Glossar

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Das AGG ist 2006 in Kraft getreten und trifft Regelungen
zum Schutz vor → Diskrimnierung im Arbeitsleben und am Arbeitsplatz. „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen
aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
eine → Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 AGG). In
ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberinnen sind Hochschulen an das AGG gebunden.

Angemessene Vorkehrungen: Die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen ist in Art. 5 Abs. 2 und 3 → UN-BRKgeregelt. Die Vertragsparteien müssen alle geeigneten Maßnahmen treffen, damit angemessene Vorkehrungen
eine → Benachteiligung verhindern oder beseitigen. Eine Versagung angemessener Vorkehrungen
stellt bereits eine Form der Diskriminierung dar, die verboten ist. Angemessene Vorkehrungen sind „notwendige
und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen
und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass
Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen
oder ausüben können“ (Art. 2 UN-BRK). Änderungen bzw. Anpassungen können in dem Bau einer Rampe, um
Stufen zu überwinden, rollstuhlkompatiblen Arbeitsplätzen, der Zurverfügungstellung von Gebärdendolmetschenden
oder der Verlegung von Veranstaltungen in einen Raum, der für alle zugänglich ist, liegen.

Assistenz: Assistenz oder auch persönliche Assistenz ist eine Person, die eine andere Person mit Beeinträchtigung
dort unterstützt, wo Hilfe benötigt wird. In den meisten Fällen ist dabei die beeinträchtigte Person der Arbeitgeber.
Die Unterstützung ist selbstbestimmt und ermöglicht dadurch die Verfolgung eigener selbst gesetzter Ziele und Interessen und somit eine umfassende Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Im Kontext des Studiums
gibt es häufig Studienassistenzen, die beispielsweise Schreiben oder Vorlesen übernehmen oder Kommunikationsassistenzen,die z. B. in Gebärdensprache übersetzen.

Assistive Technologien/Hilfsmittel: Assistive Technologien (AT) sind Hilfsmittel für Menschen mit → Beeinträchtigungen
und unterstützen diese im alltäglichen Leben, indem sie die funktionale Gesundheit bewahren, verbessern oder erhöhen. AT können verbleibende Ressourcen von Menschen mit Beeinträchtigung wie Körperfunktionen, -strukturen und Aktivitäten unterstützen sowie Barrieren abschwächen. Als Sammelbegriff umfasst AT assistive, adaptive und rehabilitative Hilfsmittel. Unter diesem Aspekt sind auch Brillen, Hörgeräte oder individuell angepasste Rollstühle assistive Technologien. Enger gefasst werden unterstützende Computertechnologien rund um das Thema Barrierefreiheit als AT bezeichnet. Beispiele für solche AT sind Bildschirmvorleseprogramme (Screenreader), Spracheingaben oder Vergrößerungssoftware. Oft sind barrierefreie Angebote wie Webseiten u. ä. für bestimmte Personengruppen erst durch die Nutzung von AT wirklich zugänglich. Individuelle AT werden in der Regel von verschiedenen Kostenträgern finanziert, je nach Alter und Lebensumständen sind hier verschiedene Kostenträger zuständig.

Barrierefreiheit: Der Begriff der Barrierefreiheit wird im § 4 des → Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG)
definiert. Danach sind Dinge in der gestalteten Umwelt dann barrierefrei, wenn sie für Menschen mit → Behinderungen
in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Um diese Zugänglichkeit und Nutzbarkeit zu erreichen, ist die Nutzung persönlicher → Assistenz, → Assistiver Technologien oder anderer individueller Hilfsmittel zulässig. Die Barrierefreiheit erstreckt sich dabei über Gebäude und bauliche Infrastruktur, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen. Im Kontext einer Hochschule bedeutet dies, dass alle Gebäude einschließlichöffentlich zugänglicher und genutzter Räume, alle Informations- und Kommunikationsangebote wie Webseiten, E-Learning-Angebote, aber auch Formulare und Dokumente, Angebote zentraler Einrichtungen wie der Universitätsbibliotheksowie die Lehr- und Lernangebote für alle Menschen zugänglich und nutzbar sein müssen. Eine barrierefreie Gestaltung verhindert → Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und trägt zu ihrer Teilhabe bei. Barrierefreiheit hat daher eine soziale Dimension, insofern es um die gestaltete und gestaltbare Umwelt geht. Dass auch Hochschulen in NRW sich um die Barrierefreiheit kümmern müssen, wird in § 1 Abs. 2 des BGG NRW sowie § 2 des → Inklusionsgrundsätzegesetzes NRW klar geregelt. Die Umsetzung von Barrierefreiheit hat aber auch eine technische Dimension, welche die konkreten Maßnahmen benennt, um verschiedene Aspekte der gestalteten Umwelt zugänglich und nutzbar zu machen. Diese Aspekte werden für verschiedene Bereiche auf nationaler und europäischer Ebene formell geregelt (→ Barrierefreie Informationstechnik Verordnung). Es gibt aber auch eher informelle Regelungen für bestimmte gestaltbare Bereiche (→ Universal Design).

Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (BITV): → Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG),
die Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (BITV) und die → Richtlinie 2016/2102 sind drei unterschiedliche,
aber aufeinander beziehbare Vorgaben zur barrierefreien Gestaltung von IT-basierten Angeboten. Dabei hat die
WCAG aufgrund ihrer Entstehung und der an der Entstehung beteiligten Organisationen und Firmen eine Art
Referenzcharakter. Sowohl die BITV als auch die Richtlinie 2016/2102 basieren zu großen Teilen auf der WCAG
oder beziehen sich auf diese. Die BITV 2.0 vom 12.09.2011 stellt derzeit die in der BRD gültige Rechtsnorm dar
und regelt die barrierefreie Gestaltung von Internet- und Intranetangeboten auf Bundesebene. Auf Ebene der
Länder gibt es entsprechende Regelungen, die sich z. B. wie die Landes-BITV auf die Bundes-BITV beziehen. Die
in Anlage 1 der Bundes-BITV festgelegten Prinzipien, Anforderungen und Bedingungen gelten entsprechend.
Die Richtlinie 2016/2102 wiederum ist eine im Oktober 2016 erlassene europäische Richtlinie, die zunächst noch
in nationales Recht umgesetzt werden muss. Als Grundsätze des barrierefreien Zugangs werden die in der Europäischen
Norm EN 301 549 V1.1.2 festgelegten Erfolgskriterien genannt, die wiederum u. a. auf die WCAG
2.0 verweisen. Neben webbasierten Internet- und Intranetangeboten gilt die Richtlinie auch für mobile Anwendungen,
Hardware, Software und Dokumente. Je nach Geltungsbereich gibt es Übergangsfristen bis Ende 2021.
Alle drei Vorgaben basieren auf dem POUR-Prinzip:
Perceivable – Wahrnehmbar: Die Informationen und Komponenten der Benutzerschnittstelle sind so
darzustellen, dass sie von den Nutzerinnen und Nutzern wahrgenommen
werden können.
Operable – Bedienbar: Die Komponenten der Benutzerschnittstelle und die Navigation müssen
bedient werden können.
Understandable – Verständlich: Die Informationen und die Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen
verständlich sein.
Robust – Robust: Inhalte müssen so robust sein, dass sie von möglichst allen Benutzeragenten,
einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig interpretiert werden können.

