Eva-Maria Mfutso-Bengo
Grenzenlos promovieren
Eva-Maria Mfutso-Bengos bayerischer Akzent ist unverkennbar. Ihr Besuch in Burghausen im Landkreis Altötting bei ihren Eltern verstärkt den Effekt. Dort ist die 41-Jährige aufgewachsen. Seit 14 Jahren lebt und arbeitet die deutsche „Wahl-Afrikanerin“ in Malawi.
Im Januar 2018 hat die Doktorandin an der Winter School des Netzwerkes European Distance Education in Law Network (EDELNet) in Frankfurt teilgenommen. „Ich habe Promovierende von anderen europäischen Fernuniversitäten kennengelernt und wir konnten uns austauschen. Das war sehr wertvoll“, erzählt sie im Telefoninterview, das sie von Burghausen aus führt. Außerdem hat Mfutso-Bengo auch Kolleginnen und Kollegen des Lehrstuhls von Prof. Isfen getroffen, der seit August 2017 ihre Dissertation betreut.
Betreuung via E-Mails
Die Betreuung durch die FernUniversität läuft in der Regel über E-Mails, hin und wieder telefoniert sie mit dem Lehrstuhl über einen Messenger-Dienst. „Man lernt dabei auch, Online-Tools anzuwenden und für sich zu nutzen“, sagt Mfutso-Bengo.
„Aus meiner Sicht besteht kein großer Unterschied darin, eine Promovendin in Afrika oder in Deutschland zu betreuen. Wir tauschen uns aus in Mails und auch schon mal in längeren Gesprächen übers Internet“, bestätigt Prof. Osman Isfen. „Die FernUni ist infrastrukturell gut aufgestellt, das erleichtert das wissenschaftliche Arbeiten – von überall in der Welt.“
Immerhin hat sich die Dateninfrastruktur in Malawi in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. „Aber Stromausfälle gibt es immer noch und bei der Download-Geschwindigkeit muss man sich gut überlegen, ob man ein Video wirklich gucken will.“ Für Literaturrecherche über die FernUni-Bibliothek hat sie kein Problem. „Die Zeitschriften sind alle online, nur bei Print-Büchern ist es für mich schwierig. Dafür habe ich einen Deutschlandbesuch für 2019 eingeplant.“
Fachliche Perspektive erweitert
Eva-Maria Mfutso-Bengo hat ursprünglich Jura in Regensburg studiert und wollte nach dem Abschluss im Verwaltungsdienst arbeiten. Während ihres Studiums lernte sie ihren heutigen Mann kennen. Er stammt aus Malawi und war nach Deutschland gekommen, um in angewandter Pastoraltheologie und Ethik zu promovieren. Zuvor hatte er bereits in Österreich Theologie und Philosophie studiert.
„Wir wollten uns ein gemeinsames Leben in Afrika aufbauen, unser fachliches Know-how dort einzusetzen.“ 17 Millionen Menschen leben in Malawi – und nur rund 400 Anwältinnen und Anwälte haben im Land eine Zulassung. In Nordrhein-Westfalen mit ähnlich vielen Einwohnern sind es circa 38.000. „Mein Mann bekam die Chance, am College of Medicine in Blantyre zu forschen“, erklärt sie.
Sie nutzte unterdessen ihr Referendariat in Deutschland, um sich aufs Auswandern vorzubereiten, absolvierte eine Station beim Office of the Ombudsman für Bürgerrechtsbeschwerden und in einer Anwaltskanzlei im Bereich Wirtschaftsrecht. In Malawi angekommen begann sie bald an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der polytechnischen Universität Malawi in Blantyre zu unterrichten: „Darüber habe ich meine fachliche Perspektive erweitert.“ Das akademische Umfeld legte den Gedanken an eine Promotion bereits nahe.
Der Staat und Dritte
„Die FernUniversität bietet mir dazu jetzt eine tolle Möglichkeit“, freut sich Mfutso-Bengo. Die Kinder sind mit 10 und 13 Jahren inzwischen selbstständig genug – „und sehr stolz auf mich“, staunt sie. Die Uni in Blantyre hat Mfutso-Bengo von ihren Lehrverpflichtungen freigestellt. „Die Uni möchte die Qualität der Lehre erhöhen und mein Wissen gebe ich nach der Promotion später gern weiter. So gebe ich auch der Uni etwas zurück.“ In drei Jahren will sie ihre Promotion abschließen. Rund 80 Seiten Rohwerk liegen bereits auf Isfens Schreibtisch. Der ist überzeugt, dass Mfutso-Bengo zügig durchkommt. „Sie ist sehr gut.“
In ihrer Dissertation setzt sich Eva-Maria Mfutso-Bengo mit Wirtschaftsstrafrecht auseinander und untersucht, wie Dritte an strafrechtlichen Ermittlungen des Staates mitwirken können. Wichtige Tipps und Beweise können durch Whistleblower, interne Ermittlungen der Unternehmen, forensische Audits aber auch von Straftäterinnen und -tätern erlangt werden. „Damit sind auch Fragen nach Anreizen dafür verbunden, etwa zu strafrechtlicher Selbstanzeige, ähnlich wie im deutschen Steuerrecht“, erläutert sie. Hierbei vergleicht sie auch, welche Regelungen sich in anderen Ländern bewährt haben.
Hohes Korruptionsrisiko
Denkbar ist es weiterhin, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor über Verträge zu regeln. „Selbstverständlich muss man gewährleisten, dass es dadurch zu keiner unerwünschten Einflussnahme kommt und die Ermittlungen unabhängig geführt werden. Andererseits muss man diese Gefahr dem gegenüber abwägen, dass eine effiziente Rechtsdurchsetzung dadurch überhaupt ermöglicht wird“, beschreibt die Juristin.
Die finanziellen Mittel des demokratischen Landes Malawis sind beschränkt, das Korruptions- und Betrugsrisiko in allen Sektoren erhöht und Gehälter gering. Solche und andere sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen wird sie bei ihren Reformvorschlägen berücksichtigen.
Stand: Mai 2018