Erfahrungen und Lösungen für die Hochschul‐IT

Der erste Online-Workshop von CampusSource drehte sich um die Coronakrise. Die Open-Source-Protagonisten sind an der FernUniversität neu aufgestellt. Ihre Ziele bleiben aktuell.


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Oliver Rubner, Vorsitzender des Fördervereins CampusSource, begrüßte die 51 Teilnehmenden.

Das Ende des Sommersemesters war der optimale Zeitpunkt für den Workshop „Hochschul‐IT in Corona‐Zeiten – Erfahrungen, Probleme, Lösungen“ nach Ansicht von Dr. Oliver Rubner: „Wir haben unheimlich viele Erfahrungen gemacht.“ Damit bezog sich der Vorsitzende des einladenden Fördervereins CampusSource bei der Begrüßung der 51 Teilnehmenden auf die Restriktionen bei Präsenzlehrveranstaltungen. Auch der Workshop fand erstmals online statt: „Das Thema hat sich von selbst ergeben.“ Nun müssten die Hochschulen die Lehre für das Wintersemester vorbereiten: „Niemand weiß, wie es aussehen wird. Da ist es am besten, wenn man Best-Practice-Beispiele kennt.“ Daher ging es in diesem Workshop von CampusSource nicht um die Entwicklung „toller Tools“, sondern um den Austausch.

Campus Source

CampusSource hilft Bildungseinrichtungen unter anderem dabei, Infrastrukturen für das computer- und netzbasierte Lehren und Lernen sowie den Einsatz neuer Medien zu schaffen. Sie vermittelt ihnen kostenfrei von Hochschulen entwickelte hochwertige Open-Source-Software, die über die CampusSource-Börse angeboten wird. Das Open-Source-Softwareangebot von CampusSource richtet sich an nationale und internationale Anwender in allen Bildungseinrichtungen, Institutionen und Unternehmen. CampusSource vernetzt die Akteurinnen und Akteure und bietet vielfältige Plattformen zum Austausch, z.B. den „Corona Workshop“.

Der Förderverein CampusSource finanzierte und finanziert eine ganze Reihe von Projekten, Tagungen, Workshops etc. Ohne sein Engagement wären viele Aktivitäten gar nicht möglich.

Dafür lieferten vier Fachleute mit Erfahrungsberichten zunächst die Grundlagen: Dr. Gerd Kortemeyer (Lehrentwicklung und -technologie, ETH Zürich), Dr. Thorsten Ludewig, Rechenzentrum (Ostfalia Hochschule), Iavor Sturm (Videoportal „Lecture2Go“, Universität Hamburg) und Torsten Reinold (Zentrum für Medien und IT der FernUniversität). In ausführlichen Diskussionen konnten anschließend die Teilnehmenden von ähnlichen wie auch völlig anderen Erfahrungen berichten.

Ganz unterschiedliche Erfahrungen

Überraschenderweise stieg bei einer Universität die Nutzung der Lehrplattform Moodle in der Coronakrise nicht an, ganz anders als der Einsatz des Videokonferenzprogramms. Berichtet wurde auch, dass Studierende sich wünschen, dass nach dem Ende der Krise im Prinzip alles wieder wie zuvor sein solle.

Andere Hochschulen machten die Erfahrung, dass viele Studierende großen Gefallen an den Aufzeichnungen von Vorlesungen gefunden haben.

Ganz unterschiedlich gehandhabt wird der Einsatz von Software an Hochschulen. Einige haben kräftig in Lizenzen investiert. Manche nutzen aus Datenschutzgründen keine kommerziellen Videokonferenz-Programme, die in den USA gehostet werden und setzen auf Open-Source-Anwendungen.

Interessant waren Aussagen zur Arbeit im Homeoffice, nach denen Kolleginnen und Kollegen hier eher erreichbar seien als im realen Büro.