Behinderung/Beeinträchtigung: Es gibt verschiedene Definitionen von Behinderung und Beeinträchtigung
abhängig von ihren jeweiligen disziplinären, theoretischen und historischen Perspektiven. Teilweise werden die
Begriffe „Beeinträchtigung“ und „Behinderung“ synonym gebraucht. Nach dem Sozialgesetzbuch zur Rehabilitation
und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (→ SGB IX) gilt eine Person als behindert, „wenn ihre
körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs
Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft beeinträchtigt ist“ (§ 2 Abs. 1). Eine Schwerbehinderung liegt vor, „wenn bei ihnen ein Grad der
Behinderung von wenigstens 50 vorliegt [...]“ (§ 2 Abs. 2). Eine weitere Definition findet sich in Art. 1 der →
UN-BRK, die eine menschenrechtliche Definition von Behinderung zugrunde legt und sich stärker von medizinischen
Definitionen abhebt: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche,
seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen
Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“ Hierwird deutlich, dass eine Beeinträchtigung erst in Wechselwirkung mit Bedingungen der Umwelt und der Gesellschaft
zu einer Behinderung führen kann, welche die Betroffenen an der Teilhabe hindert. Beeinträchtigungen
können in sichtbare und nicht-sichtbare Beeinträchtigungen unterschieden werden. Aber nur die wenigsten
Beeinträchtigungen sind für Dritte bei einer Begegnung im Alltag sofort offensichtlich. Daneben gibt es auch
Beeinträchtigungen aufgrund einer chronischen Krankheit o. ä. Im wissenschaftlichen Diskurs wird zwischen
medizinischen, sozialen und menschrechtlich fundierten Modellen von Behinderung unterschieden. Das Inklusionskonzept der FernUniversität in Hagen orientiert sich an einem sozialen Modell von Behinderung, mit dem
herausgestellt wird, dass es weniger die Beeinträchtigungen bzw. Schädigungen (‚impairment‘) sind, durch die
Studierende mit Behinderungen und/oder chronischer Erkrankung beeinträchtigt werden, sondern institutionelle
Barrieren und soziale Prozesse der Benachteiligung (‚disability‘). Dieses soziale Modell von Behinderung wird mit
dem Slogan der Behindertenbewegung „behindert ist man nicht, behindert wird man“ pointiert zusammengefasst.
Im Sinne der Disability Studies wird Behinderung nicht als ‚natürliche Tatsache‘ oder ‚individuelles Problem‘
betrachtet, sondern als soziale Konstruktion und Produkt gesellschaftlicher Barrieren, die Behinderungen erst
erzeugen.

Behindertengleichstellungsgesetz (BGG): Seit dem 1. Mai 2002 gilt das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen
mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG). Es regelt die Gleichstellung von Menschen
mit Behinderungen im Bereich des öffentlichen Rechts und ist ein wichtiger Teil der Umsetzung des Benachteiligungsverbotes
aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz. Das BGG gilt in erster Linie für alle Behörden, Körperschaften
und Anstalten des Bundes, also nicht nur für Ministerien, sondern zum Beispiel auch für die Bundesagentur
für Arbeit oder die Deutsche Rentenversicherung Bund. Das Benachteiligungsverbot gilt auch für
andere Behörden, soweit sie Bundesrecht ausführen (zum Beispiel Versorgungs- oder Sozialämter). Darüber
hinaus gibt es Verbänden von Menschen mit Behinderungen auch Rechte gegenüber Unternehmen und Unternehmensverbänden.
Die wichtigsten Aussagen des BGG sind das Benachteiligungsverbot und die Barrierefreiheit.
Mit der Novelle im Jahr 2016 wurde das BGG im Hinblick auf die UN-BRK weiterentwickelt. Die Überarbeitung
enthält u. a. Regelungen zur Verbesserung der → Barrierefreiheit, stärkt die Nutzung von → Leichter
Sprache und sieht die Einrichtung einer Bundesfachstelle für Barrierefreiheit vor. Auf Landesebene gibt es entsprechend
das BGG NRW, welches eine Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit vorsieht sowie die
volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung zum Ziel hat. Das Gesetz gilt
für alle Träger öffentlicher Belange nach § 2 des → Inklusionsgrundsätzegesetzes und damit auch für die Hochschulen
des Landes.

Bundesteilhabegesetz (BTHG): Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen
mit Behinderung (BTHG) ist 2016 in Kraft getreten und hat sich mit Blick auf die UN-BRK zum Ziel gesetzt, die
Eingliederung von Menschen mit einer Behinderung voranzutreiben und ihre Selbstbestimmung in allen
Lebensbereichen zu fördern. Das Gesetz sieht hierfür ein mehrstufiges Reformverfahren vor, im Zuge dessen
das Schwerbehindertenrecht und die Sozialgesetzbücher Änderungen erfahren, die Vermögensanrechnung
neu geregelt wird und eine neue Leistungssystematik eingeführt wird. Eine wesentliche Neuerung liegt darin,
dass die Ermittlung des Hilfebedarfs nun personenzentriert erfolgen soll, um Unterstützungsleistungen individueller
anbieten zu können. Hierdurch soll die Selbstbestimmung des Einzelnen gestärkt werden. Das Gesetz ist
nicht unumstritten, konkrete Auswirkungen sind allerdings noch nicht prognostizierbar. Die Umsetzung des
Gesetzes wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Chancengleichheit: Chancengleichheit meint das sozialpolitische Postulat, dass jeder Mensch den gleichen
Zugang zu Lebenschancen hat. Im hochschulischen Kontext ist Chancengleichheit vor allem von Bedeutung
für den Zugang zu Studium und Arbeitsmarkt, das Prüfungswesen, das durch Nachteilsausgleichregelungen
Chancengleichheit ermöglicht, die Sicherung der Studienfinanzierung, Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote, eine ungleichheitssensible Hochschuldidaktik sowie für die Ermöglichung selbstbestimmter
Teilhabe im nationalen und internationalen Hochschulraum.

