Symposium zu generativer KI an Hochschulen

Zugänge zu generativer KI schaffen: Auf dem Campus der FernUniversität in Hagen diskutierten Expert:innen aus Hochschulen bundesweit über technische Lösungen zur KI-Bereitstellung.


Foto: FernUniversität
Wie können Hochschulen generative KI zur Verfügung stellen? Mit dieser Frage befasste sich ein bundesweites Symposium an der Fernuniversität in Hagen.

Organisiert wurde das Symposium vom KI-Campus-Hub NRW, dem Projekt KI:edu.nrw und dem Stifterverband e.V. „Generative KI bietet große Chancen für Hochschulen. Aber die technische Umsetzung – datenschutzkonform und ethisch vertretbar – stellt uns derzeit noch vor große Herausforderungen“, erläuterte Prof. Dr. Claudia de Witt, Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik an der FernUni und Leiterin des KI-Campus-Hub NRW bei der Eröffnung der Veranstaltung. Prof. Dr. Stefan Stürmer, Prorektor der gastgebenden FernUniversität in Hagen, ergänzte, dass die Disruptivität generativer KI gerade in der Lehre und für Prüfungen signifikante Veränderungen mit sich bringt. Auch viele Finanzierungsfragen seien noch offen.

Was ist möglich und was ist wünschenswert?

In ihrem Eingangsimpuls zur Bereitstellung generativer KI an Hochschulen identifizierten Dr. Peter Salden, Jonas Leschke und PD Dr. Malte Persike von KI:edu.nrw vier Zielkomplexe:

  • Kosten: Reduktion der Entwicklungs-, Betriebs- und Supportkosten für
    die Hochschulen

  • Skalierbarkeit: Schnelle und effiziente Erweiterung der Userbasis und der IT-Architektur

  • Optionen: Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren KI-Systemen und Benutzeroberflächen

  • Flexibilität: Modularer Aufbau für die zeitlich flexible Einbindung in die Hochschul-IT

Wünschenswert sei dabei eine Koexistenz von kommerziellen Systemen wie ChatGPT und Open-Source-Modellen, da beide Systeme unterschiedliche Stärken aufweisen. Dabei gäbe es drei höchst unterschiedliche Open-Source-Ansätze (siehe Grafik).

Grafik zu drei Open-Source-Ansätzen: 1. Entwicklung eigener Open-Source-KI-Modelle, 2. Nutzung vorhandener Open-Source-KI bei externem Hosting, 3. Nutzung und Hosting vorhandener Open-Source-KI; die Nutzung von Open-Source-Interfaces zu kommerzieller KI ist davon getrennt zu betrachten. Abbildung: KI:edu.nrw
Unterschiedliche Open-Source-Lösungswege, visualisiert im Vortrag von KI:edu.nrw.

Bereitstellungswege und Projekteinblicke

Aber wie sieht denn nun die gelebte Praxis aus? Hierzu bot das Symposium Einblick in vier ganz unterschiedliche Beispiele:

  • Kommerzielle Dienste wie ChatGPT nutzen oder ein Open-Source-Modell selbst hosten: Vor dieser Entscheidung stehen viele Hochschulen. Die FernUniversität in Hagen exploriert beide Wege. Computerlinguist Prof. Dr. Torsten Zesch und Wirtschaftsinformatiker Michael Hanses (beide von CATALPA, Center of Advanced Technologies for Assisted Learning and Predictive Analytics der FernUni) stellten die Open-Source-Lösung FLEXI vor – kurz für FernUni LLM Experimental Infrastructure. Sie präsentierten live Abfragen bei verschiedenen selbst gehosteten Open-Source-Modellen. „Mit FLEXI können wir erfolgreich demonstrieren, dass es möglich ist, eine generative KI an der Hochschule selbst zu betreiben”, stellte Michael Hanses heraus. „Durch den Reallabor-Ansatz unseres Forschungszentrums können wir FLEXI im echten Einsatz testen“, erklärte Torsten Zesch. Und zwar nicht nur technisch: CATALPA begleitet verschiedene Einsatzszenarien mit Forschungsprojekten. „Bisher gibt es kaum Evidenz zur Auswirkung von Large-Language-Models auf die Lehre“, so Zesch.

