Dr. Daniel Spiekermann

Bachelor, Master, Doktor: Seit 2005 führt Dr. Daniel Spiekermann zwei Leben: eines als IT-Forensiker bei der Polizei, eines als Student, Promovend und wissenschaftliche Hilfskraft an der FernUniversität in Hagen. In seiner Dissertation von 2017 befasste er sich mit „Netzwerkforensik in virtuellen Umgebungen“. Für diesen – auf den ersten Blick – zielstrebigen Weg hatte Daniel Spiekermann allerdings keinen strikten Karrierefahrplan. Seine Devise war vielmehr: „Entweder es klappt – oder nicht.“ Doch es klappte.

Das Pprtraitfoto eines Mannes Foto: FernUniversität
Dr. Daniel Spiekermann

Als die Bank, bei der er zum Fachinformatiker Systemintegration ausgebildet worden war, fusionierte, ging Spiekermann zum IT-Service einer Polizeibehörde in Nordrhein-Westfalen. Dort war er für IT-Netzwerke und Planung zuständig, „rutschte“ immer weiter ins Management: „Richtig Spaß machte das nicht“. Früh merkte er: „Ohne Studium wird das nichts für mich mit einer Karriere im öffentlichen Dienst.“

Ins kalte Wasser gesprungen

Im Studienzentrum Arnsberg der FernUniversität erfuhr er von der Studienberaterin, dass er an der FernUniversität Informatik studieren könne: „Ich habe mir nicht viele Gedanken gemacht und bin 2005 ins kalte Wasser gesprungen. Dann kamen die ersten Pakete mit Unterlagen – ach du meine Güte… Aber ich habe mich schnell damit abgefunden, dass es so läuft, wie es läuft.“

Als die erste Klausur – in Mathematik – anstand, dachte er sich: „Wenn ich nicht bestehe, höre ich wieder auf.“ Er bestand. Dann kam die zweite Mathe-Klausur: „Bestehe ich nicht, höre ich auf.“ Er konnte weiterstudieren. Bei der dritten Klausur und den mündlichen Prüfungen war es auch so: „Irgendwie klappte es halt immer. Nach viereinhalb Jahren Teilzeitstudium hatte ich 2009 meinen Bachelor Informatik in der Tasche. Aber irgendwie war das wie ‚auf halber Strecke aufzuhören‘. Ich habe dann bis 2014 auch meinen Master Elektro- und Informationstechnik in Hagen gemacht. Das war sehr netzwerknah und sicherheitsorientiert – das hatte mich immer interessiert. Zwischendurch habe ich etwas pausiert, um ein Haus zu bauen. Insgesamt habe ich dieses Studium aber ‚voll durchgezogen‘.“

Spannende IT-Forensik

Zwischenzeitlich, im Jahr 2013, hatte die „IT-Forensik“ der Dortmunder Polizei Stellen für studierte Informatikerinnen und Informatiker ausgeschrieben. Bei der IT-Forensik geht es um Ermittlungen bei allem, was digital arbeitet: Computer, Server, Notebooks, Smartphones, Netzwerk. Dort zu arbeiten war für Spiekermann eine tolle Möglichkeit, auch, weil Dortmund war für ihn örtlich nah war: „Ich bin genommen worden und habe schnell gemerkt, wie spannend IT-Forensik ist.“

Nach der Masterarbeit fragte Prof. Dr. Jörg Keller (Lehrgebiet Parallelität und VLSI): „Wollen Sie die nicht veröffentlichen?“ Spiekermann: „Nach und nach dämmerte es mir: Das ist schon der erste Schritt zur Promotion. Und dann ging es konstant weiter.“ Obwohl sie oft auf ihn verzichten musste, redete seine Frau ihm zu: „Wenn du es jetzt nicht machst, ärgerst du dich irgendwann einmal. Wenn du scheiterst, ärgerst du dich vielleicht auch. Aber du hast wenigstens versucht. Also fang an!“

Die Dissertation schrieb er losgelöst von seinem Hauptberuf, zwar „mit polizeilichem Denken“, aber ohne polizeiliche Daten: „Ich habe ein Leben bei der Polizei und eines bei der FernUni. Sie treffen sich nur insofern, als ich im Lehrgebiet als wissenschaftliche Hilfskraft seit 2017 Arbeiten betreue, die die Polizei gerne bearbeitet haben möchte.“

Beitrag zur Aufklärung von Verbrechen

Heute arbeitet er bei der Polizei im Bereich der Netzwerkforensik. Sie ist ein Teil der IT-Forensik. Gelegentlich muss er Geräte an Tatorten sichern, bevor sie ausgeschaltet werden. Manchmal mit schusssicherer Weste. Mit spezieller Software prüft er, ob z.B. auf einem Rechner ermittlungsrelevante Daten zu finden sind, sichert sie und bereitet sie auf: Hat sich jemand angemeldet? Wurde ein Dokument geschrieben? Befand sich eine bestimmte Datei irgendwann auf dem Rechner? Welche Internet-Seiten wurden besucht? Dabei bekomme ich einiges zu sehen, was ermittlungsrelevant ist, auch Gewaltvideos oder kinderpornografische Fotos. Aber eines anzusehen – und auch nicht detailliert – genügt meistens, um meine Aufgabe zu erfüllen“, sagt der Vater einer Tochter. „Damit kann ich leben, ich habe meinen Beitrag zur Aufklärung des Verbrechens geleistet und kann den Sachbearbeitern sagen, wo sie die Daten finden, die sie auswerten müssen.“

Gerd Dapprich | 20.03.2024