Chronische Erkrankung: Unter chronischen Erkrankungen werden längerfristig andauernde gesundheitliche
Beeinträchtigungen, oder Krankheiten mit episodischem Verlauf (z. B. Epilepsie, Multiple Sklerose mit akuten
Schüben) verstanden, die auch lebenslang vorhanden sein können (vgl. Chroniker-Richtlinie des gemeinsamen
Bundesausschusses zur Umsetzung der Regelungen in § 62 für schwerwiegend chronisch Erkrankte). Führt die
chronische Erkrankung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Teilhabe, handelt es sich
um eine Behinderung. § 3 des → Behindertengleichstellungsgesetzes schließt chronische Erkrankungen im
obengenannten Sinne mit ein.

Diskriminierung: Juristisch gesehen liegt eine Diskriminierung vor, wenn eine Person ohne sachlichen Grund
aufgrund bestimmter Merkmale ungleich behandelt wird. In Deutschland gründet sich das Diskriminierungsverbot
gegenüber Menschen mit Behinderungen vor allem auf das → Grundgesetz (Art. 3), das → Allgemeine
Gleichstellungsgesetz (AGG) und das → Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Nach dem AGG liegt eine
unmittelbare/direkte Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund eines Diskriminierungsmerkmals in einer
vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt. Unter indirekter/mittelbarer Diskriminierung
versteht das AGG Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die dem Anschein nach zwar neutral sind, tatsächlich
aber Personen in besonderer Weise benachteiligen können. In den Sozialwissenschaften versteht man unter
Diskriminierung eine auf soziale Klassifikationen basierende, systematische Benachteiligung und Degradierung
von sozialen Gruppen bzw. Personenkategorien. Die Unterscheidung zwischen Gruppenzugehörigkeiten dient
in diesem Kontext dazu, die Zuweisung eines inferioren Status bzw. negativer Eigenschaftszuschreibungen zu
legitimieren. Für Bildungsorganisationen wie Hochschulen ist auch der Begriff der institutionellen Diskriminierung
relevant. Er verweist darauf, dass Diskriminierung sich nicht immer auf intentionale Handlungen zurückführen
lässt, sondern ihre Ursache auch in institutionellen Strukturen und Organisationslogiken haben kann, die diskriminierende
Auswirkung nach sich ziehen. Bildungspolitisch wird zudem mitunter zwischen negativer und positiver
Diskriminierung unterschieden, um gesellschaftliche Benachteiligung durch gezielte Förderprogramme
(affirmative action) zu kompensieren.

Diversity/Diversität: Diversity zielt auf die Wertschätzung sozialer Gruppenmerkmale bzw. -identitäten für
Organisationen. Diversity-Merkmale werden als positive Ressource für Bildungsorganisationen gesehen. Die
Vielfalt der Organisationsmitglieder erhält somit Anerkennung. Ziel in Diversity-Ansätzen ist der positive Umgang
mit Diversität. Die FernUniversität in Hagen zielt seit ihrer Gründung auf eine Wertschätzung der Diversität
von Studierenden, ihrer vielfältigen Lebenswege, Bildungshintergründe, Berufserfahrungen und Bildungsziele.
Um den individuellen Bildungsbiografien, sozialen Hintergründen und diversen Lernvoraussetzungen der Studierenden
gerecht zu werden und den Umgang mit Vielfalt im Bereich Studium und Lehre weiterzuentwickeln,
hat die FernUniversität in Hagen ein Prorektorat für Studium und Diversität eingerichtet. Zudem hat sie sich in
ihrem Hochschulentwicklungsplan 2020 konkrete Ziele im Bereich Studium und Lehre gesetzt. Die Teilnahme
am Diversitäts-Audit „Vielfalt gestalten“ (2015 – 2017) des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft
schafft einen zusätzlichen Rahmen, um Veränderungen für einen wertschätzenden Umgang mit Vielfalt umzusetzen.
Im Rahmen des Diversitäts-Audits wurde auch das hier vorliegende Inklusionskonzept der FernUniversität
in Hagen erstellt.

