Eine starke Community in der Mathematik
FernUni-Professor Delio Mugnolo forscht in einem COST-Projekt. Es ermöglicht ihm den Austausch mit Forschenden weltweit, um neue innovative Ansätze der Mathematik kennenzulernen.
Seit 2019 leitet Prof. Dr. Mugnolo eine Arbeitsgruppe „Variational methods on graphs and networks“ (Variationsmethoden auf Graphen und Netzwerken) innerhalb des Projektes „Mathematical models for interacting dynamics on networks“ (Mathematische Modelle für interagierende Dynamiken auf Netzwerken). Die Forschenden beschäftigen sich mit den Wechselwirkungen von analytischen und geometrischen Aspekten in der Theorie von Graphen und weiteren Netzwerken. Das sind beispielsweise große Gruppen von Personen in unserer Gesellschaft oder Roboter in einem Cluster. Sie untersuchen dann beispielsweise, wie die Synchronisierung ihrer Bewegungen mit mathematischen Methoden erzielt werden kann.
Gemeinsam forschen
COST-Projekte ermöglichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich zu treffen und zu vernetzen. Es entstehen dadurch viele kleinere Forschungsprojekte, Sommerschulen, Konferenzen oder Seminare. Auch der Workshop „Geometric Aspects of Evolution and Control“, der im April 2023 an der FernUniversität in Hagen stattfand, wurde von COST, der Fakultät für Mathematik und Informatik und der Gesellschaft der Freunde e.V. finanziert.
Prof. Mugnolos wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Matthias Täufer und er hatten die Idee, ihre mathematischen Communities zusammenzubringen und deren Methoden an Fragestellungen aus der angewandten Wissenschaft zu testen. Mugnolo beschäftigt sich vorwiegend mit der Theorie der partiellen Differenzialgleichungen, unter anderem um an quantenphysikalischen Fragen heranzugehen, während Täufer sich mit Steuerungsproblemen in der Mathematik befasst, die durch mathematische Modelle gelöst werden können. „Wir haben dann gemerkt, dass sehr interessante Diskussionen entstehen und die Communities Neues voneinander lernen können“, sagt Prof. Mugnolo. Der Einladung nach Hagen folgten mehr als 50 Forschende aus fünf Kontinenten – ein gutes Drittel waren Forschende aus dem COST-Projekt.
Die Vielfalt der Teilnehmenden führte zu verschiedenen Vorträgen und interessanten Diskussionen zu Themen wie der mathematischen Physik oder Stochastik. Eine Präsentation veranschaulichte etwa die Forschung an der Schnittstelle zwischen der Analysis von partiellen Differenzialgleichungen und der Künstlichen Intelligenz. Ein weiterer Vortrag veranschaulichte, in wie vielen Bereichen die Mathematik eingesetzt wird: So kann mit mathematischen Methoden beispielsweise modelliert werden, wie sich eine Landschaft durch Regen verändert. Eine Gemeinsamkeit hatten alle Vorträge: neue und innovative mathematische Ansätze. „Ich konnte viel Neues dazulernen, was mich immer sehr freut“, blickt der Mathematik-Professor zurück.
Er gehörte auch beim Online-Workshop „Dirac equation between discrete and continuous: new trends and applications“ (Dirac-Gleichung zwischen diskret und kontinuierlich: neue Trends und Anwendungen) zum Organisationsteam. Der Workshop ermöglichte einen interdisziplinären Austausch mit Forschenden aus der Physik. „Die Forschung der Mitorganisatorin Prof. Ginestra Bianconi von der Queen Mary University of London ist in vielen Hinsichten sozusagen das physikalische Pendant meiner mathematischen Forschung“, sagt Prof. Mugnolo. Viele Fragestellungen – etwa die Synchronisierung verschiedener wechselwirkender Akteure – sind sich sehr ähnlich. „Das Thema ist durch den Nobelpreis für Physik, den 2022 Prof. Dr. Giorgio Parisi erhalten hat, höchstaktuell und Prof. Bianconi interviewte ihn kürzlich zu diesem Thema.“
Sommerschule in Stockholm
Innerhalb des COST-Projekts ist die Forschung und Arbeit von Prof. Mugnolo vielfältig. „Einen Alltag in meiner Forschung gibt es daher nicht.“ Im August 2022 veranstalte er eine Sommerschule im Zentrum für Fernstudien in Bregenz, dieses gehört der FernUni an. „Ich war begeistert von der Unterstützung dort und könnte mir vorstellen, zukünftig öfter die Campusstandorte der FernUni für ähnliche Veranstaltungen zu nutzen“, meint Mugnolo. Über 40 Teilnehmende kamen damals zusammen. „Wir waren eine sehr diverse Gruppe. Es kamen Bachelor-Studierende auch aus Hagen bis hin zu jungen Post-Docs“. Ein Follow-up der Sommerschule steht bereits fest und findet in Stockholm statt.
Ergänzend zum persönlichen Austausch gibt es im COST-Projekt wöchentliche Online-Seminare, die während der Corona-Pandemie entstanden sind. Mittlerweile sind es fast 100 Vorträge, diese stehen Forschenden weltweit zur Verfügung. Mugnolo ist froh darüber, dass sich durch das Projekt Forschende aus verschiedenen Ländern austauschen und gegenseitig an den Universitäten besuchen können. „Wir versuchen auch möglichst viele Menschen außerhalb der Aktion zu erreichen und für die mathematischen Themen, die wir vertreten, zu sensibilisieren.“
Seminare für Studierende
Innerhalb des Projektes ergeben sich auch immer interessante Möglichkeiten für Studierende, wie zum Beispiel das Internetseminar. „Mein Doktorvater hat dieses Projekt ins Leben gerufen. Damals vor 26 Jahren war das Internet noch nicht ganz so prominent“, erzählt Mugnolo. In diesem Seminar wählen interessierte Studierende aus ganz unterschiedlichen Ländern ein Forschungsprojekt aus. In der letzten Phase stellen diese ihre Ergebnisse dann in einem Workshop vor.
Prof. Mugnolo bietet dieses Jahr ebenfalls ein Projekt an. „In meinem Fall arbeiten Studierende aus Hagen, Ghana, Italien und Senegal zusammen. Sie bringen unterschiedliche mathematische Fähigkeiten mit und es ist sehr interessant, sie dann in Präsenz kennenzulernen.“ Im Projekt geht es darum, physikalisch relevante Größen – etwa sogenannte Eigenwerte – mathematisch zu beschreiben und abzuschätzen. Die Synchronisierungseigenschaften beeinflussen Netzwerke maßgeblich. Die Hoffnung hier und im gesamten COST-Projekt ist, dass eine starke Community von Mathematikerinnen und Mathematikern entsteht, die ähnliche Forschungsinteressen haben und sich vernetzen – innerhalb Europas, aber auch darüber hinaus.
COST
Die zwischenstaatliche Initiative COST (European Cooperation in Science and Technology) fördert europäische Forschungs- und Innovationsnetzwerke. COST ermöglicht einen gemeinsamen Austausch zwischen den Forschenden und die Koordination von Forschungsaktivitäten.