Meike Stein

Lesen, um darüber zu sprechen

Foto: Meike Stein

Meike Stein liest viel. Sehr viel, mindestens drei Bücher pro Woche. Dann spricht sie darüber. Woche für Woche am selben Tag, zur selben Zeit.

Die 39-Jährige gehört zu einem Trio, das einen Podcast für Literaturliebhaber:innen betreibt. Hauptberuflich arbeitet Meike Stein als Referentin bei der Saarländischen Landesregierung, daneben ist sie freie Mitarbeiterin beim Saarländischen Rundfunk (SR) und Gesellschafterin bei Papierstau Podcast – und weil das nicht ausreicht, studiert sie im Master-Studium Literaturwissenschaft an der FernUniversität in Hagen.

Spaßfaktor Literatur

Dabei schafft Stein Synergien zwischen dem, was sie macht. „Wenn ich mich fürs Studium mit wissenschaftlicher Literatur auseinandersetze, hilft mir das auch für verschiedene Rahmungen und Ansätze bei Buchbesprechungen im Podcast.“ Buchtipps wiederum gibt sie auch ihren Hörerinnen und Hörern im Kulturradio SR 2.

Literatur war für Stein erstmal „mit dem Spaßfaktor behaftet“, erzählt sie. „Ich dachte nie daran, das Fach aus beruflichen Gründen zu studieren.“ Dabei hatte sie die Weichen zumindest gestellt: Medienwissenschaft, Politik und Anglistische Literaturwissenschaft hießen ihre Fächer an der Uni Trier, wo sie sich direkt nach dem Abitur eingeschrieben hatte. Von dort startete sie in die USA für ein Auslandssemester und vertiefte ihr Studium in Richtung Internationaler Journalismus. Zurück in Deutschland absolvierte sie ein Volontariat beim Norddeutschen Rundfunk (NDR), bei dem sie anschließend für Nachrichtensendungen im Zweiten arbeitete. Literatur spielte zu der Zeit nur eine Rolle auf dem Nachttisch.

Der Literatur verschrieben

Über einen NDR-Kollegen wurde sie auf die FernUni aufmerksam. Er hatte von den interessanten Menschen erzählt, die er an der FernUni getroffen hat. „Das klang so verlockend, dass ich mir das auch vorgenommen habe.“ Seit dem Wintersemester 2016/2017 trägt Meike Stein bei zu dieser bunten Studierendenschaft der FernUniversität, lässt sie noch ein bisschen mehr schillern.

Ein Fernstudium muss man aus Überzeugung machen. Das ist eine ernsthafte Aufgabe.

Meike Stein

Was zunächst aus eher lockerem Interesse begann, ist ihr zu einem Anliegen geworden: „Ein Fernstudium muss man aus Überzeugung machen. Das ist eine ernsthafte Aufgabe.“ Aktuell schreibt sie ihre Masterarbeit bei Prof. Michael Nienhaus im Lehrgebiet Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Mediengeschichte. Daran möchte sie am liebsten ihre Promotion anknüpfen.

„Im Fernstudium ist viel Eigeninitiative erforderlich. Man muss die Leute schon aktiv ansprechen, aber das funktioniert gut in den Seminaren. Inhaltlich ist man auf sich allein gestellt. Ich tausche mich eher darüber aus, wie man das Studium gut organisieren kann.“ Wer bis zum Abschluss durchhält, könne sich wirklich auf die Schulter klopfen, findet Stein.

Immer wieder mittwochs

Diszipliniert wird Stein vor allem durch die Produktion des Podcasts. „Der gibt die Struktur meiner Tage vor. Deshalb überlege ich auch nicht lange, ob ich wohl lernen sollte, sondern mache einfach. Ich habe keine Zeit zu verschwenden.“ Für den Podcast – immer mittwochs ab 15 Uhr – steht das Trio täglich über Chats in Kontakt, produziert wird über Skype: Meike Stein schaltet sich aus Saarbrücken zu, Robin Schneevogt aus Münster und Anika Falke aus Hannover.

Kennengelernt haben sie sich über eine Plattform für internationale Bücherfans. „In der amerikanischen Literatur war ich schon durch mein Magisterstudium sattelfest, im FernUni-Studium habe ich mich in die deutschsprachige Literatur eingearbeitet.“

Die drei haben den Podcast kontinuierlich ausgebaut und groß gemacht. Papierstau Podcast hören 40.000 Hörerinnen und Hörern, sie sind im zweiten Jahr offizieller Kooperationspartner des Deutschen Buchpreises. Um mit dem Podcast Geld verdienen zu können, hat das Trio nun eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet.

Aktualität als Taktgeber

Der Podcast verbreitet neben Buchtipps auch Neuigkeiten und greift Debatten auf. „Unser Ziel ist es, auf hohem Niveau Literaturkritik zu betreiben, dabei aber unterhaltsam und nahbar zu sein“, skizziert Stein. „Vor allem nehmen wir uns junge, mutige Debüts, internationale Neuerscheinungen und Bücher vor, die Leser:innen kitzeln – wegen formeller Innovationen oder außergewöhnlicher Inhalte.“

Aktualität ist Steins Taktgeber – auch im FernUni-Studium. Alle Hausarbeiten hat sie über moderne Bücher geschrieben. „Zu Goethe gibt es schon zwölf Bibliotheken voll. Ich suche mir lieber was, für das ich aktuell und online recherchieren kann.“ Da kommt die Journalistin in ihr durch. Wenn es um den Großstadtroman geht, muss es nicht Rainer Maria Rilke oder Alfred Döblin sein. Lieber schreibt sie dann über den zeitgenössischen Autor Thorsten Nagelschmidt.

Zu ihren Lieblingsautor:innen gehören Christian Kracht und Clemens Setz. Gefreut hat sich Meike Stein über die Vergabe des Literaturnobelpreises an Abdulrazak Gurnah aus Tansania, der über die Auswirkungen der Kolonialzeit schreibt. „Wir haben im Vorfeld in einer exklusiven Folge im Papierstau Podcast einen Autor aus Kenia als Favoriten vorgestellt.“ Geografisch lagen sie damit schon mal richtig.

Stand: November 2021