Grundgesetz (GG): Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Es statuiert die juristische
und politische Grundordnung Deutschlands. Grundrechte garantieren Bürgerinnen und Bürgern subjektive
Rechte von Verfassungsrang, die für den Staat bindend und damit einklagbar sind. Art. 3 GG gewährleistet die
Gleichheit vor dem Gesetz, die Gleichberechtigung von Frau und Mann und verbietet Benachteiligungen aufgrund
von Merkmalen wie Rasse, Geschlecht, Glaube, Herkunft oder einer Behinderung. Aus Art. 3 GG ergeben
sich Leistungs- und Teilhaberechte, etwa das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, wie zum
Beispiel Hochschulen, sowie der Grundsatz der Chancengleichheit berufsbezogener Prüfungen. Grundrechtlich
verankert sind auch die freie Wahl der Ausbildungsstätte und bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen die
freie Wahl des Studienfachs (Art. 12 GG).

Hochschulbeauftragte/r für die Belange von Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung:
Nach §62b → Hochschulgesetz NRW bestellt jede Hochschule eine Person, die die Belange der
behinderten und/oder chronisch kranken Studierenden wahrnimmt. Die beauftragte Person wirkt darauf hin,
dass den besonderen Bedürfnissen dieser Studierendengruppe Rechnung getragen wird und insbesondere die
zu ihren Gunsten geltenden Rechtsvorschriften beachtet werden. Sie wirkt insbesondere bei der Planung und
Organisation der Lehr- und Studienbedingungen und beim Nachteilsausgleich hinsichtlich des Studiums und
hinsichtlich der Prüfungen mit (§62b HG NRW). Darüber hinaus berät die/der Beauftragte/r sowohl Studierende
als auch Studieninteressierte mit Behinderungen und/oder chronischen Krankheiten zu allen Fragen rund um
das Studium mit Beeinträchtigungen.

Hochschulgesetz NRW (HG NRW): Das Hochschulgesetz NRW regelt das Verhältnis zwischen Staat und
Hochschulen des Landes NRW. An verschiedenen Stellen wird dabei auch auf Studierende mit Behinderung
Bezug genommen. So gehört es nach § 3 Abs. 5 zu den Aufgaben der Hochschulen, „(...) mit angemessenen
Vorkehrungen die besonderen Bedürfnisse Studierender und Beschäftigter mit Behinderung oder chronischer
Erkrankung (...)“ zu berücksichtigen. Beauftrage für Studierende mit Behinderung sind in entsprechendem
Umfang an den Gremien der Hochschule zu beteiligen. Insbesondere die Bestellung einer Person als → Hochschulbeauftragte/r für die Belange von Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung war eine
der wesentlichen Neuerungen des Gesetzes im Jahr 2014.

Inklusion: Inklusion bedeutet die Einbeziehung aller Menschen in die Gesellschaft. Alle können in ihrer Individualität
in allen Lebensbereichen (z. B. Bildung → Inklusive Bildung) gleichermaßen und in vollem Umfang teilhaben.

Inklusionsgrundsätzegesetz Nordrhein-Westfalen (IGG NRW): Es setzt die Anforderungen der → UN-BRK
in landesrechtliche Vorgaben in Form von Grundsätzen, „die den vollen und gleichberechtigten Genuss aller
Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen fördern, schützen und gewährleisten
und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde fördern.“(§ 1 Abs. 1 S. 1) um. Den Trägern öffentlicher
Gewalt kommt dabei eine Vorbildfunktion in Bezug auf die Inklusion und die damit einhergehenden Anforderungen
zu.