Viele Veränderungen bei CampusSource

Bereits in seiner Begrüßung hatte Oliver Rubner einige Änderungen bei CampusSource angerissen, die nicht nur Folgen der Coronakrise sind. CampusSource wurde 2000 als nordrhein-westfälische Landesinitiative gegründet. Heute ist es eine Stabsstelle im Zentrum für Medien und IT (ZMI) der FernUniversität in Hagen.

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Der damalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (li.) und FernUni-Rektor Prof. Helmut Hoyer drückten im Jahr 2001 gemeinsam auf den roten Knopf, um die damalige Landesinitiative CampusSource zu starten.

„OpenSource war 2001 ganz modern und das ist auch heute wieder so“, erläutert Thomas Wenk, der die Stabsstelle leitet. Geschäftsführer des CampusSource-Fördervereins und Mitarbeiter in der Stabsstelle ist Stefan Neveling. Das Thema OpenSource hat durch Horizon Europe, das kommende Förderprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Kommission, „wieder ein ganz großes Gewicht“ bekommen, nachdem es einige Jahre etwas in den Hintergrund geraten war – allerdings nicht bei CampusSource. Thomas Wenk: „CampusSource ist keine Initiative des Landes NRW mehr, dafür aber Teil der Vision der EU! Mit Open Source kann man die ‚digitale Kluft‘ verringern – open Innovation, open Science, open to the World.“

Wissenschaft und Lehre „offen“ gestalten

Das sehen heute viele Universitäten so. Daher werden z.B. junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch die Nutzung von Open Source schon früh dafür sensibilisiert, Wissenschaft „offen“ zu gestalten, also ohne virtuelle Zutrittsbarrieren.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert entsprechende Entwicklungen mit seiner Initiative open.nrw (https://open.nrw). Wenk sieht gute Chancen dafür, dass gemäß europäischer Vision das Thema „Open“ und damit auch Open Source ein neuer Opus moderandi in Lehre und Wissenschaft wird.

Während die Grundlage für die Existenz von CampusSource im Lauf der Jahre also aktuell blieb, hat sich die Arbeitsweise ein wenig geändert: „Open-Source-Entwicklungen in Forschung und Lehre zu fördern ist die nach wie vor Mission von CampusSource.“ Aus der CoreGroup resultierende Eigenentwicklungen gehören jedoch der Vergangenheit an.

Struktur von CampusSource gewandelt

Entsprechend gewandelt hat sich auch die Struktur von CampusSource. Die ursprüngliche CoreGroup gibt es nicht mehr. Die Geschäftsstelle unterstützte dieses Gremium und aquirierte Fördermittel. Heute kann sie sich auf das Netzwerken konzentrieren, um gemeinsame Projekte zu initiieren. Die Finanzierung der heutigen ZMI-Stabsstelle wird von der FernUniversität gesichert. „Damals wie heute wirkt CampusSource dabei eher im Hintergrund“, sagt Wenk.

Nach seiner Einschätzung wird Open Source in erster Linie als kostenlose Software für Kernplattformen wahrgenommen – 90 Prozent aller deutschen Hochschulen (Stand: August 2019) nutzen Lernmanagement-Systeme auf Open-Source-Basis. Jedoch fehlt eine „überlebenswichtige Finanzierungstruktur“: Denn was passiert mit einem Tool, wenn sich sein Entwickler bzw. seine Entwicklerin anderen Aufgaben zuwendet? „Dafür müssen wir universitätsübergreifende Strukturen schaffen. Ich kann mir vorstellen, dass CampusSource sich dafür anbietet“, sinniert Wenk. „Durch Gespräche und Veranstaltungen können wir mehr bewirken, als wenn wir selbst etwas entwickeln würden. Wir müssen die Richtigen identifizieren und zusammenbringen. Ziel ist nicht, klassische Software durch Open-Source zu verdrängen, sondern zu ergänzen.“

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Durch Gespräche und Veranstaltungen können wir mehr bewirken, als wenn wir selbst etwas entwickeln würden. Wir müssen die Richtigen identifizieren und zusammenbringen.

Gerd Dapprich | 06.07.2020