Roma Mukherjee
„Hände arbeiten lassen, Kopf beschäftigt halten“
Radikal offen sein, flexibel denken, Wandlungsfähigkeit beweisen. Häufige Phrasen in einer Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint. Roma Mukherjee zeigt, was es bedeutet, diese Haltung wirklich zu leben – und sich dabei doch treu zu bleiben. Die biografischen Stationen der 49-jährigen Hamburgerin klingen so bunt und vielfältig, dass sie mit Recht als Lebenskünstlerin gelten kann: Unter anderem hat sie Erfahrung als professionelle Tänzerin, Sekretärin, Gastronomin, selbstständige Kunsthandwerkerin, Social-Media-Managerin, Angestellte einer Buchhandlung und im Gesundheitsbereich.
Einen roten Faden bildet dabei seit vielen Jahren das Teilzeitstudium an der FernUniversität: Hier schloss sie 2019 den Bachelor Bildungswissenschaft ab und studiert seither Neuere deutsche Literaturwissenschaft im Master.
Fernstudium: Klappe, die erste…
Mukherjee wurde 1974 in Essen geboren. Schon während ihrer Schulzeit entflammte ihre Leidenschaft fürs Tanzen. „Ich habe klassischen und modernen Tanz studiert, in Köln und in Arnheim.“ Als Profi verdiente sie durchaus Geld mit Auftritten und Engagements, setzte aber bald auf ein zweites Standbein. „In Essen habe ich Komparatistik, Anglistik und Philosophie studiert“, blickt Mukherjee zurück. „Damals war ich jung, wollte schnell studieren, gut sein.“ Wichtig war ihr dabei absolute Selbstständigkeit. „Deshalb habe ich alles selbst bezahlt, nebenher viel gearbeitet und sogar ein Stipendium ausgeschlagen. Ich wollte alles alleine schaffen!“
Im Laufe des Studiums setzte sie irgendwann ihren Schwerpunkt neu, wechselte an die FernUniversität in Hagen und schrieb sich in ein literaturwissenschaftliches Teilzeitstudium ein – um die Jahrtausendwende noch im Magister-Format. „Literatur in all ihren Facetten hat mich von Kindertagen an immer begleitet“, bekennt Mukherjee. Doch ihre berufliche Lage war inzwischen längst stabil, das Studium verlor an Priorität. Zudem hatte sich für sie eine Perspektive in einer eher unerwarteten Branche ergeben: „Ich hatte einen Vollzeit-Job bei der Deutschen Entwicklungsbank.“ Schließlich exmatrikulierte sie sich.
…und Klappe, die zweite!
„Mein Leben lief dann so weiter“, erzählt sie schmunzelnd. „Ich bin Mutter geworden und habe meine berufliche Selbstständigkeit ausgebaut.“ Mukherjee zog aus familiären Gründen nach Hamburg. Schon lange war sie als textile Kunsthandwerkerin tätig; erst nur nebenbei, irgendwann gab sie Vollgas, tourte im Van durch die ganze Republik, um ihre Stücke auf Mittelaltermärkten zu verkaufen. Doch selbst in dieser rastlosen Phase ließ sie der Wunsch, sich noch einmal an der FernUni einzuschreiben, nicht los. „Ich habe in der Zeit auch viel unterrichtet. Da dachte ich mir: Na, vielleicht wäre Bildungswissenschaft ja das Passende für mich.“
2009 schrieb sie sich in den entsprechenden Studiengang an der FernUniversität ein. So flexibel das Hagener Modell ist, so viel Selbstdisziplin und Willensstärke erfordert es – zum Glück Eigenschaften, die Mukherjee auszeichnen: Unermüdlich wälzte sie Studienbriefe im Bus, büffelte noch nach anstrengenden Reisetagen, ging während ihrer Arbeit im Gedächtnis die Lerninhalte durch. Ihr Motto: „Mit den Händen arbeiten und den Kopf dabei beschäftigt halten.“ 2019 dann der ersehnte Bachelorabschluss.
Neue Jobs, alte Leidenschaften
„Eigentlich wollte ich nach dem Bachelor nichts mehr machen“, gesteht Mukherjee. Als das neue literaturwissenschaftliche Masterangebot an der FernUni startete, konnte sie jedoch nicht widerstehen. Noch 2019 schrieb sie sich ein. Auch beruflich gab es eine weitere Wende, das Kunsthandwerk litt unter der Coronapandemie. Zum Glück öffnete sich bald eine neue Tür: „Mir wurde ein Job in einer Buchhandlung angeboten, der total super war.“ Das Literaturstudium war hier ein hilfreicher Bonus. Mukherjee konnte ihre Leidenschaft für Bücher voll ausspielen, hinzu kam ihre Erfahrung mit Social Media, die sie sich nebenher in Kursen angeeignet hatte. Leider überlebte das Geschäft die Coronakrise nicht.
Den Wandel gewohnt, orientierte sie sich rasch um. Nun arbeitet sie als Praxismanagerin im psychotherapeutischen Bereich. „Das ist für mich auch voll okay.“ Geblieben ist ihr privater Instagram-Account, in dem sie ihre Leidenschaft für Bücher weiter mit Gleichgesinnten teilt. Wo die Reise noch hingeht? Mukherjee bleibt neugierig und offen.
Mit Eigenarten der FernUni umgehen
Beruflich ein Tausendsassa, ist Roma Mukherjee auch im Studium experimentierfreudig: „Am Anfang habe ich jedes Semester mit einer anderen Methode gearbeitet.“ Trotzdem versteht sie sich eher als „Planerin“: „Ich habe immer Puffer einberechnet.“ Wichtig im Studium ist ihr der Kontakt mit anderen Studierenden und der menschliche Austausch untereinander. Außerdem ist sie davon überzeugt, dass man sich für die eigenen Ideale gerade machen sollte: So engagierte sie sich während des bildungswissenschaftlichen Studiums zum Beispiel vier Jahre lang als studentische Vertreterin in der Studiengangskommission und im Institutsrat.
Auch abseits der Uni positioniert sie sich immer wieder klar und deutlich gegen Rassismus und Benachteiligungen anderer Art. Diversität ist für die Allrounderin eine Selbstverständlichkeit. Mit Blick auf die schiere Menge an unterschiedlichen Fähigkeiten wirkt die Selbsteinschätzung ihrer Talente auf sympathische Art bescheiden: „Ich kann mit zehn Fingern tippen – und das auch wirklich sehr schnell“, lacht Mukherjee. „Das war immer hilfreich und tatsächlich eine der besten Sachen, die ich mir je selbst beigebracht habe.“