Inklusive Bildung: Mit der Ratifizierung der → UN Behindertenrechtskonvention (2009) hat sich die Bundesrepublik
Deutschland verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu etablieren. In Art. 24 der UN-BRK heißt es:
„Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt
mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem
Lernen haben“ (UN-BRK, Art. 24, Abs. 5). Eine inklusive Bildung wird seit den 1970er Jahren gefordert, zuletzt
prominent mit der Salamanca Erklärung der UNESCO von 1994. In den Sozialwissenschaften gibt es kein einheitliches
Verständnis von Inklusion, da Definitionen von disziplinären und theoretischen Perspektiven abhängen.
Die folgende Definition von Gottfried Biewer adressiert unterschiedliche Ebenen der Inklusion. Er versteht unter
inklusiver Pädagogik: „Theorien zur Bildung, Erziehung und Entwicklung, die Etikettierungen und Klassifizierungen
ablehnen, ihren Ausgang von den Rechten vulnerabler und marginalisierter Menschen nehmen, für deren Partizipation
in allen Lebensbereichen plädieren und auf eine strukturelle Veränderung der regulären Institutionen
zielen, um der Verschiedenheit der Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/innen gerecht zu werden“
(Biewer 2010, S. 193)5. In dieser Perspektive werden die Ursachen für Lernbarrieren weniger in Personen gesucht,
sondern in den jeweiligen Bildungsinstitutionen. Inklusion zielt somit auf die Veränderung von inklusiven
Strukturen, Kulturen und Praktiken in der Hochschule. Dabei wird Inklusion als kontinuierlicher Prozess und
somit als Aufgabe der Hochschulentwicklung gesehen.

Inklusion versus Integration: In der deutschen Fachdebatte gibt es eine Kontroverse, ob Inklusion gegenüber
dem zuvor geläufigen Begriff Integration etwas Neues zum Ausdruck bringt. Einige Inklusionsbefürworter lehnen
den Begriff der Integration ab, da dieser die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in ein ‚normales‘
(Bildungs-)System anstreben würde. Inklusion würde hingegen auf die Überwindung eines exkludierenden
Bildungssystems abzielen und es werde auch nicht mehr zwischen ‚behindert‘ und ‚nicht-behindert‘ unterschieden
(Anerkennung der Verschiedenheit im Gemeinsamen oder auch „es ist normal, verschieden zu sein“). Andere
argumentieren, dass der Begriff der Integration historisch gesehen immer dieselben Ziele verfolgt habe wie der
Terminus Inklusion.

Enger versus weiter Inklusionsbegriff: Mitunter wird zwischen einem engen Inklusionsbegriff, der ‚nur‘ Menschen
mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen adressiert und einem weiten Inklusionsbegriff
unterschieden. Letzterer zielt auf den Einbezug aller Lernenden unabhängig von ihren Lernvoraussetzungen.
Ein weiter Inklusionsbegriff bezieht mehrere Heterogenitätsdimensionen ein (Migration, Geschlecht, Religion,
sexuelle Orientierung etc.), die in eine einzige untrennbare heterogene Gruppe zusammengeführt werden soll.
Ein spezieller Fokus im weiten Inklusionsverständnis wird dabei nach wie vor auf so genannte vulnerable Gruppen
(vulnerable groups) gelegt, die in besonderer Weise mit Lernbarrieren konfrontiert sind.

Leichte Sprache: Leichte Sprache meint die Verwendung besonders einfacher Sprache, die beispielsweise
Fremdwörter und komplexen Satzbau vermeidet, damit jeder sie verstehen kann. Im → Behindertengleichstellungsgesetz
(§ 11 BGG) wird geregelt, „Informationen vermehrt in Leichter Sprache bereit[zu]stellen. Die
Bundes regierung wirkt darauf hin, dass Träger öffentlicher Gewalt die Leichte Sprache stärker einsetzen und
ihre Kompetenzen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.“ Die genaue
Umsetzung ist in der → Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) geregelt.

Nachteilsausgleich: Der Nachteilsausgleich ist Ausdruck des in Art. 3 GG verankerten Benachteiligungsverbotes.
Er ist ein Instrument, um Menschen mit Behinderung oder einer Beeinträchtigung vor Benachteiligung zu schützen
und Chancengleichheit zu gewährleisten. Durch eine Behinderung oder Beeinträchtigung entstandene Nachteile
sollen durch ausgleichende Unterstützungsleistungen kompensiert werden. Hierbei handelt es sich um situations-
und einzelfallbezogene Maßnahmen, die vor allem den Studienzugang, die Studiendurchführung und die
Prüfungsbedingungen betreffen. Ein Nachteilsausgleich kann z. B. in Form verlängerten Bearbeitungsfristen bei
Hausarbeiten, der Zulassung besonderer Arbeitsmittel (Lupe), Schreibzeitverlängerungen in Klausuren oder
alternativen Klausurorten gewährt werden.

