Manfred Besner
Berufliche Neuorientierung mit knapp 60
Für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler kann das Wissenschaftszeitvertragsgesetz eine Herausforderung sein. Denn es gibt vor, dass sie nach einer Doktorarbeit höchstens sechs Jahre auf befristeten Stellen an einer staatlichen Hochschule oder Forschungseinrichtung arbeiten dürfen. Manfred Besner ist Nachwuchswissenschaftler. Das Gesetz stellt für ihn trotzdem kein Problem dar. Wenn die sechs Jahre als Postdoc um sind, geht er in Rente. Besner hat sich mit fast 60 Jahren dafür entschieden, beruflich noch einmal komplett neu anzufangen. Die passende Voraussetzung dafür hatte er durch sein Mathematikstudium an der FernUniversität in Hagen.
Hornist, Musiklehrer und Dirigent
Die ersten gut 30 Jahre seines Berufslebens war Manfred Besner im weitesten Sinne Musiker. Er hatte Orchestermusik mit Hauptfach Horn in München studiert und war zunächst viele Jahre als Hornist tätig. „Als die Kinder gekommen sind, habe ich mich dann als Musiklehrer und Dirigent für Blasorchester selbständig gemacht.“ Irgendwann wuchs in ihm jedoch der Wunsch noch einmal etwas ganz Anderes zu machen. Parallel zu seinem Beruf begann er im Jahr 2006 ein Mathematik-Diplomstudium an der FernUniversität. „Dabei hatte ich direkt im Hinterkopf, dass sich beruflich daraus etwas ergeben könnte.“
Studium und Beruf ließen sich gut miteinander vereinbaren. „Mathematik ist für ein Fernstudium sehr gut geeignet. Die harten Nüsse muss man sowieso alleine knacken. Meistens habe ich vormittags gelernt, nachmittags und abends war ich als Musiklehrer und Dirigent tätig.“ Mit dem ursprünglichen Ziel, sein Studium so schnell wie möglich abzuschließen, war Besner in vier Semestern mit dem Grundstudium fertig. „Meine Hauptdiplomskurse habe ich dann so gewählt, dass ich ein möglichst breites Wissen bekomme. Dadurch hat das Studium dann etwas länger gedauert.“
Mathematikdiplom mit 57
Im Hauptstudium entstand Manfred Besners Begeisterung für Diskrete Mathematik. Seine Diplomarbeit hat er in kooperativer Spieltheorie geschrieben. „Aufbauend darauf wollte ich auf jeden Fall weitermachen.“ Mit 57 Jahren bewarb er sich daher auf Stellen in der Wissenschaft. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich damit ein großes Risiko eingehe. Ich hatte ja ein zweites Standbein und hätte im Notfall sicherlich wieder in meinen alten Beruf zurückgekonnt.“
An der Hochschule für Technik Stuttgart fand er eine Stelle als akademischer Mitarbeiter. Dort ist er seitdem in der Lehre tätig und unterrichtet hauptsächlich in der Informatik. Durch sein Studium hatte er dafür die entsprechenden Grundlagen. „Von den Kolleginnen und Kollegen wird das Studium vollwertig anerkannt. An der FernUni wird einem nichts geschenkt. Wenn man das geschafft hat, dann kann man auch was.“
Doktortitel mit 60
Parallel zu seiner Lehrtätigkeit in Stuttgart begann er eine Doktorarbeit an der FernUniversität. Unter der Aufsicht seines Doktorvaters Prof. Dr. Winfried Hochstättler forschte er weiter an Lösungskonzepten in der kooperativen Spieltheorie. „Meine Gedanken habe ich regelmäßig in Paper gebracht und in namhaften Fachjournalen veröffentlicht.“ So sind in den vergangenen drei Jahren vier Paper entstanden. Aus diesen hat er dann wiederum eine eigenständige Doktorarbeit verfasst und im Herbst 2020 erfolgreich verteidigt.
Der Doktortitel eröffnet dem mittlerweile 61-Jährigen nun weitere Möglichkeiten. „Ich werde vermehrt in der Forschung eingebunden.“ Dort und auch weiterhin in der Lehre sieht er auch seine berufliche Zukunft: „Die Arbeit in der Wissenschaft macht mir nach wie vor großen Spaß. Daher bin ich guter Dinge, eine Postdoc-Stelle zu bekommen.“
Stand: Februar 2021