Neue mathematische Disziplinen kennenlernen

FernUni-Professor Delio Mugnolo forscht seit 2019 in einem internationalen COST-Projekt. Im August organisiert er im Zentrum für Fernstudien in Bregenz eine Sommerschule.


Prof. Delio Mugnolo (Lehrgebiet Analysis) war einer der Antragssteller für ein bewilligtes COST-Projekt und holte es somit an die FernUniversität. Seit 2019 arbeitet er im Projekt mit Forschenden aus 31 Ländern zusammen. Diese haben sich in fünf Forschungsgruppen organisiert. Prof. Mugnolo leitet gemeinsam mit Prof. Pavel Kurasov (Universität Stockholm, Schweden) die Gruppe 4 „Variational methods on graphs and networks“ (Variationsmethoden auf Graphen und Netzwerken).

Seilbahn fährt über die Stadt Bregenz am Bodensee. Foto: Karlheinz Klingbeil (CC BY-NC-SA 2.0)
Die Sommerschule wird im Zentrum für Fernstudien in Bregenz (Österreich) stattfinden.

Internationale Zusammenarbeit

In jeder Projektgruppe gibt es andere mathematische Ansätze und Systeme. Die Forschenden tauschen diese aus und überprüfen gemeinsam, welche sich davon verknüpfen lassen. Die Gruppe von Prof. Mugnolo beschäftigt sich hauptsächlich mit der Grundlagenforschung. „In der Mathematik gibt es unter anderem zwei große Zweige – Geometrie und Analysis. Wir beschäftigten uns mit den Wechselwirkungen von analytischen und geometrischen Aspekten in der Theorie von Graphen und weiteren Netzwerken“, erklärt der FernUni-Professor. Diese können beispielsweise große Gruppen von Personen aus der Gesellschaft darstellen oder Roboter in einem Cluster: „Wie können diese Gruppen optimal vernetzt werden, damit zum Beispiel Informationen effizient ausgetauscht und dabei ein Konsens erreicht werden kann?“

Die Forschungsgruppe untersucht zudem physikalische Prozesse, die eine zeitliche Entwicklung aufweisen, wie bei der Diffusion (physikalischer Prozess, dieser führt zu einer gleichmäßigen Verteilung von Teilchen und zur vollständigen Durchmischung zweier Stoffe) chemischer Substanzen: besonders interessant ist dabei momentan ein relativ neues mathematisches Thema – Fraktionale Gleichungen. „Dort beschäftigen wir uns mit Ableitungen. Mittlerweile muss nicht nur die erste oder zweite Ableitung untersucht werden, sondern es gibt sehr gute Modelle, die erfordern, dass man sich etwa die Ableitung der Ordnung 1,2 näher anschaut. Solche ‚exotischen‘ Objekte kommen in etlichen Diffusionsmodellen vor: etwa zur Beschreibung der Ausbreitung von Tierbevölkerungen“, erklärt Mugnolo.

Im Bild wird eine sogenannte säkulare Mannigfaltigkeit dargestellt, welche die Analyse der Eigenwerte vereinfacht. Foto: Pavel Kurasov
Eigenwerte und Eigenfunktionen gehören zu den wichtigsten Forschungsgegenständen der Spektralgeometrie. Im Bild wird eine sogenannte säkulare Mannigfaltigkeit dargestellt: dabei handelt es sich um eine kürzlich eingeführte Technik, welche die Analyse der Eigenwerte vereinfacht.

Online-Seminare mit weltweitem Publikum

COST-Projekte ermöglichen, dass sich Forschende aus der ganzen Welt treffen und vernetzen können. „Das hat die Corona-Pandemie erst einmal erschwert, aber wir haben mit den Online-Seminaren ein gutes Format gefunden.“ Mittlerweile gab es bereits mehr als 40 Termine mit Gästen rund um den Globus. „Trotz der Pandemie hatte das Online-Format auch eine positive Seite – wir konnten mehr Kolleginnen und Kollegen erreichen. Gerade auch Forschende, die aus Ländern kommen, in der die Wissenschaft finanziell wenig gefördert wird.“

Sommerschule in Bregenz

Die COST-Aktion ist auf fünf Jahre angelegt und jede Forschungsgruppe organisiert jeweils eine Sommerschule. In diesem Jahr ist die Gruppe 4 von Prof. Mugnolo mit der Organisation an der Reihe. Gemeinsam mit seinem Co-Leiter Prof. Pavel Kurasov plant er seit einiger Zeit die Sommerschule. Diese wird finanziell durch die FernUniversität und COST unterstützt. Die Sommerschule mit dem Thema „Heat Kernels and Spectral Geometry: From Manifolds to Graph“ (Wärmekerne und Spektralgeometrie: Von Mannigfaltigkeiten zu Graphen) findet vom 29. August bis 2. September 2022 im Zentrum für Fernstudien Bregenz statt. „Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort haben mich sehr bei den Vorbereitungen unterstützt“, betont Mugnolo. Auch freut er sich darüber, dass er drei herausragende Rednerinnen und Redner in der Disziplin Mathematik für die Sommerschule gewinnen konnte. „Sie sind alle große Persönlichkeiten in der Mathematik.“ Prof. Dr. Nalini Anantharaman aus Frankreich (Institut für fortgeschrittene mathematische Forschung, Straßburg), Prof. Dr. David Borthwick aus den USA (Emory University, Atlanta) und James B. Kennedy aus Australien (Universität Lissabon). Jede Vortragsreihe behandelt ein anderes Thema.

Eine Grafik, die wie ein Wagen aussieht. Die Schwingungen bleiben im System räumlich eingegrenzt. Foto: FernUniversität
In der Figur wird eine Grundschwingung abgebildet, die in einem Teil des Systems räumlich eingegrenzt ist: Dies ist ein für Netzwerke typisches Phänomen, das bei klassischen akustischen Modellen (etwa bei Trommeln) kein Pendant hat.

Neue Disziplinen kennenlernen

Die Sommerschule bietet insbesondere Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit sich mit erfahrenen Forschenden auszutauschen und in neue Disziplinen hineinzuschnuppern. Das Programm ist vielfältig – neben Vorträgen und Kursen werden die Teilnehmenden in Gruppen eingeteilt, um Übungsaufgaben zu lösen sowie sich untereinander auszutauschen. Auch bietet die Sommerschule Prof. Mugnolo die Möglichkeit, seine mathematische Forschung in der Spektralgeometrie von Netzwerken vorzustellen. „Das Interesse an dem Themenfeld hat in den letzten zehn Jahren sehr zugenommen. Die Sommerschule gibt uns mehr Reichweite und jungen Wissenschaftler:innen die Gelegenheit, diese Disziplin schon früh kennenzulernen.“

Prof. Mugnolo möchte den Teilnehmenden der Sommerschule verschiedene Einblicke geben. Ihm ist wichtig, dass in den Seminaren nicht nur aktuelle Themen behandelt, sondern auch über klassische mathematische Felder neue Erkenntnisse gewonnen werden. Für die Sommerschule können sich interessierte Teilnehmende bis zum 31. Juni 2022 anmelden.

 

Initiative COST

Die zwischenstaatliche Initiative COST (European Cooperation in Science and Technology) fördert europäische Forschungs- und Innovationsnetzwerke. COST ermöglicht einen gemeinsamen Austausch zwischen den Forschenden und die Koordination von Forschungsaktivitäten.


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