschel. Oldenbourg, S. 35–48.

Rosenthal, Kristina, Benjamin Ternes und Stefan Strecker (2020). »Understanding individual processes of conceptual modeling: A multi-modal observation and data generation approach«. In: Modellierung 2020. Hrsg. von D. Bork, D. Karagiannis und H. C. Mayr. Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V., S. 77–92.

Sinz, Elmar J. (1992). Datenmodellierung im Strukturierten-Entity-Relationship-Modell (SERM). Bamberg: Otto-Friedrich-Universität.

Strecker, Stefan (2020). »Enterprise Modelling Research Group at University of Hagen«. In: 40 Years EMISA 2019. Hrsg. von A Koschmider und M Weidlich. Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V., S. 195–199.

Ternes, Benjamin, Kristina Rosenthal u. a. (2020). »TOOL–Modeling Observatory & Tool: An Update«. In: Joint Proceedings of Modellierung 2020 Short, Workshop and Tools & Demo Papers. Vienna, Austria: CEUR-WS, S. 198–202.

Ternes, Benjamin, Stefan Strecker u. a. (2019). »A browser-based modeling tool for studying the learning of conceptual modeling based on a multi-modal data collection approach«. In: Proceedings of the 14th International Conference Wirtschaftsinformatik. Hrsg. von Thomas Ludwig und Volkmar Pipek. Siegen, Germany, S. 1998–2002.

Thalheim, Bernhard (2000). Entity-Relationship Modeling: Foundations of Database Technology. Berlin, Heidelberg: Springer.

Lehrstuhl EvIS | 08.04.2024