Julia Steffens
Diplom auf den letzten Drücker
Julia Steffens lacht viel, wenn sie von ihrer Abschlussarbeit erzählt. Nicht nur, weil sie von Natur aus ein fröhlicher Mensch ist, sie hat auch allen Grund zur Freude. Als eine der letzten Studierenden hat sie in diesem Jahr ihre Diplomarbeit an der FernUniversität in Hagen abgegeben – mit Unterbrechung nach insgesamt 19 Jahren Studium.
Wie viele andere begann sie ihr Studium nach der Ausbildung. Das war im Jahr 2001 an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. „Aber nach dem Vordiplom 2004 habe ich dann langsam den roten Faden im Studium und Freunde aus den Augen verloren“, sagt die 40-Jährige. Weil sie im Sommer 2006 in Vollzeit arbeitete, folgte die Exmatrikulation 2007. Doch im Hinterkopf waberte immer der Gedanke, irgendwann das Studium zu beenden. 2014 war es dann so weit.
Das Ablaufdatum rückte näher
Mitten im Vollzeitjob fragte sie sich, wie sie das eine mit dem anderen vereinbaren solle: „Mir persönlich hat auch kurzfristig die Vorstellung gefallen, mit Mitte 30 noch mal das Studentenleben genießen zu können, doch das war leider nicht ganz so realistisch.“ Kurzum entschied sie sich, ihr Diplomstudium in Teilzeit und von zu Hause aus an der FernUni zu vollenden. „Die FernUni war eine von sehr wenigen Unis, an denen ich mein begonnenes Diplom fertigmachen konnte. Das hat mir die Entscheidung sehr leicht gemacht.“
Nicht so leicht war die Diplomarbeit selbst. „Ich habe mir das viel einfacher vorgestellt“, erinnert sie sich an das Sommersemester 2019, in dem sie sich für drei Monate von ihrem Job hatte freistellen lassen. Diesen Zeitraum hatte sie sich eigentlich für die Diplomarbeit reserviert. „Doch die Ausarbeitung des modelltheoretischen Teils stellte sich als echte Herausforderung dar, und die drei Monate waren viel zu schnell um.“ Entsprechend groß war Julia Steffens Verzweiflung, nicht rechtzeitig fertig zu werden, denn mit Ende des Wintersemesters 2019/20 sollte die Ära Diplom an der FernUni enden.
Auf den letzten Metern aufgeben, das kam für sie nicht in Frage. „Ich dachte mir, jetzt bin ich so weit gekommen, habe so viele Jahre investiert. Jetzt werde ich wohl noch das schaffen, was viele andere vor mir auch schon geschafft haben.“ Insgesamt 12.000 Studierende haben in den vergangenen 40 Jahren ihre Diplomarbeit an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität geschrieben. Und bei einigen wurde es auf der Zielgeraden ähnlich knapp.
Das bekamen auch die Professorinnen und Professoren zu spüren, die in diesem Frühjahr die letzten Diplomarbeiten betreut haben – deutlich mehr als sonst. Auch die Arbeit von Julia Steffens war Anfang 2020 dabei. Deren Überschrift hat sich wohl für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt: „Apothekenmarkt Deutschland – Der Wettbewerb mit rezeptpflichtigen Medikamenten.“ Über dieses Thema ist sie letztlich aus privatem Interesse gestolpert und es verhalf ihr zum Titel. Wirklich glauben konnte sie es anfangs noch nicht nach der langen Studienzeit: „Manchmal fühle ich mich wie eine Exotin, wenn ich Leuten erzähle, ich bin jetzt Diplom-Kauffrau“, sagt sie und lacht.
Und jetzt? Ein Akademiestudium
Ob ihr das Diplom nun berufliche Perspektiven eröffnen wird, die sie mit dem Bachelor oder ohne Abschluss nicht gehabt hätte? Darüber mag die FernUni-Absolventin, die für das Modeunternehmen Walbusch tätig ist, nicht so recht nachdenken. „Ich bin gerade an einem Punkt, an dem ich voller Demut behaupten kann, mir geht es gut.“ Karriereplanung kommt für sie während der unsicheren Corona-Zeit nicht wirklich in Frage. Stattdessen hat sie sich für ein neues Studium an der FernUni eingeschrieben.
„Das habe ich im Sommer spontan wegen der verlängerten Einschreibemöglichkeiten durch die Corona-Situation getan.“ Nur an den Schreibtisch habe sie sich noch nicht setzen können. „Stattdessen wollte ich nach all den Anstrengungen erst mal etwas relaxen.“ Zum Glück gibt es absolut keinen Grund, sich zu stressen, denn anders als das Diplom hat das Akademiestudium an der FernUni kein Ablaufdatum.
Stand: September 2020