Ana Lomsadse

Nach dem Au-pair kam das Fernstudium

Foto: Ana Lomsadse
Ana Lomsadse ist vierfache Mama, hier ist sie mit ihren Zwillingen.

Ana Lomsadse lebte dort, wo andere Urlaub machen. Mit 22 Jahren verließ sie ihre Heimat Georgien für einen Au-pair-Aufenthalt in Deutschland – und ist bis heute geblieben. Aus Georgien brachte sie ein abgeschlossenes Tourismus-Studium mit. „Doch in dieser Branche habe ich mich damals einfach nicht mehr gesehen“, sagt die heute 35-Jährige, die inzwischen an der FernUniversität Wirtschaftswissenschaft studiert, verheiratet ist und vier Kinder hat. Nochmal ganz zurück an die Uni in Vollzeit, das konnte sie sich nicht vorstellen. Daher traf es sich gut, dass ihr die Leiterin eines Orientierungskurses, den sie besuchte, von der FernUni in Hagen erzählte. „Dass der Abschluss staatlich anerkannt ist, war mir wichtig“, sagt Ana Lomsadse. Und dass sie zeit- und ortsunabhängig studieren konnte, mindestens genauso. Ganz bewusst habe sie sich dann zu einem Teilzeitstudium entschlossen. „So konnte ich mir die Module selbst einteilen. Ich bin zwar schon immer sehr selbstständig gewesen, aber ich wollte mich auch nicht unter Druck setzen.“ Inzwischen ist sie im siebten Semester, Ende 2023 möchte sie ihren Bachelorabschluss machen.

Konversationstraining für Geflüchtete

Zeit zum Lernen hat Ana Lomsadse vor allem dann, wenn die Kinder – neun, sechs Jahre und die Zwillinge fünf Jahre alt – im Bett sind. Davor kann es schon mal hektisch werden. Und wo bleibt die Freizeit? „Von Freizeit kann keine Rede sein“, meint sie, findet zum Glück aber doch ab und zu Gelegenheit, die Füße hochzulegen oder beim Yoga hochzuhalten. Sport macht sie allerdings eher aus pragmatischen Gründen. Die disziplinierte junge Frau betrachtet Yoga als eine Art Pflichtprogramm für ihre Gesundheit – einfach um fit zu bleiben. Echte Leidenschaft entfacht in ihr eine fast schon vergessene Handarbeitskunst, die vor allem in den 80er-Jahren viele Wohnzimmer und Dielen schmückte. „Ich sticke für mein Leben gern.“ Landschaften, Tiere, Architektur und Stillleben – ihr Repertoire ist vielfältig.

Foto: Ana Lomsadse
Wenn sie mal Zeit hat, dann verbringt Ana Lomsadse sie mit dem Sticken von Bildern.

Beruflich unterstützt Ana Lomsadse heute selbst Menschen, die nach Deutschland kommen. Seit dreieinhalb Jahren ist sie bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hannover beschäftigt. Dort gibt sie Konversationskurse für Migrantinnen und hilft ihnen dabei, sich im Alltag zurecht zu finden. „Die meisten kommen aus dem Iran oder aus dem Irak, seit letztem Jahr sind auch viele geflüchtete Frauen aus der Ukraine in meinen Kursen.“ Dass die Frauen eine Anlaufstelle haben und nicht auf sich allein gestellt sind, ist ihr ein großes Anliegen. Ihr soziales Engagement reicht bis in den privaten Bereich hinein. Einmal in der Woche spendet Ana Lomsadse Plasma, regelmäßig geht sie zur Blutspende, um anderen Menschen zu helfen.

Vielleicht noch einen Master?

Als sei das noch nicht genug, freut sie sich gerade über ihren zweiten Job. Ganz frisch arbeitet Ana Lomsadse jetzt bei der Sparkasse im Online-Produktverkauf. Beworben hatte sie sich dort nach dem sechsten Semester ihres Fernstudiums mit einem Zertifikat, das die bisherigen Studienleistungen ausweist. Bachelorstudierende können es nach sechs erfolgreich abgeschlossenen Pflichtmodulen beantragen. Ob diese Art Zwischenzeugnis geholfen hat, den Job zu bekommen, könne sie natürlich nicht ganz sicher sagen, stolz macht sie der Blick auf ihren bisherigen Erfolg und auf die Durchschnittsnote von 1,7 aber so oder so.

Kann das genügend Ansporn für ein Masterstudium sein? „Das muss ich mir noch gründlich überlegen“, sagt sie und lacht. Langweilig wird es der vierfachen Mama mit zwei Jobs auch ohne Studium jedenfalls sicherlich nicht werden.

Stand: Januar 2023

Sarah Müller | 20.03.2024