Forschungsbasiertes Studieren

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Forschungsbasiertes Studieren am Lehrstuhl EvIS

Forschungsbasiertes Studieren ist an einer Universität eine notwendige Konsequenz der Einheit von Forschung und Lehre: Wissenschaftliche Forschung bildet die Grundlage für universitäres Studieren. Wissenschaftliche Erkenntnisangebote liegen universitären Diskursen zugrunde. Unsere Module, Seminare und die von uns betreuten Qualifikationsarbeiten knüpfen an die Tradition von Wissenschaft an und ermöglichen Ihnen als Studentin/Student von dieser Tradition in vielfältiger Weise zu profitieren. Nachfolgend skizzieren wir für Sie unsere Perspektive auf wissenschaftliche Forschung in der Wirtschaftsinformatik und in der Modellierungsforschung in der Wirtschaftsinformatik.

Forschung in der Wirtschaftsinformatik

Anwendungsorientierter Fokus auf Informationssysteme und korrespondierende Handlungssysteme

Forschung in der Wirtschaftsinformatik ist auf Konzepte, Methoden, Theorien und Softwareartefakte gerichtet, die den Einsatz betrieblicher Informationssysteme nicht als Selbstzweck, sondern als ein Mittel zum Zweck; letztlich als ein Mittel zur Erreichung von (Unternehmens-) Zielen – etwa zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens – begreifen. Anders gewendet: Betriebliche Informationssysteme sollen Entscheidungen, Handlungen und Abläufe in Unternehmen so unterstützen, dass dadurch ein Beitrag zur Zielerreichung, mithin zum Unternehmenserfolg geleistet wird. Es empfiehlt sich daher, bei der Entwicklung betrieblicher Informationssysteme den organisatorischen Handlungskontext zu berücksichtigen, in den ein rechnergestütztes Informationssystem eingebettet ist und in dem menschliche und maschinelle Aufgabenträger einen Wirkungsverbund bilden. Dazu sind angemessene Abstraktionen zur Beschreibung des organisatorischen Handlungssystems und des rechnergestützten Informationssystems angeraten.

Zur Bedeutung von Unternehmensmodellen

In der Wirtschaftsinformatik kommt vor diesem Hintergrund Unternehmensmodellen eine besondere Bedeutung zu. Unternehmensmodelle integrieren konzeptuelle Modelle des rechnergestützten Informationssystems (z.B. Objektmodelle, Modelle der IT-Infrastruktur) und konzeptuelle Modelle des organisatorischen Handlungskontextes (z. B. Geschäftsprozessmodelle, Ressourcenmodelle) mit dem Ziel, die gemeinsame Gestaltung und wechselseitige Anpassung von Informationssystem und Handlungssystem zu befördern. Unternehmensmodelle bieten Konzepte für differenzierte betriebswirtschaftliche Analysen und liefern gleichzeitig eine Grundlage für die modellgetriebene Entwicklung korrespondierender Softwaresysteme.

Unternehmensmodellierungsforschung

Die Entwicklung und Erprobung von Methoden zur multiperspektivischen Unternehmensmodellierung bildet den wesentlichen Schwerpunkt unserer Forschungsarbeiten. Wir fokussieren derzeit insbesondere auf den Entwurf und die Erprobung domänenspezifischer Modellierungssprachen und korrespondierender Modellierungsmethoden zur Unterstützung betriebswirtschaftlicher Analysen und Entscheidungen. Dazu werden bestehende Unternehmensmodellierungsmethoden um Sprachkonzepte, Vorgehensmodelle und Analyseszenarien angereichert. Grundlage bildet dabei eine modellierungssprachliche Rekonstruktion zentraler fachsprachlicher Konzepte etwa von Risiken, Kennzahlen, internen Kontrollen und ihren Beziehungen zu verbreiteten Abstraktionen insbesondere zu Geschäftsprozessen und (IT-) Ressourcen. Ziel unserer Forschung ist es einerseits, die Grundlagen und Anwendungen der Unternehmensmodellierung weiterzuentwickeln – und dabei vor allem die betriebswirtschaftlichen Perspektiven der Unternehmensmodellierung anzureichern, und andererseits eine fundierte Grundlage für den Entwurf korrespondierender Software- und Handlungssysteme zu entwickeln.

Forschungsmethodische Fundierung

Ein konstruktionsorientierter Forschungsansatz bildet dabei die wesentliche methodologische Grundlage unserer Forschung. Er betont die Merkmale wissenschaftlicher Forschung - Abstraktion, Originalität, Begründung (Frank 2007, 2009) und adressiert spezifische wissenschaftstheoretische Herausforderungen des Entwurfs sprachlich konstruierter Artefakte - etwa einer wissenschaftlich überzeugenden Begründung von Entwurfsentscheidungen. Dazu ergänzt der Ansatz u. a. den idealtypischen Wahrheitsanspruch um einen zweckbezogenen Angemessenheitsanspruch, und betont die besondere Bedeutung des Transparenzpostulats - etwa hinsichtlich zentraler Annahmen, die einem Entwurf zugrunde liegen. Ausgehend von dieser Konzeption widmen wir uns Problemstellungen in diversen Anwendungsdomänen (u. a. IT-Management, IT-Auditing, Performance Management), entwerfen (Modellierungs-) Methoden, die auf die Bewältigung praktischer Probleme in diesen Domänen gerichtet sind, und implementieren (Ausschnitte) dieser Methoden prototypisch in Modellierungs- und Analysewerkzeugen.

Forschungsgebiete

  • Konzeptuelle Modellierung und Unternehmensmodellierung, insbesondere
    • Entwurf und Erprobung domänenspezifischer Modellierungssprachen (DSML),
    • korrespondierender Modellierungsmethoden (Method Engineering),
    • multi-perspektivischer (Referenz-) Unternehmensmodelle,
    • Modellierungs- und Analysewerkzeuge zur Unterstützung betriebswirtschaftlicher Analysen und Entscheidungen.
  • Anwendungen der konzeptuellen Modellierung, insbesondere
    • Unternehmensmodelle, Unternehmensarchitekturen und Informationssystem-Architekturen
    • Nutzung von (Referenz-) Unternehmensmodellen als Grundlage der Entwicklung und Nutzung von Unternehmensinformationssystemen,
    • Business Process Management (BPM)
    • Enterprise Architecture Management (EAM).
  • (Er-)Lernen der konzeptuellen Modellierung, insbesondere
    • Konzeptuelles Modellieren lernen als Lehr-Lernherausforderung
    • Modellierungsschwierigkeiten und Lernbarrieren
    • Lernunterstützung in Modellierungswerkzeugen
    • Fachdidaktik des konzeptuellen Modellierens
  • Forschungsmethoden der Wirtschaftsinformatik, insbesondere
    • Reflexionen zur (Re-)Konstruktion von sprachlichen Artefakten als wissenschaftliches Erkenntnisziel.

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Lehrstuhl EvIS | 08.04.2024