Richtlinie (EU) 2016/2102: Die europäische Richtlinie gestaltet den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen
Anwendungen öffentlicher Stellen. Neben webbasierten Internet- und Intranetangeboten gilt die Richtlinie
auch für Hardware, Software und Dokumente. Siehe → Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (BITV).

SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen): Das Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch
(IX) umfasst alle gesetzlichen Regelungen zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. § 1 des SGB
IX widmet sich der Selbstbestimmung behinderter Menschen und ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft:
„Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die
Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe
am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei
wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung
getragen.“ Des Weiteren werden in § 2 die Begriffe → Behinderung und Schwerbehinderung definiert. Das SGB
IX führt im weiteren Verlauf verschiedene Leistungen zur Teilhabe auf (vgl. z. B. §§ 33 bis 43 zur Teilhabe am
Arbeitsleben), charakterisiert Leistungsinhalte und Zuständigkeiten. Teil 2 des SGB IX beinhaltet das Schwerbehindertenrecht und widmet sich hierzu besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen.

UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK): Die UN-BRK ist 2008 in Kraft getreten. Sie ist ein von 167 Staaten und der Europäischen Union ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag, der die besondere Lebenssituation von Menschen mit Behinderung fokussiert. Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Gewährleistung gleichberechtigter und selbstbestimmter Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Deklariertes Ziel ist die inklusive Gesellschaft, in der die Unterschiedlichkeit von Menschen nicht zu einem Ausschluss führt, sondern als gesellschaftliche Normalität wahrgenommen und in der Alltagskultur gelebt wird. Mit der UN-BRK geht ein Paradigmenwechsel weg von der Idee der Fürsorge hin zu einer selbstbestimmten Teilhabe einher. Zentraler Grundgedanke der Konvention ist, dass Menschen nicht „behindert sind“, sondern es durch eine Gesellschaft, die sie nicht einbezieht, erst „werden“. Ziel ist es daher, Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen die Standards zu ermöglichen, die Menschen ohne eine Behinderung genießen. Die UN-BRK wird flankiert durch die → Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder sowie durch das → SGB IX.

Universal Design: Gemäß UN-BRK bedeutet „universelles Design“ eine Gestaltung von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. Universal Design schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus. Die bis heute gültigen Prinzipien des Universal Design wurden im April 1997 vom „Center for Universal Design“ der North Carolina State University vorgestellt und umfassen sieben Prinzipien, die jeweils durch vier bis fünf Richtlinien genauer spezifiziert werden:
Prinzip 1: Breite Nutzbarkeit.
Prinzip 2: Flexibilität in der Benutzung.
Prinzip 3: Einfache und intuitive Benutzung.
Prinzip 4: Sensorisch wahrnehmbare Informationen.
Prinzip 5: Fehlertoleranz.
Prinzip 6: Niedriger körperlicher Aufwand.
Prinzip 7: Größe und Platz für Zugang und Benutzung.
Mittlerweile finden sich zahlreiche Ansätze des Universal Design auch im Bildungsbereich. Die Unterschiede sieht Sheryl Burgstahler (2008) darin, wie diese Konzepte mit den Prinzipien des Universal Designs umgehen: einige Konzepte übernehmen einfach die sieben Prinzipien des Universal Design, andere ändern sie ab und erweitern sie, teilweise werden auch neue Prinzipien ausdrücklich für den Bildungsbereich formuliert. Gemeinsam ist allen Ansätzen, dass Universal Design (1) zielorientiert ist, (2) einen proaktiven Prozess darstellt, der schrittweise umgesetzt wird, (3) zu barrierefreien, für alle Menschen nutzbaren und damit inklusiven Angeboten führt, ohne (4) dabei die Qualität oder den inhaltlichen Anspruch des Angebots zu mindern.

Chancengerechtigkeit | 09.04.2024