  • Frühzeitig haben sich die Interaction Designer der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim rund um Prof. Dr. Stefan Wölwer entschieden, mit HAWKI ein datenschutzrechtlich sicheres, kostenfreies Interface für die Nutzung von ChatGPT zu entwickeln. Inzwischen wird das Interface bereits an rund 30 Hochschulen bundesweit genutzt. Derzeit entwickeln Wölwer und sein Team HAWKI weiter. Ziel ist ein Ökosystem für Lehren und Lernen, Prüfungen und Verwaltung zu schaffen, in das auch Open-Source-LLMs, lokale IT-Systeme und Datenmanagement integriert werden können.

  • Einen LLM-Service auf Open-Source-Basis, mit einem KI-Chat ohne Speicherverlauf, kostenloser Nutzung verschiedener Open-Source-Modelle und dem Angebot, beispielsweise Large-Language-Models bedarfsorientiert zu trainieren – das alles bietet Chat AI. Das von Jonathan Decker vorgestellte Projekt gehört zum Portfolio des BMBF-finanzierten KI-Servicezentrums für sensible und kritische Infrastrukturen (KISSKI). KISSKI wird geleitet von der Georg-August-Universität Göttingen, Projektpartner ist die GWDG, Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen, die als IT-Anbieter für die Uni und die Max-Planck-Gesellschaft fungiert. Zukünftig werden die KISSKI-Angebote in HAWKI integriert, so dass Universitäten sowohl kommerzielle als auch Open-Source-KI gleichzeitig nutzen können.

  • Einen Chatbot zugänglich machen und das Angebot mit Handreichungen und Empfehlungen didaktisch einbinden – das hat sich das Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre Baden-Württemberg (HND BW) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Aalen vorgenommen. Dabei setzt das von Dr. Matthias Bandtel und Markus von Staden präsentierte Angebot bwGPT auf GPT4, zugänglich gemacht über die HAWKI-Schnittstelle. bwGPT ist integrierbar in die Learning-Management-Systeme der beteiligten Hochschulen und Pilotnutzer. Ergänzend gibt es ein umfangreiches Weiterbildungskonzept sowie Unterstützung der baden-württembergischen Hochschulen bei der Klärung rechtlicher Fragen zur digitalen Lehre.

Orientierungshilfe zum Datenschutz

Das Thema Datenschutz stellt eine der zentralen Herausforderungen für Hochschulen bei der Bereitstellung generativer KI dar. Unterstützung bietet hier die Orientierungshilfe Künstliche Intelligenz und Datenschutz (PDF 1,1 MB) von der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Uwe Hofmann, Stabsstelle Datenschutz der FernUniversität in Hagen, stellte das Dokument beim Symposium vor und gab seine Einschätzungen.

Mit Synergien am Puls der Technologie

Ohne Kooperation und hochschulübergreifende Zusammenarbeit wird die Bereitstellung generativer KI nicht funktionieren: Diese einmütige Bilanz zogen die Teilnehmenden der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Annabell Bils, Zentrum für Lernen und Innovation der FernUni. „Synergien spielen hier eine ganz große Rolle“, bekräftigte Mariele Ratter vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen (MKW NRW). Notwendig sei dies auch aufgrund der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung mit immer neuen KI-Tools im Bildungsbereich, betonte PD Dr. Malte Persike, KI:edu.nrw. Voraussetzung dafür sei allerdings auch ein organisationskultureller Wandel und eine stärkere Kooperationsbereitschaft von Hochschulen, die auch durch die Hochschulleitungen gewollt und aktiv unterstützt werden muss, so FernUni-Prorektor Prof. Dr. Stefan Stürmer. Eine Vereinheitlichung der Hochschullandschaft sei dennoch nicht zu befürchten, betonte Dr. Konrad Faber, Netzwerk Landeseinrichtungen für digitale Hochschullehre Rheinland-Pfalz: „Die Hochschulen können beispielsweise auf technischer Ebene und in der Didaktik kooperieren – und sich dennoch nach wie vor inhaltlich und fachlich profilieren.“

„Die Fragen, vor denen wir stehen, sind in allen Bundesländern gleich“, hob Dr. Peter Salden zum Ende der Veranstaltung hervor. Deshalb sei auch der länderübergreifende Austausch so wichtig. Prof. Dr. Claudia de Witt betonte abschließend noch einmal die Bedeutung des Datenschutzes: „Nur darüber schaffen wir Akzeptanz und Vertrauen. Aber wenn uns das gelingt – dann bin ich optimistisch, dass wir für diese technischen wie didaktischen Innovationen viel mehr Lehrende für KI gewinnen als bisher.“

Christina Lüdeke | 03.07.2024